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Nummer 127 Fernruf 179

Völkerbund, Oesterreich und Deutschland

^ Der Völkerbundsrat tritt am 8. Juni wieder in Genf zusammen. Auf der Tagesordnung steht in erster Linie die Wiederherstellung Oesterreichs und Ungarns. In Reichs- deutschland wird besonders die österreichische Angelegenheit Teilnahme wecken. Nach den Vereinbarungen vom 17. September 1924 hatte die Wiener Regierung eine Anzahl vonHerkulesarbeiten" durchzuführen. Ein Teil der Aufgaben ist erledigt, ein anderer Teil nicht, und das viel­geprüfte Oesterreich wird in dem tschechoslowakischen Mi­nister Dr. Benesch, der schon über die Pfingsttage in Genf eingetroffen ist, einen strengen Richter finden. So konnte z. B. eine wesentliche Forderung des Völkerbunds, nämlich die Einhaltung des Normalhaushalts, nicht erfüllt werden. Unvorhergesehene Ueberschreitungen sind durch die wachsende Zahl der Arbeitslosen in Oesterreich und die dadurch bedingte Geldunterstützung hervorgerufen worden. In Behandlung ist noch die geschäftliche Umwandlung der Forsten und Salinen, sowie die Verwaltungsreform, hier besonders die Zusammenlegung der Bundesbehörden mit den Landesbehörden. Dazu kommt ein rücksichtsloser Abbau der Amtsstellen und Sparmaßnahmen an allen Ecken und Enden.

Der Völkerbundsrat ist unerbittlich. Auf den 7. Sep­tember ist die sechste große Völkerbundsversammlung ein­berufen. Bis zu diesem Termin muß ein befriedigender Bericht über die österreichischeErfüllungspolitik" fertig­gestellt sein. Als Anwalt Oesterreichs tritt der Wiener Außenminister Mataja auf. Der Finanzminifter Dr. Ahr er bleibt zu Hause, weil sich das österreichische Parla­ment in dieser Woche nach Pfingsten mit den entscheidenden Finanzvorlagen besaßt und die Anwesenheit des zuständigen Ministers dabei wichtiger ist als die Rechenschaftsablegung in Genf. Untersucht werden die Finanzen und Verwaltungs­maßnahmen durch zwei Fachleute, die der sogenannte Oesterreich-Ausschuß des Völkerbunds auswählt.

Zu den sonstigen Fragen, die der Völkerbundsrat behan­deln wird, gehört natürlich auch das Genfer Friedensprotokoll, das anscheinend nicht leben und sterben kann. Es wird voraussichtlich Gegenstand eines Rededuells zwischen Cham- berlain und Briand sein, falls die beiden Staatsmänner wirklich nach Genf kommen. Der Streit über das Friedens- Protokoll wird ganz von selbst zur Erörterung der Sicher- beitsfrage und dieses wieder zur Frage führen: Wann tritt Deutschland in den Völkerbund ein und unter welchen Umständen und Bedingungen? Man erinnert sich wohl noch der Denkschrift, die die deutsche Rcichsregierung am 29. September vorigen Jahrs an die Mrenden Verbandsmächte richtete. Da die Antworten der Mächte wenig befriedigten, nannte Deutschland in einer großen Note vom 12. De­zember 1924 nochmals die Voraussetzungen, die es an seinen Eintritt in den Völkerbund knüpfen müsse. Die Note ging an die Gesamtbeit des Völkerbunds. Die deutsche Regie­rung stellte darin fest, daß die Staaten des Völkerbunds­rats den deutschen Wünschen durchweg Rechnung u tragen bereit seien, bis auf den Einwand, den Deutschland gegen­über dem Artikel 16 der Völkerbundssatzungen macht. Das entwaffnete Deutschland kann sich gegenüber waffen­storrenden Nackbnrmächten nickt auf eine vorbehaltlose Be­teiligung an militärischen Sanktionen verpflichten. Es wäre sofort das Opfer und dazu noch der Schauplatz eines neuen Weltkriegs.

Auf diese deutschen Vorstellungen hat der Völkerbundsrat geantwortet, nickt sebr klar, auch nicht sehr entgegenkom­mend. Er stellte Deutschland anheim, den Grad der Kriegs­beteiligung jeweils selbst anzngeben. Abermitmachen" müsse es. Dabei war aber vollständig übersehen, daß man der Schweiz, die sich doch in ähnlicher Lage wie Deutsch­land befinde, bereits eine Ausnahmestellung zubilliqte. Wird die Erkenntnis b-nstchtlich Deutschlands in dieser Rats- Tagung reifen? Wir wollen es hoffen.

E. Schoene.

Neue Nachrichten

Umbildung der preußischen Regierung Berlin. 3. Juni. In nächster Woche werden, wie die Zeit" mitteilt, die Fraktionen des preußischen Landtags die Beratungen über die Umbildung bzw. Erweiterung der preußischen Regierung wieder ausgenommen und man er­wartet nunmehr eine endgültige Lösung.

Englische Flugzeuge über Deutschland

Berlin, 3. Juni. Dem Berliner Berichterstatter der Lon­donerDaily Mail" soll vom Reichsverkehrsministerium auf Anfrage mitgeteilt worden sein, englische Flugzeuge können über deutsches Gebiet fliegen, wenn der englische Luftfahrtsminister drahtlos den Tnp des Flugzeugs, den Namen des Flugzeugführers und alle Einzelheiten bekannt gebe. Dies sei auch eine Bedingung für den regelmäßigen Flugverkehr zwischen London und Wien.

Wildbad» Donnerstag, den 4. Juni 1925

Tagesspiegel

Die Entwaffnungsnote des pariser Bolschafkerrals soll nach havas erst am Samstag in Berlin übergeben werden.

Von London aus wird in Abrede gestellt, daß der eng­lische Bürgschafksverkrag für die Sicherheit der französischen Grenze nur 30 Zahre bestehen soll» er werde vielmehr gültig stin, solange der Vertrag besiehe.

Die griechisch-serbischen Dündnisverhandlungen find ab­gebrochen worden.

Vom Sicherheiksverkrag

Paris, 3, Juni. Nach demMatin" soll England bereit sein, einem Sicherheitsvertrag bezüglich der deutsch-franzö­sischen Grenze beizutreten und gegen jede Verletzung des entmilitarisierten Rheinlands mit Waffengewalt einzuschrei- ten. Es würde aber Frankreich kein Hindernis in den Weg legen, wenn es im Fall eines deutsch-polnischen Zusammen­stoßes den Polen zu Hilfe eilen würde, nur würde es in die- fem Fall keine militärische Verpflichtung übernehmen. Ein Schiedsgericht würde England für sich nicht anerkennen, es würde es aber begrüßen.' wenn die anderen Mächte unter­einander ein solches annähmen. Ob Deutschland einen sol- . chen Sicherheitsvertrag annehmen würde, sei allerdings nicht sicher, da schon das, was über die Entwaffnungsnote bekannt wurde, in Deutschland große Erregung hervor- gerufen habe.

Beschleunigter Wiederaufbau in Frankreich durch deutsche Sachlieferungen

Paris. 3. Juni. Der französische Ünterstaatssekretär für die befreiten Gebiete, Schmidt, erklärte einem Vertreter des Matin", der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete sestle be- fchleunigt werden, wobei die deutschen Sachlieferungen in größtem Umfang herangezogen würden. Der französischen Industrie solle dadurch kein Schaden erwachsen. Man wolle Gruppen von Unternehmern bilden, die di« Aufträge mit Zustimmung der Regierung an deutsche Fabrikanten weiter­leiten sollen. Die Zustimmung der Regierung werde not­wendig sein, um Betrügereien zu verhüten. Im ganzen würden bis Ende Dezember 200 Millionen Franken für die Erteilung von Aufträgen an Deutschland zur Verfügung stehen. Bis zum 21. Mai seien bereits Aufträge in Höhe von 40 Millionen Franken an deutsche Industrielle erteilt worden.

Verhaftung In Angarn

Budapest. 3. Juni. Der frühere Minister des Innern, Beniczky, wurde durch die Staatsanwaltschaft in Schutz- Haft genommen. Er beschuldigt« den Reichsverweser H o r- t h y, daß mit seinem Wissen im Jahr 1919 die beiden sozia­listischen Redakteure Somogyi und Bacso von vier Offizieren ermordet worden seien. Zwei der Offiziere sollen Sellfft- mord begangen haben. Die Regierung erklärt, die gegen Horthy erhobenen Vorwürfe haben sich schon durch frühere Untersuchungen als falsch erwiesen. Die Beschuldigungen Beniczkys dienen nur Parteizwecken. Die sozialdemokratische Fraktion des Abgeordnetenhauses strebt die Aufklärung des Falls an.

Durchsuchung von Sofia

Sofia, 3. Juni. Die Behörden haben ermittelt, daß sich in Sofia noch eine größere Anzahl von Verschwörern ver­steckt hält. Es wurde daher eine sofortige Durchsuchung der ganzen Stadt angeordnet, bevor die vom Völkerbundsrat ausnahmsweise bewilligte Miliz aufgelöst werden muß, was heute abend der Fall ist.

Der Krieg in Marokko

Paris. 3. Juni. Nach den amtlichen Berichten aus Casa­blanca haben die Kabylen in neuen Angriffen die französi­schen Linien zurückgedrängt und mehrere vorgeschobene Posten abgeschnitten, die mit hartnäckigen Kämpfen befreit werden mußten, was aber nur zum Teil gelungen zu sein scheint. Die französischen Truppen müssenumgruppiert" werden, was darauf schließen läßt, daß Abd el Krim seine Angriffe sehr geschickt und meist überraschend einleitet, daß aber andererseits die französische Führung zum Teil ver­sagt. Der Oberbefehlshaber, Marschall Lyautey, ist ins Kampfgebiet abgereist.

Spanische Truppen sollen bei Taatch im Vormarsch sein.

Die Polizei will einer kommunistischen Verschwörung auf die Spur gekommen sein, die im Rheinland (unter den Besatzungstruppen?) ihren Ursprung habe, und die den Zweck habe, die nach Marokko gesandten Truppen zum Hochverrat zu verleiten.

London, 3. Juni. Halbamtlich wird entschieden dem Ge­rücht entgegengetreten, als ob England Abd el Krim unter­stütze. Großbritannien habe das größte Interesse daran, daß das Anfehen der europäischen Völker in Afrika und im Osten nicht beeinträchtigt werde, wie es bei einem Sieg Abd el Krims über Frankreich und Spanien die Folge sein würde.

Fernruf 179 60. Jahrgang

Russisch-japanischer Streitfall

London. 3. Juni. DieTimes" meldet aus Riga, zwischen : der bolschewistischen Regierung in Moskau und der japani- > schen Regierung sei eine ernste Spannung entstanden, weil Japan trotz des Moskauer Einspruchs darauf beharre, die > militärisch und handelspolitisch wichtige Eisenbahn von Tao- nofu in der Mandschurei zu bauen. Andererseits hat> die Moskauer Regierung verlangt, daß auf der chinesischen Ost­bahn alle nichtbolschewistischen und nichtchinesischen Ange­stellten entlassen werden. Die chinesischen Behörden weigern sich aber, die Entlassungen vorzunehmen und sie werden dabei von Tschangtsolin, dem mächtigen Gorwerneur der Mandschurei, unterstützt.

Der Streik in Shanghai

Shanghai, 3. Juni. In den Straßen in Shanghai haben gestern wieder mehrere Zusammenstöße stattgefunden, die sich ausschließlich gegen die Japaner richteten. Die Zahl der Streikenden beträgt etwa 30 000; betroffen sind die Baum­wollspinnerein der japanischen Kapitalisten und Gesellschaf- j

ten, die Straßenbahnen und die Elektrizitätswerke. Die s

städtischen Angestellten haben sich angeschlossen. 300 Chinesen, >

die von den amerikanischen Freiwilligen gefangen genom- :

inen worden waren, sind von der Polizei wieder in Frei- '

heit gesetzt worden. In Maueranschlägen wird zum allge- meinen Ausstand und zur Vertreibung der Fremden aufge­fordert. Die Behörden schreiben die Unruhen den Aufwie­gelungen russischer und chinesischer Kommunisten zu.

Di? fremden Kriegsschiffe haben Truppen gelandet. Es sollen bereits 20 000 Mann im Anmarsch sein. Die Lage ver­schlimmert sich stündlich. Die Lebensmittelwerke und die chinesischen Läden sind geschlossen. Chinesen, die im Dienst von Fremden bleiben, werden von den Streikenden ange- ^ griffen s

Der chinesische Außenminister hat bei dem italiem>a>ev Gesandten als dem ältesten diplomatischen Vertreter Ein­spruch erhoben gegen das Vorgehen der fremden Mächte in Shanghai. Die chinesische Regierung behalte sich vor, Ent- s schädigungen zu fordern. Die Regierung verlange, daß die in Shanghai gefangen genommenen Chinesen in Freiheit ; gesetzt und daß gemeinsam mit einem chinesischen Bevoll- i mächtigten Maßnahmen ergriffen werden, um derartige Zwischenfälle künftig zu verhindern. , . ,

Die entmilitarisierte Rheinzone und die deutschen Oftgrenze«

London, 3. Juni. Der diplomatische Berichterstatter des Daily Telegraph" schreibt zur Sicherheitsfrage, wenn auch die Frage der Verpflichtungen Frankreichs gegenüber Po­len und der Tschechoslowakei im Zusammenhang mit der entmilitarisierten Rheinzone eine Unterfrage sei, fei sie doch sehr wesentlich, und es sei nicht überraschend, daß die fran­zösische Regierung im Begriff sei, ihre Ansichten in dieser Beziehung in einer für London bestimmten Note niedsr- zulegen, Re im Lauf der Woche zu erwarten sei. Diese Frage könne in verschiedener Weise geregelt werden, näm­lich 1. im Zusammenhang mit besonderen schiedsgerichtlichen und Schlichtungsverträgen, die zwischen Deutschland und seinen Nachbarn abzuschließen wären; 2. durch die in der Völkerbundssatzung vorgesehene Art der Regelung von Strei­tigkeiten, oder 3. durch ein besonderes Verfahren, welches in dem Pakte dargelegt werde und welches die Rechte und Ver­antwortlichkeiten der Unterzeichner regeln würde.

Benesch gegen den Anschluß

London, 3. Juni. DieMorningpost" schreibt, die Reise des tschechischen Außenministers Benesch nach Paris gelte namentlich der Verhinderung des -Anschlusses Oesterreichs an Deutschland. Diese Vereinigung würde, wenn sie auch nur aus wirtschaftlichem Gebiet vollzogen würde, eine tödliche Gefahr für Polen und die Tschechoslowakei darstellen. Denn dadurch würde Mitteleuropa wiederhergestellt und das Werk des Weltkriegs und des Siegs der Verbündeten zunichte ge­macht, der ja darin bestanden habe, den Plan eines mittel­europäischen Großstaats zu vernichten.

Kanadas Einwand gegen Amundsens Polarreife

London, 3. Juni. Nach derTimes" hat das kanadische Parlament ein Gesetz angenommen, wonach Ausländern das nordwestliche Küstengebiet Kanadas zu betreten nur mit besonderer Genehmigung der kanadischen Regierung erlaubt ist. Das Gesetz bezweckt, den Besitzanspruch Kanadas auf das Nordpolgebiet festzulegen. Der Reise Amundsens komme deshalb nur wissenschaftliche Bedeutung zu. (Amundsen wurde bekanntlich von der norwegischen Regierung ermäch­tigt, durch Aufziehen der norwegischen Flagge vom Nordpol für Norwegen Besitz zu ergreifen.) , ,

Württemberg '

Stuttgart, 3. Juni. Po st an st alt aufdem Cann-, st alter Wasen. Anläßlich der 31. Wanderausstellung dxr Mutschen. Lgndwirtlchaftsgescllschaft wixch pom 9, hjL