8en als Volk und Staat süHre. Trotzdem sei die Lage nicht hoff­nungslos. Gerade die grausame Kampfesweise beweise die Ver­legenheit und die Schwäche der Gegner. An der Einmütigkeit und Geschlossenheit aller Stände und Klassen lixge die Gewähr für den Erfolg in der Zukunst. Das Einigend«, das das Ziel N! . r Sozialpolitik sein müsse, sei auch das Hauptaugenmerk der Relchrregierruig. Mit einem warmen Appell an Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gegenseitigem Verstehen schloß der Minister. Nach einigen zusammrnsassenden Schlußworten des Vorsitzen­den, in denen er die Uebereinstimmnug der vorgetragenen An­sichten feststellte, wurde eine vom Vorstand vorgelegte Resolution einstimmig angenommen, in der die Vereinigung unerschütter­liche Treue in dem schweren Abwehrlampf für Freiheit, Unab­hängigkeit und Selbstbestimmung gelobt und verspricht, den Brü­dern im besetzten Gebiet alle nur möglichen Erleichterungen zu gewähren.

Zur auswärtigen Lage.

Erneute Besprechungen der Alliierten Uber die türkische Frage.

London, 16. März. Wie gemeldet wird, haben die fran­zösische und die italienische Regierung einem von der eng­lischen Regierung gemachten Vorschlag, daß sie Sachverstän­dige nach London entsenden sollten, um die türkischen Ge­genvorschläge zu erörtern, zugestimmt. Die türkischen Vor­schläge werden heute in London erwartet. Man nimmt an, daß diese Zusammenkunft nächste Woche in London stattfindst.

Fortgang der tschechischen Niistungen gegen Deutschland.

Berlin, 13. Mürz. Obwohl aus Prag die Nachrichten über tschechoslowakische Rüstungen immer wieder demen­tiert werden, steht es, wie derZeit" aus Wien gemeldet wird, fest, daß die tschechische Regierung fortfährt, Reser­visten einzuberufen, und zwar besonders Artillerie und technische Truppen. Außerdem wurden in den letzten Tagen protze Schlachtvieh- und Pferdetransporte aus Slowakei an die deutsche Grenze beobachtet. Auch die Fliegertruppen sind äußerst rege. Es werden Flugübungen unternommen, bei denen wiederholt die bayerische Grenze überflogen worden ist. Für das Frühjahr sind, wie es scheint, große tschechische Manöver mit besonderem Truppen- und Mate­rialaufwand im Raume von Dedenbach geplant.

Die Grenzen Polens gegenüber Rußland von der Entente festgesetzt.

Paris, 15. März. Heut« nachmittag um 5 Uhr ist das Zusatzprotokoll zum Friedrnsoertrag von Dersailles, das die Grenzen Polens gegen Litauen und Rußland festsetzt, am Quai d'Orsay unterzeichnet worden. Es Unterzeichne­ten die Vertreter Englands, Frankreichs, Italiens, Ja­pans und Polens. Die Russen haben hier natürlich eben­sowenig etwas zir sagen, wie Deutschland bei der Beschnei­dung seiner Grenzen. Das ist dasSelbstbestimmungs­recht" der Völker, wie es in der Praxis von den Entente- staa'en geübt wird.

Die Politik Polens.

Paris, 15. März. Der hier eingetroffene polnisch« Außenmi­nister hat Vertreter der französischen Presse empfangen und ihnen erklärt, er hoffe, daß die Regierung von ^owno begreifen werde, daß es in ihrem Interesse liege, die gestern von der Botschafter- kcnfcrenz getroffene Entscheidung anzunehmen, die Polen die Lötung der Memelfrage abgcnommen haeb. Er wünsche lebhaft, daß Litauen begreife, daß es mit Polen gemeinsam« Interessen im Memelgebiet habe und daß eine Handelsgemeinschaft zwischen dm beiden Ländern notwendig sei, die Polen einen freien Zu­gang zu dem Hafen von Memel sichere. Der polnisch« Minister sprach auch von einer eventuellen Teilung des Gebiets von Iaworina, das zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Polen und der Tschechoslowakei geführt habe. Nach demTemps" äußerte sich der Minister auch über das andauernde sreund'chaftliche Ver­hältnis Polens und der kleinen Entente zn den großen Alliierte«.

^ Das Eulenhaus.

Roman von E. Marli tt.

Baron Lothar sah von seiner stattlichen Höhe, ohn« eine M!§ne verziehen, auf das gelbliche Anlitz des Sprechenden herab.Ein eigentümliches Gesicht, eine Gau.nerphysiogonmie," sagte er M sich selbst, indem er die südlich gelbliche Farbe, die dunNen, dreisten Augen, von starken Brauen überschattet, und die Stirn betrachtete, die sich bereits bis über den halben Kopf erweitert hatte.Sehr verbunden," sagte er kühl, und seine Lücke gingen von dem Kleinen zu einem der farbenglühenden Wandgemälde.

Wie finden Sie das Aussehen Ihrer Hoheit, He« Baron?" fragt« Palmer, indem seine Miene einen traurigen Ausdruck an­nahm. Und als der hochgewachsen« Mann dort, in so onge- legmtli he Betrachtung versunken, die Frage überhört zu haben 'bien, setzte er hinzu:Wir werdne einen stillen Winter haben, > rnn sie ist eine Sterbende. Und dann'"

Lothar wandte sich jäh und sah den Sprecher an.Und dann?" fragte er, und sein Gesicht mit den regelmäßigen Zügen überflog ein so drohender Ausdruck, daß Palmer die Antwort schuldig blieb.Und dann?"

In diesem Augenblick ward gemeldet, daß die Wagen bereit seien und Baron Lothar schritt an Palmer vorüber, ohne auf einer Antwort zu bestehen.

Cr saß dem herzoglichen Paar gegenüber mit blassem Ge­sicht. Der Wagen brauste auf der wundervoll gehaltenen Land- tzratz« dahtn. hinein in den köstliche« duftigen Tannenwald, von

Amtliche Bekanntmachung

betr. Kurzarbeiterunterstiitzung.

Das Landesamt für Arbeitsvermittlung hat Veranlas­sung genommen, darauf hinzuweisen, daß Kurzarbeiter- Unterstützung für die auf Wochentage fallenden Feiertage keinesfalls gewährt werden darf. Der Ausfall des Ar­beitsverdienstes an Feiertagen ist nicht eine Folge der durch den Krieg hervorgerufenen wirtschaftlichen Verhält­nisse (§ 6 Abs. 1 der Reichsverordnung über Erwerbslosen­fürsorge). Bei Berechnung der Kurzarbeiterunterstützung ist also die in einer Woche oder Doppelwoche normalerweise übliche Zahl von 48 bezw. 96 Arbeitsstunden um die aus die Feiertage fallende Arbeitszeit zu kürzen. Den 50 Prozent des Wochenarbeitsverdienstes (Doppelwochenarbeitsoer­dienstes) dürfen dann bei der Berechnung der Kurzarbei­terunterstützung nur diejenigen Beträge gegenübergestellt werden, die ein Kurzarbeiter bei gänzlicher Erwerbslosig­keit innerhalb einer Woche (Doppelwoche) für die in diesen Zeitraum fallenden Werktage erhalten würde.

Hievon werden die Gemeindebehörden sowie die Ar­beitgeber in Kenntnis gesetzt.

Ealw, den 12. März 1923. Obcramt: Gös.

Bekanntmachung

betr. Ncchnunoshandbücher der Gemeinderechner.

Die Herren Rechnungshilfsbeamten werden aufgefor­dert, in Zeitkürze hieher anzuzeigen, daß die neuen Haupt­bücher und Kassenbücher angelegt und den Rechnern über­geben sind.

Calw, den 15. März 1923. Oberamt: Gös.

Deutschland.

Besprechungen der Neichsregiernng mit den Parteiführern.

Berlin, 16. März. Auf der Tagesordnung der gestrigen Besprechungen der Reichsregierung mit den Parteiführern stand, demBerliner Lokalanzeiger" zufolge, die Frage des Umlagegetreides. Bevor in die Beratung dieses Gegen­standes etngetreten wurde, sind von der Regierung, durch Reichskanzler Dr. Cuno und Reichsminister des Auswär­tigen Dr. v. Rosenberg vertreten, Mitteilungen über die auswärtige Politik des Reichs gemacht worden. Diese Mitteilungen wurden für vertraulich erklärt.

Der Relchsrat und d'e Regierungsverordnungen für das besetzte Gebiet.

Berlin, 16. März. Der Reichs rat setzte gestern die Versicherungspflicht bei der Angestelltenversicherung auf 7,8 Millionen Mk. fest und erklärte sich weiterhin mit der Verordnung einverstanden, die die Unterstützungen für Rentenempfänger der Invaliden- und der Angestelltenver- sicherung verdoppelt. Der Reichsrat genehmigte ferner eine auf Grund des Notgesetzes erlassene Verordnung, worin zum Schutze der deutschen Finanzgebarung angeorduct wird, daß es verboten ist, Steuern» Zölle und sonstige Abgaben oder Gebühren» die von anderen als den deutschen zuständigen Stelle» gefordert werden, an einen Beauftragten einer fremden Macht oder an eine Kaffe» die sich in ihrer Gewalt befindet, zu zahlen oder di« Zahlung für eine fremde Macht anzunehme«. Weiterhin ist der Warenverkehr zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet ohne Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörden verboten. Zuwiderhand­lungen werden mit Gefängnis nicht unter drei Monaten und in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Freiheitsstrafe ist auf Geldstrafe zu erkennen. Waren und Zahlungsmittel sind zu Gunsten des Reichs für verfallen zu erklären. Anpassung der SLerreraefetze an die Geldentwertung durch den Reichstag.

Berlin, 15, März. Im Reichstag wurden heute bei der drit­ten Beratung des Gesetzentwurfs zur Anpassung der Steuerge­setze an die Geldentwertung die einzelnen Artikel des Gesetzes unter Ablehnung aller sozialdemokratischen Anträge im wesent­lichen in der Fassung der zweiten Lesung angenommen. Die Mehrheit wurde von sämtlichen bürgerlichen Parteien gebildet.

dem dunkelroten, mattglänzenden Seidenstoff hob sich das Antlitz der fürstlichen Frau so gelblich krank ab, und dennoch trug es den Ausdruck der Daseinsfreude, der Sehnsucht, zu leben, zu genießen, die bleichen Lippen hatten sich geöffnet über den klei­nen weißen Zähnen: unter dem einfachen, nur mit einem roten Band geschmückten Matrosenhütchen hervor suchten die glänzen­den Augen in das geheimnisvolle Tannendunkel einzndringen und ihre Brust hob und senkte sich, als muffe jeder Atemzug ihr heilsam sein.

Jawohl, «ine Sterbende?" dacht« Lothar.Und dann dann?"

Der Herzog, der neben seiner Gemahlin in den Kiffen lehnte, schien für weiter nichts Sinn zu haben, als für das Wildgatter, das sich längs des Waldes hinzog.

Und dann? Baron Gerold kannte es nur zu gut. dieses Ge­heimnis, das alle Welt bereits wußte: es hatte Flügel gehabt und war ihm bis zur stillen Villa am Mittelmeer gefolgt. Er hatte sich nicht gewundert, als er erfuhr von der Leidenschaft des Herzogs: er hatte es kommen sehen und die Faust geballt, als er zum erstenmal den Namen des regierenden Herrn mit dem ihren zusammen gehört.

Ihre Hoheit begann zu plaudern: sie sprach unaufhörlich von Klaudine und er mußte antworten, obwohl er ihr die Hand auf den Mund hätte pressen mögen,

7.

Auf der Plattform des Zwischenbaue, erscholl ein Lachen: es war just nicht melodisch, wie es von schönen Frauenlippe» klingt; es war ein wenig zn laut, aber so herzhaft, f» hell, daß

In der Gejamtabstimmung. die namentlich war, wurden> Stimmen für die Vorlage abgegeben. 146 Stimmen der Linken waren dagegen. 3 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. Angenommen wurde ferner ein« Entschließung der Sozialdemo­kraten auf grundlegende Reform der Einkommensteuer mit ver­einfachter Einziehung nach dem Vorbild der Lohnsteuer.

Erhöhung der Unterstütz«,,Mätze für Rentenempfänger.

Berlin, 15. März. Der sozialpolitische Ausschuß des Reichstags nahm einen Antrag des Zentrums an, der im allgemeinen eine Vervierfachung der Unterstützungssätze für die Rentenempfänger der Invaliden- und Angestellten­versicherung vorsieht. Für das besetzte und das Einbruchs­gebiet und die diesen gleichzustellenden Bezirke ist eine Ver- fünffachung der Sätze vorgesehen.

Der Hanfabund für Zeichnung der Dollaranleihe.

Berlin, 16. März. Der Hansabund für Gewerbe. Han­del und Industrie hat an die ihm angeschlossenen Verbände ein Rundschreiben gesandt, in dem er die Verbände auf­fordert, der Zeichnung der Dollaranleihe zu einem vollen Erfolg zu verhelfen, da es das besondere Interesse von Handel und Industrie sei. dieses Mittel zur Befestigung der Mark zu unterstützen.

Vermischtes.

Midas und fein Bruder.

Von Artur Brauscwetter.

Es war einmal ein Mann, Der hieß Midas. Dem erschien ein gütiger Gott und sprach zu ihm:Bitte, was du willst. Ich will cs dir geben."

Unser Midas aber war kein Salomo. Deshalb erbat er auch von dem freundlichen Gotte nicht ein weises Herz. Sondern etwas ganz anderes.

So möchte ich, daß alles, was ich anriihre, zu Gold werde," antwortete er kurz entschlossen.

Schon war der gütige Gott entschwunden, und schon war seine Bitte erfüllt. Alles, was er currührte, wurde zu Gold: sein Wein, sein Brot, seine Kleider, ja sein Veit,

Und der unselige Midas verhungerte und verdurstete in der Fülle. Und war ruhelos und fand keinen Schlaf, weil sein Lager hart und schwer war. Und hatte keine Freude und konnte kein« Freude machen, weil auch der Druck seiner Hand hart und schwer war.

Wie viele solcher unseligen Midasse wandern heute noch durch die Welt, alles, was sie anrühren, wird für sie zu Geld. Jeder ihrer Gedanken gehört ihm. Wenn sie sich unterhalten, sprechen sie von ihm und von nichts anderem. Wenn sie sich zur Ruhe legen, läßt es sie nicht schlafen. Und finden sie endlich einen kurzen Schlummer, dann träumen sie von ihm. Und wenn sie in Gottes freie Natur gehen, dann werden die Blätter der Bäume zu Gold, und die Blumen duften ihnen nicht, weil nur das starre Gold aus ihnen leuchtet, und di« Gesänge der Vögel tönen von Kursen vnd Devisen.

Und ist es kein Gold mehr, weil es rar auf Erden geworden, so sind es Papiere und Scheine, die an seine Stelle getreten.

Aber Freude haben sie nicht von ihrem Gut und Besitz. Son­dern nur Sorge und Aengste. Und Freude bereiten können sie auck, nicht. Denn ihre Hand ist schwer, und ihr Druck ist hart.

Menschen, die mit einem silbernen Löffel im Munde geboren werden, sind deshalb keine glücklichen Menschen, Und wird ihnen, was sie berühre», nicht zu Gold, so wird es ihnen zu Quecksilber, das ihnen haltlos und rastlos in der Hand zerrinnt.

Denn der Verschwender ist nur der entgegengesetzt geartete Bruder des Habsüchtigen, Und findet ebensowenig Frieden und Freude als dieser. Und wird mit jedem Tage anspruchsvoller und weniger genügsam.

Als Apicins nach Verschwendung des fabelhasten väterlichen Erbes nur noch einig« Millionen übrig behielt, entleibte er sich selbst, da er, wie Seneca berichtet, fürchtete, Hungers sterben zu müssen.

Nicht großer Reichtum, sondern geringe Bedürfnisse machen das Glück des Lebens aus.

Das ist eine alte Weisheit aber noch lange nicht alt genug, daß die Menschen Zeit gehabt hätten, sie zu lernen.

selbst der eifrig schreibende Mann in der Elockenstube auf- horchts und ein leises Lächeln über sein anfänglich unwilliges Gesicht glitt.

Wie das klang? So keck, so ehrlich, so kerngesund! Es mutete ihn seltsam an: er mußte an eine kühle Waldquelle denken, die über Gestein und Felsen sprudelt. Merkwürdig, dieses Lachen uyd es war Beate, dasbarbarische" Frauenzimmer, das'so lachte. Er schüttelte den Kopf und griff zur Feder, aber das Lacken klang immer wieder hinein in seine Gedanken, Dort unten aber, in dem Schatten der Steineiche, trocknete Beate sich eben die Tränen, welche die Heiterkeit ihr in die Hellen Augen getrieben.

Sie saß neben Klaudine auf der Bank, die der alte Heine­mann zierlich aus Birkenstämmen zusammengefügt hatte, und erteilte Unterricht im Gebrauch der Nähmaschine Das kleine blitzende Räderwerk stand vor ihnen auf dem grüngestrichrnen Kartentische und die schönen, schlanken Hände der einstigen Hof­dame bemühten sich, mit dem komplizierte» Mechanismus zu­standezukommen.

Es sieht so drollig aus bei dir. Klaudine," lachte Beate. Aber, Herzenskind, du hast ja längst keinen Faden mehr in der Nadel und nähst mit wahrer Begeisterung! Siehst du, da ist er so. das war recht."

Das schöne Mädchen im leichten, einfachen Kleide hatte dun- kslrote Wangen vor Eifer.

Nur Geduld. Beate, ich lerne es bald." sprach sie und be- schaute die Naht.Ich werde dir nächstens noch bei deiner Näheret Helsen können."

lFortsetznng folgt.)