(Enztalbote)
Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt
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Druck -er Buckdrnckerei Wildbader Tagblatt: Verlag und Schriftteitung: Th. Gack in Wildbad
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ll'immer 272 Fernruf 179
Tagesspiegel.
Die Regierung von Ulster (das protestantische Nordostirland) hat den Vorschlag Lloyd Georges, Ulster in ein einheitliches Irland einzngliedern und zwei Grcnzgrafschaften an Südirland abzutreten, abgelchnt.
Nach ukrainischer Meldung sollen die Ukrainer den Bolschewisten Kiew, die Hauptstadt der Ukraine, entrisse« haben.
Die chinesische, koreanische und japanische Regierung haben von der Sowjetregierung eine Einladung zu einer Konferenz in Irkutsk erhalten.
Der amerikanische Stahlkönig Henry Fori, der als Pazifist bekannt ist, kündigte an, das; er bereit sei, die gesamte Kriegsflotte als altes Eisen aufzukaufen. Er will das Kriegsgerät zu Automobilen und landwirtschaftlichen Maschinen umbauen. Dieser Vorschlag wird von den Eisen-Magnaten ganz ernst genommen.
Wochenrundschau.
Die Zeit rückt immer näher, wo die nächste Vierteljahrszahlung fällig ist. Am 15. Januar müssen 500 Millio n en Gold mark an die Wiederherstel- Irmgskommission abgechhck werden. Nach dem Heuligen Dollarkurs sind das rund 32^ Milliarden Papiermark. Drinnen und draußen weiß man, daß es ganz unmöglich ist, in der kurzen Frist diese Summe aufzubringen, nachdem erst am 15. November eine Rate in Sachleistungen erfüllt worden ist. Das geheimnisvolle Walten der Wie- derh er st ellnn g s ko mmissi o n, die seit mehr als einer Woche in Berlin weilt, gilt der Feststellung ob und wie die Einhaltung der Verpflichtung zu machen sei. Zum Unglück für uns besteht ja wieder einmal eine „Spannung", und zwar keine geringe, zwischen den verbündeten Englände n und Franzosen. D.r englische Vertreter in der Wiederherstellungskommission, Bradbury, der mit demjenigen Frankreichs, Dubois, am 12. November eine Unterredung mit dem Reichskanzler Wirth hatte, berichtete an seine Regierung, es seien von Deutschland Garantien gegen eine Bevorzugung Frankreichs durch das Wiesbadener Abkommen zu fordern. Nach dem Valutakrach — so sagt Bradbury —, der auf die erste Milliardenzahlung erfolgte, sei der Zweifel begründet, ob Deutschland am 15. Januar wieder bezahlen könne. Deshalb sei es verkehrt, dieses zahlungs m ähige Deutschland mit so weitgehenden Sachl istungen zi belasten, die vur zu weiterer Ve Wässerung der deu scheu Valu a chh- ren, denn das Reich müsse für die Leistungen die Industrie in bar bezahlen und immer neue Hausen von Papiernoten drucken. Solange aber die Massen-Nolen- labrikation andauere, sei für einen Kredit im Ausland keine Aussicht. In London will man nun zwar die deutsche Krise nicht verhindern, aber man wünschte, daß Deutschland sie üb er stehe. Die Sachleistungen sollen ledmfalls derart sein, daß sie nicht.„gratis", d. h. rein ous Rechnung der Kriegsentschädigung, erso gen, sondern daß Deutschland da ür Gegenleist ngen erha..e, um se bst Meder Kam er werden zu können. Von einem Schuldnachlaß will England nichts wissen, wenigstens solange Amerika den Verbündeten ihre Schulden nicht erläßt. Dagegen scheint nian in London nicht abgen igt zu sein, uötigen'alls eine Fristverlängerung zi gewähren. Hiebei stößt man aber aus den hartnäckigen Widerspruch Frankreichs, das ebenfalls die Krise herbciwünscht, nur ' M sie Deutschland womöglich nicht üb er stehen. Tie ".^onktion" der Besetzung des Ruhrgebiets wäre ne nächste Folge. Arbeitet doch Frankreich planmäßig daraus hin, die Zahlungsfähigkeit Deutschlands auch von wnen heraus zu zermürben. Es war nicht gnrug, Ober- Wesien zu ra ben, nun sollen auch die „Deutschen ^,erke" vernichtet werden, Fabrikanlagen, deren Ma- Ichmenwert allein in. die Hunderte von Millionen gehen. Die Pariser Zeitung „Temps", die man derzeit W halbamtlich bezeichnen kann, begeistert sich ferner für den Vorschlag eines angeblichen englischen Majors mit dein französischen Namen Lefevre, die deutsche che- ^lsche Industrie zu beschlagnahmen und unter die Kapitalisten der Verbandsländer — wie die Kohlcn- und Mklager Oberschlesiens — zu verteilen. Das sind ^Mardenwerte, die für die Reichswirtschaft wegen der bedeutenden Ausfuhr noch die hauptsächlich-
^ilcjbscj, äsmsteig äen 19. November 971 Fernruf 179 HG sssim-Z g
i sten Einnahmequellen vom Ausland her darste'l n, s denn trotz Spionage und Bestechung von Angestellten ist das Ausland der deutschen chemischen Industrie noch lange nicht an die Gurten gekommmen. Lefevre und der Temps „befürchten" aber, daß die deutschen Fabriken heimlich wieder giftige Gase Herstellen und einen Krieg vorbereiten könnten und da gebietet es die „Sicherheit" des armen Frankreich, die Werke unter die Verbands- i länder zu verteilen. Auch diese „Sanktion" steht also i vor der Tür.
! Nur eiue Aussicht besteht noch, daß die Zahlung am l 15. Januar erledigt werden kann, und diese gründet sich s auf das Zustandekommen der Kredithilfe des Reichs- s Verbands der Deutschen Industrie. Aber es schwebt ein ^ eigenartiges Verhängnis über den nun sich Monate hin- - durch hinziehcnden Verhandlungen. Die Regierung weiß, .daß sie ohne diese Kredithilfe dem Verband die Zahlungsunfähigkeit ansagen muß, aber sie selbst wie die Parteien, die Gewerkschaften und die Eisenbahnerverbände haben die von der Industrie gestellten Bedingungen mehr ! oder weniger bestimmt abgelehnt. Namentlich wollte man s von der Ueberführung der Reichseisenbahnen in Privat- ! besitz nichts wissen. Die Gewerkschaften stellten Gegenforderungen wie Sozialisier, ng der Bergwerke, Beschlagnahme der Betriebsvermögen bis 25 P.ozent, Erfassung der Auslanddevisen u. a. An diesen Gegenforderungen würde, wie der Jndustrieverband erklärte, die Kredithilfe sofort scheitern; er machte nun aber ein neues Angebot, das die ersten Bedingungen wesentlich einschräukt indem z. B. die Eisenbahn nicht schlechtweg „privatisiert" werden soll, es würde vielmehr eine neue Wirtschaftsform für das Eisenbahnwesen zu suchen sein, die den kapitalistischen Monopolcharakter vermeidet und doch den von' allen Seiten als notwendig anerkannten Be.riebsreformen im Sinn privatwi tschasi- licher Betriebe weirgeheuden Spielraum läßt. Der Jndustrieverband hat nun zunächst mit den Vertretern der Landwirtschaft, des Handels, der Banken, des Gewerbes Fühlung genommen, auch mit den Gewerkschaften soll verhandelt werden. Auf dieser breiten Grundlage hofft man die Kredithilfe leistungsfähig ausb.ru. n zu können. Die Verhandlungen werden nicht leicht sein, aber' sie müssen jetzt endlich zu.einem Ziel führen, oder wir haben neues Elend, Valutasturz, Teuerung und Sank- l tionen zu erwarten. >
In Washington hat man auf der .Abrüstungskonferenz ständig ein Auge auf Deutschland gerichtet, wenn auch Deutschland sowenig wie Rußland zu der Gesellschaft geladen worden ist. Der Zweck dieser Konferenz ist, wie sich schon herausgestellt hat, trotz ihres Namens, gar nicht die Abrüstung gewesen. Ter amerikanische S'aatssekretär Hughes, der die Verhandlungen leitet, hat die ganze Versammlung vielmehr mit einem — Rüstungsprogramm überrascht, das zwr- schen den drei stärist.n Seemächten Amerika, Großbritannien und Japan vereinbart werden soll. Diese drei Staaten organisieren die Seepoliz.i für unseren Erdball und messen sich selbst die Rüstung zu und Passen auf, daß ihnen die Kleineren und Kleinen durch übertriebene Bewaffnung nicht lästig werden können. England soll den Kern seiner Flottenmacht aus,22, Amerika aus 18, Japan aus 10 Großkamp, schisse begrenzen. Das ist immerhin eine Ersparnis, wenn man bedenkt, daß so ein moderner Schifssri.se s.ine 200 Millionen Goldmark kostet. Wer die Ueberlegeuheit aufrecht erhalten kann, ohne sich aus die unsichere Bahn des Wettrüstens zu brgeben, der wäre ein Narr, wenn er davon nicht Gebrauch machen würde. Amerika verfolgt nun freilich dabei seine ganz bestimmten Ziele, die vermutlich mit England längst verabredet waren. Einer der großen Zwecke der amerikanischen Wcltpolitik ist dieLoslösung Englands von Japan. Warum soll Amerika den Engländern das am Ende doch nicht entscheidende und vielleicht nur^auf dem Papier stehende llebergemicht von vier Linicnschigen nicht zugcstehen, wenn es dadurch im offenen oder heimlichen Kamps um das Still., Weltmeer ganz England auf seine Seite b'e- ? kommt? England hingegen kann das japanische Bündnis ! heute, wo seine beiden gechhrsichsten Nebenbuhler, Deutsch- s land und Rußland, so freundlich waren, sich gegenseitig zu f ruinieren, leicht entbehren. Die „Abrüstung" ist der Deckmantel, der England das Herausschlüpsen aus den Maschen des japanischen Bündnisses erleichtert: wer sich der englisch-amerikanischen Vorherrschaft widcrsetzt, ist ein Feind des Gedankens der Abrüituna! Denn das scheint ^
der wahre Zweck der Konferenz von'Washington zu fein: Verständigung über die gemeinsame Vorherrschaft Englands und Amerikas in einer Form, die alle Welt anerkennen muß.
Die Japans r wissen wohl, um was es sich handelt. Was gäben sie nicht darum, könnt n sie die deutsche Macht zu Wasser und zu Lande wiederherstellen! Jetzt ist dre Reihe an ihnen. Ohne Krieg, der ist bei dem Schisss- verhältnis von 40 zu 10 nicht mehr nötig. Und doch gibt es „plötzliche Schwierigkeiten", die ch i n e s is ch eFr ag e. Es ist nämlich nicht gesagt, daß Japan und China ewig Feinde bleiben müssen; die beiden gelben Raffen können sich auf einmal wieder gegen die „Weißen" zusammen- sinden. — Von der Abrüstung zu Lande wird in Washington w.nig oder gar nicht die Rede sein und -Herr Briand kann schon in nächster Woche wieder nach Hause reisen — ob enttäuscht oder befriedigt? das ist jetzt noch schwer zu sagen. Frankreich wird jedenfalls künsiig sein Heer um keinen Mann vermindern und auch, wie Italien, die Flotte eher vermehren als verkleinern. Während aber das amerikanisch-englische Finanzkapital an die Ausbeutung der Teile der Welt geht, die noch ausbeutungswürdig sind, Rußland eingeschlossen, wird der französische Kapitalismus mit Deutschland (die chemische Industrie!) abgeginden. Das ist der Bluff von Washington!
Die neue: Bezüge der Beamten.
Von zuständiger Seite wird mitgeteilt:
Bei Erörterung d.r neuesten Aenderungen der Beamtenbesoldungsbezüge ist mehrfach bemängelt worden, die Spannung zwischen den Gesamlbezügen der verschiedenen Beamtengruppcn sei zu sehr und in unsozialer Weise erweitert. Diese Krilik scheint nicht genügend berücksichtigt zu haben, in welch scharfer Weise die höheren Ein- kommensbeträgc von der Einkommensteuer erfaßt werden. Diese nimmt bekanntlich schon von dem 50000 Mk. übersteigenden Einwmmenskeil 45 v. H. in Anspruch. Die Wirkung der Steuerbelastung veranschaulichen in schlafender Form die Berechnungen, die die Reichsregierung ihrer Vorlage b ig. geben hat. Darnach betragen z. B. die nach Abzug der Re i ch s einko mm e n st euer verbleibenden Dünslbezüge für einen vcrheirmeten Beamten mit 2 Kindern im Alter von 6—14 Jahren:
in
beim
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Anfangsgehalt
Endg.halt
gruppe
in Ortsklasse
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A.
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I
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I-I
20 220
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24 760
20! 40
21 950
III
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20 650
19 680
26 680
24 960
23 800
IV
23520
22 170
21 090
28 340
26 400
25 060
V
25 240
23 520
22 360 -
29 950
27 795
26 300
VI
26 200
24480
23 320
32110
30 045
28 600
VII
28 340
26 400
25 060
34 6l0
32 620
31270
VIII
30 850
28 605
27 250
37 920
35 865
34140
IX'
33 3.0
31760
29 950
4 440
3,600
38 280
X
36 560
34 695
33 370
45 400
43 645
42 430
XI
40 780
38 880
37 560
50 335
48 355
47 035
XII
46 060
44 305
43 090
58 915
56 935
55 615
XIII
56 275
54 295
52 975
73855
71875
70555
Die Bezüge der Gruppe XIII betragen hiernach nach Berücksichtigung der Einkommrnstcuerbelastung das 3,2 bis 3,4fache der Bezüge der Gruppe I. Stellt man vollends in Rechnung, daß sowohl Gruppe I wie Gruppe XIII nur verhältnismäßig nwnig besonders geartete Beamt.nstel- lungen enthalten, und v gleicht die regelmäßige Anfangsgruppe des sog u. umcren Dienues (Gruppe II) mit der regelmäßigen Eudstellung des sogen, höhe en Dienstes (Gruppe XII), so betragen die Gesamtbezüg. in der letzteren Dienststellung das 2,3 bis 2,5sache der Bezüge in ersterer Dienststellung. Tie hiernach verbleibende Spannung kann beim Vergleich der beanspruchten Leistungen und des Aufwands für Vor- und Ausbildung keineswegs als übertrieben bezeichnet werden.
Wirtschaft icher Wochem'U erblick.
Geldmarkt. In der Valutabewe ; ing hat sich eine kleine Besse ung durchgesetzt. Der amerikanische Dollar steht nicht mehr 320, sondern 258. Das ist immer noch mehr als das Doppelte des Erträglichen, aber es ist wenigstens ein Rückschlag. .Hervorgeru'en ist er in der Hauptsache durch die Beschränkung der Dwisenspekula-
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