(Enztalbote)

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Frankreich und das Saargevm

Auf seiner Reise im Elsaß hat Poincare auch vom Saargebiet gesprochen und erklärt, an der politischen Lage im Saargebiet werde nichts geändert werden, d. h. bis zum Zeitpunkt der Volksabstimmung im Jahr 1935 werde Frankreich die Hand aus das Saargebiet legen; doch sei zwischen der Gebietsfrage und der Frage der Berg­werke zu unterscheiden. Diesen Gedanken greift das Pariser Journal des Debats" auf: Die Gebietsfrage könne erst im Jahr 1935 durch eine Volksabstimmung geregelt werden, bei der zwischen Selbständigkeit des Saargebiets unter Vor­mundschaft Frankreichs oder des Völkerbunds, Rückkehr zu Deutschland oder Angliederung an Frankreich gewählt werde. ! Die letztere Möglichkeit sei allerdings die unwahrscheinlichste. Was die Staatsbergwerke betreffe, die die Deutschen dem französischen Staat haben ausliefern müssen, so habe Deutschland das Recht, diese, falls die Volksabstimmung zu seinen Gunsten ausfalle ln Gold zurückzukaufen, unter der Bedingung, daß es Frankreich eine entsprechende Menge Kohlen liefere. In T h o i r y sei der sofortige Rückkauf aus­gemacht worden. Cs sei aber zu überlegen, ob Frankreich ein Interesse daran habe, diesen Zeitpunkt vorzuverlegen, um sofort den Rückkaufpreis ausbezahlt zu bekommen. Die Deutschen versuchen, das den Franzosen einzureden, und man scheine in Deutschland diese Möglichkeit bereits als feststehend zu betrachten. Nun aber bezeuge Poincarö ausdrücklich, daß esfür den Augenblick" nicht« damit f»i. Es sei allerdings weiterhin die Frage, wie langedieser Augenblick" dauern werde. Der Wert der Saarbergwerke sei von der Berliner Regierung dem Entschädigungsausschuß gegenüber auf 1047 Millionen Goldmark veranschlagt wor- , den, während Frankreich vor demselben Ausschuß den Wert auf 291 Millionen Goldmark angegeben habe. Der Ent­schädigungsausschuß selbst habe noch keine Entscheidung über diese Einschätzung getroffen, aber die Bergwerke vorläufig in der Höhe von 300 Millionen Goldmark auf das fran­zösische Konto verbucht. In Wahrheit seien sie 450 Millionen wert. Die deutschen Zeitungen aber, die den Franzosen die Vorteile eines sofortigen Rückkaufs klarmachen wollten, be­zifferten jetzt den Wert auf höchstens 250 Millionen.

Noch derber und unwahrhaftiger kommt dieRevue de Paris", die behauptet, durch diesorgfältige Behandlung" der Saargruben durch die französische Verwaltung seien die Gruben wertvoller geworden, als sie waren, als Frank­reich sie bekommen habe. Sie haben Frankreich zwar bis jetzt fast nichts eingebracht, weilkein Raubbau (!) be­trieben, sondern im Gegenteil eine Summe von rund 77 Millionen Goldmark hineingesteckt worden sei. Es wäre töricht, wenn Frankreich sie jetzt aus der Hand geben würde, um bares Geld zu bekommen, 1935 würden die Gruben noch viel mehr wert sein. Wenn aber Frankreich ein so dringen­des Bedürfnis nach den 250 Millionen Goldmark gleich zwei Milliarden Papierfranken empfinden sollte, so könnten ja die Saarbergwerke als Pfand für eine An. leihe dienen, die sicherer wäre als das Geld von Deutsch­land, das immerfort seufze, es könne nicht einmal die ein­fachen Dawesforderungsn erfüllen.

Dazu ist nur kurz zu bemerken, daß die einst unter preu- sischer Verwaltung so wertvollen Saargruben jetzt freilich heruntergewirtschaftet sind. Die deutschen Grubenbeamten und Arbeiter haben oft genug gesagt, es sei nicht mitan- zusehen, wie die Franzosen in den Musterbetrieben wirt­schaften.

Für dieA n n ä h e r u n g" selbst hält man in Frank­reich überwiegend die Zeit noch nicht für gekommen. So schreibt das PariserNeue Jahrhundert": Eine deutsch­französische Annäherung würde unter den gegenwärtigen Verhältnissen eher eine Bedrohung des Weltfrie­de n s bedeuten. Erst durch enge Verbindung der lateinischen Länder werde diejenige Kräfteverteilung in Europa ge­schaffen sein, durch die der germanische Druck nach dem Osten abgelenkt werde, d. h. nach der Richtung Asiens, wohin Deutschland seine Pioniere abgeben könne.

In einer Versammlung in Völklingen (Saar) glaubte der Landratsabgeordnete Schmeltzer die Hoffnung aus- sprechen zu dürfen, daß das Saargebiet in zwei bis drei Jahren die Wiedervereinigung mit dem deutschen Vaterland werde feiern können. Bis dahin heiße es, fest zusammen- zuhalten. Landratsabgeordneter Röchling gab einen Rückblick auf den Leidensweg der Saarbevölkerung unter der Fremdherrschaft. Es sei zu hoffen, daß dag Saargebiet bald wieder dahin zurückkehren könne, wohin es gehöre. Die einzige Lösung für die wirtschaftliche Zukunft des Saar­gebiets sei der geplante Saar-Pfalz-Kanal, dessen Bau bereits in das Notstandsarbeitenprogramm desDeutschen Reichs ausgenommen sei.

Das neue Ar-eitsschutzgesetz

Aus dem fertiggestellten Entwurf eines Arbeitsschutz­gesetzes werden jetzt weitere bekannt. Der Lttt»

wurl hat sieben Abschnitte:

Dienstag, dsu 19. Oktober 1926

Fecnru! 179

61. Jahrgang

Tagesspiegel

Prinz Heinrich von Preußen wird dieser Tage eine län­gere Reife nach Mexiko ankreken.

Zwischen Deukschland und Griechenland soll ein Freund- Schafts- und Wirtschaftsvertrag abgeschlossen werden.

Der holländische Minister des Innern. Dr. kan, hatte in Doorn eine Unterredung mit dem ehemaligen Deutschen Kaiser.

Aus Wien wird gemeldet, daß voraussichtlich Prälat Lr. Seipel die Regierung wieder übernehmen werde.

Poincare hat einen neuen innerpolilischen Sieg errungen, um Vorsitzenden der Sozialradikslen Partei wurde an kelle des zurückgekretenen Herriok der Senator Sarrauk gewählt, der Poincare nahestehi, während Malvn, der Geg­ner Poincares, ausgcschifft wurde. Poincare hak sich damit die weitere Unterstützung durch die Sozialradikalen, die frag­lich geworden war, gesichert.

In Perpignan (Südfrankreich) soll man einem neuen Anschlag gegen den König von Spanien und Primo de Ri­ver« auf die Spur gekommen sein.

Das südslawische Kabinett Usunowilfch hat sein Rückkrikks- gesuch zurückgezogen.

den zwei französische Spions zur Ausweisung verurteilt.

Die in die Opposition gegangenen Bolschewisten Trotzkl, Kinowjew, kamenew usw. haben sich wieder unkerworfen, nachdem ihnen strenge Maßnahmen angedroht waren. Sie verpflichten sich, die Radikalen im Ausland (Ruth Fischer- Berlin usw.) nicht mehr zu unterstützen.

Die LondonerMorning Post" meldet aus Washington, auf Ersuchen des Präsidenten Loolidge werde sein Sohn Iohn, der gegenwärtig eine Universität besucht, von Ge­heimpolizisten geschützt. Die Maßnahme soll aus Drohbriefe zurückzuführen sein.

Im ersten Abschnitt ist u. a. der Begriff des Ar­beitnehmers gesetzlich festgelegt. Als Arbeitnehmer sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der Lehrlinge an­zusehen. Nicht als Arbeitnehmer im Sinn des Arbeits­schutzgesetzes gelten Geschäftsführer, Betriebsleiter und andre höhere Angestellte, deren Tätigkeit eine besondere Verant­wortung erfordert oder die in erheblichem Umfang zur selb­ständigen Entfechidung befugt sind. Weiterhin gilt das Ge- setz auch nicht für Angestellte in Vertrauensstellungen, deren Jahresarbeitsverdienst 5000 Reichsmark übersteigt.

In dem zweiten Abschnitt über Betriebsgefahren wird u. a. auch ein erhöhter Schutz für jugendliche und weibliche Arbeitnehmer gefordert.

Einer der grundlegenden Paragraphen über di« Ar­beit s z e i t ist der Paragraph 9, der im Sinn des Washing­toner Abkommens die Bestimmung enthält, daß die Ar­beitszeit des einzelnen Arbeitnehmers die Dauer von 8 Stun­den täglich und 48 Stunden wöchentlich nicht übersteigen darf. Nicht als Arbeitszeit gelten die innerhalb der Ar­beitszeit liegenden Pausen. Die geleistete Meyrarven ist über den Lohn für die regelmäßige Arbeit hinaus mit einem Zuschlag von 25. v. H. zu bezahlen. Die Vor- schritten über die Arbeitszeit finden keine Anwendung auf die Untertagearbeit im Bergbau, weiterhin gelten sie nicht für die Familienbetriebe und auch nicht für das Pflegepersonal in Krankenanstalten. In den fis­kalischen Verwaltungen sowie bei der Reichsbahn und bei der Reichsbank können die für Beamte geltenden Dienstvorschrif­ten auch auf die Arbeiter und Angestellten übertragen werden.

lieber die Nachtarbeit bestimmt der Gesetzentwurf u. a., daß Arbeitnehmer unter 18 Jahren und Arbeiterinnen über 18 Jahre nicht zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr mor- gens beschäftigt werden dürfen Für die arbeitsfreie Zeit wird u. a. bestimmt, daß Arbeitnehmern unter 18 Jahren und weiblichen Arbeitnehmern über 18 Jahren nach Beendi­gung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene arbeits­freie Zeit von mindestens 11 Stunden zu gewähren ist. Ar­beitnehmer unter 16 Jahren dürfen nicht länger als vier Stunden hintereinander ohne Paus« beschäftigt werden. Schließlich wird noch der Mutter- und Kinderschutz geregelt.

Nach den Bestimmungen über die Sonntagsruhe dürfen an Sonn- und Festtagen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Ausnahmen sind nur zulässig, soweit sie ausdrücklich vorgesehen sind. Der Gesetzentwurf sieht weiter eine Ruhezeit bei Sonntagsbeschäfttgung vor, und zwar müssen Arbeitnehmer, die an Sonn- und Fest­tagen länger als drei Stunden beschäftigt sind, am nächsten Sonntag mindestens von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends oder am dritten Sonntag mindestens 36 Stunden von der Arbeit freigelassen werden.

Ueber den Ladenlckluk wird u. a. besti mmt, daß

offene Verkaufsstellen an Werktagen nur in der Zeit von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends für den geschäftlichen Ver­kehr geöffnet sein dürfen. Abweichend kann angeordnet werden, daß offene Verkaufsstellen aller oder einzelner Ge­schäftszweige in höchstens 20 Tagen im Jahr über 7 Uhr abends hinaus, jedoch bis längstens 9 Uhr abends geöffnet jein dürfen.

Im sechsten Abschnitt des Entwurfs wird gesagt, daß die Durchführung der Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes be­sondere Arbeits-Aufsichtsämter zu überwachen haben. Der Relchsarbeitsminister kann mit Zustimmung des Reichsrajs Richtlinien über die Tätigkeit der Arbeits-Auf- sichtsämter aufstellen. Die Arbeitsaufsicht über die Verwal­tung des Reichs steht der obersten Reichsbehörde, die Ar­beitsaufsicht über die Verwaltungen der Länder und Ge­meinden den Lands-chehörden zu. Die Arbeits-Aufsichts­ämter werden durch die obersten Landesbehörden errichtet. Die Errichtung kann auch für bestimmte Gewerbezweige erfolgen. Die Aufsichtsämter werden über ihre Tätigkeit Jahresberichte zu erstatten haben, die dem Reichstag zur Kenntnis vorgelegt werden. Soweit das Inkrafttreten der Vorschriften über die Reglung der Arbeitszeit in einem Teil des Reichsgebiets die wirtschaftliche Lage eines Ge­werbes schwer gefährden würde, kann die oberste Landes­behörde mit Zustimmung des Reichsarbeitsministeriums das Inkrafttreten dieser Vorschriften bis zur Dauer eines

liinniiaickiiokon _

Neue Nachricht«,,

Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Berlin, 18. Okt. Der Reichstagsausschuß für soziale An­gelegenheiten behandelte heute Artikel 2 des Gesetzentwurfs über die Arbeitsgerichte. Der Entwurf will im Grundsatz die Gerichtsbarkeit möglichst ganz den Arbeitsgerichten über- tragen. In der Praxis stehen aber gewichtige Bedenken, die Grenzen setzen. Der Ausschuß wird sich noch die ganze Woche mit dem Entwurf beschäftigen müssen.

Die Strafgewalk der Antersuchungsausfchüsse Berlin, 18. Okt. Wie den Blättern zu der Tatsache der vom Femeausschuß in München gegen Zeugen verhängten Geldstrafen mitgeteilt wird, besteht seit August v. Z. ein vom Aeichsminister Severing im Einverständnis mit dem Neichs- justizminister abgeschlossenes Gutachten, wonach Unter­suchungsausschüsse zwar Strafgewalk haben gegen Zeugen wegen Nichterscheinens oder Zeugnisverwsigerung, jedoch nicht wegen Ungebühr.

Das Bekriebsergebnis der Reichsbcchu im August Berlin, 18. Okt. Infolge der vermehrten Erntebeförde­rung im Güterverkehr haben sich die Einnahmen der Reichs- bahn im August 1926 im Vergleich zum September ge­hoben und sie betragen 413 174 000 -41 bei Ausgaben von 379 481 000 -N; doch konnte.die Einnahme des Vorjahrs noch nicht erreicht werden. Der Erlös aus dem Verkauf von Vor­zugsaktien mit rund 18 Millionen wurde für die werbenden Anlagen verwendet. Die Dawesverpflichtungen sind pünkt­lich abgeführt worden. Der Personalbestand betrug im August 720 664 Köpfe.

Zentrum gegen Reichsbanner?

Köln, 18. Okt. Das führende Blatt des rheinischen Zen­trums, dieKöln. Volksztg.", schreibt, es sei unverkennbar, daß das Reichsbanner Schwarz-rot-gold feine Aufgafe er­füllt habe und zum Abbau reif sei, denn niemand in Deutsch­land denke mehr daran, die Republik, zu deren Schutz das Reichsbanner gegr. worden sei, zu stürzen. Selbst die Rechts- verbände haben sich in letzter Zeit nunmehr auf den heu­tigen Staat eingestellt, dem sie früher heftige Fehde an­gesagt hätten. Die Vermengung mit Verbänden, die dem Zentrum geistig in vielem fernstehen, sei auf die Dauer für das Zentrum von Unheil und bedenklich. Auf Grund der Gesamtlage sei in der Zentrumspartei eine Umstellung im Gang. Welcher Art sie sein werde, werde die Ende Oktober stattfindende Tagung des Reichsparteiausschusses des Zentrums in Erfurt entscheiden.

ZufammenWuß nationaler Iugendver bände ^ Berlin, 18. Okt. Auf der Vertretertagung von 17 Jugend­bünden (Pfadfinder, Wehrverein, Stahlhelm, Wehrwolf usw.) wurde beschlossen, in Zukunft auf allen Gebieten vaterländischer Jugendarbeit auf bas engste zusammenzu­gehen und daraus sich ergebende Forderungen gemeinsam zu vertreten.

Der Streit um die mecklenburgischen Klostergüter Leipzig, 18. Okt. In dem Streit des Landes Mecklen- burg-Str-litz gegen das Land Mecklenburg-Schwerin wegen dev Verfügungsoerechtigung über das Vermögen der ehemaligen Landesklöster und früheren Stände hat der Staatsgerichtshof entschieden, daß die llebernahme durch Schwerin nach der Revolution zu Recht tzMhN MtWÜM.

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