Chronik und Anzeigenblatt obere

Amtsblatt für W

für

Anzeigenpreis: Die enypaltige Petitzeile oder deren Raum im Bez. Grundpr. 15 Pfg., außerh. 20 einschl. Ins.-Steuer. Rekiamezeile 40 Pfg. :: Rabatt nach Tarif Für Offerten u. bei Auskunfterteilung werden jeweils .'0 Pfg. mehr berechnet. :: Schluß der Anzeigennahme tägl. 8 Uhr vorm.:: In Konkursfällen od. wenn gerichtl Beitreibung notw. wird, fällt jede Nachlaßgewähr, weg

Erscheint täglich, ausgenommen Sonn- und ^erermgs Bezugspreis halbmonatlich 65 Pfennig frei rns Haus eltefert; durch die Post bezogen im innerdeutschen Verkehr monatlich 1.50 Mk. :: Einzelnummern 10 Pfg. Girokonto Nr. 50 bei der Oberanrtssparkaste Neuenbürg f)n.ngst. Wildb. :: Bankkonto: Enztalbank Konnn.-Gef. Häberle L Co. Wildbad.:: Postscheckkonto Stuttg. 29174.

Druck, Lrrlag u. Schriftleitung Theodor Gack, Wildbad, Wilhelmstraße ^ 161. Wohnung: Bismarckstraße 337.

dM 21. August

Samstag-

61. Jahrgang

Nummer 194

Fernruf

Aernruf 179

Politische Wochenschau

Der allgemeine Ruf der englischen Bergarbeiter und ihrer Frauen ist:Wir haben genug gelitten und wir werden nicht dulden, daß wir noch mehr leiden müssen". Das ist die Kapitulationserklärung des englischen Bergarbeiterfüh­rers Cook. Damit ist der englische Grubenstreik zusam­mengebrochen. Er hatte lange gedauert. Lange, viel zu lange ließen sich die Arbeiter von dem Losungswort leiten: Keinen Pfennig vom Lohn!" oderKeine Minute über die NormalzeitI". Aber stärker als das Schlagwort ist die Wirtschaftskraft eines Volks. Sie ist auch stärker als der Wille der kapitalistischen Arbeitgeber und der Wille der Gewerkschaften, auch stärker als alle Regierungsmahnahmen und noch so gutgemeinten Vorschläge der Bischöfe.

Und was kam dabei heraus? Viele Hunderte Millionen von Pfund Sterling Schaden hat der Streik angerichtet. Noch größer ist vielleicht der moralische Verlust, den beide kämpfende Teile zu buchen haben. Und doch haben sie etwas gelernt, nämlich, daß beide aufeinander angewiesen sind und beide im Dienste der Allgemeinheit stehen, und daß das Volk mit seiner Kaufkraft schließlich das letzte Wort hat. Sein Interesse aber fordert eine gründliche Neuorganisation des Bergwerks. Man wird namentlich daran denken müssen, unrentable Gruben eingehen zu lassen, das veraltete eng­lische Bodenrecht, die eigentliche Quelle der ungesunden Ver­hältnisse im englischen Bergbau, den neuzeitlichen Verhält­nissen anzupassen und die überschüssigen Bergarbeiter ander­wärts unterzubringen.

Je näher der Termin der September-Versammlung des Völkerbunds rückt, desto zweifelhafter gestalten sich die Aussichten für den Eintritt Deutschlands. Selbst Stresemann, der sonst gerne einen Silberstreifen sieht, wo andere Wetterwolken erblicken, sprach sich recht sorgen­voll aus. Immer deutlicher kommt zum Vorschein, daß die lateinischen Völker, voran Frankreich, dem Wunsch Polens, so gut wie Deutschland einen ständigen Ratssitz zu bekom­men, willfahren möchte. Auch Spanien, das übrigens neuerdings im Gegensatz zu England Tanger ganz für sich haben möchte, gibt mit derselben Forderung nicht locker. Andererseits hat eine Konferenz nordischer Parla­mentarier im Schloß Christiansborg ausgesprochen, die nordischen Länder müßten daran festhalten, daß keine Erweiterung der ständigen Ratssitze über den durch die Auf nah in e Deutschlands in den Völkerbund notwendig werdenden hinaus vorgenommen werde.

Wenn's so weiter geht, dann wird Deutschland, dessen Regierung bis setzt an ihrem früheren Standpunkt festhält, im September keinen Schritt weiter kommen, als in der Märztagung, vielleicht mit der Ausnahme, daß unseren Ver­tretern diesmal das Warten im Vorzimmer erspart bleibt. Manche glauben sogar, daß der Völkerbund nächstdem in die Brüche gehe. Und wenn man heute so viel von Ver­trägen zwischen Frankreich, Rumänien, Jugoslawen, Spa­nien, Italien, Griechenland u. a. liest, dann fragt man sich billigerweise:Wozu überhaupt noch einen Völkerbund" Der sollte und wollte ja diekriegerische Bündnispolitik" der Vorkriegszeit aus der Welt schaffen und heute wächst dieses angebliche Unkraut üppiger denn je. Und damit der Wirrwarr voll werde, ist in Tokio einVölkerbund f ü r d e n O st e n" ins Leben gerufen worden. Ihm gehören an: Japan, China, Indien und die Philipinnen. Zunächst soll die Befreiung Indiens und der Philipinnen mit allen Mitteln gefördert werden.

Jedenfalls spürt man bei uns Deutschen herzlich wenig von den Segnungen des Geistes von Locarno. Die Franzosen halten beide Ohren dicht zu, wenn man über bieses Thema spricht. Stakt 35 000 wollen sie günstigsten Falls 6000 Mann in den Rheinlanden abbauen. Ueber den Ger» "" rsheimer Skandal ist es mäuschenstill geworden, Unser Vorschlag, den Fall einem internationalen Schieds- gericht zu unterbreiten, wurde aus grundsätzlichen Bedenken ^ überhaupt mit den erhofftenRückwir- darüber folgende Zahl: Die französische n" Pfalz beträgt heute 17169 Mann gegen 11 642 der ehemaligen deutschen l Krieg! Mit Recht hat eine deutsch- n"k im preußischen Landtag

Dinge hmgewiesen: Nicht nur die einfachsten, selbst- ^ ^^miofssten Lebensäußerungen des deut­

schen Natwnalgefuhls, deutschen Wesens und deutscher Festig­et nnnden von Frankreich verfolgt, sondern auch in der eigentlichen militärischen Inanspruchnahme des besetzten Rheinlands gehe die Besatzung durch Schießplätze, Truppen­belegungen, Manöver gegen den Friedensvertrag, gegen ausdrückliche Abmachungen, gegen menschliche Erwägung und gegen das deutsche Beispiel nach 1871 noch immer weit "^li das j hinaus, was rechtlich und der Bevölkerung zu-

Anfang in der Rückgabe geraubter Reichs- gebiete scheint sich zu verwirklichen. Belgien braucht Geld und bietet allen Ernstes Deutschland die Kreise E u p e n und Malmedr, an. Als Gegenleistung verlangt es, so berichtet

Taaesivieae l

Der Reichsminisier des Innern Dr. Külz hak nach einem Beschluß der Reichsregierung den Antrag des Reichskags- abgeordneten Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Best-Darm- stadk, Vertreters des Sparerbunds, auf Zulassung eines Volksbegehrens für ein neues Aufwerkunasgeseh abgelehnk. In der Begründung wird ausqeführk. der beantragte Gesetz­entwurf würde einen verfassungsmäßig unzulässigen Ein­fluß auf den Gesamkbestand des Reichs-Haushaltplans aus­üben, und zwar wegen der Höhe der in Betracht kommen­den Beträge, so daß der Haushaltplan tatsächlich umge­stoßen würde.

Der französische Oberkonkrottkommissar, General Batch, wird nach mehrfachen Besprechungen im Reichswehrmini­sterium nach Paris abreisen, um dem Botschaflerrat Bericht zu erstatten.

Die belgische Regierung läßt lautTimes" abermals ver­sichern. daß sie sich auf keinerlei Verhandlungen mit Deutsch­land über Lupen und Maimedy einlassen werde.

Zwischen Südslawien und Polen ist ein FreündschafkS- oerkrag abgeschlossen worden.

Die Moskauer Regierung erklärt, sie werde niemals den Raub Bessarabiens durch Rumänien anerkennen. Diese Erklärung ist von Bedeulung, da der rumänische Minister­präsident demnächst nach Rom reisen will, um gegen gewisse Zugeständnisse an Italien Mussolini zu bitten, zwischen Ru­mänien und Rußland in der bessarabischen Frage zu ver­mitteln.

Bei Uessan (Marokko) wurde eine französische Abteilung überfallen. Lin Offizier und 8 Mann wurden geköket.

Die chinesische Regierung, die die Abberufung des bol­schewistischen Gesandten Karachan verlangt, darauf aber von Moskau keine Antwort erhalten hat, hat beschlossen, mit Karachan keine diplomatischen Beziehungen mehr zu unter­halten.

derNew-'/lork-Herald", die Summe von 1,5 Milliarden Goldmark, und zwar auf dem Wege der Ausgabe einer Schuldverschreibung Belgiens an Holland in dieser Höhe. Diese Zahlung bedeute zugleich die Rückerstattung bezw. Auf- Wertung der seinerzeit in Belgien ausgegebcnen deutschen Banknoten. Diesem Plan steht die belgische Presse, mit ganz geringen Ausnahmen, begreiflicherweise wohlwollend gegenüber. Anders aber Frankreich, dag hierin eine Ver­letzung des Versailler Vertrags erblickt. Mit Unrecht. Kann doch jeder Staat von seinem eigenen Gebiet veräußern so viel er will, vollends, wenn die abzutretenden Gebiete selbst ihre Rückkehr zu einem anderen Staate, dem sie politisch und völkisch angehören, dringend wünschen.

Unser parteipolitisches Leben zeigt eine erfreuliche Neu­erscheinung. Bekanntlich ist die Sozialdemokratisch, Partei Sachsens seit Jahr und Tag gespalten. In dem Organ der altsozialistischen Partei, imVolksstaa t", erschien nun neulich ein Aufsatz, der einen deutschen Re» publikanismus aus hingehender Staatsgesinnung und na­tionaler Leidenschaft als allein lebensfähig verlangt. Die internationalistische Einstellung der deutschen Arbeiter­schaft zu staatspolitischen Notwendigkeiten in der Vorkriegs­zeit sei nur zum geringsten Teil Schuld dieser Arbeiterschaft, andern vielmehr durch die politische Kurzsichtigkeit der herr- chenden Schichten hervorgerufen worden. Das Blatt ruft auf zu einer Einheitsfront derer, die willens sind, dem Reich in seiner Ohnmacht zu geben, was seiner Selbst­erhaltung diene und seiner Rettung fromme.

Immer dringender äußert sich der Wille der Saar­länder nach Rückkehr zum deutschen Vaterland. Dies kam besonders deutlich zum Ausdruck aus der Versammlung desBundes der Saarvereine" in Köln. Die Inflation des Franken wirkt sich dort verheerender aus als in Frank­reich selbst. In Entschließungen wurde zum Ausdruck ge­bracht, daß Völkerbund und Saarregierung vollständig ver­sagt hätten, und daß der Wille des Saarvolks, unter der deutschen Regierung zu bleiben, heute fester stehe als je: .Wir wenden uns an das französische Volk und an die fran­zösische Regierung mit der Mahnung, ihre Gelüste und ihre Hände zu lassen von deutschem Land und deutschem Volk."

Im Wohnungsausjchuß des Reichstags wurde über das Wohnungsbauprogramm 1926 beraten. Dasselbe soll für eine Reihe von Jahren maßgeblich sein. In Betracht kämen jährlich 180 000200 000 Wohnungen, also etwa so viel wie in Friedenszeiten, 5060 000 mehr, als 1925 ge­baut wurden. Die für die ersten Hypotheken erforderlichen Mittel seien, vorhanden. Dagegen zeige sich eine ungünstige Entwicklung auf dem Gebiet des privaten Baugelds. Wer würde nicht dringend wünschen, daß der Regierung die Durchführung dieses Programms gelinge, um so mehr, als dadurch viele Tausende von arbeitslosen Bauarbeitern wie­der eine Beschäftigung erhalten würden? Aber das Pro- aramm toll vor allem auch volkswirtschaftlich und bevölke-

rungspolitisch richtig durchgesührt werden; nicht die Ver­größerung der Großstädte mit ihrer Erwerbslosigkeit soll das Ziel sein, sondern die Ansiedlung arbeitswilliger Men­schen da, wo sie Arbeit finden. Hst.

Neue Nachrichten

Ausschluß aus der kommunistischen Partei

Berlin, 20. Aug. Auf Weisung von Moskau sind Rukh Fischer, Masiow, Üossau, Louqingen und Tiedt vom Haupt­ausschuß aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen worden.

Die Einigungsverhandlungen im englischen Streik gescheitert

London, 20. Aug. In den gestrigen Verhandlungen mit den Zechenbesitzern hielten unerwartet die Arbeiterführer die Forderung der siebenstündigen Arbeitszeit unter Tag und die Ausdehnung des Abkommens auf das ganze Land aufrecht; die Lohnsrage sollte besonders geregelt werden, nachdem die Verbesserungsmöglichkeiten im Bergbau erneut geprüft wären. Außerdem sollte die Staatsunterstützung weiter bezahlt werden. Die Vertreter der Grubenbesitzer lehnten die Staatsunterstützung ab, weil sie eine unbillige Belastung der Steuerzahler darstelle und den nötigen Ab^u der Steuerlasten verhindere. Weiter verlangten die Gruben­besitzer die örtliche Lohnregelung und Verlängerung der Arbeitszeit. Die Verhandlungen wurden abgebrochen. Die Arbeiterführer besprachen sich darauf mit dem Gewerk­schaftsrat über eine Fortsetzung des Ausstands. Es soll ein neuer Aufruf um Geldunterstützungen veröffent­licht werden. Erstminister Baldwin besprach die Lage mit den zuständigen Reichsbeamten.

Mussolini über seinekünftigen Schlachten"

London, 20. Aug. Der Berichterstatter desDaily Herold" in Lugano meldet, daß Mussolini in Borgotaro eine Rede gehalten habe, weiche folgende Sätze enthielt, die von der Agentur Stefan! unterdrückt worden seien. Mussolini Habs zügegeben, daß die wirtschaftliche Lage des Landes schwierig sei, aber dies nur ein Beweis für die Bosheit und Mißgunst der ausländische» Feinde sei. Italien sei umgeben von einem Kreis von Feinden, der täglich angriffslustiger und mächtiger werde. Wir müssen diesen Kreis durchbrechen, eher er uns den Atem raubt, und ich sage euch, daß der Anblick unserer prächtigen Regimenter, die ick> heute besichtigt habe, mein Herz mit Hoffnung erfüllt und mich berechtigt, zu erklären, daß wir die künftigen Schlachten gewinnen werden.

Smuts gegen Herzog

Johannesburg, 20. Aug. Der frühere Ministerpräsident General Smuts hielt im hiesigen Rathaus eine Rede ge­gen den jetzigen Ministerpräsidenten General Herzog. Herzog fordere die Unabhängigkeit Südafrikas (von Eng­land), aber diese Politik werde dem Land nur schaden. Der größere Teil der Versammlung geriet in solche Erregung gegen Smuks, daß er seine Rede mehrmals unterbrechen mußte und schließlich nicht mehr zum Schluß kommen konnte. Die Halle wurde geräumk, wobei es zu einer Schlägerei zwischen der Engländerpartei (Smuts) und der Burenparkei kam.

Die Philippinen noch nicht reif

Washington, 20. Aug. Coolidge läßt gegenüber der Be­hauptung des philippinischen Senators Osmena erklären, er habe im vorigen Jahr ln einem Brief an den Vorsitzenden des philippinischen Unabhängigkeitsausschusses geschrieben, daß die Philippinen für die Unabhängigkeit noch nicht reif seien. (Osmena hakte in einer Tischrede an das Verspre­chen Coolidges erinnert, daß die Bereinigten Staaten die Inseln freigeben werden, sobald ihre natürlichen Hilfs­quellen entwickelt seien.)

Der Kirchenstreik in Mexiko

Mexiko, 20. Aug. Die Bischöfe haben in einem Schrei­ben den Präsidenten Calles gebeten, die Kirchengesehe auf­zuheben und der Kirche die Freiheit zurückzugeben. Calles erwiderte, die Aufhebung der Gesetze und Verordnungen sei unmöglich, da sie Teile der Verfassung feien und er dir Verfassung nicht ändern könne. Den mexikanischen Geist­lichen sei durch die Verfassung die Freiheit gewährleistet, sie müßten sich aber im übrigen den Landesgesehen unter­werfen.

Zwischen mehreren Abgeordneten kam es zu einem Streik, wobei einer erschossen wurde. Zwei Abgeordnete, ferner der frühere Gouverneur und ein ZeitungsverKLufer wurden schwer verwundet.

Aufstand in Nicaragua

London, 20. Aug. In Nicaragua (Mittelamerika) ist ein Aufstand ausgebrochen, der nach derDaily Mail" durch die Regierung der Vereinigten Staaten, den Präsidenten Cha- morro nwruerkennen. wrurlorbt worden sein soll. Die Eisest»

^ i ! :

??