Zukunft besteuert werden. Das reiche aber nicht einmal dazu, um die neuesten Beamtengehälter zu bezahlen; es reiche nur, um den Apparat aufrecht zu erhalten. Dieser Apparat sei freilich ein notwendiges Uebel. Neue Aemter sollten aber nicht immer wieder geschaffen wenden und der Apparat noch vergrößert werden. Im, Gegenteil, es müsse abgebaut werden, besonders bei den Aem- tern, die seit 1918 geschaffen worden seien. Die fliegenden Wucherämter seien gegen den Bauernstand gerichtet. Sehe man andere Erzeugnisse und Artikel an, z. B die Kohle, so sehe man, daß diese um das Vielmehrfache aufgeschlagen haben, gegenüber Len Erzeugnissen der Landwirtschaft. Auch für den Bauern spiele der Dollar eine Rolle, weil er nach ihm einkaufen müsse. Die Butter sei ja teuer, aber die Teurung sei nur geringfügig gegenüber andern Artikeln. Man solle einmal dort abbauen, dann Laue auch der Landwirt ab. Mit den Wucherbestimmungen ändere man nichts; sie seien mehr wie sonderbar. Es sei doch ein Unsinn, wenn man den Bauern dafür strafe, wenn er nehme, was man chm biete. Derartige Bestimmungen hätten keinen Sinn. Man habe geglaubt, nachdem die verlotterte Reichsge- treidestelle weggefchafft sei, daß die ganze Sache aufhöre. Nun komme die Brotverbilligungsaktion mit der bfachen Zwangsanleihe auf den Besitz. Das Weggesetz sei auch so ein unschuldiges Kindlein. Jeder, der ein Stück Vieh habe, müßte daran bezahlen. Tin jeder wisse doch, daß es die Autos seien, welche die Straßen zerreißen und man sollte glauben, daß in erster Linie die Autobesitzer herangezogen würden, was nicht der Fall sei. Das Weggesetz schaffe so eine einseitige Belastung der Landwirtschaft, denn derjenige, der die Straßen kaput- wache, sollte doch auch den Löwenanteil trage». Die Landwirtschaft müsse gleiche Berech- tigung wie die Industrie verlangen. Die Landwirtschaft habe Arbeitermangel und daneben baue die Industrie immer noch Fabriken. Die Folge sei Kurzarbeit und Zahlung nicht geleisteter Arbeit, die auch von der Landwirtschaft mit getragen wird. Bezüglich der Wohnungsnot wäre es ebenfalls Sache der Industrie, wenn sie mehr Arbeiter Heranriehe, auch für Wohnungen zu sorgen. Bezüglich der Beamten müsse abgebaut werden. Statt mit Soldaten seien die Kasernen mit Beamten gefüllt. Hier sei es notwendig, äußerste Sparsamkeit walten zu lassen. Bei den Beamten sei auch die Pensionsberechtigung zu berücksichtigen und sie sollten sich zufrieden geben, auch wenn sie nicht so hohen Gehalt hätten. Man solle auch sehen, wie andere Berufe schaffen und schuften müssen. Wenn man dafür sorge, daß unsere Landwirtschaft hoch kommen und ihr es ermögliche, daß sie aus dem Boden heraushole, was herauszuholen sei, dann werde es besser. Es dürfe nicht die Straße kommandieren. Auch die Bauern könnten auf die Straße, was sie aber nicht wollten. An der Landwirtschaft müsse noch das Volk genesen, sonst heiße es einmal: Das deutsche Volk ist gewesen.
Zur Frage des Umbaus der Murgtalbahn.
(SCV) Freudenstadt, 9. Juli. Seit Jahresfrist bemühen sich die badischen und württembergischen Interessenvertretungen für Holzhandel, Waldbesitz usw. «m den beschleunigten Ausbau der Bah» zwischen Klosterreichenbach und Neumiinzach. Das Reichsverkehrsministerium hat den Vorschlag gemacht, die Interessenten, Waldbesitzer und HolzindDriellen sollen weitere größere Zuschüsse etwa in Form von Holzfestmetern zu diesem Zweck beisteuern. Nun ist bei uns auf württ. Gebiet der württ. Staat der Haupt- waldbesstzer, also der erste Interessent an dieser Sache. Die Fsrstdirektion, das Finanzministerium und der Finanzausschuß des Landtags haben aber erklärt, sie seien nicht in der Lage, für diesen Zweck weitere Zuschüsse zu gewähren und das hat zur Folge, daß auch die privaten Interessenten nicht hiefür zu gewinnen sind. So sind nun diese Verhandlungen wieder auf einem toten Punkt angelangt.
Eine kommunistische Anfrage.
(SCV) Stuttgart,'10. Juli. Die Kommunistische Partei hat im Landtag folgende Kleine Anfrage gestellt: Seit Wochen und Monaten finden in Württemberg offen und
0" Das Eulenhaus.
Roman von E. Marlitt.
Klaudine fand im zweiten Stockwerk ein paar gemütliche Zimmer zu ihrer Verfügung und ward noch im Laufe des Vormittags zur alten Hoheit beschicken. Die freundliche Dame hatte verweinte Augen; sie saß an dem bekannten Erkerfenster und blickte über die Dächer ihrer guten Stadt hinweg, weit in das verschneite Land hinein. Oh, wie oft hatte Klaudine hier vor ihr gesessen, in dem lauschigen Zimmer mit den steifen kostbaren Möbeln der ersten Kaiserzeit und den vielen, vielen Bildern an den Wänden, und hatte sich mit ihrer Gebieterin der herrlichen Aussicht gefreut. In der gegenwärtigen Stunde hatten sie beide kein Auge für diese Schönheiten. Sie sahen dort hinaus, wo der Schienenstrang aus dem Walde hervortrat, auf dem der Zug daherkommen sollte, der die arme Kranke brachte.
Die Herzogin hatte einen neuen Blutsturz gehabt in Tannes; sie wollte nur noch eines — ihre Kinder Wiedersehen und verschiedenes ordnen vor ihrem Sterben. Di« kleinen Prinzen waren daheim geblieben, sie sollten der Mutter nicht zuviel Unruhe machen; der Arzt hatte es so gewünscht, obgleich si« dagegen gekämpft: „Herr Doktor, ich sterbe vor Sehnsucht!"
Die alte Hoheit schüttelte nur immer leise das greise Haupt, während sie dies alles erzählte: „Es ist hart, es ist besonders hart für Adalbert: sie hatten sich ganz und vollständig gefunden; sie waren auf dem besten Wege, ein glückliches Paar zu werden. Er schreibt so liebevoll von ihr, und nun?" Sie seufzte. — „Gott mag wissen, was man noch aller erlebt!"
Die Herrschaften hatten sich jeden Empfang verbeten, aber die alte Hoheit wollte doch mit dem Erbprinzen hinunterfahren zum Bahnhof und befahl, Klaudine möge sie begleiten. Gegen zwei Uhr fuhren sie den Schloßberg hinab; ein trüber November- Himmel hing über der Stadt und sandte große, dicke Schnee
versteckt regelmäßige Schieß- und Felddienstübungen der verschiedensten nationalistischen Verbände, insbesondere der nationalsozialistischen Arbeiterpartei statt. Diese rein militärischen Uobungen haben durch die Verordnung der württ. Regierung in Bezug auf das Verbot der Bildung von Abwehrhundertschaften keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung erfahren. Wir fragen das Staatsministerium, dem diese Vorgänge nicht unbekannt sein können, was es unternommen hat gegen die Veranstaltung der militärischen Hebungen, die in der Nacht vom 30. Juni auf 1. Juli 1923 auf der Solttude bei Stuttgart stattfanden? Was hat das Staatsministerium weiter unternommen gegen die Leister der militärischen Hebungen anläßlich der nationalsozia- lrftischen Sonnenwendfeier am 23. und 24. Juni 1923 in Kirchheim u. T. und Umgebung? Ist sich das Staatsmini- sterinm noch immer nicht darüber klar, was für eine Wirkung sein passives Verhalten gegenüber den militärischen Rüstungen der Faszisten bei der württ. Arbeiterschaft aus- lösen muß. während andererseits alle Bestrebungen der Arbeiterschaft, sich gegen den immer frecher austretenden Faszismus zur Wehr zu setzen, mit der brutabsten Rücksichtslosigkeit unterdrückt «erden?
Die Beamtenschaft und der Kampf an der Ruhr.
(STB) Stuttgart, 10. Juli. Zn einer vom Württ. Be- amtenbund verarkstalteten großen Versanunlung Unter dem Vorsitz des Vslksschulrektors Reichert erstattete Direk- torEarb s-E lborfeld Bericht über die Lage des Abwehrkampfes im Westen und legte dar, daß es sich beim Ruhrkampf nicht um eine Besatzungsepisode, sondern um das große Ringen zweier Völker handle. Die Ruhrbesetzung war schon 1Ä20 planmäßig vorbereitet, hat aber trotz der verzweifeltsten Anstrengmigen der Gegner bis jetzt zu keinem Erfolg geführt. In Frankreich sieht man ein, daß man den passiven Widerstand nicht überwinden kann, und sehnt deshalb den Tag herbei, an dem man uns wieder den Krieg erklären könnte. Dis hohe sittliche Idee des passiven Widerstandes würde im Rückgrat gebrochen durch einen aktiven Widersfand, gegen dessen Propheten der Redner sich scharf wandte mit dem Hinweis, daß sie alle im unbesetzten Gebiete wohnen und nur kurze Gastrollen im besetzten Gebiete geben. Das Ziel des Ruhrkampfes ist, solange auszuhalten, bis die Gefangenen zurückgegeben und die bürgerliche und politische Freiheit im besetzten Gebiet wieder erobert sind. Nicht einmal die Hälfte aller Ereueltaten der Feinds kommt an die Oefsentlichkeit. Die Hauptlast dieser Schandtaten und des ganzen Kampfes überhaupt trägt mit Stolz die deutsche Beamtenschaft, die zurzeit rund 4000 Gefangene und 150 000 Ausgewiesene zahlt. Die Ausnahme im unbesetzten Gebiet ist für die Vertriebenen besser geworden, aber noch nicht immer so, wie sie sein sollte. Jeder sollte im unbesetzte« Gebiet sich so einstellen, als wenn er die Not des besetzten Gebietes ebenfalls zu ertragen hätte. Nur so wird es ermöglicht, daß man sich im unbesetzten Gebiet mit allen Kräften der Opfer des Kampfes allnimmt.
Luftkurort Hirsau, 11. Juli. Auf den heute abend im Gasthof zum „Rößl e" stattfindenden heiteren Abend möchten wir auch an dieser Stelle Hinweisen. Der Hauptveranstalter, d« Vortragskünstler Graetz aus Berlin, genießt einen hervorragen» den künstlerischen Raf, sodaß mit einem genußreichen Abend zu rechnen ist.
(SCB.) Stuttgart, 19. Juli. In einem Hause der Keplerstraße erschoß ein 29 Jahre alter Reisender, der an einer unheilbaren Krancheit litt, in Abwesenheit seiner Frau und seines ältesten Kindes zuerst seinen schlafenden 3 Jahre alten Sohn und dann sich selbst. — Beim Baden im Neckar ertrank am Montag abend am Eaisburger Wehr ein 15 Jahre alter Glaserlehrling. Der Leichnam ist-geborgen. — In einem Hause der Alexanderstraße
flocken hernieder. Aber trotz des schlechten Wetters stayden Hunderte von Menschen in der Straße, die zum Bahnhof führt.
Der Landauer der Herzogin hielt dicht vor der Rampe des fürstlichen Wartezimmers; die Schutzleute bemühten sich, der Menge zu wehren, die sich stumm herzudrängte. Alle standen denn auch ruhig in weitem Bogen um die Kutschen. Auf dem Bahnsteig befanden sich einige Herren; der Schnellzug, der die herzogliche Familie bringen sollte, war bereits gemeldet. Endlich brausten die Wagen unter die Halle, es entwickelte sich plötzlich ein buntes Treiben auf dem Bahssteig. Der Herzog war zuerst aus- gestiegen; er küßte seiner alten Mutter die Hand; dann hob er selbst die leidende Gemahlin aus dem Wagen. Aller Augen waren auf ihr bleiches, schmales Gesicht gerichtet, dessen große Augen den Erbprinzen suchten. Sie umarmte die alte Herzogin und küßte ihr Kind mit einem traurigen Lächeln. „Da Lin ich wieder," flüsterte sie matt. Kaum vermochte sie die paar Schritt zum Wartezimmer zu gehen; der Erbprinz und der Herzog stützte» sie; freundlich, müde erwiderte sie die Grüße. Prinzeß Helene und ihre Hofdame, Frau von Katzenstein und die Kammerfrau, die Herren vom Gefolge, alle hasteten durcheinander.
Als sie Klaudine sah, zuckte es in ihrem Gesicht; sie winkte mit der Hand und deutete auf den Wagen.
Das schöne Mädchen eilte hinüber. „Hoheit," stammelte sie ergriffen und beugte sich über die Hand der Herzogin.
„Komm, Dina!" flüsterte diese, „fahr mit mir; und du, mein Herz," wandte sie sich an den Erbprinzen. „Adalbert wird mit Mama fahren." Und als man sie in den Wagen gehoben, sagte sie, während sie durch die schweigende Menge fuhr: „Grüße, mein Kind, grüße sehr freundlich: die Leute wissen alle, wie krank ich bin."
Sie selbst Log sich mit Anstrengung ein wenig vor und wehte matt mit dem weißen Tuch«,
„Das letzte mal! Das letztemall" murmelte sie. Dann faßte sie
nahm eine 32 Jahre alte Frau in selbstmörderischer Absicht Ve- ronal-Tabletten ein. Sie wurde nach dem Katharinenhospitak übergeführt. Lebensgefahr besteht nicht.
(SCB) Zimmern bei Hechingen, 10. Juli. Die Ikjähr. Tochter der Witwe des Zollbeamten Kübler machte für das Kind des Landwirts Ruf, das sie hütete, auf dem Spirituskocher die Milchflasche zurecht. Sie goß Spiritus nach; es gab eine Explosion und die Kleider fingen Feuer. Brennend lief das Mädchen in den Garten. Die Hilferufe kamen zu spät. Das unglückliche Mädchen mußte infolge der schweren Brandwunden nach kurzer Zeit sterben.
(SEB) Welzheim, 10. Juli. Der 19jährige Landwirt Rudolf Jllg von Rohrbronn bei Schorndorf wollte an der Stelle, au der seinerzeit die Familie des Freiherrn v. Hügel ertrunken ist, baden. Kaum ins Wasser getreten, versank er in der Tiefe des Sees und konnte trotz sofortiger Nachforschungen bis jetzt nicht aufgefunden werden.
(SCB) Ebinge«, 10. Juli. Auf eigenartige Weise rächte sich die Frau des Melchior Bürgers, die wegen ehelichen Zwistes wiederholt ihren Mann verließ. Kürzlich kehrte sie nachts zurück und schnitt dem schlafenden Mann den ' selten schönen Schnurrbart ab. Dann verschwand sie wieder und wird wohl so schnell nicht zurllckkehren.
(SCB) Munderkingen, 10. Juli. Nachts wurde in dem Nebengebäude des Güterbeförderers Matheis der fünf- pferdige Elektromotor abmontiert und weggeschafft, ohne daß bisher die Täter ermittelt werden konnten.
(SCV) Bonfeld OA. Heilbronn, 9. Juli. Dem Dreschmaschinenbesitzer von Hausen auf dem Dreschplatz, wo er seine Maschine betriebsfertig für die kommende Ernte richtete, wurden in der Nacht von der Lokomobile weg alle Messinghahnen, Messingöler, Dampfpfeife usw. gestohlen. Am Dreschwagen wurde die breite Riemenscheibe abgeschraubt und mitgenommen. Eine weitere abgeschraubte Riemenscheibe blieb in der Nähe des Platzes liegen. Eine kleinere Riemenscheibe wurde gleichfalls mitgenommen, archerdem noch weitere Messingteile teils abgeschraubt, teils weggeschlagen. Der Schaden beträgt vieleMillionen.
(SCB) Kirchheim u. T.» 10. Juli. Seit 8 Tagen wird das 17 Jahre alte, ledige Dienstmädchen Gertrud Schmitt vermißt, das zuletzt hier in Stellung war. Man befürchtet, daß dem Mädchen ein Unglück zugeftotzen ist.
(SCV) Kirchheim u. T.. 10. Juli. Als heute früh F a - brikant Emelin von Reutlingen mit seinem Auto den Bahnübergang in der Rosenstraße überqueren wollte, stieß er mit dem von Weilheim kommenden Zug zusammen. Das Auto wurde erfaßt, einige Meter weit geschleift und totalzertrümmert. Die Jttsassen, Fabrikant Emelin, der den Wagen selbst steuerte, und ein zu Besuch weilender Knabe und ein Mädchen wurden außer einigen Schnittwunden und Schürfungen wunderbarerweise nicht weiter verletzt. Wie einwandfrei festgestellt wurde, ist weber der Zug noch das Auto rasch gefahren, aber an dieser llnglücksftätte in der. Rosenstraße sind derartige Fälle kaum zu vermeiden. Es sollte eine Schranke angebracht werden.
(STB) Hall, 10. Juli. Die Amtsversammlung beriet den Hauehaltplan der Amtskörperschaft, setzt« die llmlageauf900Millionenfest und bestimmte 150 Millionen als Betriebskapital der Oberamtspflege.
(SCB) Ulm, 10. Juli. Beim Baden in der Donau ist wieder ein Mann ertrunken. Er wurde von der Strömung bis gegen die alte Donaubxücke getragen, wo er dann ans Land gebracht werden konnte. Wiederbelebungsversuche waren ergebnislos.
(SCB) Schusseuried, 10. Juli. Im Hause des Fridolin Brucknet in Olpreute wurden abends zwischen 5 und 6 Ahr von einem Handwerksburschen, der vorher Most gebettelt und erhalten hatte, 20 Pfund Rauchfleisch, zwei neue graue Herrenanzüge, eine schwarze Hose, 2 Paar gelb« und
des Mädchens Hand. „Wie gut, daß du da bist!" — Oben am Schloßtor entließ sie die Freundin: „Wenn ich geruht, so lasse ich dich rufen, Dina."
Klaudine suchte ihr stilles Zimmer auf und schaute in den winterlichen Schloßhof hinab, der plötzlich das Gepräge der Einsamkeit verloren hatte. Kutschen fuhren ab und zu; die Wache zog auf und die großen Gepäckwagen kamen langsam den Berg herauf. Dort unten läuteten die Glocken der Marienkirche, vielleicht zu einer Hochzeit; hier und da blitzten schon Lichter auf, trotz der frühen Rachmittagsstunden, und es schneite, schneite immerzu.
Stunden vergingen. Man brachte Klaudine den Tee in ihr Zimmer. Sie betrachtete, in einem Sessel sitzend, das zuckende blaue Flämmchen unter der Maschine und dachte an Lothar und wie er ihr seine Einsamkeit und Sehnsucht auf dem verlassenen Schlosse in Sachsen geschildert. O ja, es ist schwer, sehr schwer, allein zu sein mit den marternden Gedanken, der schrecklichen Ungewißheit. Ungewißheit? Sie war fast zornig auf sich; ach Gott, fie wußte es ja nur zu gewiß!
Prinzessin Helene hatte gut ausgesehen, ihr Gesicht hatte einen eiwas anderen, günstigeren Ausdruck gezeigt. Das Leidenschaftliche, Unruhige war von ihr gewichen — sie hatte wohl Hoffnung, gegründete Hoffnung!
Was wollte nur die Herzogin von ihr selbst? Ach, es war ja klar! Sie würde, nachdem sie Lothars Antwort erhalten, zu ihr sagen: „Klaudine, sei großmütig, gib du ihm sein Wort zurück! Er fühlt sich gebunden "
Freilich, das wußte sie. er würde die Verlobung nicht lösen nie! Er war auf ihre Großmut angewiesen. Ein heißer, leidenschaftlicher Trotz erfüllte sie. „Und wenn ich jetzt nicht will? Und wenn ich lieber elend an seiner Seite werden will, als elend ohne ihn? Wer kann mich hindern?" Sie schüttelte den Kopf. „O nimmermehr! Nein!" (Fortsetzung folgt.)