(Enztalbote)
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Nsmrner 44
Fernruf 179
Dienstag, den 23. Februar 1926
Fernruf 17S
61. Jahrgang
Hat das Reich innere Schulden!
Ja, aber allerdings im Verhältnis zu den anderen Staaten recht wenig.
„Das Bemerkenswerteste an der öffentlichen Schuld ist der Umfang, in dem die innere Schuld nicht allein des Reichs, sondern auch der Länder und der Gemeinden durch die Inflation getilgt wurde. Dadurch ist DeutschlandeinLandfastohneinnereSchuld geworden. Als die Stabilisierung erfolgte, betrug z. V. der Goldwert der alten Papiermarkschuld des Reichs weniger als IlM Reichsmark, und die Papiermarkschulden der Länder und der Gemeinden waren nahezu verschwunden ..." Mit diesen Worten eröffnet der Generalagent für Reparationszahlungen, I. Parker Gilbert (Amerika), seinen Bericht über die öffentliche Schuld des Reichs, bezw. deren Stand am 30. September 1925. Was also heute an Reichsschuld vorhanden ist, das datiert aus jüngster Zeit, ist somit zum größten Test infolge der Stabilisierung entstanden. Wohl war das Reich schon vorher genötigt, vor allem zur Beschaffung von Lebensmitteln, ab und zu Darlehen in fremden Währungen aufzunehmen. Die eigentliche große Schuld wurde durch die bekannte Ausländsanleihe von 800 Millionen Goldmark verursacht. Hiezu treten die Verpflichtungen ,egenüber der Rentenbank und der Reichsbank, die nunmehr undiert worden sind und allmählich liquidiert werden. Alle diese und einige anders kleinere Posten, die wir hier übergehen können, summieren sich auf den 30. September 1925 zu einer Gesamtschutd von 2552,3 Millionen Reichsmark (auf 31. März 1925: 2815,6).
. Freilich ist dieser günstige Schuldenstand schwer erkauft worden. Millionen haben in der Inflation ihr Vermögen und ihre Ersparnisse drangeben müssen. Sie sind vielfach zu Bettlern geworden. Allerdings hat durch das Gesetz vom 16. Juli 1925 die deutsche Regierung sich verpflichtet, die alten Papiermarkanleihen aufzuwerten und gegen sog. Anleiheablösungsschuld umzutauschen. Doch haben dabei die Reparationsverpflichtungen den Vortritt. Für jene Auswertung im ersten Jahr sieht die Regierung eine Gesamtbelastung von 349 Millionen Reichsmark vor, und zwar: für einmalige Zahlung an Kleinbesitzer 150, an Jahreszahlungen zur Deckung der durch Ziehung erfolgenden Einlösung 125, an Vorzugsrenten für bedürftige Besitzer 64 und an Entschädigungen der religiösen und mildtätigen Zwecken dienenden Vereinigungen 10 Millionen.
Das Deutsche Reich hat also eine verhältnismäßig kleine innere Schuld zu verzinsen und zu tilgen. Aber um so größer ist die äußere Schuld d. h. unsere Verpflichtung nach dem Dawesplan. Unsere Zahlungen für das 1. Dawesjahr mit zusammen 1000 Milt. Goldmark wären glücklich erledigt. Im zweiten Jahr 1925/26 haben wir 1220 Millionen zu leisten, und zwar — erstmalig! — aus dem Reichshrmshalt 250, aus der Bsförderungssteuer 250, für Verzinsung der deutschen Industrie-Schuldverschreibungen 125 und für Verzinsung der Deutschen Reichsbahn-Schuldverschreibungen 595 Millionen. Das sind Leistungen, die jeden Schulden- und Tilgungsdienst eines anderen Staats weit übertreffen. Wohl ist Deutschland der drückenden Verbindlichkeiten aus inneren Schulden enthoben, aber es steht infolge der ihm auferlegten Tribut- (Reparations)-Leistungen einer „beispiellos hohen Außenschuld" gegenüber. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß das Reich infolge der Inflation seiner inneren Schulden los wurde, hat der ehemalige Feindbund uns jene wahnsinnig hohen Reparationszahlungen auferlegt, hat aber nicht erwogen, mit welchen furchtbaren gefährlichen Opfern jene Entlastung des Reichs erkauft wurde. Und auch setzt ist das verarmte deutsche Volk nur durch die schwer« Steuerbelastung, durch allergrößte Sparsamkeit im öffentlichen Haushalt und durch Aufbietung seiner letzten Arbeitskraft imstande, jenen Herkulesaufgaben nachzukommen. Wie lange? Noch ein od- r zwei Jahre? Kein Bolkswirtfchaftler im Ausland hält er ,ür möglich, daß der Dawesplan auf die Dauer durchführbar ist. V) li.
Die Krisis dsr Gemeinschaft der Freunde in Wüstenrot
Die „Deutsche Sparkassen-Zeitung" befaßt sich in einem Artikel mit der Krisis bei der „Gemeinschaft der Freunde" und weist darauf hin, daß sich das württembergische Ministerium des Innern veranlaßt gesehen hat, gegen die Gemeinschaft vmzucphen. Das Ministerium vertritt den Standpunkt, daß die Versprechungen der Gemeinschaft unmöglich von ihr gehalten werden können. In einem Schreiben an das Justizministerium führt es hierüber aus:
„Die mathematischen Berechnungen lauten durchweg dahin, daß ein großer Bruchteil einer gewissen (beliebigen Anzahl von Bausparern, die als Gruppe zusammengefaßt gedacht werden), zum Empfang der Bausparsumme weit später kommt, als in dem Zeitpunkt, in dem die eigenen Einladen selbst bei der höchstbescheidenen Zurechnung dreiprozentiger Zinzeszinsen die volle Höhe der Bau sparsumm« erreicht haben. Dies« Vaufparer erhalten also keinerlei Kredit, sondern, wirtschaftlich gesprochen, ihr eigenes Geld zurück. Für
Tagesfpiegel
In der letzten Zell ist es in Katlowitz erneut zu einem Dynamilattenlal gekommen. In der Nacht vom Samstag zum Sonnlag wurde eine Bombe in das Lokal der Deutschen gelegt und richtete großen Schaden an.
Entsprechend dem Wunsche des Reichstages hak der Aeichsardeitsminister auch diejenigen höher bezahlten Angestellten zum Bezüge der Erwerbslosenunkerstützung zugelassen, die in den letzten zwei Jahren vor Eintritt ihrer Anterstühungsbedürftigkeit nicht sechs, sondern nur drei Monate eine angestelllenversichernngspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben.
sie handelt es sich somit um wahre Rieten, wenn man als Triebfeder des Abschlusses der Bausparverträge die Absicht ansieht, die Unzulänglichkeit dieser eigenen Sparkraft durch Krediterlangung zu ergänzen. Auf der Seite der frühest Ausgelosten liegt dagegen eine Häufung von Vorteilen vor, denen keine Ausgleichung gegenübersteht. Sie kommen von Anfang an in den Besitz eines Eigenheims, während andere so und so lange nebeneinander Mietzins und Spareinlagen aufbringen müssen; für sie verwandelt sich nicht nur ihr eigenes Geld, das sie nicht jahrelang wieder verzinslich stehen lassen müssen, rechtzeitig in Sachwerte, sondern dazu hin, das Geld anderer, dos sie lange Jahre zu niederem Zins genießen und, wenn während der Tilgungszeit Geldentwertung stattfindet, in immer entwertetem Gelbe zurückzuzahlen haben."
Die „Deutsche Sparkassen-Zeitung" teilt ferner mit, daß von allen in Frage kommenden Stellen eindeutig festgestellt wurde, doß der Geschäftsbetrieb der Gemeinschaft der Freunde der erforderlichen gesetzlichen Grundlage entbehrt. Die aus dieser Sachlage zu ziehenden Konsequenzen sind auch von dem wüttember.qisci)enMiiiister!UM des Innern mit aller Deutlichkeit ausgesprochen. Der G- d. F. ist mitgeteilt, daß die gekennzeichnete Rechts'age sie vor die Wahl stellt, entweder ihren Geschäftsbetrieb aufzugeben oder doch zumindest ihr Unternehmen auf neue rechtliche und geschäftliche Grundlagen zu stellen. Von vornherein ist aber dabei abgelehnt, daß von der Gesellschaft etwa unter Beibehaltung der der- zeittgen Einrichtungen um die Erlaubnis zu Lotterisveran- staltungen und in veränderter Gesellschaftsform um die Zulassung als Depositenbank nachgesucht wird. Außerdem betrachtet es das Ministerium als selbstverständlich, daß die G. d. F. bis zur Schaffung einer tragbaren rechtlichen und: wirtschaftlichen Grundlage ihres Unternehmens sich einer Werbetätigkeit, wie sie seither betrieben wurde, und insbesondere auch einr Festlegung von Geldern zumal in Grundstücken und Gebäuden enthält.
Man darf gespannt sein, wie sich die „Gemeinschaft der Freunde" zu dieser neuen Sachlage stellen wird. Zu begrüßen ist jedenfalls, daß von der zuständigen amtlichen Stelle nunmehr in völlig unzweideutiger Weise zu ihr Stellung genommen worden ist.
Neue Nachrichten
Rheinlandfeiern
Besreiungsfeier in Köln.
Köln, 22. Febr. Die Kölner Studentenschaft veranstaltete einen Kommers zur Feier der Befreiung Kölns, der unter der Devise „Freiheit, Heimat, Vaterland" stand. Der Riesensaal der Bürgergesellschaft war bis auf den letzten Platz gefüllt und Hunderte, die keinen Platz gefunden hatten, drängten sich in den Gängen, während die Damen von den Balkonen Zuschauer waren. Am Ehrentisch sah man Reichsaußenminister Dr. Stresemann, Reichsjustizminister und Minister für die besetzten Gebiete Dr. Marx, als Pertreter der preußischen Staatsregierung Kultusminister Dr. Becker und Vertreter der Professoren und Studentenschaften vieler anderer deutscher Hochschulen. In seiner Festrede führte der Rektor der Universität, Prof. Dr. Stier-Somlo nach Worten des Dankes für den Leiter des Kommerses u. a. aus: Die Universitäten sind Kulturstätten der Nation und ihre nationale Bedeutung ist nicht außer acht zu lassen. Die deutschen Universitätslehrer werden es sich nicht nehmen lassen, einen würdelosen Mangel an nationalem Bewußtsein dort, wo er bei der Behandlung der internationalen Probleme auftritt, als solchen zu kennzeichnen. Die gemeinschaftliche geistige Arbeit der großen Kulturnationen ist immer noch äußerst starken, für Deutschland beleidigenden Hemmungen ausgesetzt. Ich richte an alle gelehrten Männer und Frauen die Aufforderung, sich bewußt zu werden, welch ungeheure Schädigung der menschlichen Kulturwerte diese höchst ungerechtfertigte und verhetzende Behandlung deut- scher geistiger Arbeit bedeutet. Dann nahm der von der Studentenschaft eingeladene Reichs außenminister Dr. Str e° semanndas Wort zu längeren Ausführungen:
In der deutschen akademischen Jugend bestehen, wie im deutschen Volke verschiedene Einstellungen gegenüber dem
Reich und seiner Fortentwicklung. Die einen verfallen in träumende Resignation über alte Größe und Herrlichkeit, andere warten auf eiu Wunderbares, das sie mit heißem Herzen ersehnen, ohne zu wissen, woher es kommen und wer es schaffen soll. Wieder andere glauben, daß es für Deutschland richtig sei, die Entwicklung der Welt abzuwarten und sich erst dann mit aktiver Politik in diese Entwicklung einzustellen, wenn Umrisse künftiger Entwicklung sichtbar sind. Gegenüber ollen Kritiken über manches nicht- erreichte oder manche getäuschte Hoffnung, über manche geistige Einstellung, die sich nicht schnell genug in Taten auswirkt, darf doch das eine gesagt werden: Wer zurückschaut auf die Politik der letzten Jahre in Deutschland, der muß mit Blü hest geschlagen oder von schlechtem Willen beseelt sein, wenn er nicht anerkennen wollte, daß wir ein gutes Stück vorwärts gekommen sind in der Konsolidierung nach innen und deutscher Geltung nach außen. In dem Kampfe zwischen Rechtsanspruch und Machtgefühl, das das Recht selbst ausdeutet, hat schließlich doch in der Befreiung der nördlichen Rheinlandzone der Gedanke des Rechts gesiegt. Jede weitere deutsche Politik kann nur dos Ziel haben, auf diesem Wege fortzuschreiten. Deutschland wird ständig bereit sein, im Geiste des europäischen Wiederaufbaues mit offe ier Empfänglichkeit für die gegenseitigen Sttaumente Verhandlungen über seine Stellung zu anderen Morsten zu führen. Aber wenn der Geist von Locarno Sinnbild künftiger europäischer Politik ist, dann muß seine weithin sichtbare letztt Auswirkung die schließliche Zurückziehung der Truppen aus dem besetzten Rheinland sein. Ich kann mir, nicht deuten, daß man im Lager unserer ehemaligen Gegner darüber anders denkt. Diese Frage der Zurückziehung mag eine Frage der Verhandlungen sein, eine Frage der Technik sein, aber sie ist die logische Auswirkung einer neuen europäischen Situation, die das Problem der Sicherheit der Länder durch andere Wege lösen will, als durch den der militärischen Gewalt. So gebe ich der Hoffnung Ausdruck, daß die Glocken am Rhein nicht zu lange schweigen mögen, um die weitere Freiheit deutschen Bodens zu verkünden und der so schwer getroffenen rheinischen Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, mit der Freude reinem Gefühl sich als Glieder eines freien Deutschlands zu fühlen, das in Frieden und gegenseitigem Verstehen mit der übrigen Welt zu leben gedenkt.
Kundgebung der Bonner Universität
Bonn, 22. Febr. Die Befreiungsfeier der Bonner Hochschule wurde am Samskag mit einer geselligen Zusammenkunft der Dozenten und Studenten der Bonner Universität in der Beekhovenhalle eingeleitet. Professor Landsberg von der Bonner Universität begrüßte die Gäste. Solovorträge und gemeinschaftliche Lieder umrahmten die Feier. Der Sonntag begann mit Festgoktesdiensten in den Kirchen beider Konfessionen. Darauf fand in der Beethovenhalle der eigentliche Festakt statt, an dem u. a. Reichsjustizminister Dr. Marx, Kultusminister Dr. Becker und 24 Rektoren von deutschen Universitäten, der Oberprästdent der Rheinprovinz und der Regierungspräsident von Köln teilnahmen. Nach einem vom Intendanten des Bonner Stadttheakers, Dr. Fischer, vorgetragenen Prolog hielt der derzeitige Rektor der Bonner Universität, Professor Byreff, die Festrede. Er erinnerte an die Opfeistreue des Rheinlandes, die allein die Stunde der Freiheit gebracht habe. Der politischen Entspannung in Locarno sei auch ein Locarno der Wissenschaft gefolgt. Der deutsche Gelehrte könne wieder stolz in die internationale Welt einkreken. Kultusminister Dr. Becker sprach im Namen der preußischen Staaksregiernng und der Aeichs- regierung. Der heutige Tag der Befreiung solle uns nicht vergessen lassen, welche Kämpfe im Osten Deutschlands, in Danzig, in Oberschlesien usw. auszufechten seien. Auch an den Kampf in Südtirol erinnerte er- Unter den Klängen eines Armeemarsches schritt dann der feierliche Zug der Rektoren und der Professoren in Amkstrachk und der Korpsstudenten zur Universität zur Feier der Enthüllung des Denkmals im Arkadenhof. Sämtliche Kriegervereine hatten mit ihren Fahnen Aufstellung am Denkmal genommen. Flieger kreisten während der Feier über dem Hof und warfen Blumenspenden ab. Nachdem die Hülle vom Denkmal gefallen war, sprach Prof. Pranque ergreifende Worte zum Gedächtnis der 280 Gefallenen der Universität. Im Namen der Studentenschaft sprach ihr Vorsitzender, cand. jur. Schell. Das Deutschlandlied beschloß die würdige Feier. Am Sonntag nachmittag fand auf dem alten Zoll am Arndtdenkmal noch eine kurze Feier statt, bei der Reichsaußenminister Dr. Stresemann sprach. Er feierte Arndt als Vorbild deutscher Freiheitskämpfer. Er erinnerte weiter an das Werk von Locarno. Die Franzosen hätten hier endgültig auf ihre Jahrhunderte alte Tradition verzichtet. Das sei ein Ereignis von weltpolitischer Bedeutung auf Jahrhunderte hinaus. Seine Rede klang aus in einer Mahnung zur Einigkeit und Freiheit.
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