(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

kelcheinl tSglick, ausgenommen 5«mi- «. krjertags. »erugspreis msnaMM Mk. 4.S0, vierteljtkrlich »LS lrei ins kjsu5 gclielerl; «lurck sie polt derogen im ioneräeuttMen Verkette Mk. 13.00 eins«ttlielili«tt polt- beltellgrlä.

Anzeigenpreis: sie einspaltige Watitrrjje »4er seren kaum SO k>fg., susvärts kk»., kelrlamseilen ILO I7lk., bei grökeren AuttrSpen kotzatt naek Larik. äckiiuö äer /tnreigenannakme: tspüctt 8 Ubr vor­mittags.

Druck der Buchdruckerei «ildbader Tagbtatt; Verlag «nd Schriftleitung: Th. Sack in «ttdbab

8

Fernruf 179.

Nummer ZO

Wochenrzu.dschau.

ii.

Tie Kriegsentschädigung die keine sein dürfte noch dem Wassenstillstands- und Friedensvertrag, ist in An­betracht des geringen Nestes von Leistungsfähigkeil Deutschlands Heller Wahnsinn. Niemand wird glau­ben, daß solche Bedingungen erfüllt werden können. Auch die Feinde glauben es nicht, das hat Lloyd George selbst wiederholt ausgesprochen. Keynes schätzte die Leistungsfähigkeit Deutschlands vor einem Jahr auf höch­stens 30 Milliarden Goldmark, und der Engländer Phi­lipp Gibbs erklärte dieser Tage, die Kriegsentschädi­gung von 55 Milliarden Dollar (nach amerikanischein Geld) sei der Tod Deutschlands; das Aeußerste, was es nufbringen könnte, wären vielleicht 20 Milliarden Dollar.

Dabei berücksichtigt der Perband nicht im Geringsten, was Deutschland bereits geleistet hat. Beim Waf­fenstillstand setzte der Verband absichtlich so kurze Fri­sten zur Räumung des von den Deutschen besetzten Ge­biets, daß ungeheure Mengen des wertvollsten Materials, das nach dem Völkerrecht unter diesen Umständen nicht als Beute gelten konnte, zurückgelassen werden muß­te. Ter Wert ist nach einer sehr vorsichtigen Schätzung des früheren Präsidenten der Reichsentschädigungskom- mission Dr. Hirkmann aus mindestens 15 Mil­liarden Gold mark zu veranschlagen. Außerdem mußten u. a. abgeliesert werden: 5000 Kanonen, dar­unter 2500 schwere Geschütze, 25 000 Maschinengewehre, 3000 Minenwerser, 1700 Flugzeuge, 5000 Lastkraftwa­gen, 5000 Lokomotiven, 150'000 Eisenbahnwagen, die Luftschiffe, die Kriegsflotte, die Flußschiffe, die Bag­ger, TockS, die deutschen Kabel, das deutsche Privatver- inögen im Ausland, zusammen ganz gering gerechnet 10 Milliarden Goldmarv Dazu kommt der Verlust sämtlicher Kolonien, Elsaß-Lothringen, das Saar- gebiet, Eupen-Maldmedy, Posen, Westpreußen (und viel­leicht Oberschlcsftn) und das große Eisenbahnmaterial, das an Polen gegeben wurde. Frankreich hat sich das alleinige Recht genommen, die Wasserkräfte des Rheins ausznnützen, wozu ihm sogar das niuige Gelände rechts des Rheins überlassen werden mußte. Tausende von französischen Agenten haben auf Deutschlands Kosten das Reich durchstöbert, um Betriebseinrichtungen, Ma­schinen, Pferde usw., die aus den feindlichen Ländern nach Deutschland gebracht sein sollten, aufzuspüren. Au­ßer den beschlagnahmten und zurückgegebenen Sachen müssen dafür 2 Milliarden bezahlt werden, das Viel­fache von dem, was je nach Deutschland während des Kriegs gebracht sein konnte. Nicht gerechnet werden die 900000 Milchkühe, die Pferde, Schweine, Schafe, Ziegen usw., nicht gerechnet werden die Hunderte von Millionen Goldmark, die das Reich den Angehörigen der feind­lichen Staaten für beschlagnahmtes Eigentum während des Kriegs gewährt und die es zur Anlegung von Straßen, Brücken, Clektrizitätsanlagen usw. in Feindesland aufge­wendet hat. Und die Leistungen für die Besatzungen, die zahllosen Kommissionen, die Bauten, Uebungsplätze usw., die schon 20 1/4 Milliarden verschlungen haben kein Wörtchen darüber war in Paris zu hören. Und doch ist diese Vorleistung Deutschlands, ganz nieder gerechnet, auf mindestens 250 Milliarden Gold- mark zu veranschlagen.

Zu alledeni verlangt nun der Verband eine Ent­schädigung von 268 Milliarden Goldmart neben oer Ausfuhrsteuer, ein Betrag, zu dem je 20 Deuische voni Säugling bis zum Greis während der nächsten 42 Jahre eine Million Goldmark aujzubringcn hätten, und die Gesamtleistung Deutschlands einschließlich der schon dahingegebenen 250 Milliarden Goldmark würde nach heutigem Geldstand den Wert von 5^ Billionen Mark erreichen. Diese Tatsache muß man sich ver­gegenwärtigen, wenn man die Pariser Forderungen recht verstehen will. Sie sind ein reiner Schwindel, auch dev französischen Volk gegenüber, das man beruhigen zu können glaubt, wenn man ihm märchenhafte Reich- .ncr vormalt. Selbst wenn Deutschland, das im Jahr 1920 einen Fehlbetrag von 80 Milliarden Mark in seinem Reichshaushalt hat, die ersten Zahlungen fertig brächte, es wäre auf ein Jahrhundert, vielleicht für im­mer wirtschaftlich geknickt. Was das bedeutet, ersieht Man aus der allgemeinen Geschäjtsjrockung in der gan­zen Welt, der her alte solide Käufer, das «6 MNionen-

UHäböä, Montsg, den 7. 5ebrusr 1921

Fernruf 17S.

5S. Islirgkmg

voll der Deutschen fehlt. Liese Wirtschaftskrise müßte sich verschärfen und um so weiter greisen, je tiefer Deutsch­land sinkt und sie würde gerade die Völker der Ver­bandsstaaten am schwersten treffen. Denn es gehört kein besonderer Scharfblick dazu, um zu erkennen, daß von den deutschen Milliarden die Bevölkerung der seiirdlichen Länder kaum einen Pfennig bekäme, ihr bliebe nur die Arbeitslosigkeit und die Not; das Geld würde in die Stahlschränke der Hochfinanz der Entente und in die Beutel ihrer Schergen fließen, die seit Ausbruch des Kriegs schon Milliarden und aber Milliarden an- gesogen haben. Das Pariser Abkommen läuft also im Grunde nach seiner finanziellen Seite wieder aus euren ungeheuren Beutezug des feindlichen Groß^ kaPit als hinaus.

Was wird nun Deutschland tun? Der Reichs minister des Auswärtigen Dr. Simons hat im Reichstag in Ucbereinstimmung mit dem ganzen Reich-tarrnetl, nüch­tern und trocken, aber darum doch entschieden und nicht mißverständlich erklärt, daß die Zumutungen des Ver­bands undurchführbar und unannehmbar sei­en, daß sie auch als Grundlage für weitere Verhandlungen nicht geeignet seien. Und der ganze Reichstag ist ihm darin beigetreten. Die Fraktio­nell von der Rechten bis zur äußersten Linken lehnten de Erklärungen das Panier Abkommen mehr oder we­niger entschieden ab. Die Reichsregiernng werß also den Reichstag geschlossen hinter sich, wenn sie dein An­sinnen des Obersten Rats ein Nein entgegenstellt. Ein Versuch, der Regierungskoalition durch Verziehung der Deutschnationalen und der Sozialdemokraten eine brei­tere Grundlage zu geben, ist zwar vorläufig gescheitert, doch haben sich die Deutschnationalen wieder eines anö deren besonnen und sie sind zu entsprechenden Verhand­lungen bereit. Die Sozialdemokratie bleibt bei ihrer Ablehnung. Schließlich kommt es aber auf die äußere Form weniger an; in der Sache ist an der Mitwirkung der beiden Parteien nicht zu zweifeln, nachdem der Füh^ rer der Dentschnationalen Abg. Hvrgt erklärt hat, die Fraktion werde jede Regierung unterstützen, die den Vorschlägen" der Pariser Konferenz entschlossen und ohne Wanken entgegentrete, und nachdem der Abg. Müller- Franken im Namen der Sozialdemokraten ver­sichert hat, es werde sich keine Regierung in Deutsch­land finden, die das Pariser Abkommen annehme. Da­mit ist jeder Spekulation des Verbands auf einen etwai­gen Regierungswechsel im Reich, mit dem er in seinem mangelhaften Verständnis für die deutsche Volksseele gerech­net zu haben scheint, der Boden entzogen. Der Regierungs­block im Reichstag ist zwar noch die Minderheit, aber in Fragen, die an das Dasein und die Ehre der Nation greifen, bedarf es keines Parteiblocks, das ganze Volk bildet einen einzigen großen Block, der fest hinter der Regierung steht, wie in den Tagen des August 1914. Wenn solche Tage und Zeiten im Leben des deutschen Volks leider nicht allzu häufig sind, so gebührt dem Obersten Rat und seinen Leuten das Verdienst, die Deutschen von dem Rhein bis an den Belt wieder einmütig gemacht zu haben. Wie der Reichs­tag, so haben, zum Teil in noch schärferer Form, alle Landtage im Reich, soweit sie zurzeit versammelt sind, gegen den. schmählichen Erdrosselungsversuch zor­nigen Protest erhoben. Städte und Landgemeinden, Versammlungen und Verbände, alle Schichten der Be- pölkerung bringen ihre Empörung allerorten zum Aus­druck. Mit ganz wenigen beklagenswerten Ausnahmen ist die deutsche Presse einig in der schärfsten Verurtei­lung und Ablehnung.

Das ist auf feindlicher Seite nicht erwartet worden. Die englischen Zeitungen, die von der kochenden Volks- seele in Deutschland mit einiger Ueberraschnng Kennt­nis nehmen, meinen, Deutschland werde doch nochVer­nunft annehmen", d. h sich dem Diktat von Paris be­dingungslos unterwerfen, denn dieSanktionen" seien derart, daß sie noch größeres Leid bringen könnten. Man versucht also wieder einmal die Deutschen durch Drohungen e i n z u s ch n ch t e r n. Aber diesmal wird es dem Verband wohl nicht gelingen. Die Reichsregie­rung kann nicht unterschreiben, was nicht nur uns Gegenwärtige, sondern auch das kommende und viel­leicht noch 'das übernächste und weitere Geschlechter in die schwersten Fesseln entehrender und marksaugender Knechtschaft schlagen soll. Hier gibt es nur ein Nein jetzt und für alle Zeit. Wohl haben wir Line Massen

mehr, aber wir wollen und dürfen nicht auch noch die deutsche Ehre drangeben, wir dürfen vor allem nicht un­serer Kinder und Kindeskinder Existenz aufs Spiel set­zen, daß sie uns dereinst fluchen, weil wir nicht den Mut gehabt haben, nein zu sagen und fest zu bl ei­ben, um vermeintlichStrafen" zu entgehen, die doch kommen werden, wenn sie überhaupt ausführbar sind.

Der Oberste Rat will nun, um nicht aus der Rolle zu fallen, das Spiel der Konferenzen fortsetzen. Tic im Dezember v. I. unterbrocheneSachverständigenkon- renz" in Brüssel soll wieder ausgenommen werden. Sie ist eine bloße Formsache, hat also für Deutschland gar keinen Zweck. Man hat ausatmend vernommen, daß die Reichsregierung auf die Brüsseler Konferenzver richtet hat. Bleibt noch die Konferenz in Lon« von, die Ende dieses Monats stattsinden soll. Deutsche Minister sollen eingeladen werden. Nach der Havas- Agentur hat aber die Pariser Konferenz ein zweiter geheimes Abkommen getroffen, das die Teilneh­mer der Pariser Konferenz, nämlich Frankreich, Eng­land Belgien Italien und Japan, verpflichtet, auf der Londoner Konferenz keine andere Haltung einzunehmen, als sie in Paris verbrieft und versiegelt wurde; es bleibt also bei den PariserBeschlüssen" und dieVor­schläge" sind im Voraus insgeheim zuBeschlüssen" er­hoben. Tie Reichsregierung wird nun durch Verhandlun­gen feststellen, ob der Oberste Rat sich in Paris wirk­lich auf dieVorschläge" festgenagelt hat, aus Grund deren, wie Minister Simons im Reichstag namens der Reichsregiernng erklärte, Deutschland nicht verhandeln kann. Sie ist entschlossen, den Forderungen des Ver­bands jeden möglichen Widerstand entgegcnznstellen. Durch ein genaues, sachliches Veweismaterial, das man gegenwärtig in den verschiedenen Reichsministerien zu­sammenstellt, wird zahlenmäßig in den Gegenvorschläge» belegt werden, was von Deutschland im äußersten Fall in den 30 Jahren, auf die der Wortlaut des Friedens- Vertrags die Ersatzleistungen beschränkt, aufgebracht wer­den kann. Was darüber hinausgeht, müßte als der ab­sichtlichen Zugrundericht nng Deutschland» dienend verstanden werden.

Dabei erhebt sich allerdings noch die Frage, wie di« Neutralen, vor allem die Vereinigten Staa­ten die Abwürgung ihres wertvollsten Geschäftskunden hinnehmen werden. Wilson hat seinerzeit gesagt, di« jetzige deutsche Generation soll leiden, 30 Jahre lang, aber sein gutes Herz sieht es nicht gern, daß der Verband auch noch die zweite Generation usw. in da» Wilsonsche Fegefeuer hercinbezogen wissen will. Doch wie würde der neue Präsident Harbin g zu der schwe­ren Schädigung der amerikanischen Interessen sich stel­len? Das scheint auch dem Verband noch eine offene Frage zu sein, darum soll der ErdroiselnngSvcrtrag jetzt zum Abschluß kommen, bevor Harding im Mai den Präsidentenstuhl besteigt. Darum baten aber auch wir das Interesse, daß die Angelegenheit mindestens nicht über­eilt wird. Amerika wird uns zuliebe keinen Finger rüh­ren trotz der rühmlichen Betätigung der Nächstenliebe eines Hoover und der Quäker aber es wird auf die Wahrung seiner eigenen Interessen bedacht sein und dazu hat es nicht nur das Recht, sondern auch die Macht.

Neues vom Tage.

Erweiterung des Regicrungsblocks.

Berlin, 6 . Febr. Gegenüber der Bereitwilligkeit der Deutschnationalen, in den Block der Regierungspar­teien einzutreien, vertreten die drei Regierungsparteien (Zentrum, Demokratie und Deutsche Volkspartei) den Standpunkt, daß eine Erweiterung der Koalition nu» in Frage kommen könne, wenn auch die Sozialdemokrati« sich beteiligen würde, da eine Ausdehnung nur nach de» rechten Seite vielleicht die gegenteilige Wirkung eine» Verbreiterung der Regierungsgrundlage haben könnte.

Die übliche Drohung.

Berlin, 6 . Febr. Den Truppen im besetzten Ge­biet wird kein Urlaub mehr gegeben. Den Zeitungen in Straßburg und Kalmar wurde rerboten, Nachrich­ten über Trnppenverschiebungen zu veröffentlichen. Schwarze Truppen sind im besetzten Gebiet wieder ein- getroffcn.

Der pfälzische Milchstreik.

-V s il-ebe. D«r Milcüüreik in die