(Enztalbote)
Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt
für das obere Enztal.
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Druck der Buckdruckerei Wildbader Taablatt; Verlag und Sckriftleituug: Th. Gack i» Wildbad.
Fernruf 179
Wie die Blätter melden, besteht die Wiederherftcl- lungskommission, die nun wieder nach Paris zurückgereist ist, darauf, daß die Entschädigungszahlung von SW Millionen Goldmark am 15. Januar 1922 durch- lgeführt wird. Tic Neichsregierung sei nach der Aufsicht der Kommission in der Lage, den erforderlichen Betrag von der deutschen Industrie zu erheben.
Tie spanischen Truppen in Marokko haben den Berg Ainan besetzt.
In Algeciras sind 69 englische Staatsangehörige ausgcschifst worden, die der spanischen Fremdenlegion angchört hatten; sie werden auf Veranlassung ihrer Regierung hcimgcsandt.
Die Angestellten der Schlachthäuser in Chicago haben einer durchschnittlich mehr als 19 Prozent betragenden Herabsetzung der Löhne zngestimmt.
Was lehrt der Marksturz.
Schon oft ist von der Katastrophe der Mark- entwertung gesprochen worden, aber noch nie mit solchem Recht wie gegenwärtig, denn die Mark erreichte in wenigen Wochen einen Tiefstand, wie ihn die österreichische Krone vor einem Jahr aufzuweisen hatte. Niemand weiß, wohin die weitere Entwicklung geht, ob die Mark nun einigermaßen festbleiben oder noch tiefer sinken wird, vielleicht so tief wie jetzt die österreichische Krone, die nur noch den tausendsten Teil eines Schweizer Franken gilt, die weniger wert ist als die polnische Mark und die nur vom Rubel an Entwertung übertrof- sen wird. Die notwendige Folge der fortschreitenden Entwertung des deutschen Gelds ist eine Verteuerung der gesamten Lebenshaltung. Besonders schwer wird hierbei die Preissteigerung der Lebensmittel empfunden, denn bei allen übrigen Bedarfsartikeln des täglichen Lebens kann sich der Mensch einschränken und seine Bedürfnisse zurückschrauben, bet den Nahrungsmitteln ist das ohne Schädigung der Gesundheit nur in engen Grenzen möglich.
Deutschland ist nun Oesterreich gegenüber insofern in einer besseren Lage, als es auch heutzutage noch trotz des Verlustes der östlichen Ueberschußgebiete und trotz des Rückgangs der Produktion infolge des Kriegs den größten Teil der benötigten Lebensmittel selbst erzeugt, während Oesterreich in überwiegendem Maß auf die Einfuhr aus fremden Ländern angewiesen ist. Hier führt jede Entwertung der Krone von selbst zu einer Preissteigerung der Lebensmittel; die Preise waren bisher aber nur dank der Lebensmittelzuschüsse des österreichischen Staats für die Bevölkerung erschwinglich. Nun wird jedoch Einstellung der -staatlichen Verbilligung in dem Programm des Finanzministers als wichtigste Maßnahme zur Sanierung der Finanzen angestrebt, beträgt ja das Defizit im Staatsvoranschlag für das Jahr 1920 150 Milliarden Kronen! Fallen dann die Staatszuschüsse fort, so wird die Verbraucherschaft hinsichtlich der Lebensmittelpreise von jeher Devisenschwankung unmittelbar und restlos betroffen! — Diese Abhängigkeit von den Börsenkursen besteht in Deutschland dank der größeren landwirtschaftlichen Eigenerzeugung nicht; hier folgen die Inlandspreise den Weltmarktspreisen in einem oft sehr großen Abstand. Bei den zahllosen Fäden, durch die Deutschland mit der Weltwirtschaft verbunden ist, besonders auch infolge der notwendigen Deckung des Lebensmittelabmangels durch Einfuhr, müssen aber auf die Dauer auch die deutschen Inlandspreise der Geldentwertung folgen; und sie werden ihr naturgemäß um so schneller folgen, je weniger die deutsche Landwirtschaft imstande ist, den deutschen Inlandsbedarf zu decken. Dabet spricht ferner der Umstand mit, daß die Einfuhr von Lebensmitteln unsere Handels- und Zahlungsbilanz verschlechtert, — ein für die Zukunft viel« leicht ganz besonders schwerwiegendes Moment. Denn Deutschland hat bei der Ausfuhr von industriellen Erzeugnissen nicht nur. mit der von der Geldentwertung hervorgerufenen fortwährenden Erschwerung der Noh- sioffbeschaffung, sondern auch (infolge der Abwehrmaß- uahrnen des Auslands gegen deutsche Einfuhr) mit zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Dadurch wird
^ilöba^, Montag (tcn 2t. November 192t
dann aber die Aufbringung der für die Einfuhr von Lebensmitteln notwendigen Devisen immer schwieriger, und es droht die Gefahr, daß eines Tages überhaupt jegliche Gelder fehlen, um eine Einfuhr zu bezahlen. Die Folge davon wäre eine Hungersnot, wie sie das deutsche Volk bisher noch nicht kennen gelernt hat. Denn, das darf man nicht vergessen, in den Kriegsjahren, wo wir gleichfalls von der Zufuhr aus dem Ausland abgeschnitten waren, standen uns noch die östlichen Ueberschußprovinzen sowie die besetzten Gebiete für die Versorgung zur Verfügung.
Die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung ist also eine Lebensfrage für das gesamte deutsche Volk. Um diese Steigerung zu erreichen, muß die Landwirtschaft nicht nur von allen produktionshemmenden Eingriffen und Maßnahmen verschont bleiben, sondern vielmehr auch tatkräftig unterstützt werden. Der jetzige Marksturz ist eine furchtbare Mahnung, daß Deutschland in der Lebensmittelversorgung volle Unabhängigkeit vom Ausland erstreben muß: Der gegenwärtige . Preis für 1 Zentner deutsches Umlagegetreide (Weizen) beträgt 115 Mk., für 1 Zentner ausländischen Weizen etwa 700 Mark.
Fernruf 179
tabrgyng
Die Bevölkerungsbewegung im Re ch.
In der „Münchner Medizinischen Wochenschrift" finden sich folgende Ausführungen über die Bevölkerungs- b.e gnng in den Nachkriegsjahren 1919 und 1920: Die B. Nlkerungsentwicklung vor dem Krieg wurde auch bei uns in Teuischland durch den Geburtenrückgang bestimmt, der um die Jahrhundertwende besonders deutlich eingesetzt halte. Auf 1000 weibliche Personen im Alter von 15 bis 50 Jahren kamen im Jahr 1900 146,1 Kinder, 1906 132,6, 1912 nur noch 110,6 Kinder. Trotz dieses raschen Geburtenrückgangs hatte aber die deutsche Bevölkerung infolge des starken Rückgangs der Sterblichkeit und besonders der Säuglingssterblichkr't eine starke natürliche Zunahme. Ter Ueberschuß der Geborenen über die Gestorbenen betrug auch noch in den letzten Friedensjahren über 800000 Seelen.
Während des Weltkriegs ist die Zahl der Eheschließungen tief gesunken. Während bis 1914 im Deutschen Reich — ohne Elsaß-Lothringen — durchschnittlich jäh.lich etwa 500000 Ehen geschloss.n wurden, das sind 8 Heiraten auf 1000 Einwohner, sank die Zahl im Jahr 1915 und 1916 aus 4,1 auf 1000 und betrug auch im Jahr 1918 nur 5,4 auf 1000. In den fünf Kriegsjahren hätten normalerweise 2Hz Millionen Ehen geschlossen werden müssen; es kam aber in diesem Zeitraum bloß zu1660 000 Ehen, so daß der Ausfall 840 000 Heiraten beträgt. Der Krieg wirkte also aus die Eheschließungshäusiakeit so ein, als ob 1 Jahr und 8 Monate lang überhaupt keine Ehe geschlossen worden wäre. Die gleich nach dem Kriegsschluß einsetzende „Heiratsepidemie" hat 82 Prozent dieses Ausfalls wieder eingebracht.- Im Jahr 1919 kamen auf 1000 Einwohner 14,8 Heiraten, und es wurden in den beiden ersten Nachkriegsjahren rund 1,7 Millionen Ehen geschlossen, das sind ewa 750 000 mehr, als normalerweise zu erwarten waren» Ende 1920 war also die Eheziffer der Vorkriegsjahre weit überschritten und der. Kriegsausfall bis auf etwa 100 000 Ehen wieder eingebracht.
Freilich nahmen nun auch die Ehescheidungen, die im Krieg stark zurückgegangen waren, seit 1918 wieder sehr zu, und während sie z. B. 1916 nur 10494 betragen hatten, gab es 1919 22022 gerichtliche Ehescheidungen. Durch den vorzeitigen Dod so vieler im Kriege Gefallener sowie durch die im Kriege gesteigerte Sterblichkeit der Zivilisten wu den etwa 450090 "bestehende Ehen durch das Sterben eines Gatten mehr gelöst, als normalerweise zu erwarten war. Vor dem Krieg hatte cs jährlich durchschnittlich 200 000 mehr geschlossene als gelöste Ehen gegeben. Der Gesamtbestand an Ehen betrug 1910 in Deutschland 11,6 Millionen und vor Kriegsausbruch 12,3. Bei normaler Entwicklung hüte es Ende 1920 in dem alten Reichsgebiet 13,6 Millionen Ehen geben müssen. Tatsächlich ergibt sich aber ein Fehlbetrag von einer halben Million Ehen.
Diese verhältnismäßig große Zahl von Eheschließungen hat aber nicht die zu erwartende Vermehrung der Geburten gebracht. Während des Kriegs wurden etwa 3chz Millionen Kinder weniger geboren, als zu erwarten war.
Mit einem Ersatz dieser" Ungeborenen kann — im Gegensatz zu den nach anderen Kriegen gemachten Er ahruugen — nicht gerechnet werden. Wohl setzte im August 1919 eine verstärkte Geburtshäusigkeit ein, aber die'el Jahr schloß mit einem Fehlbetrag von 400 000 Geburten ab. Doch auch im Jahre 1920 hat die nach dem Frieder! einsetzende „Geburtenwelle' n r knapp die Geburwnzi ser des Friedensjahrs 1911 erreicht, ist aber bereits vom l zweiten Vierteljahr 1920 an in rasch absteigender Lini« t so tief gesunken, wie es unter normalen Verhältnissen t vor dem Krieg im Deutschen Reiche nicht bekannt war.
Die Sterblichkeit hat sich 1919 und 1920 wieder dem ^ Vorkriegsstand genähert, ist in den letzten Deeiviertel- f fahren sogar unter den Stand von 1913 zurückgegangen.
. Auch die Säuglingssterblichkeic zeigt wieder (inen er- . treulichen Rückgang. Erst das'Jahr 1919 b,achte wieder ' einen Geburtenüberschuß von geringer Höhe, und auch ^ im Jahr 1920 ist der Geburtenüberschuß der Vorkriegszeit nicht erreicht worden. Rechnet man die durch die Gebietsabtretungen verlorene Bevölkeru ng mit den anderen durch den Krieg erlittenen Einbußen zusammen, so l ergibt sich, daß das Deutsche Reich bis Ende 1920 etw« ! 11 Millionen Menschen verloren hat. Während es be? ! normaler Weiterentwicklung Ende 1920 etwa 73 Mill.
! Einwohner hätte haben müssen, ist die Zahl auf etwa
- 62 Millionen zusammengeschmolzen.
! Die Kohl.nfördrrung des Ruhrbeckens l im Oktober 1921.
: Die Kohlenförderung des Ruhrbeckens (eiuschl. der links-
> rheinischen Zechen) hat betragen: i Gesamt- Zahl der arbeitstägliche
! förderung A.beilstage Förderung
j Oktober 1921 8 047 353 t 26' 309514 t
; Sevtbr. 1921 7 853 871 t 26 302 072 t
l Februar 1921 8174 096 t 24 340 609 t
: Oktober 1913 9 895 090 t 27 366 484 t
' Die arbeitstägliche Förderung ist mithin von 302 072 t ,"im September auf 309 514 t im Oktober gestiegen. Die j Minderförderuug beträgt im Vergleich zum Februar (dem : lebten Ueberschichtsmgnat) rund 31100 1 und im Ver- ; gleich zum Oktober 1913 rund 57 000 t. Im rheinisch- ! westfälischen Steinkohlenbergbau waren Ende Ortober 1919 s 551730 Arbeiter b.schästigr gegen 550502 Ende Sep- i tember 1921 und 519 685 Ende Oktober 1920. Seit f Oktober 1913 hat sich die Belegschaft um etwa 130 000 f Mann vermehrt. Die durchschnittliche Wagengestellung s (ohne Sonntage) betrug 19 516 D-W. Die Eisenbahnbetriebslage wurde im Oktober infolge des anhaltend schlechten Wasserstands der deutschen Ströme so gespannt, daß vorübergehend verschiedene GAiete des Westens und auch der Hamburger Bezirk gesperrt werden t mußten. Die Lagerbestände sind von 359104 t Ende f September auf 634 634 t Ende Oktober gestiegen. Die f mit Geltung ab 1. September !92l mit den Berg-
- arbeiter-, sowie technischen und ta mänuischen Angestelltenverbänden neu abgeschlossenen 9ohu- bzw. Gehaltsabkommen sind zum Schluß des Monats Oktober wiedergekündigt worden. Die inzwischen im November eingo- leiteten Verhandlungen mit den Bergarbeiterverbänden haben eine Erhöhung der Löhne um durchschnittlich 27 Mk.
, je Schicht gebracht; außerdem ist der Soziallohn um 3 Mk. s erhöht worden. . ,
Geha tsbeweqima der Han essanaestellten.
Ter Schlichtungsausschuß in Stuttgart hat die folgenden Sätze vorgeschlagen:
Gruppe A,: Mit 16 Jahren für Oktober 500, November 560, Dezember 600 Mk.; 17 I. 600, 660, 700 Mk., 18 I. 700, 760, 800 Mk.: 19 I. 780, 860, 900 Mk.; 20 I. 860, 960, 1020 Mk.: 21 I. 960, 1060, 1120 Mk.; 22 I. 1060, 1160, 1220 Mk.; 23 I. 1140, 1260, 1340 Mk.; 24 I. 1200, 1350, 1430 Mk.; 25 I. 1260. 1420, 1500 Akk.; 26 I. 1300, 1475, 1575 Mk.; 27 I. 1350, 1525, 1625 Mk.; 28 I. 1400, 1575, 1675 Mk.; 29 I. 1450, 1625, 1725 Mk.; 30 I. 1500, 1700, 1800.
Gruppe 8: Mit 19 Jahren für Oktober 830, November 950, Dezember 1000 Mk.; 20 I. 950, 1050, 1100 Mk.; 21 I. 1050, 1150, 1200 Mk.; 22 I. 1150, 1250, l325 Mk.: 23 I. 1275, 1400, 1475 Mk.; 24 I. 1275, 1400, 1475 Mk.; 25 I. 1375, 1500, 1575 Mk.; 26 I. 1425, 1580, 1680 Mk.; 27 I. 1475, 1660. 1760 Mk.: