Neue Nachrichten

Vertagung de« Reichstag»

Berlin, 4. Febr. Der Reichstag hat in den letzten Tagen verschiedene Arbeiten geringeren Interesses erledigt. Die über­wiegende Mehrheit ist der Ansicht, daß jetzt nicht die Zeit sei, Reden Zu halten, sondern daß man der Regierung Bewe­gungsfreiheit lassen müsse, zu handeln. Der bayerische Gesandte erklärte, der Ausnahmezustand in Bayern werde - demnächst wieder aufgehoben werden. Die Anforderungen für den Reichspräsidenten werden schweigend auch von der Rechten bewilligt, auch der Etat des Reichskanzlers wird er- ! ledigt. Die Regierung kündigt ein Notgesetz gegen Teuerung ! und Devisenhandel an. Gegen die sozialistischen Stimmen be- ° schließt der Reichstag, sich bis 12. Februar zu vertagen.

Der Reichskanzler erklärte in einer Besprechung mit den Parteiführern, das in Abgeordnetenkreiscn oufgetauchte Ge­rücht von Uneinigkeit in der Reichsregierung sei durchaus i unbegründet: in allen wesentlichen Fragen bestehe vielmehr vollste Einigkeit.

Vom Skacttsgerlchkshof

Leipzig, 4. Febr. Der Staatsgerichtshof zum Schutz der Republik hat die Verbote gegen den Jungdeutschen Orden, di« von «inig-n Landesregierungen ergangen waren, auf- ^ ,»hoben.

Bessere Ordnung im Parlamc ' -

i München, 4. Febr. Im bayerischen Landtag ist ein A. . ^ zur eigenen Geschäftsordnung des Hauses eingebracht wor­den der er dem Präsidenten ermöglichen wird, gegen radau­lustige Mitglieder schärfer oor-ugehen und sie bi« zu 11 Mtzungen auszuschließen.

Tschechische Grenzverletzung

München, 4. Febr. Bei Vischossrsuth im bayerischen Wald überschritt eine Abteilung tschechischer Schneeschuhtruppen die bayerisch« Grenze. Der Führer sagte, in einigen Tagen wer­den die Tschechen in Bayern einmarschieren. Zahlreiche tsche­chisch» Staatsangehörige sind aus München abgereist.

Poincare beschwert sich

Paris, 4. Febr.Matin" meldet aus London, Poin- i care habe im britischen Auswärtigen Amt Beschwerde da­egen erhoben, daß in englischen Blättern Stellen aus seiner ein englischen Botschafter Lord Crewe übergebenen Note über gewisse Sonderabmachungen Frankreichs mit der Tür­kei veröffentlicht worden seien. Die französische Regierung lehne jede Verantwortung für die aus dem Vertrauensbruch möglicherweise entstehenden Folgen ab.

Also doch!

Paris, 4. Febr. Daß die Versenkung derLusitania" ein kriegerischer Akt war, erklärte nunmehr der Neuyorker Appel­lations-Gerichtshof. Die Erben von Albert Vanderbilt hatten auf Zahlung einer Versicherungssumme von 250 00V Dollar geklagt, wurden aber abgewiesen, weil Vanderbilt infolge einer kriegerischen Handlung gestorben sei.

Mimakum an Litauen

Paris, 4. Febr. Die Botschafterkonferenz hat die litauische Regierung aufgefordert, binnen 7 Tagen ihre Truppen aus dem Memelland zurückzurufen» widrigenfalls gewisse Maß­nahmen ergriffen werden. LautTimes'^ planen die Litauer einen Handstreich gegen die von den Polen besetzte Stadt Wilna.

Württemberg

Stuttgart, 3. Febr. Bteraufschlaa. Ami. Februar «rhöhten dis Brauereien wiederum di« Preis« für offenes und Flaschenbier um mehr als 100 Prozent. Das Bier kostet: lOprozentigss Lagerbier 22 000 -4t, Spezialbier 28 000 -4t, je Hektoliter. Flaschenbier: Die 0,5 Liter Flasche Lagerbier 150 -4t, die 0,7 Liter Flasche 200 °4t; die 0,6 Liter Flasche Spezialbier 230 -4t. Als Richtpreise für den Verkauf wurde mit den Brauereien vereinbart: 0,3 Liter Glas Lagerbier Verkauf in Wirtschaften 100 -4t, 0,3 Liter Glas Spezialbier !35 -4t. Flaschenbier-Verkauf in Wirtschaften: die 0,5 Liter Flasche 170 -4t, die 0,7 Liter Flasche 220 -<t, die 0,6 Liter Flasche Spezialbier 250 -4t. Flaschenpfand ab 1. Januar lOO -4t für die Flasche. Wie wir hören, soll ab 15. Februar iin neuer Bieraufschlag in Kraft treten.

Stuttgart, 4. Febr. Schieberjagd. Das Wucher- ' amt hier veranlaßt« eine größere Streife auf Schieber. Eine lieche Verdächtiger wurde festgenommen.

Auf der Ailderbahn fallen für Zahnradbahn und Strecke MöhringenVaihingen täglich mehrere Züge aus.

Der letzte Kriegsgefangene Otto Reuter, den eine schwere Operation ans Krankenbett in Toulon gefesselt hatte, traf am Sonntag nachmittag in Stuttgart ein. Er wurde am Vahnhof von Vertretern der Regierung und der Stadt Stuttgart begrüßt. In der Rotebühlkaserne fand eine Feier statt.

Bartenstein, 3. Febr. Verlobung. Die seinerzeit - bestrittene Verlobung der Prinzessin Maria Rosa zu Hohen- j lohc-Vartenstein mit dem Hauptlehrer Josef Waldenmaier ! hier, ist, wie dieJpf- und Jagstzeitung" berichtet, nunmehr doch vollzogen worden.

Riederstellen OA. Gerabronn, 3. Febr. Ertrunken. Der 13jährios Sohn der W'twe Oberndörser machte sich an dem Hochwasser des Vorbachs zu schaffen. Dabei wurde er . von den Fluten fortgerissen. Die Leiche wurde andern Tags oberhalb der Mühle geborgen.

Blaubeuren, 4. Febr. Todesfall. Nachdem das hie­sige Seminar erst kürzlich einen Lehrer, Professor He ege, durch Tod verloren hatte, ist nun auch der Vorstand Ephorus Dr. Hermann Planck unerwartet rasch im Alter von 67 Jahren an einem Herzschlag verschieden. Der Verstorbene hatte mehrere Jahre an Stuttgarter Unterrichtsanstallen ge- w.rkt und war 1909 zur Leitung des rvang.-theol. Seminars berufen worden.

Schramberg, 4. Febr. Kohlensperre. Infolge der französisch-belgischen Ruhrkohlensperre tritt hier wieder eine täglich 17stündige Gassperre ein. Außerdem wird der Gas- ^ preis für den Monat Februar auf 400 -tt für den Kubik­meter erhöht werden.

Schwenningen, 3. Febr. T r a g i s ch e r T o d. Der als Kriegsteilnehmer seit dieser Zeit an Anfällen leidende 34 Jahre alte ledige I. Palmtag wollte in dem Keller einge­drungenes Wasser ausschöpfen. Dabei wurde er von einem Anfall betroffen und stürzte in den Kellerschacht, wobei er den Erstickungstod fand.

Vom Bodensee, 3. Febr. Jagdbeute. An der Dre- genzerache erlegte der Jäger Moosbrugger einen Wildschwan mit einer Flügelspannweite von über 2 Meter. Letztes Jabr l wurden im schweizerischen Nheingebiet mehrere Wilo- ' schwäne versuchsweise ausgesetzt. Wahrscheinlich handelt es sich um eines dieser Tiere.

hvtkwastrr. Infolge des anhaltenden Regens fuhren fast alle Dasserläufe Hochwasser. Die Gewässer des Schwarzwalds sind teilweise in Sturzbäche verwandelt. Der Neckar hat bis zur Mündung vielfach das anliegende Gelände überschwemmt, -'ich seine Zuflüsse sind über die Ufer getreten. Starkes Hoch­wasser wird von der Donau und Iller gemeldet. Das Wasser steigt noch fortwährend.

Frauenüberschuß in Murtlrmberg. Im Jahr 1910 stan­den in Württemberg rund 1192 000 männlichen 1 245 000 weibliche Personen gegenüber (im ganzen Reich 846 000). Im Oktober 1919 betrug der weibliche Ueberschuß 128 500 (im Reich 2 853 000). Demnach hat sich das Verhältnis des Ueberschusses verändert wie 100 : 243 (im Reich 100 : 337). Bei den Personen von 50 Jahren und darüber hat sich der Frauenüberschuß um 2000 erhöht (im Reich um 83 000 ver­mindert), bei dem Alter von 20 bis 50 Jahren hat der weib­liche Ueberschuß um 75 000 zugenommen (im Reich um rund 2 Millionen. Bei der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 0 bis 20 Jahren ist in Württemberg der frühere kleine Ueberschuß verschwunden (im Reich überwiegt in diesem Alter das männliche Geschlecht). Dagegen ist allgemein ein beträchtliches Sinken des Nachwuchses überhaupt zu ver­zeichnen.

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Württembergischer Landtag

Stuttgart, 4. Februar.

In rascher Arbeit setzte am Samstag der Landtag ln der 171. Sitzung die Beratung des Etats des Innenministeriums fort. Die Kapitel 1921 (Landjägerkorps Arbeftshäusek) werden ohne Widerspruch genehmigt. Bei Kap. 22 (Staats­und Privatirrenanstalten) treten alle Parteien warm für eine gute Ausbildung der Pfleger ein. Etwas Staub wirbelt der Antrag Schermann (Ztr.) auf, die Oekonomieverwaltungen der Irrenanstalten den Direktionen zu unterstellen. Der An- trag wird gegen Ztr., Dem. und D.Vp. abgelehnt. Dri Ka- vitel 23 (Gesundheitswesen) wurde die Fürsorge für die Ge­sundheit der Jugend befürwortet. Der Antrag auf Erweite­rung der schulärztlichen Tätigkeit wird vom Bauernbund ab» gelehnt. Kapitel 24 (Veterinärwesen) wird nicht beanstandet. Bei Kapitel 25 (Landeshebammenschule) lehnt die Rechte d»a Antrag auf baldige Einbringung eines HebammengesstzeS ab. Von soz. Seite wird eine befsere Ausbildung der Heb­ammen gefordert. Kapitel 26 (adeliges Stift Ooerstenseld) wird von den Kommunisten abgelehnt. Bei Kap. 27 (Straßen- und Wasserbau) berichtet Abg. Möhler (Ztr.) über den Stand der Donauversickerungsfrage und der Rems- und Tauber­korrektion. Nachdem das Kapitel genehmigt ist, wird um halb 12 Uhr abgebrochen, damit die Abgeordneten bei den schlechten Zugsverbindungen nach Hause fahren könnrn. Nächste Sitzung Dienstag 4 Uhr.

Lokales.

Wildbad, den 5.Nebr. 1925.

40 jähr. Dienstjubiläum. Herr Platzmeister Karl Treiber kannte am gestrigen Tage auf eine 40 jährige Tätigkeit bei der hiesigen Papierfabrik zurückblicken. Als Anerkennung für seine treue Dienstleistung wurde der Jubilar seitens der Firma durch eine schöne Ehrengabe erfreut. Auch seitens seiner Mitarbeiter wurden ihm Glückwünsche und Geschenke zu teil.

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1000 Mark-Münzen. Der Reichstag hat einen Gesetzent­wurf zur Ausprägung von Ersatzmünzen im Nennwert von 1000 Mk. angenommen.

Amtliche Auskunft gebührenpflichtig. Seit 1. Januar Ist für jede Auskunft vom Fernsprechamt eine Gebühr von 30 -4( zu entrichten. Die nachträgliche Streichung eines ange­meldeten Ferngesprächs kostet den gleichen Betrag, sofern nicht beim Amt ein Fehler vorliegt. Das kommt davon, wenn immer verlangt wurde, die Amtungen sollengeschäfts­mäßiger" betrieben werden.

Die Fastenzeit 4

Daß das Fasten als religiöser Gebrauch bis kr ferne Ver­gangenheit zurückreicht und bei den verschiedensten Völkern anzutreffen ist, ist ja wohl allgemein bekannt; aber wie ist die vierzigtägige Fastenzeit der christlichen Kirche entstanden? Man hat den Versuch gemacht, ihre Existenz schon in len Frühzeiten der christlichen Kirche nachzuweisen: allein ohne Erfolg. Denn aus dem Zeugnisse des Jrenaeus geht bündig hervor, daß das Osterfasten zur Zeit dieses Kirchenvaters teils einen Tag, teils zwei oder noch etwas länger dauerte, oder sich aber auf den Zeitraum von 40 Stunden erstreckte. Auch Tertullian konnte das vierzigtägige Fasten noch nicht; es er­scheinen bei ihm der Karfreitag und der Karsamstag als in der Kirche allgemein gültige Fasttage. In der Mitte des drit­ten Jahrhunderts allerdings findet sich das Osterfasten schon weiter entwickelt, indem es nämlich eine ganze Woche oder wenigstens sechs Tage umfaßt, und das Zeugnis des Diony­sius von Alexandrien läßt uns erkennen, daß es mit diesen sechs Tagen in der damaligen Christenheit verschieden gehal­ten wurde. Denn es gab einige, die es für verdienstlich und erstrebenswert hielten, diese ganzen sechs Tage die Speiseauf­nahme zu vermeiden, andere aber beschränkten sich mit einer Auswahl von Fastentagen, wobei dann wieder der Karfreitag und der Karsamstag vor allen Dingen als Hauptfasttage in Betracht kamen. Will man nun einen Termin feststellen, zu dem das 40täaige Osterfasten mit Sicherheit nachzuweisen ist» so ist dies die Synode von Nicäa, die in einem Beschlüsse aus­drücklich ihrer erwähnt. Ihren Ursprung hat sie wahrschein­lich in der griechischen Kirche gehabt, und was ihre Bedeutung betrifft, so wird man sie als eine biblisch-symbolische anzuspre­chen haben: es sollte näml'ch das 40tägige Fasten des Christen ein Abbild des 40tägigen Fastens des Herrn sein. Begreif­licherweise hat die Einführung dieser Fastenübuna im Be­reiche der Kirche mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, und nur allmählich hat sie sich durchgesetzt. Aus dem Fasten vor dem Osterfeste zur Vorbereitung für die heiligen Tage, wurde nur nach und nach eine auf die ganze Karwoche sich ausdehnende Fastenzeit, und so gelang auch dann die Er­weiterung dieser Fastenperiode bis auf 40 Tage erst nur ganz allmählich. Man suchte ihr durch manche Milderungen den Weg zu bereiten, und es waren z. B. anfänglich in der neu hinzutretenden Fastenperrode die Milchspeisen noch erlaubt und nur der Genuß von Fleisch verboten, während dann, wie das Osterfest näherrückte, die Fastengebote strenger wurden. Grenzstreitigkeiten über das, was in der Fastenzeit gestattet und verboten war, hat es übrigens lange noch gegeben, wie z. B. über die Frage, ob der Genuß des Weins zulässig sei, und selbst als die strengere Observanz sich nach und nach

durchgesetzt hatte, km begann vvch erst eine vieMtia« Unfl gehuna der Verbote; man erlaubte sich doch wieder Milch und Eier, fügte als Milchprodukte Butter und Käse hinzu und glaubte schließlich auch das Geflügel sich nicht versagen zu brauchen, weil es ja aus dem Ei entstehe. Es bildete eben diese Anordnung einer vierzigtägigen durchgehenden Enthalt­samkeit für die Menschheit keine geringe Schwierigkeit, und dazu kam, daß die Fastenzeit überhaupt die stillste, eintönigste und graueste Zeit des ganzen Jahrs war. Es hat sich diese Erinnerung selbst noch ln Zeiten und bei Völkern erhalten, die mit dem Gebot der Vierzigtagsfasten selbst schon gebrochen alten. Bekanntlich hat die Reformation die Verdienstlichkeit er Fasten in Abrede gestellt, und damit war ja über die Fastenzeit selbst der Stab gebrochen. Aber es wurden z. B. im skandinavischen Norden selbst noch von Generationen, die die katholische Zeit nicht mehr miterlebt hatten, die Fasten ge­halten, und bis gegen 1600 gab es dort noch Geistliche, wie z. B. den dänischen Pfarrer Anders Sörensen Vedel, die sich während der Fastenzeit aller Fleischgerichte entbielten. Und selbst die, die sich von den Fastengeboten ganz geschieden hat­ten, standen doch unter der Erinnerung, daß die Wochen zwi­schen dem Fastnachtsdienstag und Ostern der Stille gewidmet und festfeindlich waren, und niemand wäre etwa darauf ver­fallen. in diese Zeit eine Hochzeit zu verlegen. , ,

Münchner Winter

Aus München wird der »Köln. Zig." geschrieben: Das Hochland am Saum der Bayrischen Alpen liegt tief im Win­terschnee. Wer hätte sich früher diesem Winterzauber in Oberbayern entziehen können? Solch anhaltender Flocken­fall war ja sonst immer das Helle Signal für tausend und abertausend schneesportlustiger Menschen, die vom Rhein und aus Norden gefahren kamen, um in den Bergen von Gar­misch und Mittenwald, am Tegernsee und beim bchliersee sich frostrot« Backen zu holen, und die stadtmüden Lungen mit herber Höhenluft zu füllen. Don diesen sorglos fröh­lichen Zeiten ist heute mcht viel übrig geblieben. Der Winter 1923 zeigt ein bitterernstes und hartes Gesicht. Aber wer Münchens Bürgerschaft in den letzten Jahren beobachtet Hot, der weiß, daß Mutlosigkeit und schwächlicher Kleinmut nicht ihre Sach« ist. Gewiß, auch unter den Frauentürmen sind Not und Sorgen in Hülle und Fülle daheim. Das aber kann den Münchner nicht fassungslos machen, kann seinen Glau­ben an eine bessere Zukunft nicht erschüttern. Kraftvolles nationales Loben beberrscht gegenwärtig die breitesten Schich­ten Münchens. O Deutschland hoch in Ehren! Das ist die Grundmelvdie, die aus der strömenden Isar tönt und mit den Glocksnklängen über die Dächer und durch aller Herzen weht. Und immer gibt es führende Männer, die dieser Stimmung Rechnung tragen und sie mit dem Hammerschlag ihrer weit­hin Hörharen Wort« im Volk befestigen. Ein solcher Banner» trägz«-M Kampf um das nationale Leben ist vor allem der Kardinal und Erzbischof. Die Predigten dieses Kirchenfür­sten im Frauendom, von Tausenden Katholiken mck> Andern- gläubigen besucht, sind wie ein Feuerbrand, der die Herzen entzündet und Licht und Wärme auch in die düstersten See-, len trägt. Er predigt nicht Trotz und Haß, sondern er tröstet» richtet auf und ermähnt zu Wohltun und Nächstenliebe, zu tapferm Ausharen und steter Vaterlandstreue. Auch der Rettor der Universität, der Theolr > Pfeilschifier, hat »vleser. Tage die Herzen Tausender entflamm.. So,wWKedMnd wogt es in diesen Tagen der Schmerzen um drtt Stadtbann der einstigen Wittelsbacher Residenz. Doch auch ln andern zeigt sich der Wille zu einem erhöhten vaterländischen Leben, Noch voriges Jahr konnte der Karneval mit Sang und Klang gefeiert werden. Jetzt hat man dem lockern Prinzen di« Tore gesperrt. Denn es kamen die Unwetterwolksn aus Westen, und ehe ein allgemeines Faschingsverbot erging» hatten die meisten Vereine von sich aus die Feste schon ab­gesagt und damit das Rechte getroffen. Sogar die Theater Münchens sind von dem Wetterstrahl nicht unberührt ge­blieben. Wie oft hat man früher Klage führen müssen über den undeutschen Geist der meisten Privattheater, die fremder Art auf Kosten des eignen deutschen Guts den Vorzug gabent Nun soll das in Zukunft anders sein. Di« Kammerspiele, lässiger sonst in diesen Fragen als andre Bühnen, gingen mit gutem Beispiel voran. Jetzt wird man den fremden witzigen Herren und ihren gepfefferten Eindeutiaksten in keinem Theater mehr begegnen. Das Münchner Publikum freut sich der dringend nötigen Reinigung und wird dem Abmarsch der fremden Geister gewiß nicht nachtrauern.

Der Bürgermeister von New Jork

Der Bürgermeister der größten Stadt Amerikas hetW Hylan und ist Irländer. Er hat während seiner Newyorker Amtszeit keinen leichten Stand gehabt, denn der Mittelpuntt der Kriegstreiber lag innerhalb Newyorks, bei den Groß­kapitalisten und in den Zeitungsredaktionen. Trotzdem er immer die Wahrheit gesagt und ist am Leben geblieben«, denn ein aufrechter Mann mit Rückgrat ist immer noch ein» Erscheinung, der man die Achtung nicht versagt. Hylan hat am Jahrestag der Geburt Benjamin Franklins die Gedächt­nisrede gehalten und hat dabei die Frage aufgeworfen, wa» wohl Franklin von dem Frankreich unsrer Tage sagen würde? Daß Hylan die Erörterung angeschnitten hat, muß chm wie so vieles andere als eine mutige Tat angerechnet werden. Wie wenig er sich durch seine Umgebung einschüchtern läßh hat er am 9. Dezember gezeigt, ccks er auf einer Versamm­lung in Chicago eine Rede hielt, die sich mit inner- und außenpolitischen Fragen beschäftigte. Er sagte das Erscheinen der Dritten Partei voraus, wenn die Republikaner wie die Demokraten fortfahren sollten, sich von den internationalen Geldleuten und den Nahrungsmittelschiebern beherrschen zn lassen. Das Volk wolle eine Partei und einen Präsidenten!«, die nicht mit dem Gold, sondern mit dem Volk fühlten. Eins kleine Gruppe übermäßig reicher Leute hielten die beiden alten Parteien in ihren Händen und seien durch die Ausübung eines mächtigen, unheilvollen und oft ungesetzlichen Einflusses die tatsächlichen Diktatoren der Geschicke von über 110 Mil­lionen Menschen geworden. Sie hätten die Ernennungen der Kandidaten diktiert, hätten die Parteiprogramme ge­schrieben und die Parteioersprechungen, und hätten durch ihre Wahlfondsgelder sich das Recht angemaßt, die Regie- rungspolittk zu dikt'eren. Oeffentliche Beamte, die diesen Macht zu widersprechen wagten, würden einem irdischen so­wohl wie einem politischen Grab zugetrieben, oder sie wür­den gezwungen, ihr Gewissen einzuschläfern und dienstbe­flissene Werkzeuge zu werden. Die Jnreressen der Geldleuts von Wall Street liefen in gleicher Richtung wie die Inter­essen der Geldleute auf der andern Seite des Atlantischer- Ozeans, wie sich durch den Eintritt Amerikas in den Kriest klar gezeigt habe. Die Verbündeten hätten die Amerikaners durch die geübte Zensur und durch ihre zurechtgestutzten Zel- tungst«i«vamme in di« Irr« geführt «ad sie veranlaßt. Nh