(Enztalbote)
MM
Amtsblatt für MlLbad. Chronik und Anzeigenblatt
für das obere Enztal.
tz-W
Erscheint täglich, ausgenommen Sonn- und Feiertags. Bezugspreis halbmonatlich 66 Pfennig frei ins Haus geliefert; durch die Post bezogen i« innerdeutschen Verkehr monatlich 1.60 Mk. :: Einzelnummern 10 Pfg. Girokonto Nr. 60 bei der Oberamtsspavkafse Neuenbürg Zweigst. Wildb. :: Bankkonto: Enztalbank Komm.-Ges. Häberle L Co. Wildbad.:: Postscheckkonto Stuttg. 29174.
Anzeigenpreis: Die einspaltige Petitzeilr oder deren Raum im Bez. Grundpr. 12 Pfg., außerh. 15 einschl. Ins.-Steuer. Reklamezeile 30 Pfg. :: Rabatt nach Tarif. Für Offerten u. bei Auskunfterteilung werden jeweils 10 Pfg. mehr berechnet. :: Schluß der Anzeigennahme Kgl. 8 Uhr vorm.:: In Konkursfällen od. wenn gerichtl. Beitreibung notw. wird, fällt jede Nachlaßgewähr, weg.
Druck, Verlag und Schristleitung TheodorGackin Wildbad, Wilhelmstrabe ä 151; Wohnung: Lharlottenstraße 221
Nammer 62
Fernruf 179
WUdbad, Montag, den 16. März 1925
Fernruf 179
60. Jahrgang
Die „Wohltätigkeit" in Amerika
^ Kürzlich wurde aus Neuyork gemeldet, daß der dortige Gründer der Weltfirma Castman-Kodak Gesellschaft, der 70- jährige erbenlose Junggeselle George Eastman, zum Ausbau der Universität Rochester im Staat Neuyork 12V- Millionen Dollar gestiftet habe. Der in ganz Amerika bekannte Tabakkönig James Duke hat für seinen Heimatstaat Nord-Karolina für eine neu zu errichtende Universität gar 40 Millionen Dollar gestiftet. Aus diesem Anlaß veröffentlichen die amerikanischen Blätter eine Auszählung von Zuwendungen und Vermächtnissen aus Privatkreisen in den letzten zehn Jahren. Bon den größeren Stiftungen seien folgende (in Millionen Dollar angeführt:
John D. Rockefeller 575, Andrew Carnegie 850, Clevc- land Foundation 150, Henry C. Frick (Steel Trust) 85, Milton S. Hershey (amerikanischer Sarotti) 60, Mrs. Rüssel Sage 40, Henry Phipps 31, B. Altman 30, John Stewart Kennedy 30, John W. Sterling (Korporations-Rechtsanwalt) 20, Edmund C. Conoerse 20, I. R. De Lamar 16,5, Mrs. Stephen V. Harkneß 16, Augustus D. Juilliard 15. Henry E. Huntington 15, George F- Baker (Finanzmann) 12, I. P. Morgan 10, Mrs. Elizabeth Milbank Anderson 10, William James Mayo und Charles Horace Mayo (die berühmtesten Chirurgen Amerikas, in Rochester, Minn.) 8. Pierre S. Du Pont und Thomas Coleman Du Pont, Pul- vsrsabrikanten 8, I. Ogden Armour 6, George R. White 5, W. A. Wieboldt 4,5, August Heckscher 4, John Jacob Astor 4, Lotto Crabtree 4.
In den meisten. Fällen handelt es sich um Personen, die von ihrem großen Reichtum in späten Lebensjahren sich ein Denkmal zu setzen wünschten in der Form, daß sie die Zuwendungen für die in Amerika allgemein als wichtigste erkannte Aufgabe der Volkserziehung bestimmten. Der europäische Begriff ist in einem Land, dessen erster Grundsatz heißt: „Hilf dir selbst!", nicht gerade unbekannt, aber tritt mindestens weit zurück hinter der Anschauung, daß man dem Einzelnen ^Gelegenheit bieten müsse, sich selbst empor- zuarbeiten- Die in Europa geläufigen Ausgaben der Unterstützungsbedürftigkeit der Einzelnen oder ganzer Dolksteile könne«, in Amerika überhaupt nicht ernstlich auikommen und die Wohltäter und Menschenfreunde sind in Amerika nicht diejenigen, die den Armen und Bettlern etwas in die untätige Hand geben, sondern diejenigen, die dem schaffenden Kopf und der schaffenden Hand für volksüberzeugende Ziele die Arbeit fördern und beflügeln. Jede Stiftung ist von der größten Nüchternheit in der Absicht getragen. Unter den 600 Universitäten und „Colleges" der Vereinigten Staaten besitzen 142 Stiftungen von über eine Million Dollar; die Harvad-Universität verfügt z. B. über eine Stiftung von über 50 Millionen Dollar, Columbia 41, Tale 35, die auf Rockefeller-Stistungen zurückgehende Chicago-Universität 32, die California-Universität 27 Millionen. Eine Schattenseite dieses Stiftungssystems ist aber, daß die wissenschaftlichen Erziehungsinstitute leicht in eine vom Stifter beabsichtigte besondere Richtung hineingezwängt werden, die nicht immer mit dem allgemeinen Wohl verträglich ist.
Neue Nachrichten
Zur Reichspräsidenkenwahl
Berlin. 15. März. Die Parteien und Verbände für die Kandidatur Jarres haben sich zu einem Reichsb-lvck zusammengeschlossen, der die Leitung der Wahlbewegung in di« Hand nehmen soll- Ein über den Parteien stehender Ausschuß leitet die Wahlarbeiten.
Der „B. Z." zufolge wird sich die Bayerische Volksparkei für Dr. Marx erklären.
Der thüringische Beamkenbund, die Beamkenverbände in Schleswig-Holstein, die Arbeitgeberverbände der Provinz Brandenburg und die nationalsozialistischen Betriebsräte ln Groß-Berlin haben die Unterstützung der Kandidatur JarreS beschlossen.
Der Schiedsspruch im Eisenbahnerstreik
Berlin, 15. März. Die Schlichtungskammer hat folgenden Schiedsspruch gefällt: I: 1. Die Arbeit wird überall möglichst sofort wieder ausgenommen. 2. Maßregelungen anläßlich des Streiks finden nicht statt. 3. Die infolge des Streiks ausgeschiebenen Arbeiter find möglichst sofort, spätestens aber bis zum 31. März 1925 in ihr altes Dienstverhältnis wieder einzusetzen. II: 1. Die angekündigten auf die Arbeitszeit bezüglichen Paragraphen des Tarifvertrags vom 11. 7. 1924 werden mit Wirkung vom 1. März 1925 wieder in Kraft gesetzt, desgleichen auch die bisherige besondere Vereinbarung zu Z 3 des Lohntarisvertrags. Diese Arbeitszeitregelung ist bis zum 31. 10. 25 unkündbar. Sodann kann sie von jeder der beiden Vertragsparteien mit einer Frist von einem Monat aus den Schluß eines Kalendermonats schriftlich gekündigt werden. Bezüglich derDienst-
Tagesspiegel
Generalfeldmarschall von Hindenburg bat den Reichsblock gebeten, seine Unterschrift unter den Wahlausschuß für Iarres zu sehen; er hoffe dadurch beitragen zu können, daß eine Zersplitterung der bürgerlichen Stimmen vermieden werde.
Mac Donald wird ««ne Aussorache im Unterhaus über die Rc^e Cb-uni--riains in Genf beantragen.
Nach amkl. Mitteilung sollen von 247 Sitzen des ägyp- tischen Abgeordnetenhauses die Partei Zaglul 101, die andern Parteien 105 Sitze erhalten haben; 41 Wahlen stehen noch aus.
dauervorschristen bewendet es bei den gesetzlichen Bestimmungen. 2. Durch einen Ausschuß, der spätestens in der zweiten Hälfte des April Zusammentritt und an dem die Tarifparteien beteiligt sind, soll geprüft werden, welche Aen- derungen, d. h. welche allgemeinen Milderungen oder Verkürzungen für gewisse Gruppen des Personals hinsichtlich der gesamten Dienstdauer ohne Verringerung der Rentabilität der Reichsbahn möglich sind. 3. Falls während der Geltung des Abkommens eine grundlegende Aenderung der jetzigen Arbeitszeitgesetzgebung eintritt, soll mindestens ein Monat vor dem Inkrafttreten der Aenderung über ihre Auswirkung auf dieses Abkommen zwischen den Parteien verhandelt werden. III: 1. Die gekündigten aus den Lohn bezüglichen Paragraphen des Tarifvertrags werden mit Wirkung vom 1. 3. 1925 ab wieder in Kraft gesetzt. 2- Für die Zeit vom 1.—14. März 1925 bleiben die am 28. Februar 1925 in Geltung gewesenen Löhne bestehen. 3. Mit Wirkung vom 15. März 1925 ab werden die Grundlöhne der Höchstaltersstufe um 5 Pfennige erhöht. Die Grundlöbne der übrigen Altersklassen erhöhen sich entsprechend. 4. Die Lohnregelung kann erstmalig zum 30. Juni d. I. und sodann auf den Schluß eines jeden folgenden Kalendermonats mit einer Frist von einem Monat von jeder der beiden vertragsschließenden Parteien gekündigt werden. Die Erklärungsfrist läuft bis Dienstag, den 17. März, einschließlich.
Der Schiedsspruch ist vom Vorsitzenden gegen die Stimmen der Arbeitnehmerbeisitzer entschieden worden.
Insgesamt streiken zurzeit 10 709 Arbeiter, d. h. 2,5 Proz. der Gesamtzahl.
Ablehnung des Schiedsspruchs?
Von seiten der Eisenbahnverwaltung wird erklärt, daß der Schiedsspruch, soweit er die Lohnerhöhung und die Wiedereinstellung aller Streikenden betrifft, für sie unannehmbar sei. Die Arbeiterverbände lehnen dagegen die Lohnerhöhung als ungenügend und die Fristen ab, die gegenüber den bisherigen Tarifbedingungen eine Verschlechterung seien. Es ist aber wahrscheinlich, daß im Falle einer Ablehnung der Schiedsspruch für verbindlich erklärt wird.
Am Samstag und Sonntag fand eine Urabstimmung der Eisenbahnarbeiter über die Annahme des Schiedsspruchs statt. Das Ergebnis ist noch nicht bekannt.
Der Barnmtskomdal
Bettin, 15. März. Der Untersuchungsrichter hat den erneuten Hastentlassungsantrag der Verteidiger der beiden Varmats abgelehnt.
Gegen den Reichstagsabgeordneten Heil mann dürfte ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Heilmann ist ein Hauptbeteiligter und Vorstandsmitglied der mit großer Reklame gegründeten Aktiengesellschaft „Drahtloser Dienst für Handel und Presse". Vei der Gründung usw. ging es unreinlich zu und namentlich wird Heilmann vorgeworfen, daß er vor kurzem Gesellschastsaktien, di« aus Reichsmitteln stammten, als sein angebliches Privateigentum um 55 000 -4t an einen ihn nahestehenden Verlag verkauft habe. Der Reichsminister des Innern hat einige Sachverständige mit der Untersuchung der Angelegenheit beauftragt.
Im Untersuchungsausschuß des Reichstags gab Abg. Bartels, derzeit Präsident des preußischen Landtags, an, Barmat Hobe durch die Vermittlung des Abg. Heilmann der sozialdemokratischen Parteikasse im Herbst 1924 einen WM- beitrag von 20 000 -4t gespendet. Von weiteren Beiträgen sei ihm nichts bekannt. Aus der Vernehmung des Zeugen Justizrat Löwy ergibt sich, daß Barmat Kr die Parteikvsse des Bezirks Osthavel 5000 -4t gegeben Hobe.
Blutiger Kamps in einer Wahlversammlung
Halle, 14- März. In einer internationalen Versammlung der Kommunisten zur Besprechung der Reichspräsidentemvahl im Volkspark widersprach ein anwesender Polizeioffizier der Uebersetzung der Vorträge eines französischen und eines englischen Kommunisten. Die Versammlung nahm eine drohende Haltung ein, woraus die Polizei zur Räumung des Saals aufsorderte. Als die Aufforderung nicht befolgt wurde, suchte die Polizei den Saal mit Gummiknüppeln zu räumen; sie wurde jedoch mit Biergläsern, Tischen und Stühlen beworfen und von den Galerien fielen Schüsse. Di« Polizei mochte mv»
auch von der Schußwaffe Gebrauch Es gab 7 Tote, darunter zwei Frauen, ferner wurden 25 Schwer- und 15 Leichtverletzte gezählt.
Bon den Poltzeibeamken wurden vier, darunter ein Oberleutnant verwundet.
O
Die Radikalen gegen die kardinale Paris, 15. März. Die radikale Fraktion der Kammer (lüe etwa der bürgerlichen Demokratie in Deutschland entspricht) erhebt in einer Entschließung scharfen Einspruch gegen die Erklärung der französischen Kardinäle und Erzbischöfe, die eine Kriegserklärung an die französischen Gesetze und an die französische Demokratie sei, ein Ausruf zum Volksaufstmd gegen die Gesetze und zum Bürgerkrieg. Die Fraktion fordert die Regierung aus, dies« Herausforderung dadurch zu beantworten, daß sie ohne Schwäche die Gesetze über die Trennung von Kirche und Staat und die konfessionslose Schule durchführe. Die Entschließung wird auch den anderen Fraktionen des Linksblocks zur Annahme vorgelegt, woraus sie der Abgeordnetenkammer zur Abstimmung zu» gshen soll.
Bom Bölkerbundsral
Genf, 15. März. Die Antwort auf die deutsche Note, bezüglich des Eintritts in den Völkerbund wurde vom Rat am Samstag vormittag in geheimer Sitzung besprochen und darauf in iftsentlicher Sitzung behandelt. Sie geht dahin, daß nach Art. 1 der Völkerbunds- sahung Aufnahmeoesu^e von der Vollversammlung geprüft werden müssen. Art. 16 (Durchzug fremder Truppen usw.) sei ein fester Bestandteil der Satzung, jedoch können im einzelnen Fall Zugeständnisse bezüglich der militärischen Verpflichtungen gemacht werden. Da Deutschland sofort nach der Aufnahme einen Ratssih erhalte, könne es seine Einwendungen im Völkerbundsrak zum Ausdruck bringen.
Chamberlain erklärte Zeikungsverkrekern gegenüber, England werde die amerikanischen Bemühungen für eine Weltabrüstungskonferenz unterstützen. Im Völkerbundsrat selbst ist die Stimmung überwiegend für die Abrüstungspläne Coolidges günstig geworden, da das Genfer Protokoll aussichtslos geworden ist. Man glaubt, daß Präsident Coolidge demnächst an Mächte wegen der Abrüstungskonferenz herantreten werde trotz der ablehnenden Haltung Frankreichs, das die Sicherheitsfrage ausschließlich nach seinem Sinn geregelt zu wissen wünscht. Es wird sehr bemerkt, daß Chamberlain, entgegen Frankreich, keineswegs darauf besteht, daß Deutschland vor dem endgültigen Abschluß des Sicherheilsverkags Mitglied des Völkerbunds sein müsse.
Frankreich wirb nach dem Scheitern des Genfer Protokolls sich der Räumung Kölns erst recht entgegenstemmen, MacDonald ist entrüstet über das Schicksal seines Protokolls und er bekämpft namentlich auch die Einbeziehung Deutschlands in die Reihe der Vertragsmächke für die Sicherheit. Chamberlain habe sich als .kleinlicher Nörgler' erwiesen.
Der sozialistische „Daily Herald", das Blatt Mac Donalds, führt wegen der Ablehnung des Protokolls eine äußerst scharfe Sprache gegen Chamberlain. In vier Monaten habe er die ganze „Friedensarbeit" Mac Donalds zerstört.
In den Vereinigten Staaten wird die Ablehnung des Genfer Protokolls mit Genugtuung begrüßt. (Vielleicht hat Coolidge an der Ablehnung nicht den kleinsten Anteil, indem er Chamberlain hiezu den Rücken steifte. D. Schr.)
Eine Welkkonferenz zur Befriedung der Welt
London, 15. März. Der „Daily Telegraph" berichtet aus Genf, man erwarte in Völkerbundskreisen als tatsächliches Ergebnis der Aussprache im Völkerbundsrat, daß eine Weltkonferenz einberufen werde, an der auch Deutschland und die Vereinigten Staaten teil- nehmen werden. Auf dieser Konferenz und nicht vom Völkerbundsrat werde das Schicksal Europas in den nächsten Monaten entschieden werden.
Die Kosten der RIac-Donald-kreuzer
London, 14. März. Auf eine Anfrage hat der englische Staatssekretär der Admiralität im Unterhaus geantwortet, der Bau der von Mac Donalds Regierung bttcklossenen Kreuzer wende folgende Kosten verursachen: Kreuzer Hair- kins 1 006 745 Pfund, Febisher 2 035 915, Effingham 2 138 999, Emerald 1 448 735 und Enterprise 1 665 158 Pfd. Sterling. Die Kanonen für die drei erstgenannten Kreuzer werden je 36 000 und die für die beiden letzten Kreuzer 25 000 Pfund Sterling kosten.
Der Rokhardk-Prozeß
Magdeburg, 14. März. Zu einem Zwischenfall, der für die weitere Prozeßführung von großer Bedeutung sein kann, kam es gestern nachmittag im Rothardt-Prozeß, als vom Vorsitzenden noch einmal die Frage aufgeworfen wurde, was denn Rothardj überhaupt behaupten und beweisen wolle.