gebracht werden solle. Ein bestimmter Zeitpunkt für die Üebergabe der Erklärung war nicht darin genannt. Auch jetzt kann die Reichsregierung noch nicht sagen, wann sie die Erklärung zum Gegenstand eines diplomatischen Schrittes machen werde. Die Reichsregierung glaubt, daß die Anwe­senheit einer Anzahl von Ministerpräsidenten in Genf für die Üebergabe eine technische Erschwerung mit sich bringe. Sie wird daher den Zeitpunkt er st später festletzen.

Die SOS Millionen-Anlelhe

Berlin, 2. Sept. Wie die Blätter melden, soll die Ent­schädigungsanleihe am 15. Oktober allgemein zur Zeichnung aufgelegt werden, zur Hälfte in Amerika, zwei Fünftel durch die Bank von England, ein Zehntel vom übrigen europäi­schen Festland einschließlich Deutschland. Der Zinsendienst für die Entschädigungskasse hat bereits begonnen. Der erste Betrag in Höhe von 20 Millionen Goldmark ist als Vor­zahlung auf die Anleihe vom Reichsfinanzministerinm bei der Reichsbank für Rechnung des Generalagenten Owen Jung einbezahlt worden. Allgemein ist man enttäuscht über die außerordentliche Höhe des Zinssatzes von 8 Prozent.

Kampfansage der Sozialdemokratie

Berlin, 2. Sept. Die S ch u tz z o l l v o r l a g e wird den Reichstag gleich nach dein Zusammentreten Mitte Oktober wieder beschäftigen. Da die Demokraten den Schutzzoll be­kämpfen, wird mit einer Umbildung der Regie­rung mit Aussch. der Demokraten gerechnet. In einer Gewerkschaftsversammlung erklärte Abg. Herm. Müller, wenn die Regierung den Schutzzoll einfähre, werde die So­zialdemokratie sie ebenso bekämpfen wie früher die kaiser­liche Regierung.

Arischlag auf die Berliner Börse?

Berlin, 2. Sept. Gestern vormittag wurde am Eingang zu den im Börsengebäude befindlichen Weinkellern der Firma Bochert eine Granate gefunden. Die Polizeibehörden sind mit der Aufklärung des Vorfalls beschäftigt. Es steht noch nicht fest, ob es sich um einen Sprengkörper handelt, der tatsächlich geeignet war, größeres Unheil anzurichten. Immerhin verdient der Vorgang Beachtung, der in verhält­nismäßig kurzer Zeit der dritte dsraratig unheimliche Fund in der Börse bezw. deren Kellerräumen ist.

Schlimme Lage der Spanier in Marokko

London, 2. Sept. Nach einer Reutermeldung aus Gibraltar haben die Kabylenstämme der Andjerta und Madjas eine drohende Haltung angenommen. Die Verbin­dung zwischen Tanger und Tetuan ist unterbrochen. Von dem Kampf im westlichen Gebiet ist der Geschützdonner bis nach Gibraltar hörbar. Spanische Verstärkungen sind in Larache eingetroffen. Woher die Kabylen nur die schwe­ren Geschütze haben mögenI

Verstimmung in Aeaypken

Kairo, 2. Sept. Die letzte englische Note hat in der ägyptischen Regierung sehr verstimmt, namentlich die Be­hauptung, daß der britische Generalgouverneur die Macht­vollkommenheit im Sudan besitze, während er nach ägyp­tischer Auffassung ein Leamjer der ägyptischen Regierung ist.

Der chinesische Bürgerkrieg

London, 2. Sept. Aus Schanghai wird gemeldet, der Militärgouverneur der Provinz Kiangtfu, Marschall Tschi Huyen habe in der Nähe von Shanghai ein Heer von 100 000 Mann zufammengezogen. Er verfüge über zahlreiche Flug­zeuge, die von Ausländern geleitet werden. Er beabsichtige auch, giftige Gase zu verwenden, und habe in den letzten Tagen 32 Zylinder der allergesährlichsten Gase von Europa erhalten Man nimmt an, daß sich die Ereignisse in vier bis fünf Tagen entscheiden werden. Die amerikanischen Schiffe in Shanghai und Kanton verfügen zusammen über 5000 Matrosen, die gelandet werden sollen, sobald das Ausländer­viertel bedroht wird.

Die neue Wahlkreiseinkeilung für Württemberg,

Baden und Hessen

Dem Reichstag ist bekanntlich vor wenigen Tagen der Entwurf eines vierten Gesetzes zur Aenderung des Reichs­wahlgesetzes zugegangen. Nach der Annahme des Londoner Abkommens im Reichstage braucht nun mit der Reichstags­auflösung nicht mehr gerechnet zu werden, und es ist sehr wahrscheinlich, daß der Reichstag sehr bald die Neugestaltung

des Reichstagswahlrechts in Angriff nehmen wird. Von besonderer Bedeutung ist die Frage der Neueinteilung der Reichstagswahlkreise, deren Gesamtzahl in der Vorlage auf 176 festgesetzt ist, während gegenwärtig nur 32 Wahlkreise vorhanden sind.

Württemberg und Baden sollen in Zukunft zu einem Wahlkreisverband vereinigt werden, der sich aus folgenden 13 Wahlkreisen zusammensetzen soll:

Wahlkreis Nr. 127 Stuttgart: Stuttgart Stadt und Stutt­gart Amt.

Wahlkreis Nr. 128 Ulm: die Oberömter Ulm, Heidenheim, Aalen, Neresheim, Ellwangen, Geislingen, Göppingen, Gmünd.

Wahlkreis Nr. 129 Heilbronn: die Oberämter Heilbronn, Crailsheim, Eerabronn, Mergentheim, Gaildorf, Hall, Künzelsau, Oehringen, Weinsberg, Neckarsulm, Bracken­heim.

Wahlkreis Nr. 130 Ludwigsburg: Die Oberämter Ludwigs­burg, Marbach, Besigheim, Leonberg, Vaihingen, Maul­bronn, Neuenbürg, Calw, Nagold, Böblingen, Herren­berg.

Wahlkreis Nr. 131 Eßlingen: die Oberämter Eßlingen, Kirchheim, Nürtingen, Urach, Reutlingen, Schorndorf, Welzheim, Backnang, Waiblingen.

Wahlkreis Nr. 132 Tübingen: die Oberömter Tübingen, Freudenstadt, Rottenburg, Horb, Balingen, Sulz, Obern­dorf, Rottweil, Spaichingen, Tuttlingen und der Regie­rungsbezirk Sigmaringen. -

Wahlkreis Nr. 133 Ravensburg: die Oberämter Ravens­burg, Tettnang Wangen, Leutkirch, Waldsee, Saulgau, Riedlingen, Biberach, Laupheim, Ehingen, Blaubeuren, Münsingen.

Wahlkreis Nr. 134 Konstanz: die Amtsbezirke Konstanz, Ueberlingen, Pfullendorf, Meßkirch, Stockach, Engen, Donaueschingen, Villingen, Waldhut, Säckingen. Wahlkreis Nr. 135 Freiburg: die Amtsbezirke Freiburg, Neustadt, Lörrach, Schopfheim, Müllheim, Staufen, Waldkirch, Emmendingen.

Wahlkreis Nr. 136 Offenburg: die Amtsbezirke Offenburg, Wolfach, Lahr, Oberkirch, Kehl, Bühl, Rastatt. Wahlkreis Nr. 137 Karlsruhe: die Amtsbezirke Karlsruhe, Cttlingcn, Pforzheim, Breiten.

Wahlkreis Nr. 138 Mannheim: die Amtsbezirke Mannheim, Bruchsal.

Wahlkreis Nr. 139 Heidelberg: die Amtsbezirke Heidelberg, Weinheim, Wiesloch, Sinsheim, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Tauberbischofsheini, Wertheim.

Württemberg

Stuttgart, 1. Sept. Arbeits markt in Württem­berg. Die Zahl der Erwerbslosen ist von 4850 am 1. August auf 5320 am 15. August gestiegen. Namentlich für die Angestellten aller Berufe hat sich die Lage durch erneute Kündigungen und Entlassungen weiter verschlechtert.

Aus dem Parkeileben. Am 18. und 19. Oktober findet in Stuttgart eine süddeutsche Jungsozialistentagung für Ba­den, Bayern, Hessen und Württemberg statt.

Vom Tage. In einem Haus der Metzstraße versuchte ein 31jähriger Schlosser durch Oeffnen der Pulsadern Selbst­mord zu verüben. Er wurde ins Krankenhaus verbracht. Der Versuch zweier Mädchen, durch Gas sich zu vergiften, wurde vereitelt. Beide befinden sich im Krankenhaus.

In einem Tanzlokal in der Eßlingerstraße gab es einen Streit, der in eine gefährliche Rauferei ausartete, sodaß die Polizei zu Hilfe gerufen werden mußte. Da der Haupltüter de nSchutzmann tätlch angrff, mußte erst Verstärkung von der Polizeiwache herbeigeholt werden, damit der den wilden Mann spielende Häftling zur Wache gebracht werden konnte.

Cannstatt, 2. Sept. Diamantene Hochzeit. Ge­stern feierte Fabrikant Wilh. Grupp mit Frau Sophie geb, Engelhardt das seltene Fest der diamantenen Hochzeit. Beide erfreuen sich noch rüstiger Gesundheit. Der Jubilar ist 87, die 'Jubilarin 80 Jahre alt.

Aus dem Lande

Marbach, 2. Sept. Erdrückt. Beim Ankuppeln eines Wagens auf dem Bahnhof Murr kam der 51 Jahre alte Bahnagent Karl Mäule unter einen Rollsche und wurde so schwer verletzt, daß er nach wenigen Stunden den Verwun­dungen erlag.

Tilo Brand und seine Zeit

L3j Roman von Charlotte Niese

lNachdruck verboten.)

Ihr wollt den Ehestand nicht mehr?" erkundigte sich Harga­re te. Dabei sah sie zu Alheid hin, die in einer Eck« des düsteren Saales stand und sich mit einem langen Schweden unterhielt. Sie war in blauen Samt gekleidet, und ihr Haar schien goldener als ehemals.

Weshalb soll ich nicht heiraten wollen, Königin? Aber jedes Ding will sein« Zeit haben. Wenn di« Waldtiere ihre Zelt haben, daß man sie töten muß, dann darf man nicht an Hochzeit denken. Die Wölfe hatten bei Nanders zehn Kinder gefressen. Dafür muß­ten sie sterben."

Seine Augen funkelten, und Margaret« betrachtete ihn mit einem gewissen Neid. Sie war jünger als er und kämpfte oft mit Müdigkeit. Man hatte ihr gesagt, daß es besser wäre, sich ihrer Umgebung manchmal zu zeigen und auch den Beamten und Füh­rern ihrer Söldner Gelegenheit zu geben, sie zu sehen und einige Worte mit ihnen zu wechsen. So wandelt« denn bald dieser, bald jener von den Männern bei ihr vorüber, erwartete «in« Ansprache und erwidert« darauf, was ihm gerade «infiel. In Deutschland gab der deutsch« Kaiser wohl dies« Empfänge, und in Italien und Frank­reich waren sie die Mode. Hier aber paßten sie eigentlich nicht her, und als nach diesem Empfang im Nebensaal ein Mahl aufgetllcht wurde, an dem die Königin sich durch Jürgen Eggeling vertreten ließ, atmeten di« Geladenen auf. Setzten sich zu den großen Braien, tranken Bier und wurden allmählich erst lustig, obgleich die Lustig­keit nicht ganz natürlich schien. Es waren manche Männer unker den Teilnehmern, die mit Margaretens Politik nicht einverstanden waren. Vor allem nicht der Bürgermeister von Flensburg und sein« Ratsherr«», die wohl gekommen waren, sich aber am liebsten gleich wieder entfernt hätten.

Dem Jarl sehr viel Schweinebraten, trank dazu Hamburger Bier, berichtete von seinen Jagden und ließ dabei sein« Blicke um- herschweisen. Es war aber keine Frau mehr im Saal, auch Alheid und ihr« Damen waren verschwunden.

Hinter des Jarl Stuhl stand Sven, sein Begleiter. Er hielt ein Stück flaches Brot in der Hand, und der Jarl gab ihm von seinem Fleisch und ließ ihn aus seiinm Becher trinken. Sven war auch mit in Jütland gewesen und hatte manche Jagd mit geritten. Et war «in hübscher, breitschultriger Bursch mit Hellen blauen Augen und einem gleichgültigen Gesichteausdruck. Er sprach niederdeutsch,

I als wäre er hier geboren, und manche Junker behandelten ihn wie ihresgleichen, während andere behaupteten, daß er der Sohn eines Leibeigenen wäre. Er ging gleichmütig seine Straße. Wer freund­lich gegen ihn war, dem war er auch freundlich gesinnt: den andern ging er aus dem Wege.

Als di« Herren genügend gegessen und getrunken hatten, ver­abschiedeten sich einig«, andere blieben, tranken noch inehr oder leg­ten sich auf die Holzbänke zum Schlafen. Jürgen Eggeling schob seinen Stuhl neben den des Norwegers und sprach artig mit ihm. Eggeling trank niemals zu viel, hatte immer Haltung und be­herrschte durch seln« Vorsicht manche andere. Esckildsen war ein wenig benebelt, als der Rat zu reden begann, wurde aber sehr bald wieder klar.

,Za, ja, Herr Eggeling, Ich weiß, ich soll das fürstlich« Fräulein heiraten, und ich will es auch wohl. Aber es ist mir noch nicht die richtige Jahreszeit dazu. Auch müßt« der Bischof von Droniheim kommen, um mir den kirchlichen Segen zu geben, und di« Reise ist weit und beschwerlich. Mein Vater erzählte von einem Bischof, der einmal in die Schären hinausfahren mußte, um «inen Freund zu kopulieren, und der niemals wiederkam. Es war Treibeis, und der Schlitten muß in «ine Eisspalte gefallen sein. Das Wunderlich« ist, daß man den Bischof in Hellen Nachten immer noch fahren sieht!"

Er berichtet« die näheren Begleiterscheinungen und Eggeling hörte geduldig zu. Als der Jarl schwieg, meinte er dann, Laß et nur von einem schwedischen Herrn berichten wollte, der die Köni- gin fragen ließ, Ob Fräulein Alheid noch ZU verg-eben wäre. Es war «in reicher Mann mit mehreren Burgen und Gütern und hatte sich auch auf Fühnen angekauft. Sehr lang« dürfte Margarete den Herrn nicht auf Antwort warten lassen.

Langsam erhob sich der Jarl, verabschiedete sich artig und ver­kleb das Gemach, ohne sich auf seinen Sven zu stützen, der stattlich hinter ihm herging.

Das Fest war zu Ende. Cs hatte von 10 Uhr vormittags bis in die vierte Nachmittagsstunde gedauert. Eggeling konnte seiner Kö­nigin berichten, daß di« Stimmung im allgemeinen ein« gut« ge­wesen wäre.

Und unser Jarl?" erkundigt« sie sich, als der Rat eine Paus« macht«.

Er wird sich wohl zu Fräulein Alheid entschließen!" erwidert« Eggelmg, und die Königin warf «inen flüchtigen Blick auf Tilo Brand, der eben mit dem Nachtessen für di« Herrin das Turm- gemach betrat. Er trug aus silbernem Brett allerlei lecker bereitete fremde Speisen.

Lausten a. N. 7. Sep?. Autorin glück. Im Tal- heimer Grund nahm ein Auto aus Eßlingen die scharfe Wegbiegung zu rasch und stürzte um. Frau Blankenhorn erlitt einen Schädelbruch und wurde tot ins diesige Kranken­haus eingeliefert. Die übrigen Insassen blieben unverletzt.

Heilbronn. 2. Sept. Vor 600 Jahren. Vom Jahre 132026 war nach dem Heilbronner Weinbüchlein eine sie­benjährige Teuerung in Heilbronn. Dann schreibt der Chro­nist:1828 war ein warmer und gelinder Winter, daß die Bäume im Januar, die Weinreben im April geblüht haben: im Mai an Pfingsten ist die Ernte gewesen und um Johanni hat man zeitige Trauben gehabt. Viel und guter Wein."

Kletten a. H.. OA. Brackenheim, 1. Sept. Frecher Diebstahl. Küblermeister Reichert hatte von seinen vor dem Haus liegenden mit Wasser gefüllten Fässern eines ge­leert, um es andern Tags abzuliefern. Nachts wurde das Faß, gegen 400 Liter haltend, gestohlen. Der Diebstahl ist unter Zuhilfenahme eines Fuhrwerks, das in einiger Enst fcrnung wartete, ausgesübrt worden. Non den Dieben hat man n- h keine Spur.

Arankenbach. OA. Heilbronn, 2. Sept. Ein Schur­kenstreich. Als am vergangenen Freitag nacht der Diri­gent des hiesigen Arbeitergesangvereins, G. Link, auf dem Heimweg nach Großgartach dem Leinbach entlang war, be­gegnete ihm der Leiter des Musikklubs Großgartach, E. Ne- sper. Nesper machte Liuk darauf aufmerksam! er sei auf ein Hindernis gestoßep, er möge sich oorsehen. Link leuchtete den schmalen Fußweg ab und fand an einer Biegung des Baches die hier aufgestellte Falle. Der Weg war durch einen Strick, der an einem Baum und Pföstchen festgemacht war, über­spannt. Auf der anderen Seite waren zirka 1012 35 Zen­timeter lange zugespitzte Eichenstäbchen in den Fußweg ge­steckt. Wäre ein Passant über den Strick gefallen, hätte er sich förmlich aufgespießt. Die Spieße waren in der Richtung Großgartach gesteckt.

Kschendorf OA. Neckarsulm, 2. Sept. U eberfahren. Ein 23jähriger Arbeiter aus Sulzbach bei Mosbach wurde von einem Zug der Kanalbahn überfahren und gräßlich zu­gerichtet. Der Unglückliche starb bald darauf.

Aalen, 2. Sept. Ein Schwindler paar. Seit Mai d. I. hielt sich hier einBaron" Willy von Hefty-Wartegg mit Gemahlin als Kurgast auf. Der Baron behauptete, Kunstmaler in Wiesbaden zu sein, und er und eine Frau gaben sich als reiche Leute aus, stifteten auch eine Kunst­malerarbeit für die Kirche. Als aber schließlich das ange­kündigte Geld ausblieb, wurde man doch stutzig und eine nähere Prüfung der Persönlichkeit ergab, daß beide in wilder Ehe zusammenlebten und aus Schorndorf waren. Er war ein stellenloser Zeichenlehrer und sie ihren Eltern entlaufen.

Wallhsussn OA. Gerabronn, 2. Sept. Tödlicher Un­fall. Der im Bahnwarthaus Nr. 45 wohnhafte 85jährige Rentner Johs. Cläß wurde, als er das Bahngeleise über­schreiten wollte, von einer vorüberfahrenden Lokomotive er­faßt und so unglücklich zu Boden geworfen, daß der Tod so­fort eintrat.

Tübingen, 2. Sept. Freudiges Ereignis. D'.e Gemahlin des Herzogs Philipp Albrecht von Württemberg ist heute von einer Tochter glücklich entbunden worden.

Tübingen, 2. Sept. Tagung der Weckerlinien. Am Samstag und Sonntag fand hier eine Tagung der württ. Weckerlinien mit einer Feuerwehrübung am städti­schen Krankenhaus statt. In den Verhandlungen wurde festgestellt, daß Württemberg verhältnismäßig die meisten (70) Weckerlinien und das dichteste Netz von Wasserleitungen besitzt. Die nächste Tagung findet im Mai 1926 in Ravens­burg statt.

Lustnau OA. Tübingen, 2. Sept. Ein Durchgänger. Eine Hausiererfamilie, die im Wohnwagen hierher kam, hatte in Dettenhausen einen 13jährigen Burschen aus Bot- nang ausgenommen, der vorgab, er wolle Verwandte in Tübingen besuchen, und um die Erlaubnis zum Mitfahrer: bat. Abends zog er in Lustnau bettelnd herum und gab an, er sei in Votnang von Zigeunern gestohlen und nach Lust­nau verschleppt worden. Die Untersuchung ergab indessen, daß er seinen Eltern in Votnang durchgegangen war und sich zwei Tage planlos herumgctrieben hatte, bis er sich der Hausiererfamilie anschloß. Diese war zunächst wegen Ver­dachts der Entführung festgenommen worden, wurde dann aber wieder freigelassen und konnte ungehindert abfahren.

Münsingen, 2. Sept. Ein militärischer Dieb. Ein Unteroffizier von einer M.G.K. x. Zt. im Lager, der die

Hast du vernommen, Tilo," neckte die Fürstin.Nun wirst du deine Alheid los. Bist du nicht sehr traurig?"

Margaret« wußte genau, daß Tilo immer schweigend an Alheid vorüberging, wenn er sie einmal traf. Aber sie wußte auch, daß Alheid sich darüber ärgerte, und das belustigt« st«. Kein Mensch kann sich immer mit den großen Fragen der Lebens beschäftigen. Auch die Staatskunst verlangt eine Ablenkung, und Margaret« war es manchmal «in Bedürfnis, zu lachen. Tilo antwortet« nicht. Cr legte di« feine weiße Deck« auf den Tisch, setzte die Speisen darauf, schenkte den Becher voll. Dann zündet« er mit «tnsm Dachsstock die zwei großen Kerzen an, die neben Margaretens Tisch standen, und stellte sich daneben. Er hatte gelernt, seine Augen und Ohren nur auf den Dienst zu richten, und Alheid bedeutet« chm nichts mehr. Einmal halt« «r st« geliebt und geküßt. Das war lang« her. Jetzt scherzte sie Mit den vornehmen Rittern und kannte ihn nicht mehr. Weshalb sollt« er sie kennen? Gab es nicht andere Jungfrauen, di« besser zu chm paßtsn als dies hochmütige fürstliche Fräulein? War da nicht dl« Tochter des Bürgermeisters, sin blondes zartes Ding, das ihn viel freundlicher ansah als di« Stolz«, die sich der Verwandtschaft mit König Erich rühmte?

Die Königin vergaß schon ihren Scherz, Sie trank und mit Appetit und ließ sich dabei von EggelknS eine Schrift vortragen. Cs war«n wieder di« Hanken, die sich Über di« Dänen beklagten, über ihre Raubgier, ihren Treubruch. Ihr Ton wurde drohender, und Margarete fluchte, während sie. Cs war noch nicht alles, das der Rat mitzuteilen hatte. Auch dl« Likedeeler, dt« Seeräuber waren wieder an der Arbeit, hatten in Schonen und auf Seeland gelandet, Dörfer und Burgen ausgeplündert und sich frech gegen die schwedischen Landsknecht« benommen, di« geschickt wurden, sie zu vertreiben. Sie hatten etliche gefangen genommen, getötet und ln ihre Masten gehängt. Als Gruß für die Königin Margarete.

Margarete wurde dunkelrot vor Zorn.

Sie sollen'» büßen! Und weshalb diese Frechheit?"

Eggeling räusperte sich.

Dis königliche Gnade hat hier den Ratsherrn Vornholt hängen lassen. Cs wird behauptet, daß ein Anverwandter von ihm bei den Likedeelern istl"

Also wevden wir die ganze Familie Vornholt hier ausrockent" Klirrend setzte Margaret« Ihren Becher auf den Tisch.

Eggeling schüttelt« den Kops.Dies ist nur ein Gerückt, könig­liche Gnaden, und auf diese Gerüchte darf man nichts geben. Ich erwähne es nur, weil die Frau Königin alles wissen muß, was gesagt wird. Sie weiß dann besser als wir andern, was verordnet werden muß!" (Fortsetzung solak.) .-