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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbab. Chronik und Anzeigenblatt

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt, Verlag und Schriftleitung: Th. Sack in Wildbad.

Kummer 12

Fernruf 179.

Deutschland ein zweites Indien oder Irland.

i.

In derAugsburger Postzeitung" schreibtGerma- nus": Lloyd Georges Ruf nach dem Christentum, den er im Mai letzten Jahrs ausstieß., ist verhallt; er war wirklich nur ein Wort, denn das Gebaren Eng­lands gegenüber dem unterlegenen Deutschland war seit­her alles, nur nicht vom Geist des Christentums diktiert. Ich sage absichtlich Englands; denn England ist für die schwarze Schmach im besetzteil Gebiet, für die Barba­reien der Polen in Oberschlesien, für die Brutalitäten der Franzosen und Belgier, für die Hinausschiebung der Bekanntgabe der Entschädigungssumme und dadurch der Vernichtung des deutschen Kredits im Ausland, ebenso verantwortlich wie Frankreich. Biel zu wenig wird nach­gedacht über d'ie furchtbaren Friedensbedingungen der Entente von Versail.es, die uns in Wahrheit schon zum Sklavenvolk der Entente machen. Lassen wir doch einmal kurz die wichtigsten Punkte diesesFriedens" vor unseren Augen vorüberziehen. Wir werden sehen, daß es zwei Grundsätze sind, die England nach Jahr­hunderte alter 'Gewohnheit an uns praktiziert, die es an allen Besiegten geübt hat: Raub der Bodenschätze und Sklavenarbeit der Besiegten nach Brechung des völkischen Rückgrads.

In Irland hat England dm besten Boden geraubt und ihn Engländern gegeben. Die reichste Provinz, Ul­ster wird von Briten bewohnt. Das Wirtschaftsleben der Iren wurde stets derart niedergehalten, daß das irische Volk entweder verhungern oder auswandern mußte. Die furchtbare Hungersnöte in Indien sind welt­bekannt. England könnte sie verhindern in diesem doch so fruchtbaren Land, aber es hat daran kein Interesse. Sie sorgen ja dafür, daß Indien nie zu dicht bevölkert sein wird. Sie sorgen dafür, daß Indien stets in einem solchen Zustand der Erschöpfung sich befindet, daß es nie die Kraft zu einem Aufstand oder zur Abschüttelung der englischen Herrschaft finden kann.

In Europa wird nun Deutschland die Rolle In­diens und Irlands zugetviesen. Dies wurde erreicht durch den Friedensvertrag von Versailles, der jeder menschlichen Gesittung Hohn spricht und darauf angelegt ist, das deut­sche Volk dauernd zu versklaven. Er baut sich auf. dem Schuldbekenntnis" Deutschlands, also einer hi­storischen Lüge. Deutschland mag eine ungeschickte Po­litik getrieben oder auch mit dem Säbel gerasselt ha­ben, aber auf den Krieg hat es nicht hingearbeitet, sonst wäre eS nicht militärisch und wirtschaftlich so sehr un­vorbereitet hineingetappt. Und einen solchen oder nur ähnlichen Friedensvertrag hätte Deutschland und Oester­reich-Ungarn als Sieger niemals abgeschlossen oder ihren Feinden auserlegt.

Unter schmählichem Wortbruch hat man statt deSFrie­dens ohne Annexionen und Entschädigungen", auf den Deutschland bei seiner Waffenniederleguna zu rechnen berechtigt war, ihm einen Teil seiner wichtigsten Wirt­schaftsgebiete geraubt, fast den fünften Teil (1?Vs Proz.), Elsaß^Lothringen mit den Kali- und Erzgruben, das Saargebiet unt den Kohlengebieten, Posen mit den für die Ernährung so »nichtigen Kartoffelgebieten, Eupen und Malmedy, das wichtige Danzig, seine gesamten Ko­lonien mit 3V- Millionen kultivierten Pflanzungen, da- zu kommt die Zahlung von 111 Milliarden Goldmark als vorläufige Entschädigung, der Ersatz aller im Krieg gemachten Requisitionen, '30 Proz. aller landw. Ma­schinen, die gesamte Kriegs- und Handelsflotte mit 5,3 Millionen Tonnen (nur 0,3 Will, beließ man uns an kleinen Fahrzeugen), 20 Proz. der Flußschiffe, ferner alle Schiffe, die im Bau befindlich waren, auch alle U- Boote; 5 Jahre muß Deutschland jährlich 200000 Ton­nen neue bauen und ausliefern, dazu nahm man ihm die Docks weg, damit cs nicht nebenher für sich noch etwas bauen könne. Es muß alles Vieh ersetzen, das in den Entemestaaten requiriert wurde, obwohl diese ihre Vichwntschast teilweise schon während der deutschen Be­setzung wieder anfbauen konnten Und dies muß unser ausgehungertes Volk leisten, in welchem die Tuberkulose »nd die Kindersterblichkeit wollet. Ihnen wird durch die Rkesenabliewrnngen an Milchvieh, Schlachtvieh, Scha­len. Pferden, die Milch, das Fleisch, die Wolke entzogen, das Transportwesen erschwert und das Volk so ags

^ilöbsä, Monlsg, äen 17. )snusr 1921

Generationen hinaus dem Siechtum überanllvo tet. Nicht . genug damit: Unser hungerndes und frierendes Volk muh < i Millionen und Abermilsionen Tonnen Koh en allmonat- : lich nach Frankreich liefern, das in Kohlen schwimmt und ! erstickt und diese Kohlen wieder ins Allsland verkauft, da es sie nicht braucht. Bei uns aber muß eine Industrie um die andere stillgelegt werden Die Arbeiter werden bvot- los gemacht. Dazu kommt, daß »vir einen großen Teil un­serer Arzneimittel und Farbstoffe abliesern, in denen »vir eine Monopolstellung Einnahmen. So sind wir durch die Wegnahme dieser Erzeugnisse auch der Mittel beraubt, um im Ausland Nahrungsmittel und Rohstoffe zu kaufen. Dasselbe hindert auch di? Herabdückung unserer Valuta durch die Unsicherheit unserer endgültigen Zahlungsver- , Pflichtungen. Die niedrige Valuta setzt unsere Feinde in : den Stand, uns förmlich ausznplündern, trotz hoher i Inlandspreise: denn diese kann nur der Ausländer, aber ; nicht der Dnrchschnittsdeutsche bezahlen. Dazu erzwingen , die Sieger noch die zollfreie Einfuhr von Luxüswaren und begünstigen den Schmuggel und das Schiebertum. Wir mußten 45000 Kilometer Kabel abliesern, wodurch unser Handelsnachrichtendienst auf Gnade und Ungnade der Entente ausgeliefert ist. Doch das ist noch lange nicht alles! Alle Airslandspapiere (selbst der Privatbe­sitz) wurden zugunsten der Entente beschlagnahmt. Die Besatzung.^, uppen kommen uns jährlich auf 15 Milliar­den Ma'k »nach dem Voranschlag), in Wirklichkeit aber auf 20 bis 25 Milliarden! Denn »vir müssen sie nicht bloß verpflegen und einquarteieren, sondern ihnen Ka­sernen bauen, Schieß- und Exerzierplätze stellen, d h kaufen, Bordells einrtchten usw. Wir müssen die Entente- Kommissionen unterhalten, die Gehälter beziehen von 52 OM Mark monatlich (eine Maschinenschreiberin 5900 Mark monatlich). Wir müssen 40 Milliarden jährlich an einer Entschädigung abzahlen, deren Höhe gar nicht bekannt ist, ein Beispiel ohnegleichen in der Weltge­schichte; denn die endgültige Festsetzung kann ja so er­folgen, daß unsere Abzahlungen überhaupt gar nicht ins Geivicht fallen! Alle unsere Handelsverträge sind so gut »vie gegenstandslos, da- alle Ententestaaten das­selbe Meistbegünstigungsrecht genießen, »vie der Staat, mit dem wir den Vertrag abschließen, während die Han­delsverträge mit der Entente für alle Zeiten aufgehoben sind. Die deutschen Ströme werden von Ententrkommis- sionen verwaltet. Deutschland aber muß Kanäle bauen zugunsten seiner Feinde. Sämtliche deutschen Funken­stationen sind unter Kontrolle und Zensur der Entente. Das schönste ist aber, daß die Ententekommissionen daS Recht haben, an alle Industrien Fragebogen zu erlassen, in denen alle Betriebsgeheimnisse angegeben werden müs­sen. Das ist die Auslieferung der deutschen Industrie an England. DaS deutsche Volk merkt es nicht, da die Kommissionen natürlich nur schrittweise vorgeh n, um das deutsche Wirtschaftsleben langsam zu erdrosseln. Da­ist der Wirtschaftskrieg in schlimmster Form.

Neues vom Tage.

Die Reichsfarben.

Kerlin, 18. Jan. Die Deutsche Volkspartei hat, »vie WTB. meldet, bei den anderen Regierungsparteien (Zentrum und Demokratie) angeregt, die Frage der Na­tionalfarben durch eine Volksabstimmung ent­scheiden zu lassen, da die Festsetzung von Schwarz-rot- qold in der Verfassung durch die frühere Nationalver­sammlung von den meisten Kreisen des Volks nicht an­erkannt werde und einen dauernden Anlaß zur Stö­rung des inneren Friedens und der Geschlossenheit des deutschen Volks bilde. Die anderen Regierungsparteien werden zu der Anregung Stellung nehmen.

Dieser Entschluß der Parteien wäre zu begrüßen, denn es ist nicht zu leugnen, daß die neuen schwarz-rot-gold«- neu Reichsfarben keinen Boden gewonnen haben; die große Mehrheit des Volks, bis »veit in die Reihen des Zentrums und der Demokratischen Partei hinein, be- j sonders in Norddeutschland, hat die Abschaffung der, . schwarz-weiß-xoten Reichsfahne nicht verstehen können und die schwarz-rot-goldene bekam inan seitdem fast nur bei

der Auspymücrung von Amtsgebäuden oder in Sälen, in denen Feiern der demokratischen Partei abgehalten wur­den die sozialistischen Parteien halten an ihrem Rot fest, zu Gesicht bekommen. Selbst das linksdemokra- jischeBerliner Tageblatt" sagt, daß die Einführung

Fernruf 179.

55. fjalirgsng

der schwarz-rot-goldenen Fahneeine ganz überflüssige Erschwerung des republikanischen Aufbaus" sei.

Der Papiergeldumlauf.

Berlin, 16. Jan. Unter den 41 Fragen, die von den Berbandssachverstandigen in Brüssel an die deutsche Reichsregierung zur Beantwortung übergeben wurden, ist diejenige über die Ausgabe des Papiergelds mit allen ihren Folgen eine der wichtigsten. In ihrer Beantwor­tung führt nun die Reichsregierung, wie dir Blätter mel­den, aus, daß durch die nunmehr ermöglichte stärkere Ein­ziehung der neuen Steuern eine gewisse Hemmung des Anwachsens des Papiergeldumlmns erhofft werde und daß erwartet werden könne, daß der Steuerertrag den Schätzungen entspreche. Währen? - r Eingang von Steu­ern und Abgaben iin Jahr 191, 4478 Millionen Mark betrug, belaufe sich der Voran wlag für 1920 auf 45 202 Millionen, die allerdings nicht hinreichen, um die laufenden Ausgaben zu d -!.u. (Nach Dr. Wirtü bleibt noch ein Felbetrag r n 60 Milliarden.)

Die Urabstimmung der Eisenbahner.

^ itthart, 16. Jan. In Württemberg betei­ligten sich nach derFranks. Ztg." 2798 Beamte an der Abstimmung. Von diesen stimmten 2050 für den Streik, in Baden stimmten von 7200 Beamten 57M si"- den Screik und in Bayern t>vn 4900 Beamten 3972 für den Streik. Von ungefähr 270 OM eingetragenen Mit­gliedern der Reichsgemeinschaft deutscher Eisenbahnbe­amten haben sich im Ganzen 261 252 an der Abstimmung beteiligt. Von den abgegebenen Stimmen entfallen für den Streik 81»/, Prozent und gegen den Streik 15 Proz.

Polnische Werbung in Süddeutschlanv.

München, 16, Jan. Nach derFrankfurter Ztq." ein alten die Polen in Bayern eine rege Agitation, um die in Bayern befindlichen abstimmungsberechtigten Polen zur Stimmabgabe in Schlesien zu bewegen. Di? Hauptstelle dieses Werbedienstes, der sich aus ganz Süd- dentscbland erstreckt, befindet sich in Landshut und wird geleitet von einem getvissen Kuschowskp. Aucki in München besteht ein Werbeausschuß, dessen Tätig­keit von den Bereinigten Verbänden heimattreuer Ober­schlesier nach Kräften überwacht wird.

Polnische Rüstungen.

Berlin, 16. Jan. Nicht nur an der oberschlesischeu Grenze, wo etwa 170 000 Mann festgestellt wurden, sondern auch an der ostpreußischen Grenze sind polnische Truppen zusammengezogen. Letztere dürften die Stärke von drei Divisionen haben.

Das neue Kabinett in Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 16. Jan. Die Landesversammlnng wählt! mit 31 Stimmen der Sozialdemokraten und Demokraten den früheren Minister Stelling (Sozll zum-Min-ster- präsidenten. Auf den seitherigen Ministerprä id nt-en Prof. Dr. Re in ke-Bloch (D. Volksp.) sielen 28 Stirn men, drei abgegebene Zettel waren unbeschrieben.

Die Pariser Konferenz.

Paris, 16. Jan. Havas meldet, die Zusammenkunft des Obersten Rats werde am 19. Januar stattsinden kön­nen. 4luch Lloyd George werde ihr beiwohnen. Die Blätter sind der Ansicht, daß England den Widerstand gegen das Vorgehen Frankreichs gegen Deutschland in der Entwasinungsfrage aufgeben werde.

Das englische Kabinett beschloß, es dem neuen fran­zösischen Ministerpräsidenten zu überlaßen, ob die Zu­sammenkunft am 19. Januar stattfinden oder eine Woche verschoben -werden solle.

Anschlag auf Lenin?

London, 16. Jan.Daily Telegraph" erfährt, auf Lenin sei in Moskau eine Bombe geschlendert wor­den, als er vom Kreml-Schloß ins Theater fuhr. Lenin sei unverletzt geblieben (?), dagegen seien 9 Pe>sonen getötet und 20 verletzt worden.

Riesrnschtg». vieun.q wurde gemene:, oaü Iaewi 'mnzee- schlachtschiss von 42 000 Tour..: Wasserverdrängung in Bau ge­nommen bade. Die Amerikaner gehen noch weiter. Im Ja­nuar n. I. wird in Kingston ein UederdreadnougytMassachu­setts" auf Kiel gelegt, der 200 Meter lang sein und 43 200 Tonnen Wasserverdrängung haben wird: er soll u. a. mit 12 Merzlgzentlmeter- und IS Zwölfzentiineterkanvi en ausgerüstet sein. Alrdald wird auch »in SchlachtkreuzerExington" von 4L 500 Tonnen, 300 Meter Länge und Kiwien Gesmwmdig- keit, 8 Dier'igzentlmeter, 16 Fünszehnzentiinetcr-Kanvnen und 8 Torpedorohren gebaut werden.

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