Der Kompromißhandel in London
Tll. London, 6. Febr. Im Arbeitsausschuß der Klotten- konfcrenz hat tm Gegensatz den Erwartungen der Franzose» der erste Lord der Admiralität Alexander darauf hingewiesen, daß anch nach den kürzlich angekündigten englische« Baneknschronknngcu die englische Flotte bis zum Jahre 1V38 das gegenwärtig vorhandene Nebergcwicht über die französische und japanische Flotte behalte» müsse. England hat danach indirekt gefordert, daß die anderen Länder ihre Bauprogramme gleichfalls beschneiden. Die englische Forderung bedeutet, daß Frankreich bis zum Jahre 1S3K auf etwa l75 000 Tonnen verzichten müsse, zuzüglich etwa 70 MN Tonnen Unterseebootstonuage.
Hand in Sand mit der englisch-französischen Entfremdung ist eine Annäherung zwischen der französischen nnd italienische» Abordnnng zu verzeichnen.
Zwischen Amerika und Japan ist folgende Ueberein- kunft getroffen worden:
1. Verlängerung des Dienstalters der Schlachtschiffe von W auf 25 Jahre. 2. Herabsetzung des Geschützkalibers für Großkampfschtffe von 40 auf 85 Zentimeter. S. Herabsetzung -er Tonnage für Schlachtschiffe von MOV» auf 25 000 Tonnen. 4. Verlängerung der Baudaner von drei auf vier Jahre. 5. Einführung eines Baufeiertags bis 1836.
Der französische Ministerpräsident Tardteu ist am Mittwoch nachmittag wieder in London eingetroffen.
Die Sowjets beschlagnahmen eine ausländische Industriekonzession
TU. Sowno, ö. Febr. Wie aus Moskau gemeldet wird» gibt die Sowjetregierung bekannt, daß sie zu ihrem Bedauern gezwungen sei, die österreichische Konzession „Ost"' aufzulösen. Die Konzession habe bisher ihre Verpflichtungen gegenüber dem svwjetrussischen Staat nicht erfüllt und ihre Politik entspreche nicht mehr den Interessen der Sowjetunion. Die russische Reg erung habe die Direktion von der Kündigung des Konzessionsvertrags verständigt. Bis jetzt seren aber die Künbigungsforderungeu von der Konzession nicht erfüllt worben. Die russische Regierung habe gegenüber diesem Konzesstonsunternehmen große Geduld besessen und versucht, den Konfl kt friedlich beizulegen; nachdem alle russischen Vorschläge abgelehnt worden seien, habe die Sowjetregterung folgendes beschlossen:
1. Dre gesamte Konzession mit Maschinen und anderen Industrieanlagen wird sofort von der Sowjetregterung beschlagnahmt.
2. Die Ferttgfabrikate der Konzession, die Gelder und die Rohstoffe werden dem Konzessionär kostenlos ausge- klefert. Die Beschlüsse der Sowjetregterung treten sofort in Kraft.
Mt der Auflösung dieser Konzession wird et» Schlag gegen die gesamte Konzessionspolitik geführt. Von unterrichteter Seite wird mitgetetlt, daß die Sowjetregicrung nicht berechtigt gewesen sei, die Industrieanlagen der Konzession zu beschlagnahmen.
Eine Verhöhnung der zivilisierten Menschheit
war, darüber ist sich die ganze Welt einig, diese Enthüllung einer Gedenktafel an dem Hause in Serajewo, vor dem der Serbe Pr ncip die Schüsse auf das österreichische Thronfolgerpaar abgcfeuert und damit den Anlaß zum Tod von 10 Millionen Menschen gegeben hat. Diese Verherrlichung des Mannes, der in Wahrheit den Weltkrieg ausgelöst hat, ist wohl die größte Schande unserer Zeit.
jUnser Bild ist ein Blldtelegramm aus Wien.)
Nevolveranschlag auf den Präsidenten von Mexiko
TU. Mexiko, S. Febr. Wie aus der Stadt Mexiko gemeldet wird, fand dort der feierliche Amtsantritt des neuen Präsidenten von Mexiko, Orttz Nubio, statt, dem VOOOO Menschen beiwohnten. Hierbei gab ein junger Student fünf Nevolvcrschüsse auf den Präsidenten ab, als dieser nach der Amtscinsctzung den Reg erungspalast verließ.
Nach einer ergänzenden Meldung wurde bei dem Anschlag aus den neuen Präsidenten Ortiz Nubio ern Zuschauer verwundet. Es sei noch nicht bekannt, ob der Präsident verletzt worden sei.
Die Kosten der Rekordflüge
Im Jahre 1V27 hat der Netchsverkehrsminister der Deutschen Lufthansa die tatsächlichen Kosten eines Bersuchsfluges nach Ostasicn vergütet, die rund 500 002 Nm. betrugen. Zur Begründung dieser Aufgabe hat der Minister darauf hinge- wiesen, daß es sich um einen Versuch für eine in Aussicht genommene regelmäßige Luftverkehrslinie nach dem Fernen
England in der Verteidigung
Folgen seiner antideutschen Politik
Die außenpolitischen Anfangserfolge der englischen La- bour-Regicruug können nun nicht mehr darüber täuschen, daß sich die außen- und innenpolitische Lage Englands so schwierig gestaltet hat wie in wenigen Augenblicken der gesamten englischen Geschichte. Die diplomatischen Ausklärungsgefechte der Londoner Flotte» kvnfcrenz, die noch lang« nicht an Fortschritte threr Arbeit glauben lassen, zeigten England auf der ganzen Linie in Verteidigungsstellung. Die in großartigem Rühmen aufgezogene Seeabrüstnngskonfe- renz sollte die Macdvnald-Negierung auf den Gipset des Ansehens bringen, sie erweist sich aber in stärkstein Grade als Pyrrhussieg ihrer Veranstalter. DaS gesamte Land erkennt mit wachsendem Schrecken, daß England in der Welt augenblicklich recht wenig zu sagen hat. Das wirkt sehr ver- schnupfend gegen Macdonald und seine Leute, und es gibt genug klar schauende Insulaner, die cs am liebsten sähen, wenn jener wagemutige Vorstoß Snowdens tm Haag gegen Frankreich unterblieben wäre. Wie peinlich wirkte, gemessen an dein herausfordernden Austreten des Schatzkanzlers auch bei der letzte» Haager Konferenz, die sanfte Ironie, imt der die französischen Diplomaten Zug um Zug die Schwäche der Haltung Englands enthüllen. Mit einer Art belustigter Selbstverständlichkeit hat Tardteu den Einberufern der Konferenz, den Engländern nnd Amerikanern, die In tta- tive abgenourinen und gestaltet diese Zusammenkunft, die unter anderem auch auf eine Schwächung der französischen Seemacht gerichtet war, mit erstaunlicher Geschicklichkeit zu einer Quelle französischen Machtzuwachses.
Das Auftreten der Franzosen in London erweist, baß die Staatsmänner nuferer westlichen Nachbarschaft, wie bas Vriands schemenhaftes „Pan-Europa"-Programm schon ahnen ließ, von der zwangsläufigen Entwicklung Europas zu e ner europäischen Union überzeugt sind. Die gleichen französischen Politiker, die das Schicksal ihres Landes mit so erstaunlich sicherer Hand und einem schlechthin neidheischenden Glück lenken, arbeiten babet bestimmt nicht den pazifistischen Tendenzen eines „Paneuropa" in die Hände, sondern erstreben die Zusammenballung eines europäischen Blocks, der die amerikanische Gefahr sieht und ihr gewachsen sein will.
Sie haben mit den Engländern zusammen zuletzt tm Haag zwar noch an der Sicherung der amerikanischen Macht durch Organisation eines europäischen Milliardentributs, den Deutschland allein übernehmen soll, gearbeitet. Die Londoner Scekonferenz läßt dagegen schon heute die Hoss- nung aufkeimen, daß die Abwälzung der amerikanischen Zinssorgcn der europäischen Entente ans Deutschland weder d e unwilligen.Zweifel an der tatsächlichen Berechtigung noch die Anschauungen über die gesamteuropäischen Nachteile eines derartigen Dauertrtbuts bei denen geschwächt hat, bei denen sie schon vorhanden gewesen sind. Daß die Verschärfung der beengenden Wirtschastsverhältn'sse Europas durch den Millmrdcn-Aderlaß seiner wichtigsten Jndu- strieprovinz und seines bet weitem aufnahmefähigsten Marktes zugunsten Amerikas von den Franzosen klarer erkannt wird als von den Engländern, spricht außerordentlich und bedauerlich stark gegen den politischen Instinkt der gegenwärtig führenden englischen Politikerschicht. Das gilt natürlich nicht nur für die Macdonald-Negiernng, es läßt sich von der englischen Staatsleitung im letzten Jahrzehnt überhaupt sagen.
In ihm war die englische Politik immer noch von dem Leitmotiv ihres Wirkens aus der Zeit vor dem Kriege besessen: „Deutschland muß vern chtet werden!" Deshalb überstürzten sich auch die Befehle englischer Wirtschaftler
Osten handele. Das gleiche Verfahren sei auch für die B.r- suchsflüge zur Einrichtung eines Transozean-Dienstes angewendet worden. Auf eine Anregung des Rechnungshofes des Deutschen Reiches, maßgebende Kreise der Privatwirtschaft für die Beteiligung an den Kosten derartiger Projekte, die von größter Bedeutung für die gesamte Wirtschaft sind, zu interessieren, hat der Verkehrsminister erwidert, daß nach seinen bisherigen Erfahrungen derartige Versuche aussichtslos seien. _
Auf dem Wege zum Welt-Elektro-Trust?
Znr IlMjährigcn Siemens-Anleihe.
Der in der kaufmännischen Praxis noch nicht verzeich- nete Fqll, daß eine Anleihe für den Zeitraum von 10 0 Jahren ausgenommen wurde, ist jetzt eingetreten. Ter Sic- menskonzcrn hat von dem bekannten amerikanischen Bankhause Dillon, Read und Co. eine Anleihe im Nennbelrage von 14 Millionen Dollar ausgenommen, die jedoch, da sie zu einem Kurs von 238 Prozent aufgelegt wird, einen wirklichen Erlös von 32 Millionen Dollar oder 130 Millionen Mark bringt. Die Anleihe läuft bis zum Jahre 2030, für unsere Begriffe also ewig, kann allerdings seitens der Gläubiger nach Ablauf von 75 Jahren und seitens der Gesellschaft nach dem Jahre 10l2 gekündigt werden. Die Anleihe wird in der jeweiligen Höhe der Dividende verzinst (zuletzt waren es 14 Prozent), doch ist ein Mindestsatz von 6 Prozent garantiert. Das Bedeutsamste an dieser Transaktion ist die Tatsache, daß den größten Teil der Anleihe die General Electric Comp, in Neuyork übernehmen soll, derselbe Weltkonzern, der sich vor wenigen Monaten erst an dem zweiten großen deutschen Elektro-Konzcrn, der A.E.G., in hervorragendem Maße beteiligt hatte. Im Anschluß daran war, wie erinnerlich sein dürfte, eine heftige Auseinandersetzung zwischen Siemens und der A.E.G. erfolgt. Nunmehr dürfte nicht nur der Kampf zwischen den beiden deutschen Elcktrokonzcrnen als beendet angesehen werden, cS ist auch ein enges Zusammengehen der gesamten Elektroindustrie der Welt in greifbare Nähe gerückt, die die gesamte Elektrowirtschaft der Welt vor eine völlig neue Lage stellen kan».
und Ingenieure, die als Offiziere der Militär-Kontrollkommission traurige» Angedenkens nach Deutschland entsandt wurden, für die Vernichtung unentbehrl cher industrieller Hilfsmaschinen,' deshalb konnte. eS zu dem gehässigen Versuch kommen, uns die Anwendung des Dieselmotors zu untersagen, um diese geniale deutsche Erfindung nm so wirkungsvoller gegen einen neuen wirtschaftlichen Ausst'eg Deutschlands einzusetzen,' deshalb wurde die antideutsche Zoll- und Wirtschaftspolitik Englands eiugeleitct, die unseren unentbehrlichen Euglandabsatz schwächte» mittelbar durch Minderung unserer Aufnahmefähigkett für englische Waren aber auch die englische Arbeitslosigkeit verschärfen half.
Uebcrall, wo mau Hie englische Weltlage von heute kritisch aufrvllt, bietet sie diese sinnlose Zerfahrenheit des deutsch-englischen Verhältnisses, dieses zweckwidrige Auf- trumpfen gegenüber dem vermeintlich Schwächeren, das Snowden bei dem für England so unwürdigen Liquida- tionsrauv gegen Deutschland für angebracht hielt. Das stolze „Alb vu" muß infolge dieser Politik den Burengeneral Smnts nach Kanada schicken, um die wankend gewordene Rekchstreue zu befestigen,' die beschämenden vierzehn Punkte Gandhis entgegennehmcn,' mit Engelsgeduld die irischen Regierungswünsche für einen S'eg der indischen Freiheitsbewegung überhören,- 'Nachrichten über Unruhen tm Irak, in Aegypten, in Palästina, in Nigeria, Kenia und Südafrika verarbeiten in dem gleiche» Augenblick, tn dem eS. wie der englische König persönlich sagte, die „Augen der ganzen Welt aus London" richten läßt; in dem es dem Fünf- Hundert-Mann-Heer tüchtiger Diplomaten und Fachleute der ersten Mächte der Erde Gelegenheit gibt, die Hilflosigkeit und die Schwierigkeiten der inneren Lage öeS Insel- reiches persönlich an der Quelle selbst zu studieren.
Wann wird man in England begreifen, daß man Deutschland zwar mmer noch auf das gründlichste besiegt, dabei aber seine Kräfte so unvernünftig verausgabt, -aß man daS ans die Brust des ntedergeivorsenen Vetters Deutschland gepreßte Knie nicht wieder strecken kann, sondern es vor dem riesenhaft aufgeschossenen Äwertla Seug'N muß! London sollte den Brite» zeigen, daß ihr Lord Hal- üane e neu besseren Weg der englische» Politik mußte, als er nach Berlin reiste, um eine deutsch-englische Zusiimmen- arbeit anzubahncn. Allerdings wollte L gland damals die Diktatur in der Verbindung der zwei austtben und erlahmte allzu rasch tn seinem Versuch e'ner Sicherung der eigenen Macht durch Gewährung eines Lebens- und Schaf- fensspielraumes für die wuchtig anwachsende deutsche Wirtschafts- und Volkskraft.
Heute darf man keinem deutschen Staatsmann raten, sich ohne viel Federlesens einem neuen Haldane tn der großen Politik anzuschließen,' denn London sieht viel eher einem Versailles als einem Sieg der englischen Weltmacht ähnlich. Die deutsche Außenpolitik muß den Londoner Vorgängen, insbesondere den anfschießenden Keimen einer euro- pä schen Union, gerade deswegen die größte Aufmerksamkeit znwenden. Dabei wird sie sich vergegenwärtigen, daß trotz allem km englischen Weltreich und tn England selbst noch unentwickelte Reserven lebendiger Kräfte bereit stehen, die unter stärkerer und erfahrenerer Hand als der Mac- bonalds nicht in einer verzichtbereiten Vcrteidigungöstim« muna verzettelt würden. England kann seine besonderen, Europa seine allgemeinen Schwierigkeiten jedoch nur überwinden, wenn die Schwächung Deutschlands als Grundsatz der europäischen Ententepolitik endlich pre'sgegeben wird. Die Förderung dieser Erkenntnis drinnen und draußen gehört zu den gewichtigsten Aufgaben der deutschen Außen- Politik tn der Gegenivart.
Karl Friedrich von Siemens, Cla-ence Dillon, der Chef der Führer des glelchnami- des bekannten amerikanischen gen ElektrolonzernS Bankhauses tllon, Tvmp. Read
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