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Fernruf 179
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Amtsblatt für M*dbad. Chronik nutz Anzeigenblatt
für das obere Enztal.
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Druck der Buchdruckerei Wilddader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung Th. Gack in Wildbad
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Dis Aniecbrechung der Verhandlungen in Mudania ist den Regierungen in London und Paris, jedenfalls in London, arg gegen das Konzept gegangen. Die bisherigen halb- rmllichrn Berichte und Vorberichke über die Konferenz sind, ivie sich nun hsraussteüte, so abgesagt gewesen, wie man in London den Verlaus wohl gewünscht hätte, aber nicht, wie rr wirklich war. kemal Pascha hätte ja auch auf fast alle Früchte seiner Liege verzichten und seine ganze bisherige erfolgreiche Politik verleugnen müssen, wenn er das alles zugestanden hätte, was in den Berichten der Verbündeten gemeldet war« Auch die Londoner und Pariser Darstellung der Ursachen des Lcheiterns der > Konferenz sind nür zu einem Drittel zutreffend, zu zwei Dritteln entstellt. Einen Waffenstillstand ohne gleichzeitige politische Sicherungen konnten die Türken in dieser» Fall gar nicht abschließen, so etwas konnte nur den Deutschen ISIS zum Verhängnis passieren. Es ist also nur eine Ausrede, wenn der englische Bericht behauptet. die Konferenz habe abgebrochen werden müssen, weil die Aufwerfung politischer Fragen die Zuständigkeit der Generale überschritten habe. Die Türken wollten wissen, was es mit der „Räumung konsiantinopels und der Meerengen" für eine Bewandtnis habe, und ob man den unbestimmten Zusagen mehr trauen dürfe als den 14 Punkten Wilsons. Die Erregung in London beweist, wie begründet ihre Zweifel waren. England wird jetzt zeigen können, ob es ihm mit seiner Friedensliebe ernst ist. Das dürfte wohl auf das Ergebnis der neuen Besprechung Lord Eurzons mit Poin- care in Paris ankommen. Im übrigen muß man hinter die meisten Meldungen über den Orient ein Fragezeichen machen.
Die Faszisten werden ungemütlich
Nämlich für Deutschland. Die „Tirolische Korrespondenz" schrieb nämlich wegen der Vorgänge vom letzten Montag in Bozen: „Der Kamps der Faszisten gegen die Deutschen in Südtirol wird von den 60 Millionen Deutschen nördlich des Brenners als ein Kampf gegen das gesamte Deutschtum angesehen."
Die letzten Vorgänge in Südtirol sind unfern Lesern bekannt. Ueber 1000 Faszisten kamen plötzlich nach Bozen, erstürmten das Stadthaus, richteten dort eine provisorische antideutsche Regierung ein, besetzten die Elisabethcnschule und machten sie zu einer Kaserne, erzwangen vom Gemeinde- rat den Rücktritt, forderten italienischen Unterricht in den deutschen Schulen und dgl. mehr.
Kurz, die Faszisten führten sich als erbltksrktz Feinde des Deutschtums auf.
Das waren sie ursprünglich nicht. Ihr bekannter Stifte» Professor Mussolini, früher selbst Sozialist und Revolutionär, wollte zunächst nur den Kampf gegen die Vorherrschaft des Proletariats, gegen -Räterepublik und Bolschewismus, gegen Linksradikalismus und Terror. Seine Absicht war anfänglich ausschließlich antisozialistisch, und erst in der Folgezeit entwickelte sie sich zu einer antiklerikalen und antidemokratischen Bewegung. Zuerst Gegner des Terrors, wandte er selbst dieses Mittel an. Kein sozialistischer Magistrat war mehr sicher vor Ueberfall, kein sozialistischer Abgeordneter sicher vor Brandstiftung, keine sozialistische Versammlung sicher vor einer Ueberrumpelung.
Und die Regierung? Sie stand ^ ziemlich hilf- und ratlos da. Das Militär hielt's mit Len Faszisten und die Polizei nicht weniger. Und Mussolini konnte im Juli in der Kammer dem Ministerpräsidenten De Facta kurz und bündig erklären: „Wenn Sie die Faszisten angrerftn, werden wir zum allgemeinen Aufstand übergehen."
Bis dahin war der Faszismus eine innerpolilischs Angelegenheit Italiens, berührte uns also nicht unmittelbar. Anders aber jetzt. Die antisoziale, rem nationalistische Bewegung ist in das Stadium ausgesprochener Deutsch- feimdlichkeit getreten. Schon sicher hielt es Mussolini mehr mit der Entente als mit uns. Trotzdem versicherte er. daß er mit Deutschland, auch mit Oesterreich freundschaftlich stehen wolle, um so mehr, als diese drei Nachbarländer auf einander angewiesen seien. Und auch jetzt behaupten die Faszisten, sie hätten nichts gegen Deutschland als solches, nur muffe Bozen und Südtirol italienisch regiert werden Cre-
Wildbad, Montag, den 9. Oktober 1922
dara, der Generalzivilkommissar in Bozen, habe aber dir italienischen Belange vernachlässigt. Er gehöre soinit beseitigt
Daß ein solches Verhallen Italiens — denn im vorliegenden Falls kann man Rom für die Krawalle in Bozen verantwortlich machen — in Berlin und ganz besonders in Wien ungünstig wirken muß, liegt auf der Hand. Was helfen alle die freundlichen L.rsicherungen, welche unlängst die italienische Regierung ln Verona dem österreichischen Bundeskanzler Dr. Seipel gab, wenn man in Südtirol einen förmlichen Feldzug gegen das Deutschtum, unter Zulassung Roms, unternimmt. —
Mk Recht schreiben die „Münchener Nexesteck Nachrichten": Der 90 Millionen-Lire-Kredit ist den österreichischen Deutschen sicher kein Linsengericht, um das sie ihr Deutschtum verkaufen. Cr ist aber auch für die Italiener kein Erlaubnisschein, deutsches. Volkstum schärcherr zu dürfen. Der Ruf: „Fort von Trient, ihr DsmT. m, hier steht Dante!" klingt mit einem andern Echo von der deutscher! Alpenwelt wider: „Fort von Bozen, ihr Italiener. hier steht Malier von dcr Vogel« weide!" VV. tl.
Europäisch e Methodisten-Konferenz
In Frankfurt a. M. tagte vom 30. August bis 3. Sept. die europäische Konferenz der Bischöflichen Methodisten-Kirche. An der Abendmahlsfeier beteiligten sich u. a.: 155 Angehörige aus Kriegsländern, die sich zum erstenmal nach Friedensschluß die Hand reichten. Als Verhandlungssprache diente das Englische, doch wurden die meisten Reden auch ins Deutsche übertragen- Zur Besprechung gelangten alle wichtigen Fragen und Aufgaben des neuzeitlichen Kirchenlebens. Eine Sonntagsschulausstellung zeigte das Schriftttum und die Hilfsmittel des europäischen Erziehungswerks. Auf die Mitteilungen eines Diakonissenvorstehers hin legten verschiedene der anwesenden Mitglieder auf Anregung des Bischofs Bast- Kopenhagen 2 Millionen Mark für die dringendsten Bedürfnisse (Kohlen und Kartoffeln) ein wer Schwesternhäuser zusammen. Die nächste Konferenz soll in 4 Jahren stattfinden.
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57. Jahrgang
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Arbei-srnartt
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Berlin, 8. Okt. OöTeich die allgemeine Geschäftslage !m Reich nicht sehr schns g ist, betrögt d e Zahl der unter»
Müßten Erwerbslose.
nur rund 13 000. Di« ist er
möglicht worden dadurch daß in weitem Umfang eine Art bette st reckung stattfindet, während andererseits ein großer Teil der Industrie für Kriegsentschädigung arbeitet, die aber keine Bezahlung ins Land bringt. Dis hiedurch entstehend, Ausfuhrvermehrung ist also nur ein« schein bars Begünstigung der Handelsbilanz. Für 'üs kommenden Monats ist eins Verstärkung der Arbeitslosigkeit zü befürchten, da die Kaufkraft im Inland bedenklich nochläßl und vielen Betrieben die Mittel zur »Beschaffung auslärrdd scher Rohstoffe ausgehen.
Ein Zwischenfall im Rakhenau-Mordprozeh
Leipzig, 8. Okt. Im Nathenauprozeß wurde die SltziMg am Samstag auf Montag vertagt, da die Angeklagte^ Günther und Warnecke durch irgend einen Unfall, der noch nicht aufgeklärt ist, ernstlich erkrankt und verstand« lungsunfähia waren. Günther und Warnecke sollen von vergift e t e n Pralinen gegessen haben, die ihnen gestern zugeschickt worden sind. (Günther und Warnecke haben seinerzeit Angaben über den Mordplan gemacht, die eine Reihe von Verhaftungen ermöglichten. Beide gelten als minderwertige Menschen, die sich nicht scheuten, am Mord aus persönlicher Eitelkeit mitzuwirken.)
Verelnsverbol
Hamburg. 8. Okt. Der Bund der Niederdeutschen ist kn Hamburg aufgelöst und verboten worden.
Rechtlos im eigenen Land
Elberfeld, 8. Okt. Die französische Besatzungsbehörde Kai Nach der „Kölnischen Zeitung" den Anschlag eines Plakats für den rheinischen Bolkstag in Elberfeld mit einem Bild des »-Vater Rheins" und einem Treuschwur des Rheins verboten.
^ Das Scheitern der Verhandlungen ln Mudania Paris, 8. Okt. Die Blätter führen das Scheitern der Verhandlungen in Mudania darauf zurück, daß die Forderung der Türken. Thrazien sofort oder länastens in 80 Taaen zu
vezeyen, gleichviel ov vek Mieden inzwischen abgeschlossen sei oder nicht, von den Verbündeten abgelehnt wurde. Der französische General Charpy sei bereit gewesen, nachzugeben, der englische General Harrington habe aber entschiedenen Widerspruch erhoben; die Forderung stehe überdies im Widerspruch zu der gemeinsamen Note der Verbündeten vom 23. September an die Regierung in Angora. Der türkische General Ismed Pascha stellte darauf ein Entweder- oder, bevor noch die Frage des neutralen Gebiets und der Räumung Tschanaks besprochen worden. Die Verhandlungen wurden daraus abgebrochen.
Paris, 8. Sept. Das „Journal des Debats" schreibt, die Türken verlangen schon jetzt die Besetzung der beherrschenden Stellungen in Thrazien und in den Meerengen, bevor der Frieden fertig ist, um dann ihre Bedingungen durchdrücken zu können- Auf dieses Ziel können sich die Verbündeten nicht einlassen. , T
Erregung k» London
London, 3. Ott. Wie Reuter meldet, wirb die ne«e Lage km Orient kn Regierungskreisen sehr ernst angesehen, von ftiten der Regierung werde jedoch alles aufgeboten, um den Frieden zu erhalten. Die Türken verlangen mehr, als ihnen in der Note vom 23. September versprochen worden sei, sitz wollen aber nicht die entsprechenden Bürgschaften (für den englischen Besitz der Dardanellen und den sogenannten Schutz der Minderheiten in Thrazien) geben. Dies habe die Ver- anlchsung zu einer politischen Aussprache gegeben, wozu die Konferenz in Mudania nicht befugt gewesen sei. Infolge- deffen seien die drei Generale der Verbündeten nach Konstantinopel' abgereist, um die Angelegenheit mit den Obeckom- missaren zu besprechen. Der englische Oberkommissar habe nach London berichtet. Die Schwierigkeiten seien nicht durch die griechischen Generale, sondern durch die Hartnäckigkeit der Türken herbeigeführt.
Der englische Außenminister Lord Curzon ist einst Besprechung mit Poincars nach Paris abgereist. T
In Paris wird das entscheidende Work gesprochen 's.
London, 8. Okt. Die „Times" me-nt, die Orientkrise f Mn Höhepunkt angelangt; das Schwergewicht sei na> Pari» verlegt, daher sei die Reis« Lord Curzons vort größter Bedeutung. Es gelte, festzustellen, ob die fr an,zö siche Regierung noch zu den Voraussetzungen der gemein- amen Note der drei Verbündeten vom 23. September steh» Yder nicht,
DkttwMn Bouillon gematzregelk?
Lonston, 9. Okt. Der Berichterstatter der „Times" meh« atzt aus Konflantinopel, er habe Grund zu der Annahme/ daß der französische Sondergesandie an Kemal, Frank, kin Bouillon von seiner Regierung wegen Ueber/ 'reitung seiner Anweisungen gerügt worden?.
DK Türken verzichte« ans die Beziehung Rußlands? '
London, 8. Okt. Der „Times"-Berichierstatter meldt? -Vs Athen, in gutunterrichteten englischen Kreisen werdet di« Antwort der Regierung in Angora auf die Note der». Verbündeten als genügende Grundlage für die Verharrd-» kungen angesehen. Die Türken bestehen weder auf der Ein^ krdung Rußlands zur Konferenz noch auf der unverzüg-z hchen Räumung Konstantinopeks, s
Die Konferenz in Mudania wieder ausKmomrneu?
London. 8. Okt. Das „Excmge-Büro" meldet aus KlM« Kantinopel, die Verhandlungen seien in Mudania wieder mfaenommen worden, die Verbündeten bestehen aber daraus, daß den Truppen Kemals der „freie Durchzug durch, khrazien" nicht vor Abschluß des Fciedensvertrags (der' istcht vor einigen Monaten zu erwarten ist) geestattet werden die Lage bleibt gespannt. (Gemeint ist wohl der Heber
st . .
>ang der Meerengen zur Besetzung Thraziens. D, Schr.) -2
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Baden
^ Mannheim, 8. Okt. In der Nacht zM 4. I"Ni v. I, sstH aus der Mannheimer StaatsgemäldesaminltMg 10 wertosllL Oelbiidsr, meist alte Niederländer, im Wert von 4 Millionsvj Mark gestohlen worden. Als der Wächter die Tat en« deckte, wurde er von den Verbrechern mit Erschießen bedroh» An der Tat waren 12 Burschen beteiligt, die zum -eilMoik schwer vorbestraft sind. Die Hauptbeteiligten sind der «chloße ser Friedrich Metzinger aus Neunkrchen, der Schlosses Peter Kann aus Mahlstadt, die Kaufleute Karthernp Nus Nennkirchen und Gruschka aus Bruchhau en, ow2 d^MchgerT Wenzel, der flüchtig ist. Wenzel Hattemen Vortrag in der Gemäldesammlung angehort u. Kenntnis von dem hohen Wert der Bilder erhalten, was in ihm die PMt erregte, die Bilder zu stehlen und sich mit den übriaew