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(Enztalbote)

Amtsblatt für WAbad. Chronik unk» Anzeigenblatt

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleituug Th. Gack in Wildbad.

Nummer 53

Fernruf 179

Wildbad, Montag, de« 5. März 1S38

Fernruf 179

58. Zahrgsng

Das Programm der Angst!

Die Hemmungen des Preisabbaus

Kohlenpreise und Arachtgebü! en

Im Juli vorigen Jahrs hat die Reichsregierung den Ver­such gemacht, mit Hilfe der Reichsbank eine Festigung LerReichsmark herbeizuführen. Der Versuch ist damals gänzlich mißglückt und hat der Reichsbank nahezu eine Vier- telmilliarde Goldmark gekostet. Als nun mit dem Einbruch der Franzosen und Belgier in das Ruhrgebiet der Dollar bis auf SO 000 Mark stieg (20. Januar), unternahm die jetzige Reichsregierung einen neuen Stütz nngsversuch, dem sich die Reichsbank, wenn auch unter dem Eindruck ihres riesigen Verlusts vom Vorjahr, zunächst zögernd anschloß. Diesmal gelang das Unternehmen. Der Dollar sank rasch und hält sich seit einigen Wochen dauernd auf einein Stand, der zwischen 20 000 und 23 000 schwankt. »

In der Zwischenzeit aber hatten sich die Warenpreise, der unerhörten Markentwertung folgend, überaus stark gehoben.. Die Löhne der Bergarbeiter waren verdoppelt worden und die Kohlen« und Eisenpeise usw- mußten von selbst folgen. Und als die Markfestignng wirksam wurde und der Dollar auf weniger als die Hälfte wieder herabgesunken war, ließen sich die Löhne und damit die Kohlenpreise nicht wieder herab«

drücken. . ....

Wohl hat der Stahlbünd inzwischen zweimal die Elsen­preise auf etwas über ^ der damaligen Höchstpreise herab« gesetzt. Aber die Kohlenpreise bleiben ans ihrer furchtbaren Höhe. Bei einem Dollarstand von 22 750 stellt sich englische Kohle heute an vielen Orten billiger als deutsche. Aber bei der gewaltigen Nachfrage, die sie infolge der Lahmlegung des Ruhrgebiets in England wie in anderen Ländern begeg­net, steigern sich auch für sie die Preise. Darunter leidet Deutschland, das große Abschlüsse zu festen Preisen gemacht hat, allerdings nicht so wie Frankreich.

Die Kohle ist der Schlüssel für die Erzeügungskosten der meisten anderen Waren, ebenso wie der Frachtkosten. Will man die Teuerungswelle Herabdrücken, so muß man bei den Kohlenpreisen anfangen. Nun erheben wir von mineralischen Brennmaterialien eine 40prozentige Wertsteusr, die von selbst mit der Herauffetzung der Kohlenpreise weiter steigt. Werden sie verdoppelt, so verdoppelt sich auch die Steuer.

Zweifellos bringt sie dem Reich sehr beträchtliche Einnah- men. Aber von der englischen Kohle wird sie nicht erhoben! es ist ausgeschlossen, diese in der Zeit, wo wir sie nicht ent­behren können, damit zu verteuern. Auf polnische und tschechische Kohle können wir sie, da diese selber hohe Kohlen- teuern erheben, ebenfalls nicht legen, ohne uns selbst zu' chädigen. Unser Hauptkohlengebiet, das Ruhrbecken, ist ebenso wie das Aachener uns jetzt verschlossen. Wenn wir aber die ausländische Kohle mit dieser Steuer nicht belasten können, so ist es unerträglich, 40 Prozent von der inlän­dischen zu erheben.

Die Eisenbahnverwaltung hat die Erhöhung der Kohlen- und Eisenpreise zum Anlaß genommen, die seit dem Herbst 1921 bereits dreizehnmal erhöhten Gütertarife, die erst am 1. Dezember eine ISOprozentige Steigerung erfahren hatten, am 15. Februar wieder zu verdoppeln. Auch die inzwischen erfolgten Eisenpreisermäßignngen haben sie davon nicht ab­gebracht. Bei den Ausfuhrtarifen nach den Seehäfen, wie bei gewissen Einfuhrtarifen von ihnen aus, so z. B. für Baum­wolle von Bremen nach Chemnitz und anderen sächsischen Spinnereiorten kommen die Frachtkosten auf das 24 OOOfach« der Vorkriegszeit. Die Teuerungswelle wird damit ins Unge­heuerliche gesteigert.

Das Mittel, durcb immer erneute Heraufsetzung der Guter- srachten An Abmangel der Eisenbahn zu beseitigen, ist wie auch die Erfahrung der letzten 14 Monate erwiesen hat völlig ungeeignet. Die Eifenbahn-verwaltiing sagt, 60 Prozent ihrer Betriebsausgaben entfallen auf Materialien. Wenn dies richtig ist, so verteuert sich die Eisenbahn mit ihren fortge- setzten Frachterhöhungen andauernd die Betriebskosten, macht ihren Betrieb damit selbst unrentabel- Mit der dadurch herbei- geführten Verteuerung aller Waren steigen natürlich alle Le­bensbedürfnisse im Preise. Der Verband des Großhandels in Lebsnsmitteln hat höchst lehrreiche Tabellen veröffent­licht, aus denen hervorgeht, daß deren Frachten fast durch- aehends ungleich viel stärker, zum Teil doppelt und dreifach so stark gestiegen sind als die Preise der Waren. Die Preise aller künstlichen Düngenutte! steigen zwangsläufig mit denen der Kohlen und der Frachten. Zu den erhöhten Preisen treten dann noch die verdoppelten Eisenbahntarife. Schon vor der letzten Tariferhöhung war für Kaimt bei 250 Kilometer Ent­fernung die Fracht um Prozent höhn als der Pr-is; kür

Tagesspiegel

Wie aus Paris gemeldet wird, soll die deutsch; Negierung in Verhandlung mit den Engländern ihre Zustimmung dazu gegeben haben, daß durch das eng­lische Besetzungsgebiet statt bisher 6 künftig 15 Züge nach Frankreich geführt werden dürfen. (?)

Poi»ear6 erklärtem Kammerausschuß für Finanzen, man sehe der Zukunft mit großem Vertrauen entgegen.

Die Berliner Banken haben beschlossen, fremden Personen keinesfranzösische^und belgische Noten mehr einznlösen. (Recht so!)

Kalkmergel überstieg ihn schon bei 100 Kilometer Entfernung die Fracht beträchtlich. Inzwischen Hai sich das natürlich alles noch verschärft. Steigen damit die Produktionskosten der Landwirtschaft, so mit Naturnotwendigkeit die aller Lebens­mittel.

Das schlimmste aber ist, daß, wenn die Preise der künst­lichen Düngemittel und die Frachten dafür sin gewisses Maß überschreiten, dem LandwtrtöieMittelfehlen, sie zu beziehen und intensiv zu wirtschaften. Dann sind wir gezwungen, noch mehr Getreide, Mehl, Fleisch und Fette aus dem Ausland einzuführsn. Und wie lange können wir sie noch bezahlen?

Schon jetzt ist der Rückgang des Versands künstlicher Düngemittel bedenklich. Im Dezember 1921 betrug aus Rein- kali umgerechnet der Versand des Kalisyndikats an dis deutsche Landwirtschaft 918 000 Doppelzentren i n Dezember 1922 aber nur noch 427 000 Doppelzentner! In den ersten beiden Wochen des Januar ds. Js. betrug er etwa 250 000 Doppelzenter gegen 800 600 Doppelzentner gleichzeitig 19211 Und wie wird es erst nach der neuen Verdoppelung der Güterfrachten werden! In den ersten acht Monaten des laufenden Düngerjahres (ab 1. Mai) hat die deutsche Land­wirtschaft von gebranntem Kalk 35rHrozsnt, von Mergel 38 Prozent, von gemahlenem Kalstein 89. Prozent weniger be­zogen als in der gleichen Zeit des vorangeganyenen Dünge­jahrs. Ein Kalkmerk nach dem anderen muß aus Avsatz- mangel still gelegt werden, und der Landwirt kann seinen ver­sauernden Böden keinen Kalk mehr Zufuhren.

Die Folge der hohen Frachten ist eine weitgehende Lähmung des Verkehrs. 45 000 geschlossene Güter­wagen standen schon in der ersten Hälfte des Januar nutzlos auf den Gleisen, und das im Januar, der sonst zu den Mo- naten mit stärkstem Güterverkehr zählt. Vergeblich forderte der Reichsverkehrsminister dazu aus, die günstige Verfrach­tungsgelegenheit zu benutzen, da etwa 70 000 Wagen aller Art unbenutzt ständen. Aber der Aufruf^blieb ohne Wirkung, mußte es, weil die ungeheuere Höhe der Frachten den Verkehr lähmt.

Entschließt man sich dagegen, um während der Ruhr­besetzung durchzuhalten, zu einer großzügigen Politik der BeseitigungoderVerminderungderKohlen- steuer und der Herabsetzung der Frachten, so er­mäßigt man nicht nur die Selbstkosten der Bahnen, sondern aller landwirtschaftlichen, industriellen und handwerklichen Betriebe, drückt die Teuerungswelle herab und enthebt damit Reich, Länder und Gemeinden der Verpflichtung, alle Ge­hälter und Löhne neu aufzubessern.

Während jetzt die Ausfuhrmöglichkeit immer wei­ter eingeschränkt wird, würde sie dann in erhöhtem Maß ge­geben sein. Und wenn wir die Ausfuhr nicht auis stärkste steigern, muß zwangsläufig die Valuta wieder zarückgehen, ist die Stützung der Reich;.bank umsonst.

In der Zeit des Ruhreinfalls ist es ausgeschlossen' den Reichshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen, ist es auch nicht nötig, den Eisenbahnetat in Einnahmen und Ausgaben aus­zugleichen, noch dazu mit einem nach wenigen Wochen doch völlig versagenden Mittel. Wir stehen im Kampf und in einem Kampf, bei dem es darauf ankommt, die Widerstandskraft des Volks durch Verhinderung fortschreitender Teuerung zu stärken, gilt es alle dazu tauglichen Mittel anzuwenden.

Italiens Zweideutigkeit

Auch das MussolinischeJtalien kann keine Farbe bekennen.

Wie rvar's nur vor dem Krieg? Dg ivm Italien unser

Verbündeter, und unter dem Schirme des möMgett Freundes hat der Freund sich ganz wohl befunden und hat von seinem Bündnisse manchen Vorteil fast spielend sich ver­schafft. Aber seine Halt- und Charakterlosigkeit trieb ihn gleichfalls in die Arme Frankreichs. Also Bündnis mit Deutschland und dieses offen, zu gleicher Zeit aber auch! ein Bündnis, natürlich im geheimen, mit Frankreich, ein sogenanntes Neutralitätsbündnis, das ihm die Hände band für den Fall, daß Frankreich und Deutschland hinter einander kommen sollten.

1914 kam der Weltkrieg. Daß Italien sich alsbald in unserem Lager meldete, das allerdings haben wir nicht erwartet, aber ebenso wenig das andere, daß es nicht einmal neutral blieb, vielmehr nach zehn Monaten sich mit unseren Feinden verband und ihnen Waffenhilse leistete.

Mit diesemV errat" an seinen Verbündeten hatte sich Italien damals und für alle Zeiten sein Urteil in den Augen jedes anständigen und vorurteilslosen Menschen gesprochen. Seine Dichter entschuldigten jene verächtliche Handlungsweise mit demsscro eZoismo", derheiligen Selbstsucht", die zu pflegen jede Nation sich schuldig sei, die in Wahrheit eben sehrun-heilig" war.

Kurz und gut: Italien hatte seinen Freund schnöde ver­raten, und alles, was es zu seiner Entschuldigung vorbrachie, auch der Vorwurf, Deutschland habe seinen römischen Ver­bündeten nicht rechtzeitig über die wahre Natur des serbischen Streitfalls unterrichtet, alles das war eine faule Ausrede, die die Verwerflichkeit einer durchaus unehrenhaften Hand­lung rechtfertigen oder wenigstens entschuldigen sollte.

Und nun, aus dieser Zweideutigkeit ist auch das Musso­linische Italien nicht herausgekommen. Wohl hatte seiner Zeit Mussolini auch bezüglich der Außenpolitik große Töne angeschlagen: Italien lege zwar einen großen Wert auf die Freundschaft und Uebereinsttmm.mg mit den Verbündeten und ganz besonders mit Frankreich, seinerlateinischen Schwester", aber es wolle nicht von Frankreich und England ins Schlepptau genommen werden. Es wolle vielmehr mit Beiden ebenbürtig in gleicher Linie marschieren und somit selbständig handeln.

Worte, nichts als Worte!" Denn tatsächlich fürchtet Ita­lien Frankreichs überlegene Mach so gut, wie es England und wie es, leider Gottes, die meisten andern Völker tun. So hat denn auch der italienische Vertreter in der Entschä­digungskommission dreimal in das französische Schuldig" gegen Deutschland eingewilligt. Italien hat also bei Deutschland eineabsichtliche Nichterfüllung" seiner Koh­len- und Holzverpflichtungen und nachher eineallgemeine Verpflichtung" bezüglich der übrigen Zahlungsverbindlich­keiten festgestellt, hat sich damit nicht auf Englands Seite, sondern neben Frankreich und dessen Trabanten Belgien ge­stellt.

Warum? Mussolini meinte, das Intere'seJtaliens habe seine Handlungsweise beeinflußt; er hätte gefürch­tet, zu spät zu kommen, falls Deutschland und Frankreich sich einigten. '

Also lauter Vorsicht!

Hätte aber Italien an der Seite Englands gegen Frank­reich gestimmt, wie ganz anders hätte sich die Sache ent­wickelt! Ein Mehrheisbeschluß der Entschadigungskoinmission- wäre unterblieben. Frankreich und Belgien hätten in diesem' Fall ihren Rhein- und Ruhrplan nicht ausführen können.

Unsere R e i ch s r e g i e r un g hat bis jetzt Italien glimpflich" behandelt, den Italiener nicht auf dieselbe Stufe gestellt wie seine beiden Spießgesellen, den Franzosen und ürdenArü

Belgier- Das war wohl für den Anfang diplomatisch klug ge­handelt. Aber vergessen wollen wir deshalb Mussolini diesen zweiten Verrat an Deutschland nicht. Wenn Italien ln seiner Deutschfeindlichkeit fortfährt, dann wird uns nichts anderes übrig bleiben, als ihn mit demselben Maße wie Frankreich und Belgien zu messen. Wenn Italien sich aus de,- Rhein- landkommision nicht zurückzieht, also in derselben Schulter an Schulter mit Frankreich Deutschland vergewal­tigt, dann hat es seinen Anspruch auf Rücksichtnahme seitens? Deutschlands verwirkt. VV. tl-

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Das Wilson-Baker-Buch

Aur Vorgeschichte des Ruhrkrlcgg In diesen Tagen, da man sich In Amerika doch etwa^ näher mit dem Bruch des Versailler Vertrags durch Frank-- reichs Ruhrkrieg befaßt, erscheinen die mit Spannung erwar- i teten Enthüllungen Wilsons, also des Mannes und Vorgän­gers Hardings, der sich schon in Versailles von der franzö-;

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