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Amtsblatt für W^dbad. Chronik und Anzeigenblatt

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NKMmer 14

Fernruf 179

Dienstag den 19 Zanuar 1926

Fernruf 179

61. Jahrgang

Die Versklavung Deutschlands

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Ein Amerikaner über dieErfüllbarkeit" des Dawesplanes.

In einer Rede, die das amerikanische Mitglied des Gene- ralrats der Deutschen Reichsbank McGarrah bei einem ihm u Ehren gegebenen Frühstück des Bond-Klubs in Neuyork .-ielt, sprach sich der Redner zugunsten eines in derFort- nightly Review" veröffentlichten Regelungsplans aus. Mc- Eärrah erklärte, die Vereinigten Staaten hätten keine Aus­sicht, mit England erfolreich in Wettbewerb treten zu kön­nen, wenn sie nicht ihre veraltete Finanzmaschine beseitig­ten. Sie dürften die' Anstrengungen nicht unterschätzen, die England macht, um seine gegenwärtige Stellung zu be- 'aupten. Englands Erfolg sei von der Geschicklichkeit, der Intelligenz und der Tatkraft der beiden Länder Vereinigt« Staaten und Deutschland abhänaia. Wir selber haben, er­klärte McGarrah, zurzeit nicht die finanzielle Ausrüstung, um es zu hindern und Deutschland hat keine Kolo­nie n m e h r und es mangelt ihm an Kapital. Wir brauchen einen Geldmarkt mit größerer Geschmeidigkeit und Stetigkeit. Die Lage Deutschlands istdurchdie Wahl des Reichspräsidenten von Hindenburg günstig beeinflußt worden, Hindenburg tut sein Bestes für Deutschland. Deutschland wird die ihm auf Grund des Dawes-Planes obliegenden Verpflichtungen erfüllen, wenn es kann, und ist in dieser Hinsicht von Hoffnung erfüllt.

Wenn die Deutschen willens sind, t ä g l i ch 10 b i s 14(!) Stunden zu arbeiten, ohne sich vor irgendeiner Ar­beit zu scheuen, wenn diedeutscheFraualsPferd den beladenen Arbeitskarren ziehen hilft, wenn der deutsche Knabe nach der Anleitung seines Vaters den Garten bearbeitet, dann kann der Erfolg und die Ernte nicht ausbleiben.

Die seit Annahme des Dawesplans ln Deutschland ein­gesetzten amerikanischen Wirtschaftsdiktatoren haben während ihres gegenwärtigen Aufenthalts in den Vereinigten Staa­ten einige Aussprüche getan, die im deutschen Volke Kopf­schütteln oder Empörung auslösen müßten. Wenn Herr Gil­bert angesichts der immer größer werdenden Blutleere der deutschen Wirtschaft und angesichts der betrübenden Erschei­nungen der letzten Zeit von einemvortrefflichen Funktio­nieren des Dawesplans" sprechen kann, und wenn jetzt McGarrah in einer fast höhnisch wirkenden Weise die von Deutschland zur Erfüllung seiner Tributpflichtrn erwartete Kuliarbeit offenbar als eine wünschenswerte und ge­rechte Angelegenheit betrachtet ^ muß man sagen, daß die großen Hoffnungen, die von gewisser Seite auf den ameri­kanischen Einfluß bei der Durchführung des Dawesplans gesetzt worden sind, bitter enttäuscht werden. Alsdie Bibel der Wirtschaft" hat man im vergangenen Jahr den Dawes- plan zu bezeichnen gewagt, goldene Berge wurden dem deut­schen Volk versprochen, wenn es sich unter die Fron des angelsächsischen Kapitals beugen und die gewaltigen Cnt- schädigungsforderungen auf sich nehmen würde. Heute wis­sen wir. daß die deutsche Unterschrift im August 1924 wieder unter etwas Unerfüllbares gesetzt worden ist. Immer gebieterische^ drängt sich die Forderung nach einer Aende- rung des Dawesnlans auf. Herr McGarrah aber soll wis­sen, daß die im Krieg und in der Nachkriegszeit schon über die Grenzen des Möglichen angespannten Nerven- und Kör- verkräfte der deutschen Frau dicht vor der Erschöpfung stehen. Wenn wir auch annehmen wollen, daß sein geschmack­loses Bild von der deutschen Frau,die als Pferd den beladenen Arbeitskarren ziehen" solle, nicht wörtlich gemeint ist, so ist die hierin liegende bildliche Auf­forderung doch nicht nur eine Unbilligkeit und Ungehörig keit, sondern auch eine Unmöglichkeit. McGarra scheint sich an das Wort Rathenaus halten zu wollen, das. Deutschland erfüllen könne, wenn es bereit sei, ins tiefste Elend hinabzusteigen. Wir wissen, daß wir auch dann und gerade dann die sinnlosen Entschädigungslasten nicht ob­lagen können. Wir sind aber auch nicht willens, das deutsche Volk mit eigener Hand von seiner Kulturböhe herabzustoßen, und ihm das Los eines Kulirwlks nach indischem und chinesi­schem Muster zu bereiten. Ohne sein Wollen hat McGarrah

selbst die U n du r ch f ü h r b a r k e i t d e s D a w e s p l a n s bezeugt.

.. .... ' -ß Deutschland mit bestem Willen an die Erfül­lung seiner Entlchädigungsveroflichtunaen herangegangen ist, gibt auch McGarrah zu. Aber die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit sehen wir ganz wo anders als da, wo die Amerikaner sie sehen wollen. Die Herren des Weltkapitals in Wallstreet und in der Londoner City sind in Wirklichkeit eiskalte, erbarmungslose Rechner, bei denen kulturelle und sozip^ P-denksn keine Rolle spielen.

Die Rede Mac Garrahs scheint auch im Bond-Klub ln Neuyork peinliche Gefühle hinterlassen zu haben. Der Vor­sitzende Granberry sieht sich veranlaßt, öffentlich zu versichern, daß der Sinn der Rede durchaus deutschfreund­lich gewesen sei. Es sei zu bedauern, daß durch die Ueber- setzung ins Deutsche eine entgegengesetzte Meinung habe erweckt werden können.

Neue Nachrichten

Die Kabinettsbildung Berlin. 18. Jan. Am Samstag nachmittag wurden die Verhandlungen des Reichskanzlers mit den Parteiführern zu Ende gebracht und am Sonntag erstattete,Dr^ Luther

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Tages^yieae

Zn Braunschweig soll Oberregierungsrak Küchenkal (Deutschnak.) Finanzminster werden.

Infolge des Streiks sind am 18. Ianuar in der Schwarz- wäider Ahrenindustrie in 61 Betrieben rund 15 000 Arbeiter ausgesperrt worden. Die Zahl wird sich auf 67 Betriebe mit rund 20 SOS Mann erhöhen, wenn am Donnerstag Schram­berg dazukommt.

Bei einer von den gewerkschaftlich organisierten Be­amten, Angestellten und Arbeitern veranstalteten öffentlichen Kundgebung, die von der Polizei verboten worden war, kam es zu Zusammenstößen, wobei u. a. 16 Pslrzeibeamte ver­letzt wurden. Die Kundgebung war gegen die Verzögerung der Gehalts- und Lohnzulagen gerichtet.

Der spanische Botschafter in Paris. Ouinones de Leon, ist in Madrid eingekrosfen zu einer Besprechung mit dem König und dem General Iordana, »m den Besuch des franzö­sischen Marschalls Pelain in Madrid oorzubereiken.

Der Untersuchungsrichter in Budapest hat den Antrag der Staatsanwaltschaft, in Sachen der Nokenfälschung dem .Feld- bischof Zadrevsc zu verhaften, abgelehnk.

Die «Chicago Tribüne" behauptet, zwischen England und Griechenland sei ein Bündnis gegen die Türkei abgeschlossen worden- Respekt vor der englischen Kurasche!

dem Reichspräsidenten Bericht über das Ergebnis. Die Per- sonensrage ist immer noch nicht geregelt, die Schwierigkeiten sollen nun von der Bayerischen Volkspartei kommen, die sich dagegen sträubt, daß der Demokratie drei Ministerien, darunter das Innenministerium übertragen werden sollen. Die Fraktion der Bayerischen Volkspartei hat sich die Ent­scheidung darüber Vorbehalten, ob sie unter diesen Umständen sich am Kabinett beteiligen könne. Dem Beschluß der Frak­tion, die am Montag vormittag gleichzeitig mit der Fraktion der Deutschen Volkspartei zu einer Beratung zusammentrat, wird entscheidende Bedeutung beigelegt. Der Reichskanzler wird abends 6 Uhr die Parteiführer wieder empfangen, um gleich darauf dem Reichspräsidenten wieder zu berichten. Falls das Kabinett dann gebildet werden kann, wird es schon am Dienstag die erste Sitzung abhalten, um die am Mittwoch im Reichstag abzugebende Regierungserklärung zu beraten.

Der für das Reichswirtschaftsministerium vorgesehene Direktor des Schaffhausenschen Bankvereins in Köln, Ge­heimrat Bürger« (Zentr.), ist in Berlin eingetroffen, z

Reichelagsabgeordneter Hepp (Deutsche Volkspartei), der zweite Vorsitzende des Reichslandbunds, hat nach dem Lokalanzeiger erklärt, es sei ihm unmöglich, in einem Kabi­nett ein Ministerium (Ernährung und Landwirtschaft) zu übernehmen, in dem Herr Koch (Dem.) Innenminister sei.

DieAbrüstung" der Tschechoslowakei Prag, 18. Jan. Nach einem Beschluß des Landtags sollte die militärische Dienstzeit in der Tschechoslowakei in

diesem Jahr aus 14 Monate herabgesetzt werden. Die Re­gierung wird ave ' " '

»er einen Gejetzeszusatz beantragen, daß die gegenwärtige Dienstzeit von 18 Monaten noch ein bis zwei Jahre beibehalten wird.

Die Truppenstärke Frankreichs Paris, 18. Jan. Wie dasEcho de Paris" mitteilt, soll im Obersten Kriegsrat am vergangenen Freitag die Zahl der für die Sicherung Frankreichs notwendigen Truppen auf 20 Divisionen festgesetzt worden sein. Der vom General Rol­let vertretene Gedanke einer Massenaushebung an der Grenze sei endgültig aufgegeben worden. Im Obersten Kriegsrat habe Einstimmigkeit darüber bestanden, daß die Herabsetzung der Militärdienstzeit an gewisse Bedingungen geknüpft werden müsse, die die Kapitulanten, die Prüfungs­zeiten usw. betreffen.

Neues Aktie' 'esetz in Frankreich Paris. 18 Ian. Der Finanzausschuß der Kammer beschloß, daß künftighin die Aktien nicht mehr auf den Inhaber, son­dern ausschließlich auf den Namen lauten sollen. Die Um­wandlung soll binnen 6 Monaten durchgeführt sein, um den Aktienschiebungen und Steuerhinterziehungen begegnen zu

können. Der Beschluß hat an der Börse große Erregung Her-

Börse im Aut

vorgerufen, da man eine Lahmlegung der Börse im Aktien- geschüft befürchtet. Der Ausschuß erhöhte fernerhin di« Monopolpreise für Tabak, Zigarren und Zigaretten.

Griechisch-serbischer Zeikungskrieg Belgrad, 18. Jan. Die Blätter greifen Griechenland an, weil es die in Griechisch-Mazedonien lebenden Serben ebenso verfolge, wie die Bulgaren. Sie fordern die Regie­rung auf, in Athen Schritte zu unternehmen. Die grie­chischen Blätter bestreiten, daß die Serben aus dem neu­

griechischen Gebiet unfreundlich behandelt werden. Die Vorwürfe aus Belgrad seien ungerecht. So wurden seinerzeit auch die blutigen Verfolgungen der Bulgaren ab- gcleugnet.

Kämpfe in Syrien

London, 18. Jan. In einem Umkreis von 15 Kilometer um die Stadt Damaskus wird nach Reuter fortgekämpft. Die Drusen haben die Bahnverbindung nach Beirut zer­stört. Zur Strafe brannten die Franzosen verschiedene Dörfer nieder-

Schatzsekrekär Mellon über die Auslandsschulden

London. 18. Jan.Morningpost" meldet-, der amerika­nische Schatzsekretär Mellon habe in dem dem Abgeord­netenhaus übergebenen Bericht u. a. erklärt: Die Vereinigten Staaten müssen bei der Regelung der Kriegsschulden die Zahlungsfähigkeit jedes Schuldners in Betracht ziehen. Die gesamte Auslandsschuld ist für das amerikanische Volk nicht so viel wert, wie ein gedeihendes Europa als Abnehmer. Wenn die Finanzen Europas nicht wiederhergestellt, seine Währung nicht auf eine gesunde Grundlage gestellt und seine Völker nicht in der Lage sein würden, zu verdienen und auszugeben, so werde Amerika seine überscksiissigen Er­zeugnisse an Lebensmittel, Rohstoffen und Waren nicht ver­kaufen können. Deutschland habe z. B. im Jahr 1923 für 149 Millionen Dollar amerikanische Baumwolle eingeführt. Mit dem Dawesplan und einem richtigen Finanzsystem sei die Baumwollausfuhr im Jahr 1924 auf 233 Millionen Dollar gestiegen und habe in den ersten 10 Monaten des Jahrs 1925 bereits 198 Millionen betragen. Amerika müsse mit seinem Kapitalüberschuß durch private Anleihen in Europa für industrielle Zwecke helfen. Diese neuen An­leihen machen eine amerikanische Ausfuhr möglich.

Die Wirren in China

London, 18. Jan.Times" meldet aus Peking, die Trup­pen des Generals Kuo Sung Ling ziehen sich von Schan- haikwan vor den Streitkräften Tschangtsolins in südlicher Richtung zurück. Diese militärischen Bewegungen, die die Kuomintschu-Stellung in der Provinz Tschili und Peking be­drohen, ermutigen den Präsidenten Tuantschijui, im Amt zu bleiben. Fast die gesamte amtliche Tätigkeit ruht und die Regierungsangestellten von den Schullehrern bis zu den Elsenbahnarbeitern bereiten Schwierigkeiten. Fengyushiang, der sein Lager bei einer kleinen Station 100 Metten west- sich von Kalkan aufgeschlagen hat, setze seine vermittelnde Tätigkeit fort, weigere sich jedoch entschieden nach Peking zu kommen.

Württemberg

Stuttgart, 2""' Vom Landtag. Im Finanz­ausschuß teilte ein Vertreter der Regierung mit, daß im letz­ten Halbjahr 1925 bei der Wohnungskreditanstalt 1381 neue sür 2428 Wohnungen eingegangen sind. Die Anstalt arbeitet zurzeit mit kurzfristigen Darlehen von zusammen 14 Millionen Mark. Für 1926 ist vorläufig ein größerer Betrag zur Verfügung gestellt worden, der indessen für die bis jetzt vorliegenden Gesuche nicht ausreicht. In der Aussprache wurde die Frage eines Auslandsdarlehens er­örtert. Außerdem wurde gewünscht, daß die Darlehen in langfristige umgewandelt und die Zinssätze der Kreditanstalt ermäßigt werden.

Vom österreichischen Konsulat. Das österreichische Kon- sulat hat am 15. d. M. neue Amtsräume im Haus Kronen­straße 33 1. Stock (Eingang Kriegsbergstraße) bezogen.

Texkilausstestung. Die Frühjahrsausstellung der Württ. Textil- und Bekleidungs-Industrie findet vom 6. bis 10. Marz »n den neuen Ausstellungshallen auf dem Gewerbe­halleplatz in Stuttgart statt.

Deutsche Theakerausstellung. Die Württ. Landestheater hier werden sich wie zahlreiche deutsche Theater an der Migen Theaterausstellung in Magdeburg be.

- das Ausstellungsunw-sen. Der Erlaß des Reichs- wirtschaftsmimsters, der den Verbänden größte Zurückhaltung bei der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen emp­fehlt, tragt seine Früchte. Eine große Allgemeine Deutsche Handwerks- und Gewerbeausstellung in Hannover und ver­schiedene kleine Ausstellungen sind an dem Widerspruch der Berufsorganisationen unter Hinweis auf den Minister­erlaß gescheichert.

Aus dem Lande

Hirschlanden OA. Leonberg, 18. Jan. Scheuende P ^ Tage scheuten auf der Straße Schöckingen

Hirschlanden die beiden Pferde eines hiesigen Landwirts durch plötzliches Auffliegen von Krähen. Die wiidgewvrdenen Tiere rannten auf ein die Straße passierendes Fuhrwerk aus. Der Anprall war so stark, daß beide Pferde schwer verletzt wurden und verendeten bezw. geschlachtet werden, mußten.

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