trechergesellschaft hat wahrscheinlich auch noch andere ähnliche Missetaten verübt.
Mchheini, 25. Sept. Junge Diebe. Jugendliche kMstcrer haben in der letzten Woche in verschiedenen Ortschaften des Bezirks Mehl und Kartoffeln gehamstert. Das Mehl verkauften sie in Kirchheim zu 1 Million pro Pfund.
Ar Erlös genügte dem Verkäufer aber nicht, er entwendete dem Käufer 125 Millionen in bar. Das Geld wurde Lurch die Polizei wieder beigebracht.
Tübingen, 25. Sept. Gedenkfeier. Für den schwäbischen Dichter Hermann Kurz, geboren 1813 in Reutlin- qm, gestorben am 10. Oktober 1873 als Universitäisbiblio- thekar in Tübingen, wird hier eine Gedenkfeier vorbereitet, tlmversitätsprofessor Dr. Schneider wird die Gedächtnisrede halten. Die Stadt läßt am Sterbehaus (Kronenstraße 11) i eine Tafel anbringen. Die Tochter von Hermann Kurz, die Dichterin Isolde Kurz, die im Dezember ihren 70. Geburtstag feiert, hat ihre Teilnahme zugesagt.
Geislingen a. Sk-, 25. Sept. Gründung eines Würgerbundes. — Gedenktafeleinweihung. Wie in anderen Städten des Landes hat sich in den letzten Tagen auch hier ein Bürgerbund gebildet. Sein? Auf- ! gäbe soll sein, zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung beizutragen. Zu diesem Zweck haben sich in den Bürgerbund Männer aller Schichten und Berufe, Handwerker und Kopfarbeiter zusammengefunden.
Ulm, 25. Sept. Nachtfrost. Heute hatten wir eine recht kalte Nacht und heute früh einen Reif. Da wird es um das spärliche Gemüse, wie Bohnen und Gurken vollends geschehen fein,
Ravensburg, 25. Sept. Ein Opfer der Zeit. Der ledige, 47 Jahre alte Kanzlist Abt, früher langjähriger kürovorstand bei dem verstorbenen Rechtsanwalt Rembold,
' erhängte sich im Landgerichtsgebäude.
Baden
Karlsruhe 25. Sept. Die Verordnung des Staatsministeriums Nom 17. September 1923 über das Verbot von Ver- ammlungen, Ansammlungen und Demonstrationen für eine Reihe von Amtsbezirken ist gestern mit sofortiger Wirkung , aufgehoben worden.
Karlsruhe, 25. Sept. Mit Wirkung vom 25. September ab tritt eine weitere Erhöhung der Straßenbahntarifs in Kraft. Danach kostet eine Fahrt bis zu fünf Teilstrecken 5 Millionen Mark. Diese neuen ab 25. September gültigen Sätze werden ab 27. September um weitere 100 Proz. erhöht.
Die Landwirtschaftsstelle für das badische Handwerk, Aktiengesellschaft Karlsruhe, hat, wie wir hören, die vor einiger Zeit für Serbi e n übernommenen Holzhäuser fertiggestellt. Nach Abnahme der Häuser durch die serbischen Delegierten werden die Hauser nach Serbien verschickt.
Durch die hiesige Polizei wurde nachts ein lediger Schreiner aus Wernigeroda in der Rheinstraßc in Mühlburg festgenommen, weil er aus einem Uhrengeschäft in der Rheinstraße Uhren, Gold- und Silberwaren im Werte von 15 Milliarden Mark und aus einer Verkaufsbude Waren ent-- wendete. Außerdem versuchte er einen Einbruchsdieb- stahl in einen Metzgerladen zu verüben. Er ist aus einem Gefängnis in Wernigeroda ausgebrochen und hat in letzter Zeit in Stuttgart Einbruchsdiebstähle verübt. Bei diesem Einbruch hat ihm ein Schreiner von hier Schmiere gestanden. Dieser wurde festgenommen.
Ein Händler aus Polen, dem aus Versehen bei einer hiesigen Bank 900 Millionen zu viel ausgehändigt wurden und der das G e l d f ü r s i ch be i ielt, wurde von der Polizei ermittelt und verhaftet; das Geld wurde restlos wieder beigebracht und der Bank zugestellt.
Grombach (bei Sinsheim), 25. Sept. In der Nähe der hiesigen Bahnstation wurde ein Personenzug mit Steinen beworfen. Zwei Wagenfenster wurden zertrümmert und eine reisende Frau durch Glassplitter erheblich verletzt.
Freiburg, 25. Sept. Das Badische Weinbauinstitut in Freiburg gibt folgende Mahnung an die Winzer bekannt: In den meisten Gegenden Deutschlands wird ein kleiner Herbst zu erwarten sein. Einzelne Gegenden Badens machen hiervon glücklicherweise eine Ausnahme und haben nicht nur gesunde, sondern auch reichlich Trauben. Manche Sorten sind jetzt schon reif. Trotzdem wird geraten, die Trauben so lange als möglich am Stock, hängen zu lassen, um einen hervorragenden Tropfen zu erhalten. Bei der diesjährigen Weinknappheit und den verhältnismäßig günstigen Weinaussichten in Baden werden dann die badischen Weine in ganz Deutschland bekannt werden. Die Bestrebungen des Weinhandels, den Wein in fester Währung (Goldmark usw.) zu verkaufen, müssen zweifellos auch dem Winzer zugute kommen und ihm höhere Einnahmen verschaffen, besonders wenn er bestrebt ist, höchste Qualitäten zu erzielen.
Vom Feldberg, 25. Sept. Am 19. ds. Mts. fielen auf dem Feldberg die ersten Schneeflocken, ohne daß jedoch längere Zeit ihre Spuren auf dem Boden sichtbar geblieben wären. Später heiterte sich der Himmel wieder auf. Nach den Beobachtungn der Feldbergstation sind anfangs September wieder Flecken auf der Sonne erschienen, nachdem das Tagesgestirn fast zwei Monate fleckenfrei gewesen war.
Es scheint, als ob das Fleckenminimum vorüber sei und eine neue Sonnenfleckenperiode beginnen würde.
Villingen, 25. Sept. Nach einer Bekanntmachung des Lebensmittelamts erhalten hier von nun ab Kinder über 4 Jahren und alte Leute bis zu 70 Jahren überhaupt keine Milch mehr. Für Kinder unter 4 Jahren und alte Leute über 70 Zähren kommen nur ganz un- zureichende Mengen zur Verteilung. An die Landwirte ergeht daher der Anruf, jeden auch nur einigermaßen entbehrlichen Tropfen Milch für die Bedürftigsten der Stadt abzuliefern.
Rüßdorf (Amt Ueberlingen), 25. Sept. Am Montag nachmittag wurde auf dem Weg von Nußdorf nach Deisendorf an ! einem 8jährigen Mädchen ein Verbrechen verübt. Die durch / f die Gendarmerie eingeleitete Unteruchung stellte fest, daß ein noch nicht 18jähriger Dienstbube aus Württemberg als Täter in Frage kommt. Der Bursche wurde festgenommen, aber nach richterlichem Verhör vorläufig, da der Täter noch nicht 18 Jahre alt ist, auf freien Fuß gesetzt.
Rheinfelden (Baden), 25. Sept. Der in der Salmen- brauerei in Schweizerisch-Rheinfelden beschäftigte Küfer Joseph Sibold stieß auf abfallender Straße mit einem entgegenkommenden Radfahrer zusammen. Er wurde bei dem Zusammenstoß getötet. Der Verunglückte hinterlaßt Frau und fünf unversorgte Kinder.
Ettenhelm, 25. Sept. lieber die Vorgänge von R u st und Umgebung wird mitgeteilt: Etwa 500 Personen, meist Land- f »virte und kleine Pächter, zogen vor dab Bezirksamt, um gegen dieLandabgabe Einspruch zu erheben. Der Ober- arntmann verhandelte mit ihnen. Die Stimmuna über die
drückende Steuer war sehr erregt. Cm Gendarm, der eiuschreiten wollte, wurde niedergeschlagen, die Waffen wurden <hm abgenommcn und dem Oberamtmann übergeben. Am andern Tag gingen mehrere Gendarmen nach Rust, um die Beteiligten zu verhaften. Das reizte die Leute derart, daß sie die Gendarmen überwältigten und im Rathaus einsperrten. Einer Polizeibereitschaft aus Freiburg gelang es, die Gendarmen zu befreien. Am Samstag wurden sodann in Rust zahlreiche Verhaftungen vorgenommen.
Die Bereitschaftspolizei nahm im Wiesental verschiedene Kommunistennester aus, in denen Waffen und Munition entdeckt wurde. Auch bei Personen, die für rechtsradikal gelten, wurden Waffen gesunden. ;,,j
Lokales.
Wildbad, den 27. Sept. 1923. Der Kartoffelpreis spielt heute neben dem für Brot bei der Ernährung eine ungemein wichtige Rolle. Lr schwankt in erheblicher Weise. Gefordert wurden in Wildbad gestern in einem Fall für den Zentner 50 Millionen Mark (fünfzig). Von anderer Seite hört man sogar noch höhere Beträge nennen. Aber wiederum konnten gestern Kartoffeln, wie man hört, an dritter Stelle der Zentner um 25 Millionen gekauft werden. Als vor einiger Zeit ein auswärtiger Bauer mit seinem Wagen Kartoffeln angehalten wurde, weil er den Zentner für 10 Millionen zu verkaufen suchte, wandte man sich u. a. fernsprechlich an das Oberamt mit dem Ersuchen um Angabe eines angemessenen Preises. Dieses soll geantwortet haben, es wisse ihn selber nicht, man solle sehen, im Güten mit dem Mann auseinander zu kommen, aber 10 Millionen erscheine zu hoch, 9 wären scheinbar angemessen. Vor dem alten Rathaus fand dann unter polizeilicher Bewachung der Verkauf zu 8 Millionen statt. Und heute 50! Und morgen? Vielleicht 100? Oder wieviel? Gibt es denn gar kein Maß mehr bei der Preisbildung? Muß denn mit Gewalt alles auf den Kopf, gestellt werden? Das Oberamt soll u. a. auch die Frage nach einem Preisgericht gestellt haben. Ob es so etwas oder eine Preisprüfungsstelle in Wildbad gäbe? Wir kennen die Antwort nicht. Bezeichnend ist folgende Erscheinung: ein Mann kaust in Wildbad 20 Pfd. Zwetschgen um 18 Millionen. Am selben Tag erfährt er, daß ein hiesiger Kaufmann eine 2—(zwei-)Pfundbüchse Pflaumen (Kompot) (?) um 40, sage und schreibe in Buchstaben vierzig Millionen Mark angeboten bekommt. Hat das noch Sinn oder ist das Unsinn? Oder ist es nicht noch etwas anderes? Außer Brot sind Kartoffeln unsere Hauptnahrung; im kommenden Winter ganz besonders. Wäre es da nicht Pflicht, entspräche es nicht der einfachen Klugheit, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu sorgen, daß der Preis ein erträglicher bliebe?! Die süddeutsche Kartoffelernte ist nicht schlecht, die mittel- und norddeutsche sogar gut. Sehen wir zu, die Kartoffelversorgung baldigst sicher zu stellen, wenn dem noch nicht bis auf das letzte Tüpfelchen geschehen ist und trachten wir danach, die Arbeit einer Wildbader Preisprüfungsstelle zu erleichtern. Sie sollte allenthalben an die Arbeit. Das soll keinenfalls heißen: drücken, den Händler und Kaufmann schädigen. Insofern im Gegenteil, als er bekommen soll, was er haben muß, aber gerechnet nach streng kaufmännischen Grundsätzen, die offenbar nicht immer bei der Preisberechnung zu Grunde gelegt werden.
Saisonschluß. Mit dem gestrigen 11 Uhr-Konzert ist für die Saison 1923 der letzte Ton unseres Kurorchesters verklungen und, kann die Saison nunmehr als beendigt angesehen werden. Die Frequenzziffer reicht beinahe an diejenige des Jahres 1913 mit über 20000 heran und wäre wohl die höchste bis jetzt erreichte Heuer zu verzeichnen gewesen, wenn die Teuerung nicht so sprunghaft in die Höhe geklettert wäre und trotz des herrlichsten Nachsommerwetters die Kurgäste vorzeitig vertrieben hätte. Mit hoher Befriedigung kann trotzdem die Badoerwaltung, die Stadtverwaltung und die Geschäftsleute auf das Geleistete zurückblicken. Hoffentlich wenden sich bis zu der nächsten Saison die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu einigermaßen normalem Stande, damit 'man auch weiß, wofür und wozu man arbeitet!
Diäten und Reisekosten. Vom 24. Sept. ab werden die Beträge der Reisekosten der Staatsbeamten wie folgt erhöht. In Stufe I ein Taggeld von 70 und ein Uebernachtgeld von 35 M-ll-, in II 88 bezw. 44 Milk., III 105 bezw. 53, IV 122 bezw. 61, V 140 bezw. 70 Millionen Mark. Das Weggeld wird auf 500 000 Mark für das Kilometer festgesetzt.
Vervierfachung des Brotpreises. Aus Berlin wird gemeldet, die Reichsregierung werde die Ernährungsminister der Bundesstaaten in nächster Woche zu einer Besprechung nach Berlin berufen, um über die Vervierfachung des Brotpreises Beschluß zu fassen. — Cs ist uns augenblicklich nicht genau erinnerlich, wie oft der Brotpreis von der Reichsgetreidestelle schon vervierfacht worden ist. Wenn das nun noch einmal gemacht werden sollte, dann ist es ein offener Zusammenbruch der Ernährungspolitik.
Die Monatskarten der Eisenbahn sollen nach einer Mitteilung des Reichsverkehrsministeriums vorläufig beibehalten werden.
Die Fahrpreise der Arastposien wurden ab 25. September auf 1 Million, bei den Pferdeposten auf 750 000 Mark für den Kilometer erhöht.
Landabgabe bei Pachtland. Das Gesttz über die Besteuerung der Betriebe läßt u. a. landwirtschaftliche Betriebe mit nicht mehr als 4000 gärtnerische, sowie Hopfen- und Weinbaugelände mit nicht mehr als 2000 Mark Wehrbei- tragswert von der Betriebsabgabe (monatlich 1'/-, Goldmark für je 2000 Mark Wehrbeitragswert) frei. Bei Verpachtung ist die Abgabe von dem Eigentümer und dem, der den Betrieb ausübt, je zur Hälfte zu entrichten. Es könnte trotz dieser Bestimmung zweifelhaft sein, ob die allgemeine Freigrenze von 4000 bezw. 2000 Mark Wehrbeitragswert auch auf den halben Anteil des Pächters wie des Eigentümers anzuwenden sei. In einem Erlasse des Reichsministers der Finanzen vom 25. August ds. Js. wird diese Frage dahin beantwortet, daß die Befreiungsbestimmungrn gesondert auf Eigentümer und Pächter anzuwenden sind. Das hat zur Folge, daß Pachtland mit einem Wehrb^tragswert von weniger als 8000 Mark abgubeftei ist, da der hälftige Antest
des Eigentümers wie des Pächters, die allgemeine BH freiungsgreuze nicht überschreitet.
Preiserhöhungen müsftn rechtzeitig gefordert werden. Das Reichsgericht hat kürzlich in einer Streitsache wegen ncuh- träglicher Preiserhöhung infolge der Geldentwertung, gesteigerter Herstellungskosten usw. Mtschieden: Treu und Glauben erfordern, daß der Verkäufer, der berechtigterweise den Werkpreis wegen Steigerung der Herstellungskosten erhöhen will, hiervon unverzüglich, sobald er die Steigerung wahrnimmt oder bei ordnungsmäßiger Geschäftsführung wahrnehmen kann, den Besteller in Kenntnis setzt, damit dieser sich danach richten kann. Ein zeitlich ungemessenes Rücktritts- recht vom Vertrag gibt es nicht, es kann davon nur in angemessener Frist Gebrauch gemacht werden. Es muß verhindert werden, daß der Besteller allzulange im Ungewissen gelassen und ihm die Gelegenheit genommen wird, sich ander- weit zu versorgen, namentlich wenn er auf die Bestellung bereits Anzahlungen gemacht hat.
Die Zeitung ist heute wichtiger denn je! Ein Herr von der Oberamtsstadt Freudenstadt hatte dieser Tage im oberen Murgtal dienstlich zu tun. Unterwegs begegnete ihm eine Schar Beerensammler nud -sammlerinnen, mit denen sich der Herr in ein Gespräch einließ. In dessen Verlauf stellte es sich heraus, daß sie die Beeren gegen andere Gegenstände des täglichen Bedarfes in der Stadt eintauschen wollten und daß sie dies nächster Tage besorgen wollten- Auf die Frage, ob sie denn auch schon die Fahrkarten hiefür gekauft hätten, da ab 18. ds. Mts. die Bahn um rund das 6fache aufschlage, verneinten sie es alle, da sie von dem Ausschlag noch keine Kenntnis hätten. Es handelte sich um Leute, die meinten, ohne Zeitung auskommen zu können. Sie dankten für die Uufklärung und bemerkten, daß ihr erster Gang nun zur klusträgerin des „Grenzer" sei, denn ohne Zeitung sei man doch tatsächlich hinter dem Mond daheim, ob man es glauben wolle oder nicht. .
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""" Ein Fortschritt. Von der Lan-dw. Korresp. wird uns geschrieben: In einer Pressekonferenz, die am Montag abgehal-, ten worden ist, hat der Leiter des Ernährungsmmisteriums, Staatsrat Rau, sich in folgender bemerkenswerter Weise geäußert: „Auch bei den Kartoffeln wird es sich darum handeln, daß bezahlt wird, wie die Marktpreise sich bilden. Die Gesetze des freien Marktes müssen dazu führen, daß die Gegensätze sich gusgleichcn. Aber wir haben mit hohen Preisen zu rechnen; die Rechnung nach Goldmark sew sich immer mehr durch. Man kann einer derartigen Preisgestaltung mit Wucherparagraphen nicht entgegentreten. Es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn den Landwirten vorgestellt würde, was diese hohen Preise bedeuten. Aber zu verlangen, daß mit wucherpolizeilichen Eingriffen entgemngetreten würde, läge nicht im Interesse der Versorgung und wäre schon von vornherein zum Mißerfolg verurteilt. In der Hauptsache hätte die polizeiliche Tätigkeit darin zu bestehen, daß scharf Überwacht wird, daß die Märkte nur von zugelassenen Händlern befahren werden und daß alle wilden Händler vom Markt verdrängt werden." — Das bedeutet eine erfreulich« Kursänderung in der Behandlung des württ. Wirtschaftsleben«^
Allerlei
ep. Das staatsgefährliche Gesangbuch. Dis Erfurter „Mitteldeutsche Zeitung" schreibt: „Auf der Straße eines Thüringer Landstädtchens begegnet mir der Diener des Amtsgerichts. Er trägt heute statt der gewohnten Aktenmappe ein Bündel Gesangbücher und Bibeln." Ich meine, ein Gesangbuch ist genug", so rede ich ihn an, „wenn man in die Kirche geht, warum denn gleich ein ganzes Bündel? Außerdem ist heute kein Sonntag." Da sieht der Mann mich ernst an und sagt nur: „Befehl aus Weimar! Aus der Bibliothek für Untersuchungsgefangene sind alle Bücher religiösen Inhalts auszuscheiden und ihren Besitzern, also in dem Fall« unserer Kirchengemeinde, wieder zuzustellen. Für die Herren Untersuchungsgefangenen sind nur noch Räubergeschichten erlaubt." Spricht es und geht verdrossen seines Wege» weiter."
Gemeinsinn. In Liebengrün, Provinz Sachsen, soll die Kirche nach dem Erntefest neu gemalt werden. Um sie baulich vorzurichten, haben alle Zimmerleute, Maurer, Schreiner, Wagner, Schlosser und Schmiede des Ortes sich erboten, die nötigen Arbeiten freiwillig und unentgeltlich zu leisten. Unter der baukundigen Beratung des Professors Joker au» Dortmund sind die Arbeiten in letzter Woche ausgeführt worden und die Kirche hat nun ein einheitlicheres Gepräge erhalten. Der Ausmalung steht nichts mehr im Wege.
Kartoffel zu verschenken. An den Schlesischen Ländbund richtet ein Landwirt die Bitte, den Rest seiner noch im Feld stehenden Kartoffeln (vier Morgen) -an solche zu verschenken, die Äie Kartoffeln selbst ernten und absühren. Der Preis für Kartoffeln betrage heute 18 bis 20 Goldpfennig für den Zentner, d. h. den achten Teil des Vorkriegspreises. Die Kohle kostet dagegen das anderthalbfache des Vorkriegs- Preises. Um einen Zentner Kohlen zu kaufen, braucht heut« der Landwirt 5—6 Ztr. Kartoffeln, während er vor dem Krieg für 1 Ztr. Kartoffeln 2l4 bis 3 Ztr. Kohlen erhielt. Früher kostete das Einernten der Kartoffeln rund 15 Gold- pfennig aus den Zentner, heute 20 Goldpfennig, also so viel wie der Marktpreis der Kartoffeln. Ein Paar Landarbeitsstiefel kostete früher 5 Ztr. Kartoffeln, heute 50 bis 100 Ztr. Unter diesen Umständen sei der Landwirt, nachdem er zu- seinem Schaden 8000 Zentner Kartoffeln 'in di- Stadt geführt und verkauft habe, zu der Einsicht gekommen, daß das Verschenken der als Originalsaat bezogenen Kartoffeln das beste Geschäft sei.
Eine Börse für Menschenhaare. Vom Jnteressenverband deutscher Haargroßhändler wird am 1. Oktyber in den Sälen der Handwerkskammer in Berlin "'ne Börse für Menschenhaare eingerichtet, die namentlich ch Besuch aus dem Ausländ erwartet. Der Markt wi- . wöchentlich einmal abgr- halten. — Schon im alten Rom bestand in der Nähe de» Forums ein Haarmarkt, auf den csonders die schönen goldblonden Haare der germanisch:,! Frauen sine hochbezahlte Ware bildeten.
Eine Falschmünzerwerkstätte zur Herstellung falscher Noten wurde in Darmstadt entdeckt. Hehler wurden in Frankfurt a. M. und in Offenbach festgenommen.
Abgestürzt. Bei der Besteigung des Ortlers (Tirol) ist der Schriftleiter des „El Popolo", Prof. Zabughin tödlich verunglückt.
Die Pariser Modistinnen streiken. Sie verlangen doppelt« Löhne.