» aber mit der deutschen Sache will er nichts zu tun haben. Dafür hat ihm der Senat, und zwar seine eigene republi­kanische Partei, den Wunsch, in den internationalen Ge- richtshof des Völkerbunds einzutreten, rundweg abgeschlagen. Im übrigen hat die Rede des Reichskanzlers beim amerikani­schen Volk einen guten Eindruck gemacht.

Wir sind allein, ja, aber wir haben Freunds. Lue Franzosen sind vereinsamt, und wer zu ihnen steht, tut es aus Furcht. Halten wir ihnen Stand, so wird die Zahl unserer Freunde in dem Maß wachsen, als die Ge­folgschaft Frankreichs abnehmen wird. Das ist eine innere Notwendigkeit, denn noch gibt es eine sittliche Weltordnung, und Recht muß Recht bleiben.

Polnische Wirtschaft in Oberschlesien

Aus Kattowitz wird der D. Tagesztg. geschrieben:

So nahezu jede Verwaltung Polnisch-Oberschlesiens hat in noch nicht einem Jahr ihrPanama" gehabt. Die un­geheuren Unterschlagungen und Betrügereien in der Kattowitz er Güterabfertigung, die un­glaublichen Vorgänge in der Kreisverwaltung und manche anderen Dinge konnten eine gerichtliche Sühne bisher nicht finden, und es hat den Anschein, als ob es auch niemals zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung kommen wird. Pol- nisch-Oberschlesien erhält seine Nahrung aus zwei Quellen-, die eine sind die Vorschüsse, die ständig von der War­schauer Staatskasse nach Oberschlesien fließen müssen, um die notwendigsten Zahlungen zu machen, die andere die 40prozentige Kohlen st euer», während sonstig« Steuern bisher kaum in nennenswertem Maß entrichtet worden sind.

Die polnische Kreisregierung (Wojewodschaft) erklärte sich außerstande, die Kohlensteuer, die monatlich mehrere Mil­liarden polnische Mark eindringt, selbst zu verwalten und sie übertrug die Einziehung einfach einer Bank, die natür- lich aus Frankreich nach Kattowitz verpflanzt worden ist. DieBanque de Silesie, die in einem ehemaligen Waren­haus untergebracht ist, hat auf diese Weise kostenlos ein riesiges Betriebskapital zur Verfügung, denn sie erhält die Kohlensteuern fortgesetzt nach Fälligkeit, braucht sie aber an die Kreiskasse jeweils erst auf den Monatsersten abzuliefern. Nieder gerechnet beträgt der monatliche Kohlenverkauf Polnisch-Oberschlesiens 1,6 Millionen Tonnen, was bei einem Mittelpreis von 100 000 poln. Mark für die Tonne etwa 64 Milliarden und nach Abzug der Kosten mindestens 60 Milliarden Mark ergibt, die der Bank wochenlang über- lassen bleiben, während die Kreisregierung kein Geld zum notigsten hat.

Noch schlimmer steht es um die Lebensmittelver­sorgung. Um der Bevölkerung den Uebergang an Polen etwas schmackhafter zu machen, wurden mit dem Tag der Lostrennung von Deutschland Zucker und Mehl durch öffent­liche Zuschüsseverbilligt". Dabei wurden Milliarden ver­wirtschaftet und eine Verwirrung der Finanzen geschaffen, daß die Regierung gar keinen Haushaltplan mehr ausstellen konnte. Niemand weiß aber so recht, wo die Zucker- und Mehlmilliarden geblieben sind, denn dasverbilligte" Mar­ke n m e h l" ist um 200 Mark das Pfund teurer als das 'freie markenlose Mehl und die Bäcker haben die Herstellung von Markenbrot fast ganz eingestellt.

Auch die andern Lebensmittel wurden auf diese Weise verbilligt" und zu dem Zweck einer Einkaufsstelle unge­heureVorschüsse" gegeben, die die Waren an Konsumvereine usw. abgeben sollte. Auch diese Milliarden sind spurlos verschwunden. Anstatt Lebensmittel ein­zukaufen, betrieb die Einkaufszentrale einen Schieber­handel mit Automobilen, oder die Lebensmittel wurden an Schieber abgegeben, die sie zu Wucherpreisen an Einzelgeschäfte weiter verkauften. Große Tuchlager sind ein­fach verschwunden. Obgleich der Einkaufsstelle die Anschaf­fung von Schnaps verboten war, hat sie einen schwunghaften Branntweinhandel betrieben. Die Regierung in Warschau drohte mit Einstellung der Zuschüsse und es wurde eine Untersuchung" gegen die Einkaufsstelle eingeleitet, der Vor­stand wurde sogar verhaftet, aber gegen eine hohe Sicher­heitsleistung wieder auf freien Fuß gesetzt. DasGeschäft" geht weiter. _

Aus dem Nuhrgebiet

Lisenbahnraub """

Essen, d. März. Auf dem Bahnhof in Essen fielen den Franzosen rund 600 Eisenbahnwagen in die Hände. Auf dem Bahnhof Neumühl wurden 53 mit Kohlen und Kok» beladene Staatsbahnwagen, 24 mit Koks beladene Privat­wagen, ein Staatswagen mit Grubenholz und 5 leere Säure­wagen wegoeführt. Auf dem Bahnhof Eppinghoven nahmen die Franzosen 20 mit Getreide, Kohlen und Stückgütern bs- ladene Wagen fort.

Auf der Strecke HolzheimNeuß stürzten zwei von Franzosen geführte Lokomotiven über die Bahnböschung hinunter.

Es scheint, daß die Besetzung des Bahnhofs in Hamm geplant ist. In der Pfalz sollen auch die Nebenbahnen be­schlagnahmt werden. Die Unsicherheit im Bahnbetrieb nimmt bedenklich zu. Täglich ereignen sich Unfälle. Das Deutsche Reich übernimmt für solche Fälle keinen Schadenersatz.

Der angehallene Kinderzug

Bochum, 9. März. Ein von hier abgelassener Personsn- zug, der auch 500 Kinder nach Bremen zur Erholung führt«, wurde in Langendreer von den Franzosen angehalten. Alle Reisenden, auch die Kinder, mußten den Zug verlassen und bei strömendem Regen den 1)4 Stunden weiten Weg nach Bochum zu Fuß zurückne^men.

Amerikanische Neger ins Ruhrgeblek

Neuyork, 9. März. Der Arbeitsvermittler Dougberty teilte mit, daß am 13. März 500 Neger aus Westvirgmien nach Europa verschifft werden, um in die Kohlengruben des Ruhr­gebiets verbracht zu werden. Der Tagelohn betrage 7 Dollar. Im ganzen sollen 30005000 Bergarbeiter nach Europa an­geworben werden.

Staatssekretär Hughes erklärt, ihm sei von einem Plan, amerikanische Neger in die Kohlengruben des Ruhrgsbietr zu schaffen, nichts bekannt.

Nach einer neueren Meldung hat Doughtery den mit dem französischen Arbeitskommissar Ianneau vereinbarten Plan aufgeben müssen, weil in verschiedenen Grubenbezirken nicht einmal 100 Neger zu gewinnen waren, ins Ruhrgebiet zu gehen.

Verdoppelte Kriegsgerichtsstrafen

Düsseldorf, 9. März. In den Berufungsverhandlungen des belgischen Kriegsgerichts in Aachen gegen den Oberbür­germeister Dr. Jarres und sieben Staatsbeamte wurden die Strafen der ersten Instanz je verdoppelt.

Köln, 9. März. In Krefeld ist ein neues belgisches Kriegs­gericht errichtet, das am ersten Tag über 20 deutsche Beamte, Redakteure und Gewerkschaftsangestellte zu überaus hohen Strafen verurteilte. Ein belgischerRichter" sagte zu Beginn der Behandlungen:Die Zeit der Milde ist oorbeil"

Eine gefährliche Frau

Mainz, 9. März. Die Gattin des Landrats Schwebet in Meisenheim, der von dem französischen Kriegsgericht in Mainz wegen Nichtbefolguna der neuen Verordnungen der Rheinlandskommission und Beteiligung an einem Beamten­protest zu 5 Jahren Gefängnis und 15 Millionen Mark Geld­strafe verurteilt worden ist, wurde, als sie den Verhand­lungsraum betrat, der Ausweisungsbefehl wegenGefähr­dung der Sicherheit der Besatzungstruppen" überreicht. Sie durfte der Verhandlung nicht beiwohnen und auch von ihrem Gatten keinen Abschied mehr nehmen. Auch ihre Bitte, sie erst noch nach Meisenheim zurückzubringen, damit sie wenigstens ihre Kinder im Alter von 2, 4 und 6 Jahren ab­holen könne, fand kein Gehör. Sie wurde vielmehr sofort im Auto über die Grenze des besetzten Gebiets gebracht.

Offenburg, 9. März. Bei der Ausweisung des Bürger­meisters Dr. Bührer wollte der Großvater das einzige Kind bei sich in Offenburg behalten. Die Franzosen duldeten das Kind nicht in der Stadt, es müßte ebenfalls fortgeschafft werden.

Für die besetzten Gebiete

Berlin, 9. März. Das Deutsche Notopfer hat 10 Mil­liarden Mark bereits überschritten. Zunächst werden drei Milliarden in den besetzten Gebieten verteilt.

Die dänischen Sozialdemokraten erboten sich, 2000 Kinder drei Monate lang aufzunehmen. DerVorwärts" berichtet, die deutsche sozialdemokratische Partei in Tschechien habe

fünf Millionen 'KNnen gestiftet, die soMistischen «Vgsovd- ! nrten und Senatoren den gleichen Betrag.

Alles inwohlwollender Neutralität"

London, 9. März. Reuter verbreitet, es sei nicht richtig, daß f die britische Regierung, wie in einigen Blättern behauptet st wurde, einen förmlichen P'vtest gegen die neue Besetzung der i rechtsufrigen Rheingediets bei Frankreich eingelegt habe. Die Regierung habe nur Vorstellungen erhoben und auf die ernsten Unzuträglichkeiten hingewiesen, die der britischen B«- :

satzung erwachsen seien, indem das britische Besetzungsaebiet st durch das französische Vordringen vollständig abgeschlossen wurde. DieVorstellungen" werden die Franzosen ziem­lich kalt lassen. ' >

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Mas ein französischer Truppenübungsplatz kostet

In der zweiten Denkschrift des Reichsschatzministeriums > om 1. Mai 1922 waren die Kosten für die Anlage des neue« i französischen Divisionsübungsplatzes Ludwigswinkel in der j Rhempfalz mit zweihundert Millionen Mark angegeben. Die- s ser Betrag hat sich als viel zu niedrig erwiesen. Die Baukosten i sollen vielmehr die Höhe von mindestens anderthalb Mil­liarden Mark erreichen. In dieser Summ» sind die Entschä- - dlgungsansprüche der bayerischen Forstverwaltung und der ! in Mitleidenschaft gezogenen übrigen Grundstückseigentümer, ^ dis auch noch ungeheure Summen verschlingen weichen, nicht ! mitsnthalten.

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Neue Nachrichten

Dl« Teuerungszuschläge der Beamten Berlin, 9. März. Bei neuen Gehaltsverhandlungen i« ! Neichsfinanzministerium erklärte sich die Regierung bereit, st d»n Ortssonderzuschlaa der Beamten und Angestell­ten im besetzten Gebiet zu verdoppeln, Di; Ge-,Schäften verlangten indessen, daß diese Sonderzuschläge in derfelben ! Höhe bezahlt werden sollen, wie sie den Arbeitern in den > besetzten Gebieten zugebilligt worden sind und diese Sätze i auch für die Beawl n im übrigen Reichsgebiet Geltung haben ! sollen. Eine Einigung war mcht^u erzielen. Die Regierungs­vorlage wird dem Reichsrat überwiesen.

Die Abfindung des Hauses Wittelsbach München, 9. März. Der bayerische Landtag genekp- ! migte mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien in na­mentlicher Abstimmung mit 92 gegen 26 Stimmen die Vor- -!

läge der Staatsregierung betreffend die Abfindung des !

früheren Königshauses. Präsident Königsbauer gedachte ^ unter dem Beifal l.der bürgerlichen Parteien nach der Ab- st stimmung des Wirkens der Wittelsbacher für Volk und Land.

Schiedsspruch in der Metallindustrie

Berlin, 9. März. Das vom Reichsarbeitsmir'sterium be- ist stellte. Schiedsgericht entschied, daß den Arbeitern der Metall- » Industrie für März eine Erhöhung der Februarlöhne um 15 i Prozent gegeben werden soll. st

Dersüddeutsche" Kkaatsgerichkshof »

Leipzig, 9. März. Der süddeutsche Senat des Staatsge- st richtshofs ist gestern unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten ! Dr. Schmidt zum erstenmal in Tätigkeit getreten. Er ver- st urteilte die Heidelberger Studenten Backerer und Gruhl, ' die in Donaueschingen eine l-bwarzrotgelbe Fahne abgerissen 'st und verbrannt hatten, zu je 100 000 Mark Geldstrafe, ferner - die Kaufleute Ehrenpfort, Becker und Stadler in Füssen ! (Allgäu) wegen Beihilfe zur Verbreitung eines Schmähge- t dichts auf den Reichspräsidenten Ebert zu je 5 Wochen Ge- st fängnis. st

Frankreichs Kommando über die Donau i

München, 9. März. Bekanntlich ist durch den Vertrag i, von Versailles und durch ein Sonderabkommen aller Ufer- f staaten die Donau internationalisiert, und alle Uferstaatsn ha- st ben ihre Rechte an der Donau zugestanden erhalten. Es st

kann also nur als cin neuer Gewaltakt Frankreichs bezeichnet :

werden, wenn jetzt Frankreich verbietet, daß einige hundert - Waggon Getreide, die im Regensburger Hafen lagern, nicht ; nach Oesterreich verschifft werden dürfen. Damit maßt sich !

Frankreich Sonderrechte an kl» Donau an, die ihm nicht zu- « stehen. . st

Gerechtigkeit.

f Roman von Eduard Appel.

30. (Nachdruck verboten.)

Decker nahm an ihrem Jubel nicht teil und blickte .sie traurig an. Wehmütig schüttelte er den Kopf, als wollte er ihre großartige Verheißung stumm verneinen. «Dann faßte er sie bei den Händen und schrie ent­schlossen:Nein! - Nein - nein - nein!"

-Was hast du Papa?" fragte Klara verwundert.

Decker entfernte sich von ihr und machte, in Gedanken ^versunken, einige Gänge durch das Zimmer. Dann blieb er wieder vor Klara stehen.Ich weiß doch," »sagte er bitterwoher dieser Glanz kommt. Du willst endlich deiner Mama den Kuppelpelz verschaffen. Aber ich sage dir, du wirst Beier nicht heiraten."

Warum nicht? Er ist doch so reich"

>Ja, er ist reich und was noch mehr wert ist (er ist ein rechtschaffener Mensch. Wüßte ich sonst nichts, st so gäb ich dir mit Freuden meinen Segen, denn es läßt sich gegen deinen Entschluß nichts einwenden, als ^xineS."

Was denn?"

stDaß du ihn nicht liebst."

Ich werde mich schon dreinfinden," erwiderte »Klara zagend.

Du wirst dich nicht dreinfinden, denn du liebst zu -sehr den anderen. Ich kenne dich und weiß, wie du dich kränken wirst. Mama hat dich überredet, du willst dich für uns opfern. Das ist ja schön, aber ich kann und wnl dein Opfer nicht annehmen, ich will dich glück­st Lch sehen."

^ Da fiel Klara dem Vater plötzlich um den Hals und j brach in heftiges Schluchzen aus. Er ließ sie ruhig »ausweinen und als ihre Tränen endlich zu versiegen begannen, nahm er ihren Kopf zwischen seine Hände

»uno ihrer LrL»M. . ,

Und nun eröffnete sie ihrem Vater, daß sie an Borr nicht mehr denken könne, denn sie habe es mit eigenen Ohren gehört, daß er eine andere liebe.

Decker horchte verwundert. Das schien ihm unmöglich.

Wen?" fragte er völlig ungläubigwen sollte er lieben?"

Regina."

Re gi-na!"

Er stand da wie eine Steinfigur. Das war doch nicht möglich! Das gab es ja nicht. Konnte jemand, der einmal seine Tochter geliebt hatte, dieses reine, gute Geschöpf, konnte der je eine andere lieben? Nein nein nein! Das war ein Irrtum das war nicht denkbar. Er teilte seiner Tochter seine Gedanken mit, doch diese schüttelte traurig den Kopf und erklärte, daß es kein Irrtum und begreiflich sei, denn Regina wäre ja so einzig schön.

Decker hatte sich traurig entfernt und ebenso traurig war Klara zurückgeblieben. Sie mußte sich gestehen, daß ihre Liebe zu Borr immer lebendig in ihr bleiben werde und ihre Ehe mit Beier eigentlich doch ein Be­trug wäre.

Dieser Gedanke war es, der sie noch mehr bedrückte, als ihre Entsagung, denn eine solche Unredlichkeit widerstrebte ihrer geraden offenen Natur. Wie sollte sie mit einem anderen leben, immer und immer bei­sammen sein, wenn der Geliebte sich nicht aus ihrem Herzen verbannen ließ? Das war ja nicht auszu­denken, das war ja gräßlich, das mußte endlich zum Wahnsinn oder Selbstmord führen. Und einem fremden Ranne, denn das blieb er ja immer, wenn sie auch das Band der Ehe mit ihm verknüpfte einem fremden Manne jede Liebkosung, jede Vertraulichkeit gewähren müssen, die einem andern zugedacht war, diesem selbst jene Gunst einzuräumen, die einem keuschen Gemüte nur durch die Glückseligkeit der Liebe nicht zum Grausen wird o! das war ja nicht denkbar. ES fror sie, obwoU die Sonne warm durch das offene Lenster

hereinflutete. Ach! was sollte sie beginnen? Was sollte sie tun? Ihren Schmerz um Borr hätte sie vielleicht erduldet, aber diesem Leid noch einen solchen Betrug hinzufügen, das schien ihr unerträglich.

Sterben! Sterben! das wäre eine Erlösung.

XUii.

Die ganze Nacht hatte Klara mit einem Entschlüße gekämpft.

Was sollte sie tun? Ins Wasser gehn? Was machten dann ihre Leute? Sie waren der drückendsten Not preisgegeben. Und sie, sie konnte ihnen so leicht helfen. Sie dachte an das vierte Gebot. Es war der innigste Wunsch ihrer Mutter, daß sie Beier heirate. - War es nicht ihre Pflicht, zu gehorchen. Aber der, Vater? War dieser nicht dagegen und hatte sie nicht auch ihm gegenüber die Pflicht, das vierte Gebot zu halten? Was war nun recht? Was sollte sie tun? Und wenn sie auch noch ihr Herz befragte, dann war sie sich darüber klar, daß sie nie Beiers Hand annehmen dürfe. Da sah sie aber dann wieder im Geiste ihre Mutter im verzweifelten Kampfe mit der bittersten Not, sah die armen Kleinen darben und mit blassen, mageren Wangen traurig herumschleichen, hörte sie die schwere Anklage der Mutter über den Undank der Kinder, für die sie ungezählte Tränen in langen Nächten vergossen, für die sie so oft gefroren und ge­hungert hatte. Da wurde ihr Entschluß wieder schwan­kend und sie wußte abermals nicht, was sie tun sollte. So quälte und peinigte es sie die ganze Nacht und der Schlaf floh sie. Erst spät gegen Morgen siel ste­in einen kurzen, schweren Schlummer.

Bleich'und mit schweren Gliedern erhob sie sich vom Bette. Sie fühlte sich durch die Nacht nicht im mindesten erquickt, eine große bleierne Last drückte auf Körper und Seele, sie war so müde so müde. Als sie das Frühstück eingenommen hatte, blieb sie allein stn Zimmer. Die andern hatten es alle verlassen. (Fortsetzung folgt.)

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