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(Enztalbote)

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Nurmr'cr 206

Fernruf 179

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agesspiegel

Am Monkag beginnen die Verhandlungen in Berlin über die an Belgien zu leistenden Garantien auf Grund des Ent scheides der Reparationskommission. .

Nachrichten aus Berlin zufolge ist keine allgemeine ArvangSwirtschafk beabsichtigt. Zunächst ist vor allem nur mit einer neuen Zuckerbewirtschaftung zu rechnen.

Die deutsche Regierung richtete eine Rote an den Völker- bund, worin sie bittet, die französischen Truppen aus dem Laargebiet zu entfernen.

Der augenblicklich in Genf lügende Völkerbundsrak ge­nehmigte gegen den schärfsten Protest des Freistaates Danzig die Errichtung von polnischen Sriegsmaleriailagera aus dessen Gebiet.

pomcar« richtete eine Note an England, worin er aus­führt, das; eine Lösung der Reparakionsfrage nur zusammen mit der Ausgleichung der interalliierten Kriegsschulden er­folgen könne. Zn England wird die Note als französischer Annäherungsversuch günstig ausgenommen.

2n Le Havre haben die Hafenarbeiter dig allgemeine Aufnahme der Arbeit wieder beschlossen.

Wahltage in Oberschlesien

3. und 24. September

Aus Veuthen, O.-S., wird geschrieben: Während ganz Deutschland den Pariser Beschlüssen über die Morato- riumsfrage entgegenfiebert, steht auch das vielgeprüfte Ober< schlesien vor einer neuen Entscheidung: Am 3. September wird im zerstückelten deutsch-oberschlesischen Rumpfgebiei über die Autonomiesrage abgestimmt. Große Aufregung herrscht angesichts dieses Termins nicht mehr. Denn das Ergebnis ist so gut wie sicher. Obschlesien wird preußisch kleiden. Die Veröffentlichung des Gesetzentwurfes über die Erweiterung der Selbständigkeitsrechte der Provinz Ober­schlesien hat in denjenigen Kreisen, die von Preußen weg­strebten, beruhigend gewirkt. Keine politische Partei betreibt mehr die Agitation für einen selbständigen Bundesstaat. Auch der Vorstand der oberschlesischen Zentrumspartei Hai kürzlich einen Aufruf erlassen, worin die Stimmabgabe f ü r das Verbleiben O b er s ch l e si e n s beim preu­ßischen Staate empfohlen wird. Somit wäre alles schön und gut, wenn die politische Beruhigung nicht zu einer gewissen Gleichgültigkeit geführt hätte. Man kümmert sich nicht mehr viel um den dritten September. Dieser Umstand wird leider von den Polen ausgenützt. Sie sind natürlich nach wie vor für einfreies" Oberschlesien, von dem sie glauben, daß es einmal leichter die letzte Beute ausländischer Wühlereien wird. Und sie werden sich am Abstimmungstage Mann für Mann an der Wahlurne einsinden, um durch eine möglichstst große Minderheit noch außen hin zu wirken. Die­sen polnischenMärtyrern", die sich alsvergewaltigt" hin­stellen möchten, kann man gar nicht klar genug machen, wie es bei ihren Stammesbrüdern im polnisch gewordenen Ober­schlesien steht.

Man geht einmal hinüber nach Kattowitz. Dort sieht es sehr trübe aus und die Stimmung hat vollständig um­geschlagen. Korfanty, der von den Polen stets mit halleluja empfangen wurde, hört jetzt nur noch einSteinigt ihn!" Die blutigen Kundgebungen gegen seine Ministerpräsidentschost haben mehr als persönliche Abneigung verraten. Sie bewie­sen, daß der Gegensatz zwischen Warschau und Polnisch- Oberschlesien sich aufgetan Hot. Er ist nicht etwa von deut­schen Jrredentisten herbeigeführt und er wird sich so leicht nicht überbrücken lassen. Teuerung, Lcbensmittelnot, Feier­schichten, Verkehrs- und FrachLelend sind die Gründe der Verstimmung. Die oberschlssischeGrenzzcitung", das Leib­blatt Korfantys, schildert voll Hehn ein Eisenbahnidyll aus Polnisch-Oberschlcsten: Ein KaRasfeltransport von Preß nach Kattowitz braucht neun Tage. Wir können mit noch viel unanm-nehmercn Folgen der neuen Grenzziehung aus- warten: An der alten'deutsch-russischen Grenze in Overschlc- si n bestanden zwei Uebcrgäuge: Kattowitz-Sosnowce für den Jndustriebe-irk, Preußisch-Herby und Nussisch-Herby für die rechte Oderuserseiie. Durch die Weisheit des Völkerbunds sind aus zwei Stationen für Zollrevision und Paßkontrolle deren 18 geworden! Welche Menge neuer Zolleamter und Landücher zur Besetzung dieser Stellen nötig wurde und welche Mebrknsten damit nicht nur für das notleidende Deutschland, sondern mich.für das nych bankrottere Polen erwachsen, kann man sich wohl vorstellen.

Aber Korfanty ist schlau. Er erläßt, an sein Wählervolk einen Ausruf, in dem er auf den 24. September, den Ta« der Wahlen zum schlesischen Seim tzmweist. Er ver-

Wildbad, Montag den 4. September 1S22

kündet:Oberschlesien wird io aussehen, wie sein Sejm. Wenn der Sejm der Wojewodschaft Schlesien wie das gegen­wärtige Warschauer Parlament nur aus radikalen Schreiern und Analphabeten bestehen sollte, dann ist Oberschlesien ver­loren und mit ihm die Möglichkeit zu arbeiten und zu er­werben und unsere Rechte." Korfanty verlangt, daß man ihn als den eigentlichen, Befreier Oberschlesiens ansieht und erwartet von seinem früheren Anhang, daß er sich für seine Partei entscheide. Ob die polnischen Oberschlesier ihm die­sen Gefallen tun werden? Drei deutsche und drei polnische Parteien werden am 24. September zur Wahl antreten. Die polnischen Sozialisten werden wahrscheinlich das Rennen ge­winnen. Der Sieg wird ihnen höchstens von der Christlichen Volkspartei streitig gemacht, die mit der Bauernpartei und den kleineren polnischen Parteien einen antisozialistischen Block bilden will. Ganz schlecht ist es aber um die Korfanty- Partei bestellt, da nur ganz wenige oberschlesische Elemente zum Warschauer Nationalismus neigen. Wie wenig sich wohl die Polen in ihrem neuen Staate fühlen, beweisen die zahllosen Desertionen polnischer Soldaten aus Poknisch- Oberschlesien. Die deutschen Gefängnisse an der neuen Grenze wimmeln von Deserteuren. - Ihnen ist hinter Schloß und Riegel auf deutscbem Boden, wie es scheint, immer noch wohler als imfreien" Polen.

Die Verlotterung des Geldes

Ein volkswirtschaftlicher Mitarbeiter schreibt uns: Die An­gestellten und Arbeiter großer Fabriken und Handelsbetriebe haben beim Monatswechsel AugustSeptember zu allem Unglück der Politik und der Teuerung noch eine besonders unangenehme Uebervaschung erlebt: Gehalt und Lohn wur­den ihnen nicht voll ausbezahlt. Die Löhnungsbeutek ent­hielten nur einen Teil der Varsumme. Der Rest war sine Vertröstung auf nächste Woche. Ein schwerer Schlag für Lohnempfänger! Denn jeder braucht jetzt Geld und wieder Geld, um sich einzudecken, ehe die Preise für Lebensmittel und Winterkleidung ganz unerschwinglich geworden sind. Tolle Gerüchte waren die Folge dieser Enttäuschung. Sollten die Firmen schon bankrott sein? Hst der Zusammenbruch da? Sollte etwa gar die Reichsbank . . .? Die Reichsbank liefert den Banken das Bargeld. Von den Banken holen es die Firmen für ihre Zahltage. Diesmal war der Reichsbank der Stofs ausgegangen. Die Banken hatten thre letzten Re­serven an Bargeld ausgegebsn. Die Reichsbank lieferte nicht nach. Sie lebt noch, aber sie ist blutleer. Schon der zehn­tägige Streik der Buchdrucker hatte die Notenherstellung der Reichsdruckerei um mehr als 10 Milliarden Mark zurück­gebracht. Dann kam die neue Teuerung, und der Noten­bedarf wuchs ins Ungeheuerliche. Vorboten des jetzigen Zu­stands einer effektiven Geldknappheit waren die vielen Zwanzigmarkscheine, die man auch bei Auszahlung hoher Summen statt der Hundertmarknoten und der Fünfzigmark- scheine erhielt. Freilich spielt dabei auch das törichte Hamstern von Noten bei Geldabhebungen eine verwirrende Rolle.

Trotzdem wird man der Reichsbank den Vorwurf nicht ersparen können, daß sie dem Umschwung, den die neue Mark­entwertung herbeigeführt hat, nicht gewachsen ist. Sie hat dis bedenklichen Folaen des Streiks in der Reichsdruckerei nicht vorausgesehen, nicht bekämpft. Sie hat sich auf das Steigen der Notenflut, das doch keine neue Erscheinung mehr ist, nicht entsprechend eingerichtet. So kam es, daß sie an den letzten Bankvormittagen nur 40 Prozent der verlangten Auszah­lungen in bar leisten konnte. Das übrige wurde durch Schecks erledigt. (Die Angestellten erhielten dann von ihren Firmen zum Test nur 10 Prozent ihres Gehalts in bar. Die Firmen haben eben an Ultimo noch andere Verpflichtungen.) Diese Stockungen des Bargeldumlaufs beweisen, daß nicht nur die Währung sterbenskrank, sondern auch in der Technik des deutschen Geldwesens alles zerrüttet und verdorben ist. Wie kommt es z. B., daß dis Banken jetzt wieder erklären, sie müßten jede Verantwortung tragen für pünktliche Aus­führung von Börsenaufträgen ablehnen, weil die Arbeits­überlastung von Tag zu Tag steige? Rechnet man das Aktiengeschäft in Eoldmark um, so sind weder die Werte noch die Umsätze cmgestiegen. Also liegt es doch nur im Anschwellen der Papierflut. Und hier kommt man zu der peinlichen Aufdeckung, daß wir uns mit Zahlen und Ziffern eine nutzlose Arbeit machen, die an der letzten Nerven- und Wirtschaftskraft frißt. Man bedenke doch: Obwohl die Mark heute viel weniger als einen Pfennig wert hat, werden im­mer noch die Aktien mit 1000-Mark-Beträgen ausgegebsn, wie früher. Die einst in Deutschland so verpönte Pfund-Aktie ist längst unterboten. Rechnet man auch das Agio, also einen .Kursstand vori, sagen wir, 500 Prozent, so bedeutet dieser Aktienwert 5000 Mark bei einem Dollarstand von 1250 nicht mehr als 16 Goldmark. Und über dieses 16-Mark-Papier (der Druck einer einzigen Aktie kostet ungefähr 30 Papiermark) wird eine Urkunde ausgefertigt und der Aktienmantel mit Talon- und Dimdendenscheinen versetzen. Diese Dividenden-

F«r»r»f 17»

57. Aahrgantz

scheine werden wie die Mäntel sorgfältig ausbewahrt, ver­bucht, verstempelt, kontrolliert und versteuert. Das Papier- spiel geht bei den Steuerbehörden weiter, und die Wirtschaft erstickt in einem Wust hemmungslos cuuvachsender VeruM- kmgsarbeit. ^

Immer noch ist den Lettern großer FknanAnftkkute kein Licht darüber ausgegangen, was wir an Jett und Kraft ver­lieren, indem wir noch mit Pfennig und Groschen rechnen. Man beobachte nur einmal die Krankenkaffen «nd die Poll­anstalten. W)re scheinbare Sparsamkeit und Genauigkeit ist in Wirklichkeit die schlimmste Verschwendung, denn di« Pfen- mgrechnerei erfordert einen Aufwand an Personal und Pa­pier, der unendlich viel größer ist als der Nutzen aus der scheinbaren Genauigkeit. Die Mark ist heute Kleingeld g»> worden, und darauf müßte man aufbauen. Die Sowseileüt« in Rußland haben sich kurz vor dem Ertrinken in ihrer Pa­pierflut mit einer Vereinfachung ihres Millionenrubels ge­holfen. Sie besitzen tatsächlich schon eine neue Währung, und diese ist der Anfang der Stabilisierung. Sollte sich »N Deutschland, wo man mit asten Bretterchen und Fetzen cchnü Motor durch die Luft fliegt, kein Genie finden, das unsere verlotterte Geldtechnik wieder flügge macht? Dr, F. Ä,.-

Papier aus Schilf

Dem Papsermcmgel, dem schon eine große Rech« öS« Zeitungen und Zeitschriften zum Opfer gefallen ist, läßt sich, wie derKöln. Ztg." geschrieben wird, in beträchtlichem Maße abhelfen, wenn man die Zellulose, die die h y d r o p hy ten in sich tragen, der papiererzeugsnden Industrie zuführt. Unter hydrophyten" versteht man die sogenannten Verlandung»« pflanzen (Rohr, Schilf oder Binsen), die, vom Lande kam-, mend, in die Gewässer Vordringen, deren Ausmaß verringern- und ihnen die erforderliche Lust und Wärme nehmen. Die- Nutzbarmachung dieser Pflanzengattung geschieht durch An-- Wendung eines Aufbereitungsoerfahrens, das es ermöglicht, die anfallenden Auslaugstoffe für bekannte technisch-wirt­schaftlich« Zwecke zu verwenden. Während die PflanzenfaseniM zu einem Papierhalbstoff der hydrophytzellulose verarm beitet werden, lassen sich aus dem als Absallstaff abfließenden. Saft auf Grund des ho!>en Zucker- und Stärkegehalts Futter-, mittel, Alkohol und Pflanzenleime gewinnen Der weiter« Aufschluß der Fasermasse wird durch dir Tätigkeit eine« Spaltpilzes ermöglicht.

Ausschlaggebend für die Verwertung der hydrophyt«* war die Frage, ob die vorhandenen Rohstoffe avsreichen.. Diese Frage muß bejaht werden. Die Bestände der Vettan-l dungspflanzen in Deutschland umfassen mehr als SOOOVG Hektar und bestehen zu 60 v. h. aus Schilf, den Pinsel»» gewachsen usw. Die luftgetrocknete Sch'.lfwurzel läßt sich art» besten mit einem zwei bis fünf Zentimeter starken Strick ver^ gleichen, der aus parallel verlaufenden Lanafasern besteht Jede dieser Langfasern ist Lurch einen Mantel reiner Stärkt von -er Nachbarfaser getrennt. Faser und Stärk? tpscheyj je etwa 30 v. h. des Gewicksts au».

Der hydrophythalbstoff wird M Pappe«, PvpkeMI MV, Zellstoff verarbeitet. Die Arbeitsmethoden haben aber k>*» wiesen, daß durch die verschiedene Behandlung des Hydro* phytstoffs selbst Halbstoffe aller Art hsrznstellen sind: Grau­pappen, LeLerpappen, Kofferpappen, Sranz-, Hart-, Zieh» pappen werden in einwandfreier Weise ans reinem Hydro» phyt erzeugt. Dementsprechend sind aich Papiere der ver» schiedenen Verbrauchsarten hergestellt worden. Die von d«r Technischen Hochschule in Dresden gemachten Untersuchungen wurden in nachstehenden Ausführungen zusammengefaßt:

Di« Güte der Erzeugnisse muß als hervorragend bezeichnet werden. Volkswirtschaftlich hat diese Angelegenheit ein« große Bedeutung, weil die Fabrikation von Pappen ans Schilf uns von ausländischer Holzeinsuhr unabhängig macht und außerdem der on unsern heimischen Wäldern getrieben« Raubbau allmählich wieder eingedämmt werden kann. 8m Deutsch. Reich sind nach der Statistik 300000 Hekt. mit Schilf« bewachsen, so daß bei Annahme von nur 200 000 Hektar unH einem Erträgnis von 5000 Kilogramm auf das Hektar bei vorsichaigstcr Schätzung eine Gesamtmenge von mindesten»

1 Million Tonnen trockenes Schilf jährlich zur Verfüg»»- steht. Da das Schilf im herbst und Winter geerntet wird, können Sommerarbeiter, statt arbeitslos zu werden, lohnende Beschäftigung finden. Ein Fabrikat aus Schilf kann immetz noch ein Drittel bis ein Viertel billiger tzergestellt werben als aus Holz, das heute bereits im Erzgebirge für ein Raummet«s mit 1200 Mark bezahlt werden mutz.

Wenn man die zu gewinnende Menge von einer MMwn Tannen (Trockenschiff) im Jahr in Geld ,umwertet mit der bescheidenen Summe von nur 600 Mark Tonne, so ergibt sich ein Rohstoffgewinn von einer Milliarde Mark. Mit dem sich ein Rohstosfgewinn von ernsr Milliarde Mark, ,