1

iMÄ»,

nztalbote)

Amtsblatt für M*dbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

Erscheint täglich, ausgenommen Sonn- und Feiertags. Bezugspreis halbmonatlich 65 Pfennig frei ins Haus geliefert; durch die Post bezogen im innerdeutschen Verkehr monatlich 1.60 Mk. :: Einzelnummern 10 Pfg. Girokonto Nr. 50 bei der Oberamtssparkaffe Neuenbürg Zweigst. Wildb. :: Bankkonto: Enztalbank Komm.-Ges. Häberle L Lo. Wildbad.:: Postscheckkonto Stuttg. 29174.

Anzeigenpreis: Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum im Bez. Grundpr. 12 Pfg., außerh. 15 einschl. Inß-Steuer. Reklamezeile 30 Pfg. :: Rabatt nach Tarif. Für Offerten u. bei Auskunfterteilung werden jeweils 10 Pfg. mehr berechnet. :: Schluß der Anzeigennahme tägl. 8 Uhr vorm.:: In Konkursfällen od. wenn gerichil. Beitreibung notw. wird, fällt jede Nachlaßgewähr, weg.

Li

Druck, Verlag u. Hauptschristleitung Theodor Gack. Für den lokalen Teil verantwort!. Karl Th. Flum in Wildbad

Nummer 134

Fernruf 179

Der Kernpunkt

Die Art, in der Frankreich gerade jetzt den Vertrag von Versailles auslegt, setzt zwar nur seine bisherige Haltung folgerichtig fort, ist indessen doch sehr geeignet, noch einmal zur Untersuchung des Gegenstands anzuregen mit dem Ziel, unbeeinflußt von Tagesströmungen die tiefsten Gründe und verborgensten Quellen des so streng durchgeführten fran­zösischen Vorgehens zu erkennen. Frankreich will den Ar­tikel 10 der Völkerbundssatzung dahin ausgelegt wissen, daß Grenzveranderungen niemals und unter keinen Umständen mehr Vorkommen können. Es streicht zu diesem Zweck die Bestimmung des Artikel 19, wo gesagt ist, daß die Bundes­versammlung von Zeit zu Zeit die Bundesmitglieder zu einer Nachprüfung der unanwendbar gewordenen Verträge und solcher internationalen Verhältnisse auffordern kann, deren Aufrechterhaltung den Weltfrieden gefährden könnte Es setzt sich auch über die Mantelnote zur Antwort der verbün­deten Mächte auf die Bemerkungen der deutschen Abordnung W den Friedensbedingungen hinweg, in der es über den Friedensvertrag heißt,daß dieser Vertrag nicht nur eine gerechte Erledigung des großen Kriegs darstellt, sondern daß er auch die Grundlage schafft, auf der die Völker Europas in Freundschaft und Gleichheit Zusammenleben können. Tr schafft aber auch gleichzeitig den Apparat für die friedliche Erledigung aller völkerrechtlichen Fragen durch Aussprache und Uebereinstimmung, wodurch die im Jahr 1919 geschaffene Regelung selbst vonZeitzuZeit abgeändert wer­den und neuen Ereignissen und neuentstehen- den Verhältnissen angepaßt werden kann".

dn, Artikel 80, der ausdrücklich den An- schluß Oesterreichs an Deutschland für den Fall zu- laßt, daß der Rat des Völkerbunds ihn gutheißt, sachlich b e- seitigen und das SeNstbestimmungsrecht der österreichi­schen Deutschen für Zeit und Ewigkeit auslöschen. Frank­reich will den Artikel 16 gegenüber Deutschland dergestalt angewandt sehen, daß Deutschland gezwungen werden soll, auch wider seinen Willen Aufmarschgebiet und Schlachtfeld für Kriege zu werden, die zwischen anderen St-aatc n geführt werden, und ihm das aus seiner Lage und seinen Ausnahine- verhältnissen sich von selbst ergebende Sonderrecht versagen, das der Schweiz bereits zugebilligt worden ist. Mit anderen Worten: Frankreich stemmt sich gegen die unabänderliche Tatsache, daß die Entwicklung nicht stillsteht, und will mit allen Mitteln brutaler Gewalt auf dem Punkte festhalten, auf den sie der Versailler Vertrag gebracht hat, oder höch­stens insofern über ihn Hinaustreiben, als sie durch ver­schmitzte Auslegungskünste oder offene Gewalt in die Rich­tung gedrängt werden kann, die Frankreich bei den Frie­densverhandlungen eingenommen, ober nicht völlig durch­gesetzt hat. Diese Richtung aber ist diejenige, die seit Jahr­hunderten mit der Stetigkeit und Sicherheit einer Magnet­nadel stets dieselbe geblieben ist und gleichsam mit der Macht eines Naturgesetzes das französische Volk erfüllt und seine Politik bestimmt."

Diese Feststellungen sind wohl geeignet, den Ausgangs- punkt zu bilden auch für die Würdigung der Abrüstungs­note. In ihr sucht Frankreich, durch Häufung und Zusam­menpressung von Einzelheiten und Kleinigkeiten den Ein­druck festzuhalten, worauf es seinerzeit den Versailler Sklaven-Vertrag aufgebaut hat: Deutschland istdie" Ge­fahr für den Weltfrieden und muß daher wie ein wildes Tier im Käfig gehalten werden; zum Wärter über diesen Käfig wird der französische Uebermilitarismus gestellt. Aber nicht darin ist für uns die Bedeutung der Note zu suchen, daß Frankreich diesen Versuch macht; sondern vielmehr darin,' daß England diesen Versuch wider besseres Wissen unterstützt. Wenn es wahr ist, daß Frank­reich heute wie unterm zweiten Kaiserreich, wie unterm Bürgerkönigtum, wie unter dem ersten Napoleon, wie unter der Revolution Deutschland gegenüber keine andere Politik treibt als dis Politik Ludwigs XIV. und wer wäre so blind, nicht zu sehen, daß es so ist? dann darf uns die Note, als Erzeugnis des französischen Deutschenhasses nicht überraschen; überraschend, oder richtiger gesagt, peinlich ist nur die englische Billigung der Note. Denn England weiß, daß es eine grobe und dreiste Fälschung ist, heute noch den Eindruck erwecken zu wollen, als sei das entwaffnete und wehrlose Deutschland eine Gefahr für den Weltfrieden. Eng­land weiß, daß es für die Befriedung Europas gar kein grö­ßeres Hindernis gibt, als den französischen Uebermilitaris­mus. England weiß, daß die ständige Gefahr für den Welt­frieden nicht in Deutschland liegt, sondern in der Tatsache, daß Deutschland um die Früchte seiner Abrüstung betrö­ge n worden ist und andauernd betrogen wird, insofern, als die Folgeleistung, die der Versailler Vertrag für die Vor­leistung der deutschen Abrüstung verheißt, die all­gemeine Abrüstung, heute weiter von ihrer Verwirk­lichung entfernt ist als vor sechs Jahren. England kennt die ganze Größe der Gefahr, die in diesem Betrug eines Volks von mehr als 70 Millionen liegt und England setzt gleich­wohl seine Unterschrift unter ein Dokument, das auf der Lüge von der deutschen Gefahr für den Weltfrieden auf-

WildLad, Freitag, den 12. Zuni 1925

Ta g e ssp ieg e l

Der Reichstag will vom 12. Juni ab erledigen: Die Haus- Halle, die Slenervorlagen, die Aufwerkung, die Handelsver­träge mit England und Amerika,, die Zolltarife und mehrere sozialpolitische Vorlagen. Dazu kommt die große äußere Aussprache, für die jedoch noch-kein Zeitpunkt festgesetzt ist. Am 18. Juli wird der Reichstag in die Sommerferien gehen.

Die Blätter berichten, in der Sitzung des Reichskagsaus- schusses für Auswärtiges sei Minister Dr. Skresemann so heftig angegriffen worden, daß der Vorsitzende Abgeordnete Hergk wiederholt einschreilen mußte.

Der Haushaltausschuß des Reichstags hak einen deutsch- nationalen Antrag angenommen, wonach das Ausnahme­gesetz zum Schuh der Republik aufgehoben und der 18. Januar (Gründung des Deutschen Reichs 1871) zum Rationalfeiertag erklärt wird. Der weitere Antrag, der einen Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Reichsfarben Schwarz-weiß-rol verlangt, wurde mit 14 gegen 12 Stim­men abgelehnt.

Die Veröffentlichung der französischen Antwort auf den deutschen Sicherheiksvorschlag wird auf Samstag erwartet.

Nach Schluß der Tagung des Völkerbundsrats wird Dr. Benesch wieder in Paris erscheinen.

Das englische Unterhaus hat mehrere liberale Anträge auf Aufhebung oder zeitliche Beschränkung der Max Kcnna- und der Kunstjeidezölle.

gebaut ist, wie der Versailler Vertrag aufgebaut ist auf der Lüge von der deutschen Schuld am Krieg.

Hierin liegt die wahre Bedeutung der Note, daß sie uns Deutschen klar macht: Ihr könnt erfüllen, so viel ihr wollt. Ihr könnt abrüsten, so viel ihr wollt. Ihr könnt Sicherheit bieten, so viel ihr wollt. Ihr werdet von der französischen Politik doch immer um die Früchte eures Tuns betrogen werden, und ihr werdet England, trotz aller schönen Aus­sichten, die es euch in der Zwischenzeit vorgaukelt, zu guter Letzt doch immer auf Seite derer finden, die euch betrügen wollen, daß ihr je eurer Verpflichtungen ledig werdet, weil sie der menschenfreundlichen Ansicht sind, es gebe20 Mil­lionen Deutsche zu viel" auf Gottes Erde. Wer sich erinnert, was England uns damals vorgegaukelt hat, als es galt, uns zur Annahme des Dawesplanes zuzureden, und wer die Abrüstungsnote daneben legt, für die England wider besseres Wissen die Verantwortung mit übernommen hat, der weiß für alle Zukunft Bescheid, was von englischen Zureden und Zusagen zu halten ist. Und dar­aus wird die deutsche Politik irgendwelche Folgerungen, zu gegebener Zeit und bei passender Gelegenheit, wohl auch ziehen müssen.

Neue Nachrichten

Der Havasberichk eine Erfindung?

Berlin. 11. Juni. DieTägl. Rundschau" glaubt versichern zu können, daß das angebliche Einverständnis Englands mit dem Durchzugs- und Einmarschrecht Frankreichs in Deutsch­land eine freie Erfindung des Pariser Havas-Berichterstatters sei. Jedenfalls würde Deutschland eine solche Bestimmung des Sicherheitsvertrags nicht annehmen.

Der von der LondonerTimes" veröffentlichte Wortlaut des deutschen Sicherheitsvorschlags wird nach demTag" halbamtlich als ungenau bezeichnet, es wird aber zugegeben, daß der Vorschlag sich nicht auf die französische und belgische Grenze beschränken solle, sondern sich in ein allgemeines Vertragssystem eingliedern könne. "

Gewerkschafkseinspruch gegen die Lnkwafsnungsnoke?

Berlin, 11. Juni. Nach derV. Börsenzeitg." haben die freien Gewerkschaften in Essen bei der Berliner Hauptstells beantragt, gegen die Entwaffnungsnote und besonders gegen die verlangte Zerstörung der Maschinen Einspruch zu er­heben, weil dadurch Tausende von Arbeitern brotlos würden.

- Gegen die Grundschule

Berlin, 11. Juni. Im preußischen Landtag erschienen gestern etwa 500 Mitglieder der Clternräte von 120 Ber­liner Schulen und verlangten stürmisch das Erscheinen des preußischen Unterrichtsministers und der Mitglieder des Schulausschusses. Sie erhaben Widerspruch gegen die Ver­fügungen des Ministers zum Grundschulgesetz,' deren sofortige Beseitigung sie verlangten. Es wurde weiter gefordert, daß die bereits abgelegten Prüfungen für Schüler mit drei­jährigem Besuch der Grundschule oder einer behördlich ge­nehmigten Privatschule zum Verlassen der Grundschule an­erkannt werden.

Streikbewegung in Baden

Karlsruhe, 11. Juni. Gestern wurden hier die Verhand­lungen in dem Lohnstreit im Baugewerbe geführt, sie

Fernruf 179

60. Jahrgang

sind aber ergebnislos geblieben, da die Arbeitgeber erklärten, die Lohnforderungen der Bauarbeiter nicht erfüllen zu können. Die Bauarbeiter in Pforzheim, Freiburg, Rastatt, Lörrach und Leopoldshöhe haben daraus den Ausstand be- seblossen und es ist mit einer weiteren Ausdehnung des Streiks zu rechnen. In Pforzheim streiken seit 14 Tagen die Flaschner, denen sich die Glaser anschlossen. Jetzt kommen die Schlosser, Schreiner, Maurer und Gipser dazu.

Baldwin über den Sicherheiksverkrag London, 11. Juni. Im Unterhaus antwortete Erst­minister Baldwin auf eine Anfrage: Die Angelegenheit des Sicherheitsvertrags werde sobald wie möglich im Unter­haus zur Erörterung gestellt werden. Indessen könnten Ein­zelheiten erst nach der Rückkehr Chamberlains bekannt gegeben werden. Gegenwärtig möge das Haus die Ver­sicherung entgegennehmen, daß kein Sicherheitsvertrag ohne vorherige Erörterung unterzeichnet werde. Die Lage sei zurzeit die. daß die französische- und die britische Regierung nach sorgfältiger Prüfung der deutschen Vorschläge zu einer vollständigen Uebereinstimmung über ge­wisse grundsätzliche Punkte gelangt seien. Es sei Grund zur Annahme vorhanden, daß auch Belgien und Italien ihre Zustimmung geben würden. Wenn die deutsche Regierung diese Ansichten teile, stünden einer Er­örterung der Verhandlungen für einen Vertrag zwischen den verbündeten Mächten und Deutschland auf der Grundlage der Gleichberechtigung nichts mehr im Weg. Die vorgesehene Regelung habe einen durchaus zweiseitigen Charakter, nicht einen einseitigen, wie in gewissen in der Presse erschienenen Berichten (Havas) angegeben worden sei. Die Ansicht der britischen und der franz. Regierung sei, daß der Sicherheitsvertrag allen Unterzeichnungsmächten die größtmögliche Sicherheit gewähren solle. Auf der anderen Seite könne keine Macht, die die Vertragsbestimmungen ab­sichtlich breche, vor den hieraus entstehenden Folgen geschützt werden.

Deruhigungspülverchen aus London London. 11. Juni. Halbamtlich wird mitgeteilt, sobald die französische Antwort in Berlin eingetroffen sei, werde die deutsche Reichsregierung eineberuhigende Erklärung" aus London erhalten. Der Beruhigung der öffentlichen Mei­nung in Deutschland habe auch, wie derDaily Telegraph" meint, die Rede Baldwins im Unterhaus gedient. Es sei zweifelhaft, ob sich Italien diesem Bund anschließen werde; die französischen Entstellungen haben dort einen üblen Ein­druck gemacht. Dagegen sei der Eindruck in den Dominions nicht ungünstig.

Die Lage in Marokko

Paris, 11. Juni. Die Blätter berichten, daß die Kabylen in dem allgemeinen Angriff die französische Front an meh­reren Stellen durchbrochen haben. Bei Uzzean scheinen die Franzosen eine empfindliche Schlappe erlitten zu haben.

DerAbfallmarokkanischerStämme von den Franzosen und ihr Uebertritt zu Abd el Krim nimmt zu.

Die französische Heeresleitung hat.die Bevölkerung in der Gegend von Uezzan nach dem Süden abtransportiert.

Painleve ist am Mittwoch abend im Flugzeug in Rabat (Marokko) angekommen.

Painleve hatte in Rabat eine Besprechung mit Marschall Lyauthey. Auch General Primo de Rivera wird in Rabat erwartet.

DasPetit Journal" meldet, zwischen Frankreich und England sei ein Abkommen über eine gemeinsame Blockade der marokkanischen Küste getroffen worden. DK Spanier haben den Beginn ihres Eingreffens auf Endo Juni verschieben müssen. '

Zwei spanische Panzerschiffe und zwei Zerstörer snw m der Bucht von Alhucemas (Marokko) eingetrosfen. .

Deutsche Offiziere bei Abd el Krim?

Die französische Regierung wird an die deutsche Reichs« regierung eine Note abgehen lassen, die auf die amtliche» Beschwerden der Reichsregierung gegen die Behauptung Pariser Blätter, Deutschland unterstütze die Kabylen» Bezug nimmt. Dem deutschen Botschafter sei darauf im französischen Außenministerium eine Meldung der Heeres­leitung in Marokko vorgelegt worden, wonach im Heer Abd el Krims 250 deutsche Offiziere als tech­nische Berater tätig seien. Der Botschafter erklärte, der Reichsregierung sei es bekannt, daß deutsche Offiziere in Marokko Mitwirken, sie könne aber keine Verantwortung tragen, wenn Privatpersonen nach Marokko gehen, sie suche vielmehr mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln die Beteiligung deutscher Staatsangehörigen zu verhindern. Daß aber Frankreich viele tausend Deutsche, vielfach mit Ueberlistung und Gewalt in die französische Fremdenlegion eingereiht hat, das ist natürlich ganz in der Ordnung. . -

Ausschreitungen des spanischen Heers §

London, 11. Juni. DieTimes" berichtet, eingeborene Soldaten des spanischen Heers haben ll Meilen von Ta ng erj

MW