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Druck, Verlag und Schriftleitung
62. Jahrgang
Mittwoch den 23. März 1S27
Numrner 68
Fernruf 179
Fernruf 179
^ Napoleon V. Ein neuer Kronanwärter ist aufgetauchk. Ein Herr H. I. R a n d e r s o n, der den Anspruch erhebt,
Die Südchinesen in Schanghai
Die südchinesiscken Truppen stehen nunmehr an der verwundbarsten Stelle der fremden Handelsmächte in China. Schanghai, eine der größten Hafenstädte der Welt, ist ein Geschöpf ausländischen Unternehmungsgeistes. Der riesige Aufschwung dieser Stadt war nur möglich, weil hier, an der geschützten Mündung des Wangpu in den Jangtse, die Kaufleute, namentlich der Engländer, mit ihrem Handel einsetzten. Aus dem letzten Jabresbericht des Ostasiatischen Vereins geht hervor, daß Schanghai fast 43 v. H. des chinesischen Handels vermittelte, und daß man die fremden Kapitalanlagen in Grund und Boden, in Gebäuden, Fabriken, Warenlagern, Niederlassungsanleihen und Hypotheken auf chinesisches Eigentum auf mindestens zwei Milliarden Reichsmark veranschlagen kann, wovon allein etwa IlL Milliarden RM. auf die Engländer entfallen. Für den chinesischen Handel ist die Stadt infolgedessen nicht weniger wichtig, bringt sie der Regierung doch rund 42 v. H. der Gesamtzolleinnahmen. Da diese Regierung aber jetzt im Süden sitzt und diese Einnahmen natürlich für sich in Anspruch nehmen wird, bleibt den Mächten nichts weiter übrig, als dem Hankauer Beispiel Englands zu folgen und amtlich auch mit dem südchinestschen Minister des Aeußern, T s ch e n, zu verhandeln. Ihre Lage ist in Schanghai deshalb günstiger als die der Engländer in Hankau und Kiukang, weil sie über militärische Machtmittel verfügen und gewaltsam zu schaffende Tatsachen verhindern können. Dem setzen die Südchinesen freilich ihren General- ausstand entgegen, der proarammäkig ausoebrocken ist — eine gefährliche Waffe gegen die Ausländer. Das Ringen um die Vorrechte der Fremden hat damit auch m Schanghai eingesetzt.
Wie die Einnahme von Schanghai auf die innerchinssi- schen Kämpfe wirken wird, ist nicht vorherzusagen. Zunächst bedeutet sie eine außerordentliche finanzielle Stärkung des Südens.
Unklarheit über Tschangksolln
Ueber Tschangtsolins Gegenangriff in der Provinz Honan wird aus London berichtet, daß 50 000 Mann verläßlicher und, wie betont wird, unbestechlicher mandschurischer Truppen den Hoanghofluß in Richtung Hankau überschritten haben. Weitere Verstärkungen sollen nach dem neuen Kriegsschauplatz abgesandt sein. In Peking trafen in den letzten Tagen viele Verwundetenzüge ein. Taufende von Kulis werden nach den „Daily News" zum Eintritt in Tschangtsolins Heer gezwungen. Jetzt muß sich erweisen, ob General Fengjusiang, der in der Provinz Scheust die Ereignisse abwartete, der nationalistischen Sachs noch ergeben ist. Er könnte das Programm Tschangtsolins empfindlich stören. Der Hauptstoß des chinesischen Heers ist jetzt auf Nanking gerichtet, mit dessen Einnahme die politische Halbierung Chinas zur Wirklichkeit geworden sein wird. Angesichts dieser Wahrscheinlichkeit werden die von interessierter Seite in den letzten Wochen verbeiteten Gerüchte wieder stärker, daß Tschang- kaischek mit Tschangtsolin Verhandlungen über eine Aufteilung Chinas in eine nördliche und eine südliche Hälfte gegen die Kommunisten eingeleitet habe.
. Uneinigkeit unter den Fremden
Vor dem politischen Hauptquartier der Radikalen in Hankau ist der südchinesische Minister des Aeußern, Tschen, wie die „Morning Post" aus Peking meldet, aufgefordert worden, sofort VerhandlungenmitFrank- reich und Japan über die Rückgabe der Niederlassung einzuleiten. Auf den Botschaften der beiden Mächte zeige man sich dieser Forderung unter den gegenwärtigen Verhältnissen abgeneigt. Ueber die hinter verschlossenen Türen auf dem französischen Konsulat in Schanghai abgehaltenen Beratungen des Konsularkorps erfährt die „Chicago Tribüne", daß der britische Konsul sich der Forderung nach einer weitergehenden Vertretung der Chinesen als durch drei Sitze scharf widersetzt habe. Der amerikanische und der französische Konsul sollen sich z» einem Ausgleich bereit gezeigt haben, während der Japaner völlig unnachgiebig gewesen sei. Die Amerikaner wollen Vorschlägen, die internationale Niederlassung mit der französischen zu einem besonderen Verwaltungsbezirk zu verschmelzen, in dessen Verwaltungsrat den Chinesen eine kleine Anzahl von Sitzen angeboten werden soll. Die britischen Behörden wollen jedoch von diesem Plan nichts wissen. Die Franzosen verlangen die Aufrecht- erhaltung der Konzession, schlagen jedoch eine Art Oberverwaltung vor, die sowohl den Mächten wie der chinesischen Regierung verantwortlich sein soll.
Straßenkampf in Schanghai
Reuter meldet: Einige hundert Schantungtruppen (Nordheer) durchbrachen die Drahtverhaue der Fremdenniederlassung und drängten die britischen Wachposten zurück. Ein britischer Panzerwagen wurde von den Chinesen beschossen und umzingelt; die Bemannung mußte flüchten und ließ den Panzerwagen im Stich. Drei Engländer wurden getötet, 14 Engländer, 1 Japaner und 1 Portugiese verwundet.
Ein Dampfer der Indochinesischen Schiffahrtsgesellschaft A aus der Fahrt von Schanghai nach Hongkong von chine-
Der Kteuerausschuß des Reichstags hat der Aushebung der Gekränkesteuer am 1. April 1927 zugestimmt. Es oerbleibt nur noch die Biersteuer, die jedoch nicht über 7 v. H. des Herstellungspreises betragen soll.
Reuter meldet, der größte Teil der in das Gebiet der internationalen Niederlassung in Schanghai eingedruugeuen chinesischen Truppen sei entwaffnet und zum Verlassen der Niederlassung gezwungen worden.
stichen Seeräubern Übersatten uuo nacy oer 2 -msoucyr gebracht worden.
Der italienische Botschafter in Washington erklärte der amerikanischen Regierung. Italien wolle den europäischen Frieden nicht stören und beabsichtige kein militärisches Vorgehen.
Schreckensherrschaft in der Chinesenskadt Schanghai
London. 22. März. Der- Vertreter der „United Preß' versuchte nach der Niederlage der Schantungtruppen am 20. März von Schanghai aus in einem Kraftwagen an die Kampffront zu gelangen. Jedoch bereits 15 Kilometer vor der Stadt lras er aus die nach Schanghai zurückflutenden Nordtruppen, die vollständig aufgelöst waren und jede Mannszucht verloren hatten. Ungeheure Menschenmengen verstopften die Straßen, auch die Landbevölkerung flüchtete mit ihren Habseligkeiten querfeldein auf Schanghai und vermehrte die Verwirrung. In Schanghai steht das Geschäftsleben vollständig still. Der Ausstand ist allgemein. 10 000 nordchinesische Soldaten, die in der Nähe von Schanghai standen, sind zu den Kankonesen übergegangen. Neuter meldet, die Streikenden und 150 000 (?) Mann des geschlagenen Schankungheeres plündern die Chinesenstadt in Schanghai. Es bestehe eine Schreckensherrschaft.
Die Frauen und Kinder der Fremden in Nanking sind zur Sicherheit fortgeschaffk worden. Die Besetzung Nankings durch die Kankonesen steht bevor.
Nanking von den Kankonesen besetzt
Aus Schanghai wird gemeldet, daß die kankonesen Nanking besetzt haben. Ganz China südlich des Jangkseskroms ist nun in der Hand der kankonesen.
Neue Nachrichten
Die unbequeme Aitenveröfsenklichung
Paris, 22. März. Die bekannte vierzigbändige Aktenveröffentlichung des deutschen Auswärtigen Amts (Die große Politik der europäischen Kabinette von 1875 bis 1914) scheint die Franzosen etwas in Verlegenheit zu bringen. Es ist nämlich mit der Uebersetzung dieses großen Werkes ins Französische begonnen worden, und da ergibt sich nun ein ganz anderes Bild von der auswärtigen Politik des deutschen Kaiserreichs, als man es bisher in Frankreich dargestellt hatte. Man bezeichnet diese unparteiische und rückhaltlose Aktenveröffentlichung als ein die Tatsachen entstellendes Werbemittel. In einer Sitzung der Akademie für moralische und politische Wissenschaften erklärte der Professor Emile Bourgeois, es sei nickt emvsehlenswert, die französische Uebersetzung der deutschen Akten zu veröffentlichen.
D e Balkan-Aufregung
Paris, 22. März. Der „Matin" schreibt halbamtlich, es scheine, daß Italien die Aufregung über Albanien ausklären wolle. Es habe keine grundsätzlichen Einwendungen gegen den südslawischen Vorschlag gemacht, eine internationale Untersuchung (d. h. durch den Völkerbund) der Verhältnisse an der südslawischen Grenze einzuleiten.
Französisch-russische „Aufwerkungs"-Verhandlungen
Paris, 22. März. Die Verhandlungen über die Anerkennung der russischen Vorkriegsschulden durch die Sowjetregierung sind wieder ausgenommen worden. Vorsitzender der französischen Abordnung ist der Senator d e M o n z > e, der der russischen Abordnung Botschafter Rakowski. Frankreich verlangt, Rußland solle an Frankreich 65 stahreszahlungcn von je 82 Millionen Goldfranken machen, während die Russin 65 Jahreszahlungen von nur 55 Millionen vorschlugen. Rakowski soll als Angebot der Moskauer Regierung davon gesprochen haben, daß die Russen 25 v. H. der in Gold geschuldeten Zinsscheine zurückzahlen wollen, und mit Hilfe ansteigender Jahresleistungen während eines Zeitraums von 62 Jahren, wobei die ersten Jahresleistungen sich weit unter dem Durchschnitt von 25 v. H. hielten, die letzten jedoch darüber hinausgehen. Die Zusage sei jedoch an die Bedingung geknüpft, daß Frankreich ein. große Anleihe an Rußland gebe. Cs scheint wenig Hoffnung zu bestehen, daß die Verhandlungen, die 1925 begonnen wurden, jetzt zum Ziel führen.
als Napoleon V. anerkannt zu werden, hat sich, wie aus Neu- York gemeldet wird, an Bord der „Thuringin" begeben, die ihn nach Europa bringen wird. Er will in Paris seine unmittelbare Abstammung von Napoleon I. bekräftigen lassen. Allzu leicht wird er es allerdings nicht haben. Herr Waldo Gifford Leland, der Leiter der historischen Untersuchung für das Carnegie-Institut, bringt den Behauptungen Rander- sons starken Zweifel entgegen. Dieser behauptet, vom Herzog von Reich st adt abzustammen. Der deutsche Kaiser und der Kaiser von Oesterreich hätten seine AnMüche schon vor dem Krieg anerkannt. Da dem Sohn Napoleons III-, der in Südafrika 1879 im Kampf gegen die Zulus gefallen ist, die Bezeichnung Napoleon lV. gebühre, dürfe er sich Napoleon V. nennen. Mr. Leland dagegen weist darauf hin, daß der Herzog von Reichstadt im Jahr 1832 in Schönbrunn an der Tuberkulose gestorben sei. Er sei nie verheiratet gewesen und habe keine Kinder gehabt. Mr. Randerson dagegen behauptet, der Prinz sei entführt und nach Amerika gebracht worden; er habe sich in Kentucki niedergelassen und dort eine Familie begründet, deren Erbe und Vertreter er.sei.
Deutscher Reichstag
Der Rundfunk
Berlin, 22. März, i
Bei der Beratung des Haushalts der Reichspost verlangte Abg. Seppel (Soz.), daß durch den Rundfunk ^ nicht nur die religiösen, sondern auch die sozialistische Morgenfeier verbreitet werden. Abg. Bruhn (DA.) teilt mit,, der Abg. Heilmann (Soz.), der im Direktorium des Rundfunk sitze, soll neben seinem Gehalt eine Aktienbeteiligung erhalten haben, die er für 80 000 Mark verkaufen konnte. Er ersuche den Reichspostminister, hierüber Ermittlungen anzustellen. Das Kapitel der Reichspostkredite Höfles an Barmat und Konsorten sei das traurigste in der ganzen Geschichte der Reichspost. Die Reichspost habe durch diese Gefälligkeitsdarlehen einen Verlust von 16 Ml-, lionen Mark erlitten. Die sogenannte Treuhandgefellschaft habe 2 Millionen verschleudert. Kommerzienrat Manafse und der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Minister a. D. D e r n° bürg, haben je 120000 Mark erhalten. Es fei unerhört, wie mit den öffentlichen Geldern umgegangen worden sei, und eine vollständige Klarstellung sei unbedingt zu fordern.
Strefemann über die Weltpolitik
Bei der Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amts ergreift das Wort Reichsaußenminister Dr.Stre- semann: Im ganzen Reichshaushalt spielt derjenige des Auswärtigen Amts nur eine bescheidene Rolle. Im vorigen Jahr machte der Bedarf des Auswärtigen Amts 55 Millionen Mark aus. Diesmal sind es 4 Millionen mehr. Festzustellen ist eine erfreuliche Verminderung der Einnahmen der Paßgebühren u ml Million Mark. Der Rückgang ist zurückzuführen auf die Neigung des Abbaus der Paßgebühren. Es ist eine unerwünschte Erscheinung, daß wir den Verkehr zwischen den einzelnen Ländern durch Paßgebühren erschweren, statt ihn zu fördern.
Zur albanischen Frage sagt der Minister: Soweit sich die Dinge bisher von Deutschland aus übersehen lassen, glaube ich nicht, daß irgendwelche unmittel- bare Gefahr besteht. Deutschland hat nur ein großes Interesse, daß die Bemühungen um die Herbeiführung einer internationalen Zusammenarbeit am Wiederaufbau Europas nicht gestört werden. Wir können nicht wünschen, daß Verwicklungen zwischen dritten Staaten entstehen. Für Deutschland kommt eine Politik der Sonderbündnisse nicht in Betracht, sondern nur eine Politik, die den Gedanken der Verständigung und des Ausgleichs widerstreitender Interessen fördert. Unser Weg ist gekennzeichnet durch die Verträge von Locarno, den Eintritt in den Völkerbund und den Berliner Vertrag (mit Rußland). Damit liegen unsere Absichten offen vor aller Welt zu Tage. Daß wir uns in dieser Lage von jeder unnötigen Einmischung'fernzuhalten haben, versteht sich von selbst. Die deutsche Botschafter im Ausland haben nur den Auftrag, sich zu orientieren. Auch in der Reichshauptstadt sind Besuche der Vertreter großer Mächte im Auswärtigen Amt aus diesem Anlaß erfolgt.
Bezüglich der Anfrage einzelner russischer Zeitungen, ob Deutschland bei Verwicklungen in östlichen Ländern den Truppen von westlichen Mächten den Durchmarsch durch deutsches Gebiet zu gestatten habe, kommt ausschließlich der Artikel 16 der Völkerbundssatzung in Betracht und zwar nach Maßgabe der bekannten Note. Weitere Abmachungen irgendwelcher Art bestehen nicht.
Strefemann berührte dann die beiden letzten Tagungen des Völkerbundsraks. Er gab der Erwartung Ausdruck, daß der aufrichtige Verständigungswille Deutschlands auch von der Gegenseite in den großen Fragen bewiesen werde, deren Lösung noch vor uns liegt: die baldige Räumung des Rheinlands und die Rückgabe des Saargebiets.
Cs ist in Genf nicht in allen Fragen gelungen, den deutschen Standpunkt restlos zur Geltung zu bringen und es waren Zugeständnisse nötig. Wir stehen vor der Tatsache, daß wir uns von der Erfüllung unsere» Wunsche» aus
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