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Karlsruhe. 29. Mai. „Die Beratung des. Titels .'Landwirtschaft und Ernährung im Haushaltsausicauß i^s Landlos nahm längere Zeit in Anspruch. Die Denkschrift der ba- diRen Landwirtschaftskammer wird besonders behandelt und hierstkr Aba Dr. Mattes (Deutsche Volksparteil .mm B-r-cht-
^E?wurde"begrM. daß insbesondere für den Betrieb der landwirtschaftlichen Schulen, der Lehr- und Versuchsanstalten
wchd?r reichlichere Mittel bereit gestellt werden konnten Von
entrumsseite wurde die Anregung gegeben, die Unteilbarkeit der Güter von der Größe von 9 Ar auf 18 Ar-lueraohen, um eine zweckentsprechende Urtschast zu ermöglichen. Die Betriebsführung bei den badischen Mittel- und Kleimano- wirten sei vielfach unzweckmäßig. ^ ,
'Der Antrag des Landbunds über die Aufhebung der badischen Milchverordnung wurde mit 5 Stimmen
bei einer Stimmenthaltung abgelehnt. Em werterer Antrag des Landbunds, die Steigerung der Milchproduktion betreffend, wurde mit einer kleinen Einschränkung angenommen.
än der Gesamtabstlmmun.g wurde der ganze Etm des Ministeriums des Innern mit 10 gegen 1 Stimme bei 4 Stimmenenthaltungen angenommen.
kleine Nachrichten. Der mit einem Kropf belasteten Krie- gerswitwe Ehr. Oelfchläger in Bretten blieb ein Bissen Brot im Halse stecken, so daß'sie, bevor ärztliche Hilfe eintraf, er- stickte — Im Hohbergwald, zwischen Wössingen und Joh- fingen wurde der 27jährige verheiratete Blechner Rudolf Dahn aus Wössingen erschossen aufgesunden. Seit 8 Tagen wurde er vermißt. — Schlosser Hugo Kurrle aus Untertürkheim entwendete einem Goldschmied in Pforzheim einen Herrenanzug im Wert von etwa 40 Mark. Wegen Diebstahls tm Rückfall erhielt er eine Gefängnisstrafe von vier
Monaten.
Weinheim. 29. Mai. Das diesjährkge Obsterträg- nis an der Bergstraße kann jetzt schon etwas übersehen und geschätzt werden. Kirschen wird es recht reichlich geben, dagegen'haben Zwetschgen, Pflaumen, Pfirsiche und andere Steinfrüchte mehr oder weniger unter der anhaltenden Regenzeit gelitten. Das trifft auch auf die edleren Birnensorten zu. Die Apfelblüte hatte günstigeres Wetter und dürste einen guten Ertrag bringen. Die Reben gedeihen gut.
Oberschopfheim b. Lahr, 29. Mai. Unbekannte Diebe unternahmen einen Einbruchdiebstahl in die Leutkirche und beraubten die Opferstöcke ihres Inhalts. Als ein neues Schloß an der Kirchentür angebracht war, wurde versucht, dieses zu sprengen.
Schwetzinsen, 29. Mai. Von Einbrechern wurden aus dem hiesigen Eisenbahnausbesserungswerk 5 Treibriemen in einer Gesamtlänge von 29 Metern gestohlen-
AIlerlei
Angelus Silesius. Im Jahr 1624 wurde Johannes Scheffler zu Breslau geboren. Den Tag seiner Geburt meldet keine Urkunde. Er war der Sohn protestantischer Eltern, studierte Heilkunde und wurde Leibarzt des Herzogs von Oels. 1653 trat er zum Katholizismus über. Zunächst war er mehrere Jahre Hofarzt des Kaisers Ferdinand Ul., trat dann aber 1661 tn den Mönchsorden der Minoriten ein und wurde geistlicher Rat des Fürstbischofs von Breslau, Sebastian von Rostock. Nach dessen Tod lebte Scheffler im Stift der Kreuzherren zu St. Matthias tn Breslau und starb daselbst am 9. Juli 1677. In diesem Stift sammelte er sein geschriebenes Werk „Der cherubinische Wandersmann", (2. vermehrte Ausgabe 1675, die 1. Ausgabe war bereits 165? in Wien erschienen^ In der 2. Ausgabe nennt sich Scheffler „Angelus Silesius , schlesischer Engel. Das Werk ist ein Schatz im deutschen Geistesgut, ein Meisterwerk auch in der Form (meist zweiteilige Sinn- und Schlußreime), von klarem Licht und tiefem Gehalt, heute so frisch und lebensvoll wie je. „Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit — So du nur selber nicht machst einen Unterscheid". „Daß dir im Sonnenschein vergehet das Gesicht, — Sind deine Augen schuld und nicht das große Licht. — So singt Angelus Silesius, der vielleicht als der größte Mystiker anzusprechen ist.
Don den deutschen Frauen in Peking ist eine Gabe von 8000 amerikanischen Dollars für Hiifszwecke in der Heimat eingegangen. Die Mittel wurden durch Aufführungen und eine Lott-rie aufgebracht.
Berufung. Die türkische Regierung hat den Professor für Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Zürich, Kurt Nissinger, aufgsfordert, den technischen Unterricht in der Tükkei einzurichten.
Generagl Bruce, der Führer des englischen Zugs zur Besteigung des Gaurisankar (Himalaja), ist erkrankt und mußte die Reise aufgehen. Die Leitung wurde dem Oberst Norton übertragen. Dem General wurde von der französischen Geographischen Gesellschaft ein Preis von 10 000 Fr. (125 Pfd. Sterling) zuerkannt.
Die amerikanischen Flieger, die vor kurzem kn siapan etnkrafen. statteten am 24. Mai Tokio einen Besuch ab, wo sie begeistert begrüßt wurden. Beim Frühstück überreichte ihnen der japanische Kriegsminisker als den ersten Fliegern, die den Stillen Ozean überquert hätten, Erinnerungszeichen.
Bestrafter Humor. Der Humor gedeiht in den Amtsstuben rrtcht. Ein In München stationierter Zugführer, der scheinbar besonders poetisch veranlagt ist, pflegte in letzter Zeit seine Dlenstberichte in Versen abzustatten. So gab er der Münche- ner Eisenbahndirektion folgende Meldungen ab: „Cingeladen Wagen acht — 2070 Kilo schwere Eisenfracht." — Ein !ü-?'.^»d°ckwaaendach besingt er: „Doll Flecken sind Pa- d ckt" bahrbericht, — weil das Wagendach nicht wasser- ten- n-« k Fahrkontrolle meldet er mit folgenden Wor- as^'ssar nlÄ-« zur Kontrolle mit — ein Direktions.
er- Es kttbr. Van einem Leichentransport sagt
nach Gotbn ein» ^ Aschenreiche — Von Reichenhall
^^A.bch'viuFenantrieb. Bekanntlich ist der Erfinder nner l^ 7 -technischen Neuerungen, der Schiffs- len ^ Deutschosterreicher Joseph Rössel qewe-
^ch'raube der Archimedischen
warfZeichnung der Schiffsschraube ent- benschiff ^ A^fsreiche Fahrt mit einem Schrau-
ersten un.nm ^"ülander waren wie gewöhnlich die
Schr°u?L7^' dieser Erfindung. Seitdem hat sich der Gerade Wasser auch die Luft erobert,
darüb/?'^ Gerung der Luft in der Flugtechnik hat aber Drehunasml?^- ^aß der Schraubenantrieb,, der durch strmert werden muß, rein theoretisch kon-
der Lust vorkommt. Der Vogel in
als Hm - sich mittels seiner Schwingen, die er bald ""av als cu ^e.Segel eönützt. Die Flugzeugtschnik
W kW die Schwingen ävgeWckk, ve'rmckg fke MM aMM? als starre Segel zu verwenden und stellt die treibende Kraft für die willkürliche Bewegung durch die Schraube b'l Der Vergleich zwischen Flugzeug und Vogel führte aber au h weiter zu der Erkenntnis, daß auch im Wasser und auf dem Land die Natur keine Fortbewegung mittels Schraube kennt. Der Fisch im Wasser bewegt sich mittels seiner Flossen, die den Flügeln der Vögel entsprechen und von fliegenden Fischen auch als Flügel henutzt werden, das gliedmaßlose Kriechtier auf der Erde nur durch Schlängeln. Der Ingenieur Wels, ein Veteran der Flugtechnik, hat nach langjährigem Studium einen Schlängelantrieb erfunden, der es ermöglicht, Wasserfahrzeuge auch in seichtem Fahrwasser vorwärts zu bewegen. Der Aufgabe des Schwingenantriebs aber hat Franz Blicharskl, der während des Kriegs österreichischer Feldpilot gewesen ist, 20 Jahre seines Lebens gewid- ' met und numehr, wie das Neue Wiener Tagblatt berichtet, eine Lösung gesunden. Durch Auf- und Abschwingen in einem kleinen Winkel werden die Antriebflächen sowohl bei Luft- j wie bei Wasserfahrzeugen in Tätigkeit gesetzt. Der allgemeine Vorteil des Schwingenantriebs ist die größere Wirtsu-aftlich- keit gegenüber dem Drehungsantrieb-, denn es gehen dabei keine Zentrifugalkräfte verloren, die außerdem materialzer- störend wirken, und es werden Material und Betriebsmittel gespart, da die Nutzwirkung größer ist und eine leichtere Bauart ermöglicht wird. Beim Wasserfahrzeug ergeben sich im besondern noch die Vorzüge besserer Manövrierfähigkeit infolge geringern Tiefgangs, einer Raumersparnis beim Einbau der Triebmaschine und der Möglichkeit, ohne wesentliche Erhöhung des Wasserwiderstands Reservepropeller anzubringen.
Bienen als Konservenerzeuger. Daß Tiere Nahrungsmittel auf Borrak elnsammeln und sorgfältig aufbewahrsn, ist eine bekannte Erscheinung. Ziemlich einzig steht aber in dieser Hinsicht die Biene da, die die Nahrung «ich! nur einsammelt, sondern es auch versteht, sie durchaus sachgemäß zu konservieren. Von Natur aus ist der Honig der Blumennektarien nämlich keineswegs dauernd haltbar, da ln ihm Hefepilze enthalten sind, die ihn rasch zur Gärung bringen. Da nun aber die Biene den Honig als Nahrung für die künftige Brut braucht, so muß sie vor allem diese Gärung zu verhindern suchen. Das gelingt ihr denn auch vollständig, indem sie einfach den Honigvorräten, die für die Brut bestimmt sind, und die sich in den gedeckelten Zellen befinden, vor dem Zudeckeln ein Tröpfchen ihres Giftes zufügt. Da das Bienengift hauptsächlich Ameisensäure enthält, die, gleich dem Salicyl, stark antiseptisch wirkt, so hak sie auf diese Weise den Honig in eine lang und sicher haltbare Konserve verwandelt. Daher kommt es auch, daß der Honig, der den gedeckelten, d. h. den Borrakszelien entnommen wird, gut haltbar ist, während der aus den ungedeckel- ken Zellen stammende Honig erst durch Zusatz von Ameisensäure haltbar gemacht werden muß. Außer dem Honig bereitet die Biene indes noch eine andere Nahrung für ihre Brut, nämlich das aus Blumenstaub bestehende «Bienen- brok".
Autounglück. Del Tauberbischofsheim überstürzte sich beim Ausweichen ein Stuttgarter Kraftwagen. Der Wagenführer ist tot, ein Begleiter leichter verletzt.
Blitzschlag. Bei Hafenhofen (Schwaben) tötete ein Blitzschlag 41 Schafe. Der Schäfer wurde betäubt.
Diebstahl. Ein Dienstmädchen, dessen ordnungsmäßige Papiere auf Hedwig Brombi lauten, führte in der Wohnung ihrer Herrschaft in Charlottenburg Riesendiebstähle aus. Der Gesamtwert des entwendeten Besitztums beläuft sich auf 50 000 Goldmark.
Erbauliche Zustände. In dem Städtchen Zwenkau bei Leipzig wurde eine Räuberbande von nicht weniger als 60 Verbrechern, die zum Teil bewaffnet waren, verhaftet. Die Räuber hatten im letzten Jahr die ganze Gegend unsicher gemacht.
Explosion. Bei Grein (Oberösterreich) platzte auf einem Donau aufwärtsfahrenden italienischen Torpedoboot der Kessel. Einige Mann der Besatzung wurden schwer verletzt. —- Italienische Torpedoboote haben aus der Donau nichts zu suchen.
Gegen die Negerkänze. Bei einem Fest, das Prinz Carlos kürzlich in Madrid gab, waren tief ausgeschnittene Kleider und alle neuzeitlichen Tänze, mit Ausnahme der rein spanischen, verboten. Die vornehmen Familien des Landes schließen sich dem Vorgehen des Prinzen an.
Lhinesenmord in Mexiko. Dem „Newyork Herold" wird aus Mexiko gemeldet, daß 50 Chinesen auf einem Landguts bei Schora von Banditen überfallen und ermordet wurden.
Die BiernMiouenfiadl. Bei der Zusammenlegung der Groh-Berliner Gemeinden im Oktober 1920 zählte die G«-> samtgemeinds 3,9 Millionen Einwohner. Infolge starker Abwanderung verminderte sie sich in den nächsten Ju„re« um mehrere Tausend. Dann hob sich die Eimvohnrrzahl wieder und sie betrug am 1. April 1924 4 012 400, obgleich die SterbefMe die Geburten um 1971 übersteigen. Die Vermehrung ist der starken Zuwanderung (im ersten Diertcttahr dieses Jahres 8800) zuzuschreiben.
Von den olympischen Spielen ln Poris wurde tm Fußball Lettland von Frankreich mit 0:7, Rumänien von Hollan- mit 0:6 geschlagen. Endgültig ausgeschisden sind bis jetzt Spanien, Türkei, Litauen, Estland, Südslawien» Polen, Lettland und Rumänien, ,
Wohin find die Glocken gewandert? Eine Konstanzsr Firma erhielt von einer Firma Stern u. Co. in Nürnberg rin Angebot von Glockenmetall, das Kilogramm zu 1.56 ML. Dem Angebot war ein Muster des Metalls bei gelegt das Muster war em Stück «ner zerschlagenen Giockel
Ein Richter ocks Aiocdftister. Ein am Breslauer Landgericht tätiger Richter wurde urcker dem Verdacht der Anstiftung zum Mord verhaftet. Er hatte Beziehungen zu zwei „Lebedamen", die ihn in zwei Jahren finanziell vollständig ruinierten. Er soll nun die eine überredet haben, die ander« zu erschießen, und er schaffte auch den Revolver bei. Di« Tat gelang nicht ganz: die Täterin wurde verhaftet und hat den Richter der Anstiftung bezichtigt.
Der Wahlkampf. In Frankreich sind bereits zwei Abgeordnete infolge der Aufregungen des Wahlkampfes gestorben, bevor die Kammer zusammen getreten ist.
Weiblicher Räuber. In Tarmington (Illinois) trat eine Frau mit einem Kind auf dem Arm in eine Bank ein und zwang die Bankangestellten, mit vorgehaltenem Revolver, 1500 Dollar herauszugeben. Dann fuhr sie in einem Auto davon. — Das müssen Helden sein!
Brand. In Newark (St. New Jersey) ist einer der g-öß- ten Gasthöfe abgebrannt. 20 Gäste fanden den Tod in den Flammen.
Gegen die Blutlaus. An Apselspaller- und Zwergbau. inen, die im vergangenen Jahre von der Blutlaus befallen waren, ist es Zeit, darauf zu achten, ob sich Neuansiedelungen zeigen. Man darf sich dabei nicht darauf verlassen, daß in an etwa im vergangenen Herbst und im Frühling Vlut- lausmittel verwendet habe und nun endgültig von der Blut- lausplage befreit ist. Derzeit sind die Blutlausherde noch klein; anfangs Mai sitzen in der Regel nur einzelne Läuse an den Wundstellen der Bäume, insbesondere an Quetschungen, die infolge schlecht ausgeführten Scherenschnittes entstand. Das Nachschauen ist zwar etwas mühselig und erfordert scharfes Auge, weil die Läuse noch aanz vereinzelt sitzen und vielfach auch noch nicht oder nur unvollkommen den weißen „Pelz" zeigen: aber diese Mühe lohnt sich, weil man mit jeder einzelnen Blutlaus, die man jetzt tötet, den Herd einer ausgedehnten Verbreitung vernichtet.
Die entwaldete Welt
- Die Ueberlieferungen und Reste alter Kulturen enthalten zahlreiche Beweise für das damalige Vorhandensein größerer Waldmassen. Die Baustile zeigen deutlich ihre Herkunft aus der ursprünglichen Verwendung und Bearbeitung des in Menge vorhandenen Holzes. Der 'Baustil wurde durch das Material bedingt und geleitet: die Gothik ist sicht- barlich aus der Holzbauweise hervorgegangen, ebenso die hellenischen Stile und der altägyptische, der durchweg» pflanzliche Formen zeigt. Erst nach dem merklichen Geringerwerden der Holzbestände ging man zur Verwendung des Gesteins über, nachdem sich die Stifformen bereits befestigt hatten.
Der Wald war der erste Dom des Ariers, ebenso wie der Palmenhain die Urmoschee des Semiten war. Der nordische Wald lebt ewig fort in dem schlanken Säulen- gkstrebe des gothischen Doms, gleichwie der Palmenhain fortlebt im Bethaus des Arabers. Eine große Rolle spielte der Wald für die Entwicklung der griechischen Kultur. Wir haben in der griechischen Kunst und Literatur, sowie in der Sage zalhreiche Belege dafür, wie reich und dicht damals das ganze hellenische Gebiet — Kleinasien eingerechnet — mit Laub- und Nadelwald bestanden war. Dasselbe gilt von weiten Gebieten in Italien, Dalmatien, dem Balkan, Spanien. Wir können uns im Altertum, noch mehr in vorgeschichtlicher Zeit, ganz Europa mit Waldungen bestanden denken, ebenso aber Kleinasten und Palästina, wo z. B. die geringen Reste der Libanonzedern die Art der dortigen einstigen Bewaldung andemen. Auch die Uferstriche am Nil müssen, den ältesten bildlichen Darstellungen nach, geradezu Dickichte von Wald, Schilf und Papyrus gewesen sein, wo heute hiervon nur noch geringe Reste zu finden sind.
Auch China, einst ein Waldland, ist stark entwalde?. Seine alte Kultur fußt auf Waldwirtschaft, und das Holz spielt in Kunst und Architektur die bedeutendste Rolle.
Welche besondere Bedeutung der Welt nun für die Vorgeschichte der germanischen Völker gehabt hat, wie er in den Sagen lebt und webt, das ist uns von Kind auf vertraut. Was heute in Deutschland an Wäldern noch steht, das sind ur kärgliche Reste. Ueberall wurde der Forst jahrhundertelang ausgenutzt und gerodet, um Ackerboden und Siedlunasland zu gewinnen. Wo jetzt Düne und Deich der friesischen Inseln den Kampf weniger Menschen gegen die fortschreitende Abspülung anzeigen, da dehnten sich emst die weiten Buchenwälder, in deren Schatten die angelsächsischen, langobardischen und friesischen Stämme erstarkten — bis die hereinbrechenden Fluten und große Verminderung des Waldlands sie nach anderen Gebieten trieb. Reste dieser einstigen Wälder sehen wir noch in den Buchenhainen von Dänemark und Rügen. Auch in Island fand der einwandernde Nordmann noch im 8.—10. Jahrhundert weite Waldgebiete, die seither dort ausgestorben sind, ebenso wie die Wälder von Grönland verschwunden sind, um dort, wie auf Island, einem zunehmenden Polarklima zu weichen. Es zeigt sich seit Urzeiten eine stetige Abstufung: wo früher dichter Wald war, wie in der Mark Brandenburg etwa, lichtete sich dieser später zur „Heide", bis dann bei zunehmender Austrocknung der Gegend der Boden nur noch dünngesäte „Kusseln" hervorbrachtn (dünnes Kiefernuntere- hclz), endlich sterben dann auch diese dahin, und der Wind bläst über dürre Steppe. So sehen wir überall in Norddeutschland eine deutliche Verminderung des Wassers, sein Zurücktreten, Versandung und Veretorfung und gleichzeitig Absterben des dem Wasser benachbarten Waldes. Dem Laubwald folgt der Nadelwald. Und seit 300 Jahren kommt zu der natürlichen Austrocknung ehemaliger Waldgebiete die zunehmende rücksichtslose geschäftsmäßige Ausrottung durch die Menschen.
Sibirien gibt ein Bild von der Zukunst Nordsuropas: dort finden wir zahlreiche Beweise für das einstige Vorhandensein bedeutender Laubwälder, denn auch die vielen Ueberreste vorzeitlicher Riesentiere, die ganz auf Laubnahrung gestellt waren, beweist solche. Weite strecken von Deutschland erzählen allein durch ihre alten Namen von früheren großen Wäldern.
Beste herrliche Urwaldbestände finden sich roch im Umkreis von München und im Isartal (Perlacher Forst und Grünwald).
Die nunmehr sich vollziehende Entwaldung der Welt bedeutet nichts weniger als eine riesigeVerarmungder Menschheit und ihres seelischen Lebens. Wo man diese Entwaldung zu erkennen beginnt, da fängt man wohl auch wieder an, den ausgerotteten Wald, bezw. seine Reste zu hegen und zu schützen. Leider aber ist es vielfach schon zu spätl
Der Charakter wie die Körperlichkeit des Menschen verändert sich durch den Fortfall des Waldes. Man denke an den Hellenen der alten Welt und — an den Griechen von heutel Man denke auch an den sinnenden germanischen Träumer, der doch gegenüber der Gefahr sofort seinen Mann stellte — und an den heutigen, ewig rechnenden Geschäftsmann, der kaltblütig das letzte Stück Forst aufkaust, abholzt und dorthin „abrollcn" läßt, wo das meiste und „beste Geld" pro Quadratmeter geboten wird — und der nach abgeschlossenem Geschäft schmunzelnd die Weiustuve aufsucht . . .
Wird erst alles Waldiand in Rodung, Steppe, Dürre, Jndustrieareal und Erwerbsboden verwandelt worden lein, ! dann haben wir sicher sine Zivilisation, aber keine Kultur mehrl Dann ist die West reif zur Umkehr vom falschen Wege.
Die Araber in Spanien hatten Kultur, desgleichen die norwegischen Isländer. Die so heiß ersehnte „Zivilisation" aber kann auch ohne Menschengüte, ohne Wälder, ohne Seele, ohne Glauben sich entfalten ... bis zu jenem Tag, an dom die irregegangenen „zivilisierten" Leute wieder allseitig zu fühlen beginnen, daß sie das Be sie verloren haben und daß sie es in Aufzügen, Schnellbahnen, Tänzen und Parkanlagen nicht finden werden.
Cs ist aber auf rechtzeitige Umkehr der rastlosen, verirrten Menschheit noch zu hoffen. Ansätze dazu sehen wir in den Bestrebungen Mer Völker, Naturschutzgebiete zu erhalten.
. . - Dr. G. S. ^