Der Lirchenslreik in Mexiko
Rlexiks-Stadk, 6. Aug. Die Lage im Kirchenstreit ist unverändert. Das Land ist äußerlich ruhig, unter der Oberfläche wird der Kampf jedoch von beiden Seiten mit Hartnäckigkeit geführt. Die Regierung scheint fest entschlossen, die Ausführungsbestimmungen zum Kirchengesetz mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchdrücken zu wollen, und erklärt alle Gerüchte über einen bevorstehenden Kompromiß für falsch. Andererseits verteidigt die Kirche ihre Stellung mit gleicher Zähigkeit. Der Beauftragte der erz- bischöflichen Delegatar, Bischof Diaz, veröffentlichte einen Brief des Kardinalstaatssekretärs Gasparri, in dem Widerstand bis zum Aeußersten empfohlen wird. Die Kirchen in der Provinz sind fast ausnahmslos von Bürgerausschüssen übernommen worden, die das ihnen anvertraute Gut mit großer Gewissenhaftigkeit verwalten. Trotzdem sind in einigen Ortschaften Diebstähle goldener Medaillen und Kruzifixe vorgekommen, wobei die Diebe sich mit Hilfe gefülscbter Papiere als zu der Be.sckflagnahme entsandte Regierungsbe- amts ausgegeben haben. Auf frischer Tat ertappte Kirchendiebe läßt die Regierung ohne Prozeß erschießen.
Der katholische Orden der K o l u m b u s r i t t e r in den Vereinigten Staaten erhob gegen die Kirchenpolitik des mexikanischen Präsidenten Calles Einspruch. Die Bürger der Vereinigten Staaten dürfen nicht dulden, daß Mexiko dem Bolschewismus ausgelisfcrt werde. Es müsse verlangt werden, daß die Waffenausfuhr nach Mexiko fr ei gegeben werde, denn nur dem bisherigen Waffenausfuhrverbot der Vereinigten Staaten verdanke Calles sein Ueber- gewichi. Der Vorstand des Ordens wird ermächtigt, von den Mitgliedern Beiträge bis zu einer Million Dollar einzuziehen für einen Presse- und Aufklärungsfeldzug gegen Calles.
Das Auswärtige Amt erwiderte auf den Aufrrrs der Ko- lumbusritter, es seien Vorkehrungen gekroffen, um vertragliche Rechte von Bürgern der Vereinigten Staaten in Mexiko zu schützen. Beschwerden über angebliche Verletzung dieser Rechte werden dem Botschafter der Vereinigten Staaten in Mexiko, Sheffield, zur Untersuchung übergeben. Die Regierung in Washington werde wie bisher sich auf den Schutz der "vertraglichen Rechte ihrer Staatsangehörigen beschränken.
Der frühere Minister Perez wurde in seiner Wohnung erschossen aufgefunden.
Schwere Verfehlungen städt. Beamten in Frankfurt a. M.
Frankfurt a. Bl.. 6. Aug. Der Magistrat hat dem Aeltestenausfchuß der Stadtverordnetenversammlung gestern eine umfassende Darstellung der Lage der hiesigen Arbeitszentrale gegeben, in deren Betrie.be Verluste von mehr als 300 000 -4t festgestellt wurden. Daneben bestehen bei der Stadthauptkasse rund 1 Million Mk. Schulden. Die bei der Zentrale tätigen Angestellte Tropp und Roß haben sich schwere Verfehlungen zuschulden kommen lassen. Der Aeltestenausschuß hat fristlose Entlassung aller Schuldigen und Verfolgung der Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft verlangt. Außerdem soll ein Untersuchungsausschuß besonders die verwaltungstechnischen Verfehlungen feststellen.
Ueberfallen und löblich verletzt
Frankfurt a. TU., 6. Aug. In der Nacht zum Mittwoch wurde auf dem Rohmarkt der Artist Lippold mit schweren Hieb- und Stichwunden aufgefunden. Die eingeleitete Untersuchung hat ergeben, daß Lippold von einer größeren Anzahl kommunistischer Parteigänger überfallen, über das Gitter des Gutenberg-Denkmal geworfen und am Kopf in furcht- - barer Weise zugerichtet wurde. Lippold ist gestern im Krankenhaus gestorben, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben.
Württemberg
Stuttgart, 6. Aug. Im Arbeitsnachweisbezirk Stuttgart stunden am 3. August 1926 6590 männliche und 2247 weibliche, zusammen 8357 Personen in Erwerbslosenunterstützung. Die Arbeitsmarktlage hat sich leicht verschlimmert.
Außgängerfurken. Dem Beispiel anderer Großstädte folgend, hat das Polizeipräsidium Stuttgart sich zur versuchsweisen Einführung sogenannter Fußgängerfurten entschlossen. Die Uebergangsstellen werden an besonders belebten Teilen der Stadt durch weihe Striche ausgezeichnet. Die Kraftfahrer werden auf das Gebot „Langsam fahren", das diese Furten schützen, besonders hingewiesen.
ilru den Höchsten Preis
Roman von Wolfgang Marken.
44 Urheberrechtsschutz durch Verlag Oskar Meister, Werdau.
Am 30. Oktober — es war an einem Sonntag — versuchten sie zum ersten Male wieder zu gehen, vom Bett nur bis zum Liegestuhl im Zimmer mit der Aussicht nach dem Meere.
Sie kamen keine fünf Schritte weit, dann brachen sie zusammen. Aber mit zusammengebissenen Zähnen ertrotzten sie es wenige Tage später.
Schwach und matt lagen sie in ihren bequemen Liegestühlen und ließen sich die liebevolle Fürsorge Mayannas gefallen. Noch war kein Wort zwischen den Kranken und ihrer reizenden Pflegerin gefallen. Nur die dankbaren Augen der beiden sich langsam erholenden Schiffbrüchigen waren ihr Zeugnis, wie wohl beiden ihre Pflege tat.
Am kommenden Sonntag, als die beiden wiederum sich von der Kammer in die Liegestühle geschleppt hatten, begann der eine zu sprechen. Es fiel ihm schwer, Mayanna merkte es.
Die Fischer von Myann sahen dem kopfschüttelnd zu. Der Fremde kam ihnen wie ein verwunschener Prinz vor, vollends als das Gerücht umging, daß der Fremde für die Armen von Myann einen größeren Betrag gespendet haben sollte.
Der alte Kapitän erfuhr von allem. Die Neugierde plagte ihn bald mehr als das alte Reißen im linken Fuße. Aber er getraute sich einfach nicht, mit seinem Gaste zu sprechen.
Eines Tages hörte Friedrich Karl, wie er mit seiner Tochter zankte. Mayanna sah mit hilfesuchenden, angstvollen Augen zu Friedrich Karl hin.
Es handelte sich um Arco.
„Warum wollen Sie dem wackeren Arco Ihre Tochter nicht geben?" siel Friedrich Karl dem Alten plötzlich in die Rede.
Erstaunt sah ihn der Alte an, dann lachte er dröhnend auf.
„Könnte dem Habenichts gefallen, soll mir sünfzigtausend Franken auf den Tisch legen —"
„— dann sind Sie damit einverstanden? Habe ich Sie richtig verstanden. Kapitän?"
SV die Mse Mrieben, MMte Hx Ak.
Württ. Volksbühne. Di- Württ. Volksbühne wird unter der Leitung des neuen Intendanten Hans Herbert Michels ihre Tätigkeit am 16. August ds. Js. mit den Vorproben in Friedrichshafen beginnen. Die Spielreise beginnt am 1. Sept. durch 24 Städte des Landes: Aalen, Biberach, Calw, Ell- wangcn, Feuerbach, Freudenstodt, Friedrichshafen, Geislingen, Gientzen, Göppingen, Gmünd, Heidenheim, Kirch- heim, Kornwestheim, Lindau, Ludwigsburg, Oberndorf, Ravensburg, Reutlingen, Rottweil, Sindelfingen, Schwenningen, Tübingen, Waldsee. Neu hinzugekommen ist die ! Stadt Eßlingen mit 48 Vorstellungen im Spieljahr 26/27.
Zu dem Paddeldovk-Analück. Der bei dem Paddelbootunglück bei Kirchentellinsfurt ums Leben gekommene Studienassessor heißt nicht Bletfchinger, sondern Pflet- ichinger. Er ist der Sohn des Oberregierungsrats Pflet- s ch i n g e r in Stuttgart, einem Mitglied des Kath. Oberschulrats.
Stuttgart, 6. Aug. Protest gegen die Bauland- st e u e r. Zahlreiche Vereinigungen von Grundbesitz-, Garten- und Weinbau sowie Landwirtschaft haben eine Entschließung angenommen, in der gegen die vom Gemeindsrat beabsichtigte Bauiandsteuer Protest erhoben und das Ministerium des Innern gebeten wird, der Steuer seine Zustimmung zu versagen. Die Steuer wird als eine Sondersteuer und als eine Ungeheuerlichkeit bezeichnet.
Vom Tage^. In vergangener Nacht gerieten in Heslach drei junge Frauen mit ihrer nicht viel älteren Stiefmutter in Streit, bei dem Hausschlüssel und Stöcke eine gewichtige Ralle spielten. Auch der Later bekam seinen Teil ab. Das Blut floß reichlich. Die vielen Männer, die dem Kampf zusahen, wagten nicht, die wütenden Weiber zu trennen.
Gagernberg OA. Marbach, 6. Aug. GroßesSchaden- feuer. Gestern mittag brach in der Doppelscheuer der Landwirte Mühle und Brixner Feuer aus, dem sämtliche Vorräte zum Opfer fielen.
kleinsachsenheim OA. Vaihingen, 6. Aug. Brand- unglück. Gestern nachmittag brach in der Doppelscheuer von Hermann Walliser und Jakob Gutekunst in der Löch- gauerstraße vermutlich infolge Kurzschlusses Feuer aus. Das Gebäude wurde samt Ernte- und Heuvorräten ein Raub der Flammen.
Hemmingen OA. Leonberg, 6. Aug. Beide Füße abgedrückt. Der Langholzfuhrmann Frohmayer von Ru- tesheim verunglückte dadurch, daß beim Abladen in der hiesigen Sägemühle ein Baumstamm ins Rollen kam und ihm beide Füße unterhalb des Knies abdrückte. Der Bedauerns- : werte wurde ins Vezirkskrankenhaus nach Leonberg verbracht.
Reutlingen, 6. Aug. Aufwertung. Im Gemeinderat wurde mitgeteilt, daß nach Abzug der Forderungen der städt. Verwaltungen noch eine Altbesitzsumme von schätzungsweise 5 353 000 -4t auszuwerten ist. Dieser Betrag soll mit 20 Proz. bei 5proz. Verzinsung ab 1. Januar 1926 und 20jähriger durch Verlosung zu bestimmender Tilgung aufgewertet werden. wobei sich die neugeschasfene Anleiheablösungsschuld auf 1 071 000 -4t berechnen würde. Der jährliche Bedarf für Verzinsung und Tilgung würde rund 107 000 -R betragen. Die Mittel sind in den Voranschlag eingestellt.
Nagold, 6. Aug. Autolinie Nagold — Herrenberg. Gestern abend fanden Verhandlungen in Herrenberg zwischen dem hiesigen, dem Aerrenberger Gemeinderat, den Vertretern der Gemeinden Mötzingen, Unterjettingen und Oberjettinoen und dem Unternehmer genannter Äutolims wegen Anschaffung eines 32sibigen Magiruswagens statt, da der bisberige Omnibus den Anforderungen nickit mehr ae- nügt. Die beteiligten Interessengruppen beschlossen die Anschaffung des Wagens.
Tuttlingen, 6. Aug. Bewußtlos aufgefunden. Nachmittags wurde ein 38 Jahre alter Schäfer von Spaziergängern im Duttental b?n".,«stas aufaetunden. Mit dem Smitötsmito wurde der Aufgsfundene ins Bezirkskranksn- haus verbracht.
EWngen, 6. Aug. Frauenkirche-Lotterie. Bei der gestrigen Ziehung fiel der erste Gewinn mit 5009 Mark auf die Losnummer 38 357.
Vaihingen a. E.. 6. Aug. Mackensen-Ehrung. Am Montag abend finde! eine Ehrung des Generalseldmar- schalls von M nckensen durch die Kriegervereine des Bezirks, denen sich die Ortsnsreine von Enzweihingen anschlks- ßen werden, statt. Die standesamtliche Trauung des Frei-
Mayanna hörte verwundert d-e Reden, und in ihrem Harzen begann die Hoffnung stark zu werden.
Am nächsten Tage kam der Hausierer und brachte eine Ricsenfracht, die Friedrich Karl in das neugekaufte Haus schleppen ließ.
Neugierig verfolgten die Fischer jeden seiner Schritte.
Am Abend desselben Tages fragte Friedrich Karl Mayonna, ob sie mit ihm etwas spazieren gehen wolle. Sie stimmte freudig zu. Unterwegs stießen sie auf Peter, der mit Kapitän Arco kam.
Die beiden Liebenden drückten sich herzlich die Hände.
Sie betraten zusammen — von vielen neugierigen Augen beobachtet — das .Haus, das in seinem neuen Anstrich c:nen fast vorn ' men Eindruck machte.
Wie rissen Mayanna und Arco aber die Augen auf. als sie das Innere des Hauses iahen. Alles war neu vor- cnrichtet und behaglich möbli"
Friedrich sühne sie durch die Räume, öffuele die Schränke, die gefüllt waren mit Wäsche und allem Geschirr.
„Wie gefällt es Ihnen?" fragte er die beiden dann.
„O, Monsieur," ergriff Mayanna das Wort, „wie schön, wie wunderbar schön haben Sie sich alles einrichten lassen."
Friedrich Karl sah das Paar ernst und freundlich an.
„Ich schenke Ihnen das Haus mit allem, was darin ist. Das ist die Brautgabe der Schiffbrüchigen."
Die beiden sahen sich an. Sie wußten nicht, wie ihnen ge- scl ch. Sollten sie dos Unfaßbare glauben?
Arco stammeUe: „Monsieur scherzen mit uns!" ^
„Mein lieber Kapitän." sagte der aber herzlich, „Sie l ' en uns das Leben gerettet, ohne ihr Zutun wären wir b-ide heute im Schattenreiche. Da ist unser Dank nur genug. Nchmen Sie unser Geschenk an. Es wird gern ge- gc'en. Sie sollen es gern nehmen."
Da umschlang ihn Mayanna und küßte ihn.
„O, haben Sie Dank, Monsieur, haben Sie tausend Dank. Sie haben uns das ewige Glück geschenkt."
Als Friedrich Karl den Dankkuß des blonden Mädchens fühlte, sah er Alines süßes Bild, und die Sehnsucht in ihm wuchs.
„Kapitän Arco, mir verlassen heute >n vierzehn Tagen die Insel. Vor. ui will ich Sie noch am Altar sehen."
fräulein von Neurath mit Botschaftsrat von Macken, sen findet am Dienstag vorm, ans dem Rathaus in Enzweihingen statt; sie wird durch Schultheiß Brett vorgenom- men; als Trauzeugen fungieren Generalfeldmarschall von Mackensen und Botschafter von Neurath. Um 12 Uhr mittags schließt sich in der Kirche in Enzweihingen die kirchliche Trauung durch Pfarrer Schmid an-
Heilbronn. 6. Aug. Rückgang der Erwerbslosenziffer. Im Bezirk Heilbronn ist die Zahl der Erwerbslosen in der Zeit vom 15. Juli bis 1. August von 5171 auf 4444, die der Notstandsarbeiter von 650 auf 510 zurück- gegangsn.
Heilbronn, 5. Aug. Das Theaterspieltim Winter. Da in letzter Zeit die Zahl der geforderten Abonnenten erheblich zugenommen hat und somit die Vorbedingungen für die Spielzeit erfüllt sind, wird im kommenden Winter auf der Basis der letzten Gemeinderats- und Kommission?- Verhandlungen des Stadttheater eröffnet werden. Es wird Schauspiel und Operette gespielt werden. Das Orchester wird wahrscheinlich 21 Mann betragen.
Oehringen. 6. Aug. Einbrüche. In einer hiesigen Bäckerei und Wirtschaft wurde nachts eingebrochen und Geld, Rauch- und Backwaren gestohlen. In kurzen Abständen haben sich hier solche Diebstähle wiederholt.
Buchengehren OA. Welzheim, 6. Aug. Seltene Feier. Die beiden Zwillingsbrüder Georg Höfer, Ausdingbauer von hier und Veteran von 1870 und Gottlob Höfer, Ausdingbauer in Unterkirneck bei Lorch leierten am 3. August mit ihren Gattinen in körperlicher und geistiger Frische ihren 83. Geburtstag. Beide Paare haben vor einigen Jahren das Fest der goldenen Hochzeit gefeiert.
Heidenheim, 6. Aug. Beisetzung. Die fünf Opfer des Fliegerunglücks vom letzten Sonntag wurden am Mittwoch in Gerstetten, Hermaringen und hier beigesetzt. Die Beteiligung an den Leichenb.gängnissen war überaus zahlreich. Die Stadt Heidenheim ließ an sämtlichen Gräbern der Todesopfer Kränze niederlegen, ebenso der Württ. Luftverkehrsverband. An allen Gräbern wurden Nachrufe gehalten.
Balingen, 5. Aug. Selbstmord durch Dynamit. Es steht nunmehr fest, daß der als Schießmeister beschäftigte, ledige 23 I. a. Arbeiter Adolf Götz von Ziegelwasen, Gde. Waldstetten OA. Balingen, Selbstmord verübt hat. Er stellte sich auf eine größere Anzahl Dynamitsprengkapseln und brachte diese zur Explosion. Die Wirkung war furchtbar. Der Körper wurde in viele Stücke gerissen, sodaß sie nur mühsam und nach längerer Zeit zusammengesucht werden konnten. Der Beweggrund zu der schrecklichen Tat dürfte in häuslichen Vorwürfen gegen den jungen Mann wegen seiner Beziehungen zu einem jungen Mädchen zu suchen sein.
Z'llhausen OA. Balingen, 6. Aug. Zusammenstoß. Ein Radfahrer von Pfeffingen stieß bei der Kirche in scharfer Fahrt mit einem Tailfinger Lastauto zusammen. Er erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Der Verunglückte ist verheiratet und Vater von drei unmündigen Kindern.
Roltweil, 6. Aug. Schwerer Unglücksfall. Das 8l4 Jahre alte Söhnchen des Kaufmanns Willy Straub in der Heerstraße wollte mit einem Fahrrad, in dessen Rahmenbau stehend, ein von der Lindenstraße kommendes, beladenes Holzfuhrwerk überholen. Der Knabe fuhr rechts vor, geriet anscheinend auf der schmalen Fahrbahn gegen einen Baum und wurde unter das Vorderrad des Wagens gedrängt, das über ihn hinwegging. Hierbei erlitt er so schwere Verletzungen, daß er ihnen alsbald erlag; den Fuhrmann trifft keine Schuld.
Schwenningen, 6. Aug. Versuchter Betrug. Ein Kaufmannslehrling eines hiesigen Schuhgeschäfts war von seiner Firma beauftragt worben, auf dem Postamt 1000 Briefmarken zu 10 L zu holen. Aus Versehen händigte der Schalterbeamte dem jungen Mann 2000 Stück aus. Statt die überzähligen Marken zurückzugeben, versuchte der Bursche die Marken ans dem Villinger Postamt zu verwerten, indem er vorgab, seine Schwester habe 1000 Marken zu viel gekauft. Der Beamte überzeugte sich durch Vergleich, daß die Marken nicht beim Villinger Postamt gekauft sein konnten, und verständigte die Gendarmerie. Eine empfindliche Strafe dürfte die Folge sein.
Lchrarnbers, 6. Aug. Brandstiftung. Bei dem Brandsall in Hintereseloach, Gde. Aichhalden, handelt es sich nicht um Kurzschluß, sondern um Brandstiftung. Zwei der Tai verdächtige Personen wurden an das Amtsgericht eingeliefert.
9.
Wieder war einmal der Sommer in Schloß Arnsperg ein- oclehrt. In voller Pracht standen die alten Ulmen im Parke und sahen alle Tage zwei Frauen den Weg, den sie säumten wandeln.
Aline lrug hart an ihrem Geschick. Sie glaubte nicht mehr, daß ihr Gatte je wiederkehren würde, und hatte sich in ihr Schicksal ergeben. Ihre Kinder hielten sie an dem, acb io geringen Leben fest.
Sie litt schwer, und die Gefährtin ihrer dunklen Tage» die mit uni chreiblicher Innigkeit und Liebe an Frau Aline hing, litt nicht minder. Und doch war in dem zanen
ndergelicht, das von einer Flut blonder Locken umrahmt : r. ein sehnsüchtiger, freudesuchender, freudeerhoffender Zug.
Aline liebte die kleine, arme Maud herzlich; sie war ih, ein Quell, aus dem sie immer wieder Trost schöpfte. Denn Maud glaubte felsenfest an die Wiederkunft Friedrich Karls.
Und dieser wunderliche Kinderglauben tat wohl, auch dem, der den Glauben verloren hatte.
„Liebste." sprach Aline, „du mußt dich mehr schonen. Von heute ab unterlassen wir unsere langen Spaziergänge."
Maud sah sie flehend an. „O, nicht, bitte nicht. Die Stunden mit dir, nimm sie mir nicht."
„Ich will gern zu dir kommen, wenn dich meine Gesellschaft freut. Soll ich Annl mitbringen?"
„O, du, wie ich dir danke." Tränen der Freude standen ln ihren Augen.
„Was ist dir. Liebste?" Aline streichelte herzlich das Blondhaar.
„O, nichts. Aber bald — bald werde ich sterben."
Aline faßte erschrocken die Kinderhände.
„Sprich nicht so. Maud. Du tust mir weh."
Maud blieb am Wege stehen und sah mit gefalteten Händen in die dunklen Wolken, die der Wind über die Landschaft jagte. Sie lächelte glücklich und weh. daß es Aline ins Herz schnitt.
Wie leise singend fuhr sie fort: „Dir möchte ich nur Liebes antun, du Liebe, du Gute. Du darfst nicht weinen, wenn mich Gott abruft."
(Fortsetzung folgt.)