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Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Cnztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schristleituug: Th. Gack in Wildbad.

Nummer 163

Fernruf 179.

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Fernruf 179.

56 Icckrgsng

Reichskanzler Wirth hielt in einer zum Abschluß des o-erschlesischcn .Hilfstags ftattgchabten Bersamm- lnng eine bedeutsame Rede über die Nnmcndnng des Selbstbestimm«,rgsrcchts der Völker auf Lberfchlesien.

Der Rechtsansschns; des Reichstags lehnte mit II gegen 12 Stimmen den Antrag der Linksparteien ans Znlafsiing der Frauen znm Richtcramt ab.

Ter Nntcransschns; des parlamentarischen Untersu­ch,ingsansschusses des Reichstags beschäftigt sich neuer- diiGs mit den Ursachen der Revolution.

Die Entente will nun die Auslieferung der Anf- marschpläne des deutschen Generalstabs fordern.

Das Garantiekomitce der Entente in Berlin hat die Etatsnnterlagen für die deutsche Erwerbslosenunter- sttttzung gefordert.

Korfanty droht bei einer ungerechten Entscheidung des Obersten Rats über Oberschlcsien mit neuer Er­hebung der Polen.

Ter Parteitag der englischen Arbeiterpartei beschloß, an alle sozialistischen Organisationen der Welt Ein­ladungen zn einer Konferenz zu verschicken, um eine «mfaskcndc Fnternationale zn schaffen.

Der KriegsbeschuldigteuprozeA Stenger und Crnsius.

In diesem neuesten Prozeß handelt cs sieh um einen angeblich von Generalleutnant Stcnger erlassenen Bri- gadebesehl, alle Verwundeten zu töten und keine Ge- sangenen zu machen. Seit zivei Tagen bemüht sich nun Scnatspräsident Dr. Schmidt, unterstützt von Oberreichs­anwalt Dr. Ebermayer durch Vernehmung einer alles Herkommen übersteigenden Anzahl von Zeugen das recht­lich und tatsächlich Entscheidende des angeblichenBri- gadebesehles Stenger" aus einein Wust von Psychose, Neu­rasthenie, Rcgimentsklatich und feindlicher Verhetzung her- auszuschälen.' Man emp indet, daßGerechtigkeit" und Wahrheit" auch nur Annäherungswerte an das Absolute sind, das unerreichbares Ideal bleiben muß. Aber in dem Abstand von der erreichbaren Vollkommenheit zum Ideal liegen Schicksale einzelner beschlossen und die Ehre einer tapferen Armee, das Ansehen unseres Volkes. Hier liegt die ungeheure Verantwortung des Gerichts. Diese Verantwortung läßt Dr. Schmidt in nimmermüder Freundlichkeit aus die Individualität der Zeugen ent­gehen, läßt ihm mit immer frischem Scharfsinn nach neuen psychologischen Hilfen Ausschau halten, um möglichst voll­ständige Erinnerungsbilder zu erhalten, die den Zwie­spalt zwischen den einzelnen Aussagen erklären könnten.

Im Verlause dieser zweitägigen Zeugenvernehmung hat sich folgende Gruppierung herausgebildet: die Gruppe deutscher Offiziere aus der Brigade Stenger, die alle übereinstimmend ausiagen, einen Befehl, alle Verwun­deten zu töten und keinen Gefangenen zu machen, nicht erhalten zu haben. Sie kannten ihn nur gerüchtweise. Die einzige Variante in ihren Aussagen war etwa die, daß der eine nichts von Baumschützen, nichts von heimtücki­schen französischen Verwundeten gesehen haben will, der andere die Kampsesart der Franzosen als korrekt bezeich>- net. Die zweite große Gruppe sind die elsässischen Zeu- ; gen, ehemalige Soldaten der Brigade Stenger, deren Er­innerung ohne Zweifel durch die Vorvernchmungen von französischer Seitezu stark ausgehellt" worden ist. Bei einigen hat man den Eindruck, einen gut memorierten Aussatz aussagen zu ho^n, als sie wie ein abschnar­rendes Uhrwerk die Schaudermär vomBefehl Stenger" austischten. Aber da sind mach stellte darunter, deren Aussagen so bestimmt sind, die im Kreuzfeuer von Ver- . teidigung, Oberreichsanwalt und Präsident unbeirrbar ^ bleiben, die bei Konfrontierungen im Gerichtssaal ihre , Aussage mit solch überzeugender Aeidenschaftlichkeit fest- j halten, daß man sich dem Eindruck, subjektive Wahrheiten > gehört zu haben, nicht entziehen kann. Nur belasten ge- ; rade diese Zeugen den Major Crnsius und den Major l Müller; die Frage, woher d- mc nun eigentlich derBe­fehl Stenger" gekommen sei, vermögen sie für den > Unbefangenen Zuhörer nicht, zu klären.

Zwischen diesen beiden Gimppen eine Gruppe reichs- beutscher Soldaten. Ihre Haltung ist anders als die der

Elsässer. Sie sprechen unter starken Hemmungen und zeigen sich den nachbohrenden Worum des Präsidenten zugänglicher. Einige von ihnen wollen die zum Teil sehr präzisen Aussagen aus ihrer Voruntersuchung, die Ge­neral Stenger belasteten, nicht mehr wahr hasten, es ent­stehen zwischen den Vorhalten des Vorsitzenden und ihren Antworten Augenblicke, in denen die Stille selbst zur Rätsellöserin werden will.

Immerhin scheint soviel klar g-Mx>rderr: ein ,,Befehl Stenger" ist von Major Crnsius und Major Müller tat­sächlich verbreitet worden. Er ist offenbar auch ausge­führt worden von Crnsius, Müller und einem Zeugen, der sich in erschütternder Ehrlichkeit salbst beschuldigte, auf den wiederholten Befehl von Ennins und Müller, einen französischen Verwnnveten ecs-Henen zu habe». Un­aufgeklärt bleibt bis jetzt nur der Ursprung desBrigade- bejehles".

Der Aufsichtsrat der Neckar-Aktien- Gesellschaft.

In der 1. Generalversammlung Neckar-Aktiengesell­schaft wies der Vorsitzende, -Direktor Dr. Ing. Ottmann vom Reich,sverkel,am-,ck.ckstrrrum darauf !>4n, wie nur mit der kräftigen UnterMM-ch der ErwerbSs.-L«de der Neckar-Userstaaten die Jn-r-,grtsfaatzm? und Durch­führung des großen, für Südr»estr»e«tschl«nd st' bedeu­tungsvollen Werks möglich sei, auch Z-rs er der Hoff­nung Ausdruck, daß nicht nur die Neckark>.-ua>isieruug von Mannheim bis Plochingen rasch sortschreilen, soudeim iyr auch in absehbarer Zeit die Verbindung nach dem Süden folgen werde. Die Wahlen zum Aiuiicbtsnit 41 Mitglieder hatten folgendes Ergebnis-. Staatssekre­tär Kirschstein, Ministerialdirektor O-tma«*, Gechnarat Block (Reichsverkehrsministerium), Gcveisrrrt Sttsche (Reichsjinanzministerium), Ministerialrat Lerrxmami (Neichsschatzministerium), Ministerialdirektor a. D. Süm- pher; Ministerialrat Dr. Hofacker (Württ. Mw-tjlrrmv' des Innern), Ministerialrat Müller (Württ. Finsnzarch^ sterium), Präsident von Lcibbrand (Württ. MinisteiMl- abteilung für den Straßen- und Wasserbau), Mt.rlüx- rialdirektor Fuchs, Baurat Spieß (Bad. ArbeitsminU:-- rium), Ministerialrat Balser (Hess. Finairzministerium). Oberbürgermeister Lauteuschlagcr-Stuttgart, Oberbürger­meister Mülbcrger-Eßlingen, Schultheiß Seber-Kvrli-en- dors, Oberamtmanu Richter-Eßlingen, Oberbürgermeister KuHer-Mannheim, Bürgermeister Trach-Heidelberg, Bür­germeister Dr. Leist-Neckargemüud, StaatSrat MoUherD- Darmstadt, Professor Dr. Klingerrberg-BerUn, Direktor Werner-Berlin, Dr. Robert Bosch-Stuttgart, G-chimrar Dr. Brnckmauir-Heilbronn, Dr. Krßier-HWnHc«, Kom­merzienrat Lvtz-Heilbro n n, Kommerzienrat Magi ros-Mm, Fabrikant Vöqele-MonnheIm, Direktor KermMeuttheim, Direktor Wunder^Sttutgart, Direktor ZtealerD'r»vrviaS- burg, Oberingemeur Helmle-Karlsruhe, Regierungsrai v. Bayer-Karlsruhe, Direktor Brandis-Tarmstadt, Direkto­ren Bansback (Württ. Vereinsbank, Stuttgart), Federer (Diskonto-Gesellschaft, Stuttgart), Gutmann (Kommerz- und Privatbank, Stuttgart), Helbiug (Dresdener Bank, Stuttgarts Nollstadt (Bank für Handel und Industrie, Berlin), Dr. von Stauß (Deutsche Bank, Berlin), Ge­werkschaftsbeamter Fischer-Karlsruhe. In der sich an­schließenden ersten Sitzung des Aussichtsrats wurden Staatssekretär Kirschstein zum Vorsitzenden des Aufsichts­rats, Ministerialdirektor Ottmann und Geheimrat Bruck­mann zu seinen Stellvertretern gewühlt. Bis zur Ent­scheidung über den endgültigen Vorstand der Neckar- Aktiengesellschaft wurden als vorläufige Vorstandsmitglie­der Ministerialrat Dr. Hirsch im Württ. Ministerium des Innern, und die beiden Vorstände der Neckarbaudirektion Hcilbronu, Oberbaurat Konz und Obcrrcgierungsrat Dr. Klotz, bestellt. Schließlich genehmigte der Aussichtsrat einstimmig die Ausgabe der bereits angckündigteu 350 Millionen Mark bprozentiger Teilschuldvcrschreibungen.

Neues vom Tage.

Deutscher Antrag beim Obersten Rat.

Berlin, 4. Juli. Der förmliche Antrag der ReichZ- rcgierung an den am 14. Juli zusammentretenden Ober­sten Rat nach Aushebung der Rheinlandssanktioneu ist am Freitag von den deutschen Botschaftern in Paris, Lon­don und Rom dm verbündeten Kabinetten übergeben worden. .

f In unterrichteten Kreisen wird erklärt, man habe Nach-- richten aus London erhalten, nach denen England sich tatsächlich auf den Standpunkt stellt, daß die oberschle­sische Frage durch einen Mehrheitsbeschluß im Obersten f Rat entschieden werden müßte.

Eine gewaltige Kundgebung sür Oberschlcsien. i Berlin, 4. Juli. Bei dem großen internationalen ; Sportfest im Stadion zogen gestern abend 6 r /2 Uhr in f einer Riesenkundgebung die vberschlcsischen Vereine aus, um sür das Deutschtum Oberschlesiens zu zeugen. Vor f einer tansendköpügen Znhörermenge ergriffen Vizekanz­ler B au e r im Namen der Rcichsrcgierung und Minister­präsident Stegerwald im Namen Preußens das Wort, um Not und Leid Obcrschlesiens zn schilvern. Das Hoch aus das deutsche Oberschlcsien, das Mimsterpräsident Stegerwald ausbrachte, wurde mit ungeheurer Begeiste- k rung ausgenommen. Darauf sang die versammelte Menge ?Ich Hab mich ergeben" undDeutschland, Deutschland s über alles". In feierlichem Zug zogen daraus die Ober- f schlesier aus der Arena. Kein Teilnehmer wird sich, dem ' starken Eindruck der Kundgebung entzogen haben.

Kommunistische Kinbcr-Kundg'bung.

Berlin, 4. Juli. Aus dem Schloßplatz veranstalteten gestern die Kommunisten eine Kundgebung der kommu­nistischen Jugend, die außer Abschaffung der Prügel­strafe auch die Beseitigung des Religionsunterrichts sor- ' derte. Eine gleiche Kundgebung fand in Leipzig statt. Dort kam es aus dem Augustusplatz zu einem Zusammen­stoß mit einem Passanten, der eine abfällige Bemerkung gemacht haben soll. Er wurde aus einem Straßenbahn­wagen herausgeholt und verprügelt. Tic Polizei trieb die Knndgeber auseinander.

i Französische Stimmen sür die Anshebuug d -r i Sanktionen.

; Paris, 4. Juli. In der Frage der Aufheb n n g der iSanktionen" scheint sich in der ösfentlichen Mei­nung Frankreichs ein Stunmungsumschwung anzubah-- nen, der ans die Haltung der Regierung nicht ohne Rückwirkung bleiben kann. DasJournal des Debats" erkennt an, daß die Lage seit Verhängung der Sank­tionen eine so gründliche Veränderung erfahren habe, daß es an der Zeit sei, die Frage ihrer Aufhebung zu prüfen. Voraussichtlich werde die Negierung dazu bereits bei der nächsten Zusammenkunft des Obersten Skats Ge­legenheit haben. Es habe den Anschein, als ob Eng­land, Italien und Belgien der Aushebung geneigt seien. Frankreich habe in diesem Fall keinerlei Interesse, sich unnachgiebig zu zeigen. Sobald sestgesteilt sei, daß die deutschen Angaben über die Durchführung der Entwaff­nung der Wahrheit entsprechen, sei die Anfrcckstcrhaltung ^ der Sanktionen nicht mehr notwendig, zumal einige der Sanktionen, wie die Erhebung der Rheinzölle, Frankreich keinen Nützen gebracht hätten. Es sei wider die Vernunft, Maßnahmen darüber hinaus ausrcchterhalten zu wollen, s allerdings müßten Vorsichtsmaßregeln getroffen werden,

! daß Verletzungen des Vertrags neue Sanktionen automa­tisch zur Folge hätten.

E Aushebung aller Kriegsgesetze in Amerika.

' Paris, 4. Juli. Nachdem Präsident Harding die Friedensentschließung unterzeichnet hat, die dem Kriegs­zustand zwischen Amerika und Demschland und Oester­reich ein Ende macht, wird der Präsident heute noch eine Proklamation veröffentlichen, die ausdrücklich feststellt, daß mit der Wiederkehr des Friedensznstands mit den Mittelmächetn die gesamte Kricgsgcsetzgebung außer Kraft tritt.

Kabinett Bonomi.

Rom, 4. Juli. Bonomi zeigt sich zur Bildung der neuen Regierung auf möglichst breiter Grund! entschlossen. Er will sein Kabinett aus die Mittel- und Linksparteien stützen und ein Programm ausstellen, das innerpolitisch besonders den Sozialisten die Unparteilichkeit der Regierung in den Klassenkämpfen zusichert, die Oie- setze streng wahrt und die öffentlichen Arbeiten fördert, um der Arbeitslosigkeit zu steuern. Nach der Ansicht der Parlamentarischen Kreise wird Vonomic die Bildung einer starken und tüchtigen Negierung gelingen.

Nom, 4. Juli. Voraus.ichNich wird das Kabinett Bonomi wie folgt zusammengesetzt sein: Vorsitz und Inneres: Bonomi; Auswärtiges: Marquis de la Tor- rctta; Kolonien: Gasparotto; Justiz: Fcra; Krieg: Rodino; Marine: Senator Schanger; Schatz: Denava; -