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NSMmer 225
Fernruf 179
Montag, dsrr 27^ September 1926
Fernruf 17S
61 . Jahrgang
Die Verwischung Südtirols
Eine der für uns Deutsche schmerzlichsten Folgen des verlorenen Kriegs ist die Einverleibung der kerndeutschen Teile Südtirols in Italien. Sie bedeutet eine der gröbsten Verletzungen der von Wilson in seinen 14 Punkten gegebenen Versprechungen. In dem Geheimvertrag oder Verrat, den Italien, als es formell noch dem Dreibund angehörte, einige Zeit nach dem Kriegsbeginn mit England und Frankreich abschloß, hat es sich aus militärischen Gründen die Brenner- grenze versprechen lassen. Selbst damals hat niemend den urdeutschen Charakter des Landes zwischen den Mittelalpen und den Alpenketten, die sich vom Stilfser Joch bis zum Misurinasee hinziehen, in Abrede zu stellen gewagt. Als dann entgegen dem uns von Wilson in seinen 14 Punkten gegebenen Versprechen bei den Pariser Verhandlungen nicht nur der italienische Teil von Südtirol, sondern auch das obere Eisack und der Vintschgau mit ihren Nebentälern zu Italien geschlagen wurden und dadurch nahezu 300 000 kerndeutsche Tiroler unter die welsche Fremdherrschaft kamen, da versprachen die italienische Regierung und ihre nach Südtirol gesandten Bevollmächtigten, Militärs und Zivilbeamte, hoch und heilig, das Volkstum nicht antasten zu wollen.
Es ist richtig, daß in dem Oesterreich aufgezwungenen Friedensvertrag Italien keine besondere Verpflichtung bezüglich des Schutzes der völkischen Minderheit übernommen hat. Aber was will das gegenüber den angeführten geschichtlichen Tatsachen und gegenüber den gegebenen Versprechungen bedeuten?
Für ihre seit etwa zwei Jahren betriebene Verwel- 'scyungspolitik führen die Italiener zwei Gründe an. Einmal berufen sie sich darauf, daß die deutsche Bevölkerung die in den ersten Jahren nach dem Krieg ihr gegenüber bewiesene Duldsamkeit mißbraucht und sich nicht innerlich als ein Teil des großen italienischen Volks eingefügt habe. Aber irgendwelche wirklich greifbare Tatsachen, durch die die deutsche Bevölkerung sich gegen ihre Einverleibung in den italienischen Staat aufgelehnt hätte, haben sie nicht vorzubringen vermocht. Im Herzen sind die Südtiroler Deutsche geblieben, das wird kein Kenner von Land und Leuten leugnen, und begeisterte Anhänger Italiens sind sie natürlich nicht geworden: aber sie fügen sich in ihr Schicksal geduldig — ja mit einer Geduld, die manchen Besucher des Landes mit Erstaunen erfüllt, die aber doch durch die ganze Lage geboten ist. Auch die Italiener sollten für diese schweigsame Einordnung in die neuen Verhältnisse Verständnis haben. Gerade sie haben doch am wenigsten Anlaß, sich über das Festhalten am angestammten Volkstum und über ein treues Gedenken an alte staatliche Zusammengehörigkeit aufzuregen. Wie können gerade sie ein sofortiges inneres Gemeinschaftsgefühl mit dem Wesens- und artfremden neuen Herrschervolk verlangen, die selbst ihre eigenen Volksgenossen ffnmer und immer wieder gegen die österreichische Herrschaft aufgehetzt und zu schweren hochverräterischen Verbrechen veranlaßt haben. Die Jrredenta-Bewegung richtete sich nicht nur gegen den österreichischen Staat, sie richtete sich auch gegen die deutsche Mitbevölkerung Tirols, der sie mit Haß begegnete. Und nun verlangen dieselben Leute, die diesen Haß gesät Haben, sofort Liebe und Anhänglichkeit!
Nun bringen die Italiener aber einen zweiten Grund. Sie sagen, es ist ja alles italienisches Land, das wieder zu Italien gekommen ist, es ist altitalienische Bevölkerung, die nur später oberbflächlich germanisiert worden ist. Sie berufen sich dabei auf die Namen vieler Ortschaften, sie berufen sich auf viele Familiennamen, bei denen noch ein romanischer Stamm erkennbar ist, der nur durch Ende oder andere kleinere Abänderungen einen deutschen ßlnklang erhalten hat.
Nichts ist geschichtlich irriger als das. Die Bevölkerung war teils rätoromanisch, teils keltisch. Aber die Rätoromanen waren keine Lateiner, sie unterschieden sich von Len Bewohnern der italienischen Halbinsel sehr wesentlich. Durch die römische Eroberung ist der Charakter der Bevölkerung nicht beeinflußt, es sind nur wenige Römer in diesem Land seßhaft geworden und geblieben. Aber der Grund der Eroberung des Landes durch die Römer war doch gerade der, daß schon lange vor Beginn unseres Zeitalters die germanischen Volksstämme in die Alpenlande vorgedrungen waren und von da aus den römischen Staat bedrohten. Als die Römer hier ihre Herrschaft aufrichteten, fanden sie eine gemischte, aber schon sehr stark germanisch durchsetzte Bevölkerung vor, die rätoromanische und keltische Urbevölkerung war sehr, und namentlich auch wirtschaftlich, zurückgedrängt. In den ersten Jahrhunderten hat sich dann eine völlige Gerwanisierung vollzogen, die auch von den Römern nicht hat gehindert werden können. Nur auf einem Gebiet (in den Dolomiten) hat sich ein Teil der Urbevölkerung erhalten, der es aber auch ablehnt, sich zu den Italienern zu rechnen. Seit der Völkerwanderung hat sich die Sprach- grenze zwischen Italienern und Deutschen nur ganz unwesentlich verschoben. Die Behauptung, daß altitalienisches Land zu seinem Stammland zurückgekehrt ist, ist somit mit der Heschichte nicht vereinbar.
Tagesspiegel
Reichskanzler Dr. Marx hat einen lOtägigen Urlaub an- getreten.
Die Reichsminister Skresemann, Külz und Reinhold wurden vom Reichskablnelt beausrragt. die Vorfragen für die weiteren deutsch-französischen Verhandlungen zu beraten.
Zn der Völkerbrmdsyersammiung erklärte der deutsche Vertreter Dr. Schubert, Deutschland halte die Abrüstung zur eine der größten Aufgaben des Völkerbunds und der Menschheit. 3n dem gegenwärtigen Zustand könne man keinen Fortschritt sehen. Die zu großen Anierschlede m den Rüstungen der verschiedenen Völkerbundsmitglieder muffelt beseitigt werden.
Auch Belgien wünscht besondere Verhandlungen mit Deutschland.
Der preußische Staat hat im Jahr 1926 bis seht für produktive Erwerbslosensürsorqe. ohne die eigentliche Lrwerds- losenunterstühung. 91 Millionen Mark aufgewendst. Vom Landtag werden demnächst weitere Mittel für produktive Fürsorge angesordert werden.
Die Reichsbahnverwallung hat einen weiteren Betrag von 5 Millionen Mark für Sicherungsmatznahmen auf den Bahnstrecken bereitgestellt.
Der Sejm (polnischer Reichstag) hat auf Antrag der Christlich-Rationalen den Ministern des Innern und des Unterrichts mit starker Mehrheit das Mißtrauen ausgesprochen. Das Kabinett Bartels ist infolgedessen zurück- getreten. Man glaubt, daß Msudski seinen Anhänger Barkels abermals mit der Kabinettsbildung beauftragen werde.
In Persien wurde das Standrecht verhängt. Zahlreiche Polizeiossiziere und Zivilpersonen sollor: wegen eines Anschlags gegen den Schah verhaftet worden sein.
Die mexikanische Abgeordnetenkammer hat das Ersuchen der Bischöfe um Abänderung oder Aufhebung gewisser Ver- sassungsartikel über die Kirche erneut mit großer Mehrheit abgelehnt.
Die neuerdings mit immer größerer Wucht sinsetzenden Verwelschungsversuche, namentlich auch die aus Jtaliemsie- rung der deutschen Namen gerichteten Bestrebungen sind deshalb unberechtigt, sie stellen Willkürakte gegen eine friedliche und fleißige Bevölkerung dar, die einer wirklich großen Nation unwürdig sind.
Uns Deutschs müssen diese Willkürakte mit großer Betrübnis erfüllen. Unsere Gefühle sind ungeteilt und ungeschmälert auf seiten der leidenden Bevölkerung. Aber wir sollten meinen, daß sie auch vom rein italienischen Standpunkte aus ein Fehler sind. Glaubt die italienische Regierung wirklich, eine Perwelschung durchführen, glaubt sie, durch solche Maßregeln Liebe und Anhänglichkeit gewinnen zu können? Und dann: Ist nicht bei der gegenwärtigen Lage Italiens ein freundschaftliches Verhältnis zu den Deutschen von allergrößtem Wert? Nicht nur wirtschaftlich, auch politisch ist die Pflege guter Beziehungen eine Lebensfrage für beide Völker.
Neue Nachrichten
Regierungserweiterung in Preußen?
Berlin, 26. Sept. Die Deutsche Volkspartei in Preußen, bl» bisher im preußischen Landtag in der Oppsition war, wünscht sich an der Regierung zu beteiligen und ist in diesem Sinn an die Zentrumsfraktion heranaetreten. Zwischen Vertretern beider Parteien findet am Montag eine Vorbesprechung statt, von deren Ergebnis es abhängt, inwieweit auch die Demokraten und Sozialdemokraten sich an etwaigen weiteren Verhandlungen beteiligen.
Chinesische Beschwerden gegen England im Völkerbund Genf, 26. Sept. In der gestrigen Völkerbundsversammlung führte der Vertreter Chinas Klage gegen England, durch dessen Rücksichtslosigkeiten der Frieden im fernen Osten gefährdet werde. Er führte u. a. an, durch übermäßig schnelles Fahren auf dem Tangtsefluß seien durch englische Handelsschiffe öfters chinesische Schisse überrannt und versenkt worden, die Bemannungen seien zum Teil ertrunken. Solche englische Schiffe haben von den chinesischen Behörden zurückbehalten werden müssen; dem englischen Konsul in Tschungking ist von chinesischer Seite Meldung gemacht worden. Am 5. September habe bei Wandsin ein englisches Kanonenboot auf chinesische Polizei geschossen und gegen 200 Mann getötet. Später haben englische Kreuzer die Stadt schwer beschossen und über 1000 Häuser vernichtet; gegen 1000 Chinesen seien ums Leben gekommen. Di«
chinesischen Truppen seien genötigt gewesen, das Feuer zu erwidern. Der englische Vertreter Lord Cecil erwiderte, er sei durch die Worte des chinesischen Vertreters aufs höchste überrascht, die Mitteilungen der englischen Regierung lauten ganz anders. Die chinesische Erklärung sei nicht geeignet, die zwischen England und China schwebenden Verhandlungen zu fördern.
England und Italien
London. 26. Sept. Der „Daily Telegraph" läßt sich aus Rom berichten, dort empfinde man ein lebhaftes Bedürfnis für eine Zusammenkunft Mussolinis mit Chamberlain, bzw. für den Abschluß eines Freundschafts Vertrags mitEngland. Durch die Beprechung von Th'oiry könnte sich möglicherweise eine Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland anbahnen, und dann würden vielleicht auch die Trabanten Frankreichs, Polen und die Tschechoslowakei, sich nicht mehr so entschieden dem Anschluß Oesterreichs an Deutschland widersetzen. Italien hätte nicht mehr 7 Millionen Deutsch-Oesterreicher, sondern 72 Millionen Deutsche zu Nachbarn. Dagegen müsse sich Italien durch engeren Zusammenschluß von Italien und England unter gleichzeitiger Regelung der Mittelmeerfrage schützen. — Die Meldung des „Daily Telegraph" macht stark den Eindruck einer bestellten Arbeit.
Die Lage in China
SckMNghai. 26. Sept. Ein Schiff der amerikanischen Erdöl-Gesellschaft, das die Beförderung chinesischer Truppen ablehnte, soll nach enchffchi-r Meldung von den Chinesen daraus beschossen worden sein. Auch' andere fremde Schiffe seien beschossen worden. Kantonesischs Soldaten sollen in Junkschau (Provinz Kiangsi) zwei englische Missionarsfrauen mißhandelt und ihre Häuser geplündert haben.
Der Generalrat der englischen Gewerkschaften bck gegen kriegerische Unternehmungen Englands in China Einspruch erhoben.
Die englische „Skrafexpedikion" auf dem Jangtse festgehalten
Der „Daily Expreß" meldet, die britischen Kriegsschiffe, die zur Bestrafung der Chinesen und zur gewaltsamen Befreiung der beschlagnahmten englischen Kriegsschiffe (vgl. die Meldung aus Genf) aus dem Jangtse fuhren, seien unerwartet bei Jtschang aufgehalten worden, die die chinesischen Lotsen sich weigern, weiterzufahren. Da der Fluß rasch falle, sei es fraglich, ob die Kriegsschiffe noch durch die Jangtse- Stromschnellen fahren können.
Württemberg
Stuttgart, 26. Sept. VomLandesgewerbeamt. Vom 1. Oktober 1926 bis 31. März 1927 sind die Besuchsstunden des Landesgewerbemuseums an Wochentagen auf die Zeit von 10—12.30 Uhr vormittags und von 2—4 Uhr nachmittags, an Sonntagen auf die Zeit von 11—1 Uhr festgesetzt. Die Sprechstunde der in der Bibliothek des Landes, gewerbeamts untergebrachten Beratungsstelle für gewerblichen Rechtsschutz wird jeden Mittwoch nachmittags von 3—5.30 Uhr abgehalten.
Geschäftsjubiläum. Das photographische Atelier von Otto Kienzle in der Breitestraße kann auf ein 60jähriges Bestehen zurückblicken. Gleichzeitig feiert der derzeitige Inhaber das 45jährige Berufsjubiläum.
kaufmännische und gewerbliche Schulfragen. Der Ausschuß des Württ. Industrie- und Handelstags hat einen von der Handelskammer Stuttgart gestellten Antrag angenommen, daß 1. den Handelskammern das Recht zugestanden werde, unmittelbar von sich aus einen Vertreter in die Ortsschulräte zu entsenden, 2. darüber hinaus für die übrigen vom Gemeinderat zu wählend - Vertreter von Industrie und Handel ein Vorschlags- cht eingeräumt werde, 3. dem Württ. Industrie- : d Handels - t a g für die vier Vertreter von Jndust- und Handel im Beirat der Ministerialabteilung für die Fachschulen ein Vorschlagsrecht zugestanden werde. Die vom württ. Landesverband der Elternräte gewünschte Angliederung eines Aufbauzugs mit kaufmännischen Unterrichtsfächern an den Mittelschulen wurde abgelehnt, da dies zur Verflachung und Zersplitterung der kaufmännischen Ausb ung führe. Viel- mehr sollen die vorhandenen Berufsschi wc 'r vervollkommnet werden.
Erträgnis des Blumenkorsos. Bei dem vom Verband deutscher Blumengeschäftsinhaber am letzten Sonntag veranstalteten Blumenkorso wurde eine Besucherzahl von 14 000 festgestellt. Der erzielte Ueberschuß von 3400 Mark ist dem Wohlfahrtsamt zur Verfügung für Kriegsblinde und Krieger. Waisen überwiesen worden.
Vom Tage. In einem Haus der unteren Kömgstraße hat sich ein 23 Jahre alter Angestellter, der sich einer Unterschlagung schuldig gemacht hatte, erschossen. — Fast zur gleichen Zeit perübte in einem Hause der SM.nbergstxM