für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt für das obere Enztal.

krlcbeinl täglicb, ausgenommen 5onn- u. feiertags. Verugspreis monatlich Mk. 4.50. vierteljätirlich 13.30 frei ins Haus geüefert: ciurch cüe Post bezogen im innerdeutschen Verkestr Mk. 15.00 einschließlich post- oestellgelä.

Anzeigenpreis: die einspaltige pelit^eile oder cieren kaum 50 psg., auswärts SO Mg.. Kcklsmereilen 1.50 Mk., bei größeren Aufträgen kabstt nach Larik. Zchluk der Anreigenannabme: täglich 8 Ustr vor­mittags.

Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Nummer 96

Fernruf 179

Nilöbuä. Mittwoch, cien 27. April 1921

Fernruf 179.

, 55.Isttrgung

»

Tagesspiegel.

Die deutsche Note mit den Vorschlägen für die Re­paration ist nunmehr veröffentlicht worden. Durch die deutschen Vorschläge kann die Enteignung festverzinslicher ausländischer Werte notwendig werden.

Der Geschäftsordnungsausschuh des Reichstags hat die Immunität Erzbergers in seiner Steueraffäre aufgehoben.

Der Reichspräsident hat den Sondergerichten das Recht der Gewährung von Strafaufschub gegenüber Jugendlichen gegeben.

Die Abstimmung in Tirol hat 98,6 Proz. aller abgegebenen Stimmen für den Anschluß an Deutschland ergeben.

In England stehen 44 Bergwerke unter Wasser.

DaS englische Unterhaus hat den Friedensvertrag .alt Ungarn genehmigt.

Am 80. Juli 1889 hat der in Paris tagende erste Kongreß der neuen Internationale beschlossen, daß künf­tighin die Arbeiter aller Länder den 1. Mai zu- einer Kundgebung für die Erreichung des achtstündigen Ar­beitstags benutzen sollen. Zwei Jahre später, aus der Tagung in Zürich wurde die Kundgebung ausgedehnt aus den Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung, ge­gen die militärischen Rüstungen und für den Weltfrieden. Seit drei Jahrzehnten hat die sozialistische Arbeiterschaft diesen Mais eiertag in allen Ländern durchgeführt, bald bescheiden, bald mit großem Aufwand, mit ober ohne Un­ruhen, und die nichtsozialistische Bevölkerung hatte sich unter Ausrechterhaltung ihres grundsätzlichen Wider­spruchs, praktisch mehr oder weniger damit abgesunden. Am 15. April des Jahres 1919 aber wurde dieser Ar- beiterfeiertag, dessen ursprünglicher Zweck, der Achtstun­dentag, inzwischen erreicht war, durch Beschluß der Na­tionalversammlung in Weimar zum gesetzlichen Feier­tag im Deutschen Reich erhoben.Es wird", so lautete der von Payer (Demokrat) und Mütter (Sozialist) An­gebrachte und mit 161 gegen 86 Stimmen bei 10 Ent­haltungen angenommene Antrag,ein allgemeiner Feier­tag eingeführt, "der dem Gedanken des Weltfriedens, des Völkerhu«tzB und des internationalen Arbeiterschutzes ge­weiht ist, und für den der Charakter eines Weltfeier­tags erstrebt wird."

In wenigen Tagen kehrt der erste Mai wieder. Seit Wochen hallt es davon durch die politische Welt; aber es ist kein Hall des Friedens und der Vötkerversöh- nung, sondern des Kriegs im Frieden, d r Gewalt­politik gegen das deutsche Vol., und die internationale Solidarität hat dabei eine so schwache Stimme, daß sie von den zügellosen Wortkanonaden und dem Säbelrasseln der Franzosen völlig übertönt wird. Was ist es mit dieiem ersten Mai des Jahres 1921? Unsere Gegner ans dem großen Krieg haben uns darauf vorbereitet; sie haben den Tag gar nicht erst abgewartet, um uns mit neuem militärischen, politischen und wirt­schaftlichen Zwang zu bedrücken. Und der erste Mai soll ihnen die Vollendung bringen. Warum wüten sie gegen uns? Angeblich deshalb, weil wir die Bedingungen des Versailler Vertragsnicht ausgesührt" haben. Tatsäch­lich hat Deutschland zur Ausführung dieser Bedingungen Ungeheures geleistet. Da noch dieser Tage der militärische Ueberwachun'gsausschuß des Verbands anerkannt hat, daß die Entwaffnung, die einen strittigen Punkt bildet, befriedigend vor sich geht, so bleibt als einziger ernst­hafter -??. «on der deutschen Regierung aber angesochtener Beschwerdegrnnd nur, daß die Leistung von 20 Mil­liarden Goldmark (in Gold, Waren, Schissen, Wert­papieren oder anderswie) noch nicht erfüllt ist, wie sie es spätestens bis Ende April sein sollte. Daß das gute Gewissen dabei auf unserer Seite ist, dafür zeugt der Vorschlag, die Frage durch ein Schiedsgericht prüfen und entscheiden zu lassen. Wenngleich zuletzt in London über die Höhe der Gesamtentschädigung verhandelt wurde, und wenn wir uns geweigert haben, die vorher auf der Pariser Konferenz beschlossenen Forderungen anzuerken­nen, so kann das nach dem Fricdensvertrag selbst kein Anlaß zu irgendwelchen Strafmaßnahmen sein.Die Be­schlüsse des Wiederherstellungsausschnsses", so besagt der Artikel 233 des Vertrags,über den Betrag der Schä­den werden spätestens am 1. Mai 1921 aufgesetzt und

i der deutschen Regierung als GcRnttbetrag ihxer'Berpflich- ! tungen bekcmmg-.'geben. Bis onlnn oder Haber» wir aus ! Grund des Vertrags keine Verpi!rchr-u,g Mo nicht ein­mal die Möglichkeit, eine Gema>t>vrLt.r,i,u,. unz-tuchmen . oder abzulehnen. Die Berechngnng oieser Auffassung l wird mittelbar gerade dadurch ermüw.i, haß vie Gegner l selbst sich niit ihrer Drohpolitik aus oen 1 Mai Anrichten.

! Aber sie konnten diesen Tag nichl aöwanen, und kein l Hinweis aus die BertragswiSc-gleit des Vorgehens ver- j mochte ihre Ungeduld zu zügeln. Insbesondere haben sie s sich nicht gescheut, dem R heinl»»n 0 die schwersten s Schädigungen auszuerlegen, inoem sie den Artikel 270, der , ihnen die Einführung einer eigenen Zottordnung anheim ! gibt,um die wirtschaftlichen Interessen der Bevöl- s kerung dieses Gebiets zu wahren", in sein Gegenteil Ver­ls kehrten. Ebenso denken sie auch neu Sinn des Weltfeier- j tags vom 1. Mai zu encsttlle.r; der Geist des Frie-

- dens soll verleugnet, die welnotttschastliche Jnteressen- ? Verflechtung mißachtet, der Verstüiwigungswille zurück- ! gewiesen weren.

^ So wollen eS wenigstens die Machthaber Frankreichs.

^ Die zweite Note an Amerika.

Die neuen SnLschävignngsvorschliige. s Berlin, 26. April,

i Dem stellvertretenden amerikanischen Geschö.Mräger in s Berlin ist am 24. April eine Note übergeben worden, in der sich Deutschland bereit erklärt, zum Zweck der Ent- ^ schädignng eine Gesamtverpflichtung von 50 Milliarden Gold mark Gegenwartswert an-

- zuerkennen. Deutschland ist auch bereit, den Wert die­ser Summe in jährlichen Leistungen, die seiner Leistungs-

- fähigkeit angepaßt sind, zum Gesamtbetrag von ! 200 Milliarden Goldmark zu zahlen. Deutsch- . land will ßine Zahlungsverpflichtung in nachstehender s Form regeln:

s Deutschland nimmt sofort eine internationale s Anleihe auf. Es wird sich selbst an dieser Anleihe

- beteiligen. Der Ertrag der Anleihe wird den Verbünde- s ten zur Verfügung gestellt. Den Betrag der zu bezahlen­den Summe, der durch die internationale Anleihe nicht

; gedeckt ist, wird Deutschland nach Maßgabe seiner Lei- ! stungssähigßit verzinsen und abzahlen. Deutsch-

- land hält hierfür zur Zeit nur eine Verzinsung von 4

- Prozent jährlich für möglich. Deutschland ist bereit, j die beteiligten Mächte an einer Besserung sei- s ner finanziellen und wirtschaftlichen Lage teilnehmen j zu lassen.

! Um die Restsumme möglichst rasch! abzütragen, will s Deutschland sich mit aller Krast an dem Wiederauf- s bau der zerstörten Gebiete beteiligen. Zum glei- i chen Zweck ist Deutschland bereit, nach einem möglichst

- rein kaufmännischen Vertrag Sachleistung für die ! geschädigten Staaten zu übernehmen. Deutsch- f land ist ferner bereit, der Wiederherstellungskommission ! alsbald den Betrag von 1 Milliarde Goldmark s in folgender Form zur Verfügung zu stellen: n) 150 l Millionen Goldmark in Form von Gold, s SilberundDevisen; b) 850 MillionenGold- s mark in Reichs sch atzw e ch s el n, die längstens in- ^ nerhalb 3 Monaten in Devisen und ausländischen Wcrt- i papieren eingelöst Werdern

Gegebenenfalls würde Deutschland willens sein, nach Maßgabe sciner Leistungsfähigkeit Verpflichtungen der Verbündeten ans ihrem Schuldverhält­nis zu den Vereinigten Staaten auf sich zu nehmen. Deutschland schlägt vor, daß über die Art und Weise, wie die deutschen Leistungen zu Wieder­herstellungszwecken auf die deutsche Gesamtschnld anzu­rechnen sind, insbesondere über die Festsetzung der Preise und Werte unter Hinzuziehung von Sachverständi­gen verhandelt wird. Deutschland würde bereit sein, den Geldgebern aus öffentlichen: Eigentum und öffentlichen Einkünften jede erforderliche Garantie zu geben.

Mit der Annahme dieses Vorschlags erlöschen sämtlche anderen Verp achtungen Deutschlands zu Entschädigungs- Zwecken. Auch ist das deutsche Privatvermögen rm Ausland frei. Deutschland hält seine Vorschläge nur für durchführbar, wenn das System der Sank­tionen alsbald aushört, die gegenwärtige Grund­lage der deutschen Produktion nicht noch weiter verringert,

die deutsche Wirtschaft zum freien Weltverkehr zugelassen und von unproduktiven Ausgaben (Besetzung, Ucberwa- chung nsw. D. Schr.) entlastet wird. Deutschland ver­pflichtet sich, die gutachtliche Entschließung einer internationalen Sachverständigen­kommission über seine L e i stu n g s r ä h i g- keit als bindend anzuerkennen. Die deutsche Regierung erklärt sich bereit, Aenderungs Vorschlä­ge oder andere Vorschläge der amerikani­schen Regie rung bereitwillig entgegen zu nehmen.

Neues vom Tage.

Bedauerlicher Irrtum.

Berlin, 86. April. Der Wi derherstellnngsausschuß in Paris hat die Reichsregierung darauf aufmerksam ge­macht, daß in den Listen der ausgelieferten Handels­schiffe, nach denen 4 600 000 Tonnen im Gutschrifts­betrag von 7 Milliarden abgegeben worden sein sollen, 700 000 Tonnen zu viel angerechnet seien. Dieser Irrtum wurde deutscherseits anerkannt. Ferner.seien, nach der Mitteilung der Kommission, 1800 000 Tonnen ange- rechnct, die von den Verbündeten während des Kriegs b e- schlagnahmt wurden. Diese Schiffe dürfen aber nicht zu den ablieserungsp Wichtigen gezählt werden.

Aufhebung dev Immunität Erzbergers, k Berlin, 26. April. Der Geschästsordmrngsausschuß ! des NAchstags hat mit allen gegen vier Stimmen beschlos­sen, die Jnlmunität des Abg. Erzberger für die Straf- ' Verfolgung ivegen Einkommenssteuerhinterziehung und Ka- l prtalflncht aryzuheben.

s Abschiebung der Russen.

^ Berlin, 26. April. Durch die Ratifizierung des rus­sisch-polnischen Friedensvertrags ist jetzt die Reichsregie- s rung in den Stand gesetzt, die noch in Deutschland be-

- findlichen rund 45 000 internierten Russen in ihre Hei-

- mat zu entlassen. Der erste Transport verließ Stettin ! gestern abend.

s Süddeutscher Landwirischastskammertag. i München, 26. April. Hier traten gestern zum er- j sten Mal Vertreter der Landwirtsschastskammern von : Bayern, Württemberg, Baden und Hessen ! zusammen. In den Beratungen wurde u. a. zur Veran- ^ lagung zur ReichsAnkommensceuer einstimmig die Forde­rung beschlossen, daß es auch der Landwirtschaft gestattet sein müsse, für die während des Kriegs und der langen i Zwangswirtschaft veräußerten Viehbestände und nicht er- ° gänzie.c Jnv.ntargcgenstände Rücklagen zu machen. Dem Steuerpflichtigen soll die Möglichkeit gegeben sein, bei der Veranlagung die verschiedenen Ergebnisse der in Betracht kommenden Wirtchastssajhre gegeneinander aus- zugleichen . Die Finanzämter halten sich bei der Ver­anlagung zum Reichsnotopfer vielfach nicht an die ge­setzliche Grundlage, wonach der Ertr ag s irüe r t bei der Veranlagung der Grundstücke in Rechnung zu ziehen ist. Für die Abrechnung wurde ein Dauerkrcdit von 19« >8 bis 1918 gefordert, ferner die n ährend des Kriegs eingctretene Minderung der Betriebsmittel, ferner soll ftir oce Arbeit der Frauen und Kinder ein angemessener Lolm angs- s rechnet werden dürfen. Für Snddeutschland wird eine ge­wisse Einheitlichkeit der Veranlagung verlangt. Für di« s Ermittlung des umsatzsteuerpslichtigen Eigenv-rbrauckM , sollen die gesetzlich berufenen Vertretungen der Landwirt s schuft auSrettdead gehört werden.

i Gegen das Tabakmorropol.

s München, 26. April. Ter Verband des bayerischen ^ Tabatgewerbes hat beim Reichstag und der Reichsregie-

- rung gegen die beabsichtigte Einführung des Labak- ^ Monopols Widerspruch erhoben.

j Aerztestrcik in Oesterreich,

l Wien, 26. April. Heute soll in Wien und den j Bundesländern ein Streik der Aerzte als Einspruch ^ gegen das Zahntechnikergesetz ausgcrnsen weiden. Alle i öffentliche Sanitätspslcge soll eingestellt werden, keine An- ' zeige von Infektionskrankheiten und Berlctzungcn soll angenommen werden; auch die Totenschau soll unter-! bleiben.

s Frankreich muß seine Besctzungsabsichten plausibler machen.

Paris, 26. April. Havas meldet ans London; Lloyd