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(Enztalbote)
Amtsblatt für W^HLad. Chronik im!» Anzeigenblatt
für bas obere Cnztal.
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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung Th. Gack in Wildbad.
Num er 134
Fernruf 179
Tagesspregel
Der Reichstag tritt am Dienstag, den 13. Zum, wieder
zns: .nmen.
Die neue französische innere Anleihe wird im Betrag von 3290 Mllioncn .Francs am 26. Iuni ausgegeoen.
Ter ?'rte h^ausschnsr hat sich am Freitag ohne Beschluß) ssung ans 2 Monate vertagt.
Fn Benthe« kam es zu blutigen Ausschreitungen.
Ter Untersuchungsausschuß für Reichsmiuifter Tr. Hermes tritt am Tieustag wieder zusammen.
LS e verlautet, ist der britische Botschafter in Berlin, Ltrd t Aberuon, abberufen worden.
Der öfts reichische Nationalrat genehmigte eine Kre- d tanfnahtt e den 22tt Milliarden Kronen.
Erfüllung und Valuta
In der Entwertung der deutschen Plack lassen sich seit 1914 etwa acht Zeitabschnitte unterscheiden. Im ersten Abschnitt hielt sich die Inland-Geldentwertung bis in das Jahr 1916 hinein in verhältnismäßig engen Grenzen. Noch waren Au-slandsgu'haben vorhanden, aus denen man schöpfen konnte. Da jedoch ihre Wiederauffüllung nicht möglich war, weil unsere Handelsflotte von den Weltmeeren vertrieben, unsere Ausfuhr durch die Seesperre gedrosselt, dit inländische Erzeugungskraft beinahe völlig auf Kriegszwecke eingestellt war, so wurde bei dem fortgesetzten Bedürfnis nach Einfuhr, deren Ueberschuß sich nicht mehr aus anderen Einnahmen bezahlen ließ, die Nachfrage nach fremden Devisen so stark, daß man zu künstlichen Stützungsmitteln griff: Devisenordnungen, Valutakredite, Goldausfuhr, Regelung des Außenhandels, Ein- und Ausfuhrverboten, unmittelbarer Tauschhandel durch den Staat. Trotzdem hieß sich die Valuta nicht auf dem Gleichstand festhalten, sc.wern verlor Punkt um Punkt, während die Inlandspreise sehr viel stetiger blieben.
Es folgte vom Jahresbeginn 1916 bis Oktober 1917 ein zweiter Abschnitt, in dem sich die Entwertung des Gelds auf den Jnlandsmärkten und im Ausland in ziemlich gleichem Schrittmaß vollzog. Am Ende dieses Zeitraums war der innere Geldwert auf etwa 50 Prozent des Vorkriegsstands gefallen, die Valuta hatte denselben Stand erreicht. Mit dem November 1917 setzte alsdann unter dem überraschenden Eindruck der Jsonzoschlachten und des russischen Friedensangebots als dritter Abschnitt eine Erholung der deutschen Valuta ein, obwohl die Preissteigerung, also die Geldentwertung, im Inneren anhielt. Der Kursverlust des deutschen Gelds an der Zürcher Börse ging zwischen Oktober 1917 und Januar 1918 von SO auf weniger als 29 Prozent zurück. Bis zum März 1918, dem Beginn der deutschen Offensive im Westen, hielt diese Kräftigung an, während die Jnlandskraft unseres Gelds von Stufe zu Stufe sank.
Mit dem Frühjahr 1918 begann der vierte Abschnitt: die Valuta geriet abermals ins Wanken und eilte dem sinkenden Jnlandsgeld nach. Mit dem Waffenstillstand beginnt der fünfte. Die Valutazuckungeu überschritten alle Grenzen. Es trat ein so steiler Absturz ein, daß gegen Ende 1919 ein Rückgang der Valuta auf etwa den zwölften Teil erfolgt war, während die Kaufkraft des deutschen Gelds im Inland zwar weiter, immerhin jedoch nur auf ein Achte! gesunken war. Dieser Sturz des Markwerts im Ausland, der die Zahlungskraft der deutschen Währung dort weit unter ihre inländische Zahlungskraft herabsetzte, war viel gefährlicher als der Tiefstand des Markstands an und für sich.
Allein der Valutaschwankungen war immer noch kein Ende. Im Frühjahr 1920 begann ein sechster Abschnitt. Der deutsche Wechselkurs besserte sich. Den Dollar, für den man einige Monate früher bereits 104 Mark gegeben batte, konnte man nun für wenig mehr als 30 Mark erhalten. Allein, gerade diese Besserung erregte Sorgen. Denn mittlerweile war die Preisbewegung im Inland dem Absturz der Valuta im Ausland wenigstens auf einigen Gebieten so weit gefolgt, daß jetzt manche Ausfuhrindu- ' strie erklärte, sie seit nicht mehr wettbewerbsfähig, sondern müsse entweder ihre Löhne herabsetzen oder sei außerstande, dabei zu bestehen. Indessen hielten die Sorgen nicht lanae an. Schon wenige Monate später war der Dollar wieder auf 60 Mark angelangt und schwankte nun wie die übrigen Devisen mit größeren oder kleineren Pendelaus-
Wildbad, Montag, den 11. Juni 1922
schlügen hin und her, die Jnlandpreise nach sich ziehend. Das war das Bild des siebenten Abschnitts.
Dann abep setzte nach Unterzeichnung des Londoner Ultimatums und zumal seit dem Beginn der Zahlung der deutschen Kontributionsmilliarden ein neuer, der achte Abschnitt, ein, der die deutsche Mark so tief in den Abgrund schleuderte, wie bisher noch nie. Entsetzlich waren die Folgen, die wir nun erlebten; obwohl die Weltmarktpreise infolge der Wirtschaftskrisis, die gerade die Länder höherer Valuta mit besonderer Wucht erfaßt hat, seit der Iahres- mitts 1922 beträchtlich sanken, schlugen die Jnlandpreise in Deutschland, seitdem unsere Valuta durch die Milliardenzahlungen planmäßig geschwächt wurde, fest dem Sommer 1921 steigende Richtung ein. Wir sehen deshalb nicht nur ein ungeheures Anziehen der Preise aller Waren, die aus dem Ausland kommen oder in denen ausländische Rohstoffe verarbeitet sind, sondern gleichzeitig einen Ausverkauf unserer eigenen Erzeugnisse einschließlich der Lebensrnittel, der uns der Verelendung noch schneller als bisher zutreibt. Damit ist die deutsche Valuta den wildesten Schwankungen ausgesetzt.
Im November 1921 schoß der Dollar, der noch im August hundert Mark nicht überstiegen hatte, nicht nur über die Zweihundert-, sondern selbst über die Dreihundert-Mark- grenze hinaus. Im Dezember fiel er um etwa hundert Mark zurück, um seither ungefähr innerhalb der weiten Grenzen von 200 bis 300 Mark hin und her zu schwanken. Gewiß, die Jnlandpreise machen nicht genau dieselben Bewegungen mit, aber wir mußten infolge der Dülutarntwertttttg doch den bösen Ausverkauf vom Oktober und November 1921 über uns ergehen lassen; und festster habe.! die Preise durchaus keine Neigung bewiesen, wieder zu sinken. Im Gegenteil, sie springen munter auswärts. Zwischen Juli 1921.und April 1922 hat sich eine Verdreifachung der Preise für Kebensmitte! und sonstige wichtige Bedacssgegenstände ergeben. ,
Schuld daran vor ollem zwei Dsi'-gm das Lon
dons rIltimat ;n und die unaufhörlichen Streiks. Der Dollar ist in diesem Frühjahr schon mehrmals über die Dreihundert-Markgrenze hinausgeschossen. Wenn er augenblicklich auf die Nachricht, es stehe eine internationale Anleihe in Aussicht, aus 278 und vielleicht noch weiter zurückgeht, so singen wir bereits Loblieder. Wenn aber diese Anleihe infolge der Bockbeinigkeit des Herrn Poincare sich wiederum in Rauch auflösen würde, so würde der Dollar alsbald wieder die Dreihundert-Markgrenze hinter sich lassen. Schwarzseher behaupten, er werde in wenigen Monaten bald die Vierhundert-Markgrenze erreichen. Damit würde für die deutsche Valuta ein neuer Abschnitt ihres Leidensweges beginnen.
Wie das enden soll, weiß niemand. Nur das eine wissen wir, daß die Jnlandpreise der. Valuta irgendwie zu folgen streben. An letzterer messen wir die Entkräftung unserer Währung. Die Bankierskonferenz hat es jetzt in der Hand, einem erneuten Abwärtsgleiten unserer Valuta Einhalt zu gebieten. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß sie sich dabei nicht erst mit Kleinigkeiten abgibt, sondern daß sie die Entschädigungsverpflichtungen Deutschlands auf ein vernünftiges Maß beschränkt — Keynes hat ja in dieser Richtung schön seit langer Zeit beachtenswerte Fingerzeige gegeben — und daß sie weiterhin diese beschränkten Verpflichtungen Deutschlands in eine reine Schuldverpflichtung verwandelt. Dann erst können wir wirkliche Erfüllungspolitik treiben.
Poincare entlarvt sich selbst
Von einem A u ß en p oli t i k e r
Ministerpräsident Poincare hat seine Politik der nächsten Zukunft in einer Rede in der Kammer und im Senatsausschuß aufgedeckt: es seien alle Maßnahmen getroffen, um „Sanktionen" verschiedener Art an dem Tag zu ergreifen, an dem die Entschädigungskommission eine Verfehlung Deutschlands feststellte. Er wartet also llur auf einen ihm günstigen Spruch der Kommission, um über Deutsch! and herzufallen. Es braucht ja nicht der Einmarsch ins Ruhrgebiet zu sein. Man könne sich „bequemerer und wirksamerer" Sanktionen bedienen. Welcher Art, das bleibt dunkel. Jedenfalls war Poincare noch im Senatsausschuß der Meinung, die internationale Anleihe sei nicht unmöglich. Sie kann also neben den „Sanktionen" einhergßhen? Unterdessen hat ihm die Entschcidigungs'Immission-einen Strich durch die Rechnung gemacht, inde < sie auf Anfrage des Moraanichen Anleibeausickunes erklärte.
Fernruf 179
57. Jahrgang
der Ausschuß möge ruhig die Zahlungen Deutschlands als eine abNiderliche Verpflichtung betrachten, mit anderen Worten: Dis Abänderung der Verpflichtungen in Betracht ziehen. Das heißt, so deutlich, wie die Anfrage der Bankiers, wurde die Antwort nicht gegeben. Man wickelte sie in einen langgewundenen, verschlungenen Satz ein. Aber der Sinn ist deutlich: Die Vollmacht der Bank-Könige ist erweitert. Sie dürfen Vorschläge über Herabsetzung der deutschen Schuld machen. Sie dürfen ein Verrechnungsoerfahren der Verbands- und der deutschen Schulden ersinnen. Alles nur vorschlagsweise, natürlich. Aber die große Wendung ist da. Die Mehrheit der Kommission will es so. John Bradbury (England), Salvago RaggO (Italien) und sogar Delacroix (Belgien) stimmen dafür. Der Amerikaner Boy den ließ an seiner Zustimmung keinen Zweifel. Der französische Vertreter Dubais wurde überstimmt. Herr Poincare bleibt aber der Trost, daß im Versailler Vertrag geschrieben steht: Bei Herabsetzung der deutschen Schuld ist Einstimmigkeit der Cntschädigungskommission erforderlich. Mögen sich also die Bankiers ausdenken, was sie wollen. Herr Dubais aber kann durch seine eine Stimme die schönste Anleihe zu Fall bringen.
Auf diesen Ton waren die Erklärungen abgestimmt, die Poincare in einer schleunigst zusammengetrommelien Pressekonferenz abgab. Er meint jetzt auf einmal, man brauche es nicht tragisch zu nehmen, wenn die internationale Anleihe ins Wasser falle. Denn damit seien die Sanktionen gerettet. Das blitzende Schwert bleibt an seinem dünnen Faden über Deutschland hängen. Gelänge der Anleiheplan mit iamt der Schuldherabsetzung, so müßte Frankreich am Ende gar das linke Scheinufer räumen, weil niemand mehr den Zweck der Besetzung einsehe. Nein, auf jeden Fall sei es für Frankreich vorteilhafter, noch einige Zeit auf eine Anzahlung (aus der Anleihe) zu verzichten, als seine „alten Rechte" xreisgeben. Bei der Verrechnung der Kriegsschulden würde man sich auch vor Amerika bloßstellen.
Damit war es heraus und am Tage, was die Politik der französischen Regierung bisher in einer Anwandlung von Schamgefühl immerhin noch im Busen bewahrt hatte. Nackt und bloß steht der männlich wenig schöne Raymond Poincare vor der staunenden Mitwelt. Im Eifer hat er zugegeben, daß es ihm lieber ist, wenn Deutschland zahlungsunfähig bleibt und Frankreich seine Folter- waffen, die Sanktionen, die Rheinbesetzung behält. Er hat eingestanden, daß er am liebsten einer allgemeinen Schuldenausgleichung aus dein Weg gehen möch-'e, weil auch diese zu einer Enthüllung der wahren hstsle Frankreichs und damit zu seiner Bloßstellung vor Amerika und der ganzen Welt führen müßte. Poincare, der Inbegriff des verblendeten Frankreichs! klagt sich qn. Hört es die Welt und wird sie nun endlich die Folgen ziehen?
irth und Rachensu m Stuttgart
Luv'Pvrc, 10. Juni.
bei vrtt. Re- chc-raiJv cs fand -c vor etwa 800 M.ipiicbrrn der jetzigen und früheren württem-n-- " Nu Negierung eins große Anzahl Parlamentarier, Vertreter der Militär-, Staats- und Kommunalbehörden, der politischen Vereinigungen usw. anwohnten. Der Rede des Reichskanzlers ging eine kurze Ansprache des Staatspräsidenten Dr. Hiebe r voraus, indem er der Treue und Anhänglichkeit Schwabens zum Reich in beredten Worten Ausdruck gab Mit besonderem Nachdruck hob er die Tatsache hervor, ddß mit dem Vertrag von Rapallo zum ersten mal seit langer Zeit wieder deutsche selbständige Politik gemacht worden sei.
Der Reichskanzler über die Lage
Mit starkem Beifall begrüßt, ergriff hierauf Reichskanzler Dr. Wirth das Wort. Er wies zunämst die Behauptung zurück, daß die süddeutschen Politiker, Ne in Berlin an berufener Stelle stehen, nach kurzer Zeit ihre Zugehörigkeit zu Süddeutschland vergessen hätten. Das Ziel Unserer Politik sei das Wohl des deutschen Volks unö die Erhaltung seiner politischen und wirtschaftliche» Einheit. Die letzten Gefahren für diese Einheit seien noch nicht verschwunden. Nicht ein mächtiges, wieder erblühtes Deutschland sei für Europa erforderlich, sondern ein zerrissenes deutsches Volk. Die große Aufgabe der Erhaltung des Reichs könne nur gelöst werden unter der Mitarbeit der deutschen Arbeiterschaft aller Richtungen, die ge- werkschaftüch denken und gewerkschaftlich organisiert sind. Auch alle Beamtenverbände müssen diesem Gedanken mit ganz besonderem Eifer dienen. Die Riesenausgade,
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