I)ri8 6tzLtziwLi8 ätzr I'rau ätz I» Nartz.
Roman von H. v. Limpurg.
Nachdruck verboten.
25.
„Mehr als mein Leben. Das Fräulein ist die Verkörperung der vornehmen Land- edclfrau, ihre Schönheit hat mein Herz völlig bezaubert und — ohne sie könnte ich nie mehr glücklich sein. Eine solche Frau brauche ich, um auf meinen Gütern glücklich zu leben."
„Ihre Werbung, mein Herr Baron, ist mir äußerst schmeichelhaft," rief jetzt Herr von Norden höchst befriedigt. „Lassen Sie sich bei meiner Tochter melden und sagen Sie ihr, daß Sie auf meinen Wunsch zu ihr kommen, um ihr Jawort zu holen."
„Und werde ich Aussicht haben, bei dem gnädigen Fräulein Gnade zu finden?"
„Ich glaube nicht, daß es erst meiner Väterlichen Autorität bedarf, Luisen begreiflich zu machen, was sie einer solchen Werbung gegenüber zu ihun hat. Doch — eine Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen. Erlauben Sie mir, einen Blick in diesen Brief zu thnn, Herr Baron."
Hastig riß der Geheimrat LeuiholdS Schreiben auf und durchflog es hastig, dann warf er eS zornig in den Schreibtisch.
„Unsinn," brummte er verächtlich, „ich ahnte ganz richtig, als ich vorhin den Hrn. Hauptmann nicht empfing, um was eS sich bei seinem Besuch handelte. „Doch zu Ihnen, Herr Baron, im Vertrauen, Luise hegt für Hauptmann von Leuthold, den Sie neulich bei uns sahen, eine ziemliche Vorliebe, er hat soeben um sie angehalten und ich beabsichtige ihn abzuweisen. Sollte das Mädchen in lhörichtcm Starrsinn Ihnen einen Korb geben, dann will ich ihr den Kopf zurechtsetzen."
In dem Augenblick war Professor Wiede- meycr gemeldet, der mit Feuereifer sogleich über die Handschrift herfiel.
„Sie ist echt," rief er begeistert. „Sehen Sie hier den Bach'schen Schnörkel. O, welcher Gewinn für unsere Sammlung; wir werden einzig dastehen in der ganzen Gclehr- tcnwelt mit dem Bach'schen Liede. Herr Baron, und Sie wollten das unendliche Opfer bringen, uns diesen Schatz abzutrcten! Wie uneigenützig und edel von Ihnen — ich bewundere Siel"
Baron von Linden schaute verwundert auf daS kleine magere Männchen, das sich wie ein Quirl im Kreise drehte und, ehe das berühmte Dokument anfaßte, vorsichtig die Hände mit einem gelbseidenen Taschentuche rieb.
„Die Handschrift gehört nicht mir, Herr Professor," protestierte der Baron höflich. „Wenn dem so wäre, würde ich mir eine Freude daraus machen, dieselbe der Universität zu schenken. Ihr Eigentümer ist ein biederer Kaufmann in Sachsen."
„Er wird das Lied aber doch verkaufen, nicht wahr, Herr Baron?"
„3", für 30,000 Mark, wie er mir schrieb."
Eine enorme Summe," staunte Professor Wiedemcyer „aber freilich, für solch' ein Kleinod I Herr Gehkimrat, Sie haben die Handschrift wohl schon als echt anerkannt ?"
„Noch — nicht," entgegnet? Norden un-
Prramwortlichkr Redakteur r Bern
schlüssig, „aber morgen, denke ich, bringe ich mein Urteil in's Klare."
„Ader nun möchte ich mich empfehlen, Herr von Norden," erklärte jetzt der Baron Linden und erhob sich hastig. „Ich wollte dem gnädigen Fräulein noch gern meine Aufwartung machen."
„Schön, schön, mein Herr Baron, und wenn Sie Zeit haben —"
„Ich spreche morgen wieder vor, Herr Geheimrat."
Aufatmend blieb Linden draußen stehen, sein Gesicht verfinsterte sich: „Noch immer nicht! Morgen werde ich ihm eine Summe bieten, damit er endlich sich günstig entscheidet. Und nun zur schönen Luise. Ah, das Mittel, um sie mir hold zu machen, liegt klar vor mir. Vorwärts, dem Mutigen gehört die Welt!"
Der Diener kam soeben über den Corri- dor, ein elegantes Bouquet in den Händen haltend, Linden erkannte eS, seine Karte steckte noch darin.
„Gnädiges Fräulein befahlen mir, die Blumen forlzutragen," berichtete der Diener auf des Barons fragenden Blick. Dieser erbleichte vor Zorn, doch antwortete er nichts, sondern ließ sich bei Fräulein von Norden anmelden.
Die Thür öffnete sich und Baron Linden stand, sich tief verneigend, vor der jungen Dame, die sehr kühl und ccremoniell den Gruß erwiderte.
„Ich wollte mich erkundigen, Gnädigste, wie Ihnen der gestrige Abend bekommen ist?" frug der Baron mit katzenartiger Freundlichkeit.
„Danke — sehr gut l" erwiderte Luise ruhig. Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Baron."
Ei» mühsames Gespräch entspann sich nun, jeden Augenblick versiegend, so daß die Beiden Mühe hatten, eS wieder in Fluß zu bringen. Endlich erhob sich der Baron und begann seine Werbung anzubringcn, ohne z» bemerken wie das schöne Mädchen immer bleicher und bleicher dabei wurde.
Als er geendet, erhob auch sie sich und sagte steif:
„Es ist eine große — Ehre für mich, Herr Baron, daß Sie um meine Hand werben, doch kann ich Ihnen keine zusagende Antwort geben — denn mein Herz ist nicht mehr frei und mein Jawort gehört einem Anderen."
„Gnädiges Fräulein," rief »er abgewiesene Freier bestürzt. „Sie können nicht im Ernst reden, denn ich habe die Einwilligung Ihres Herrn Vaters."
„Nicht doch, lieber Baron, ich bin mündig und mein Vater kann durchaus nicht meine Hand ohne meinen Willen vergeben."
„Fräulein Luise I Das ist nicht Ihr letzte« Wort. Sagen Sie, daß ich mich täuschie, daß Sie doch meine Gemahlin, daß Eie doch meine Gemahlin werden wollen I"
„Nein," gab sie völlig ruhig zurück, „niemals, denn ich liebe Sie nicht und werde Sie nie lieben."
„Aber ich liebe Sie bis zum Wahnsinn I Ich kann nicht leben ohne Eie, und wenn Sie mich abweiscn, so vernichte ich Sie und die Ihrigen I" rief der Baron leidenschaftlich.
Stolz und gebieterisch richtete sich das schöne Mädchen empor und ihre bisher blassen Wangen färbten sich dunkelrot. „Und Sic
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meinen, durch ihre Drohungen mich wortbrüchig machen zu können? O, Baron von Linden, wie niedrig denken Sie von den Frauen! Sollte ich jenem Manne, dem mein Herz gehört, den Schwur brechen, um Ihre Gattin zu werden ohne Liebe?"
„Luise, Eie müssen mir angehören I Meine Liebe für Sie ist immer größer geworden — und nun Sie mich abweisen, wird dieselbe alle Hebel in Bewegung setzen, um Sie zu erringen — auch ohne ihren Willen."
„Genug der Worte, Baron von Linden," wehrte sie eiskalt ab, „Sie haben meine Weigerung vernommen und ich denke, zwischen uns ist aller Verkehr vorbei. Erlauben Sic mir, mich Ihnen zu empfehlen I"
Und mit einer ebenso würdevollen Neigung verließ sie das Zimmer, erst draußen brach sie hajbohnmächtig zusammen. Das Entsetzen ülÜr die eben erlebte Scene und die Angst vor ihrem Vater drückte das arme Mädchen förmlich zu Boden.
In seine Wohnung zurückkehrend fand der Baron von Linden einen an ihn adressierten Brief von eleganter Frauenhand; derselbe enthielt nur wenige Zeilen Juanas: „Anbei die gewünschte Anweisung über die Summe von 10,000 Mark gegen eine mir zu übersendende schriftliche Verpflichtung, die Bewerbung um Fräulein von Nordens Hand aufzugeben. Sollte die gewünschte Zuschrift nicht binnen vierundzwanztg Stunden in meinen Händen sein, so werde ich rncht anstehen, eine Untersuchung über die Echtheit des Sebastian Bach'schen Liedes cinzuleiten.
Jüans de la Mare."
„Beste aller Frauen," triumphierte Linden, ohne den Nachsatz des Schreibens weiter zu beachten, „nun bin ich vollständig gedeckt! Die Hälfte meiner Schulden auf einmal bezahlt zu erhallen, hat mein Gläubiger wohl nie sich träumen lassen. Nun brauche ich noch da« Geld für die famose Handschrift und die Hand des schönsten Mädchens gehört mir auch noch. Es ist übrigens ganz abgeschmackt von meiner guten Juana, zu denken, ich würde »un sogleich Luise auf- geben! Haha — und die Unechtheit der Handscbrist wird nicht entdeckt, dafür stehe ich."
Vergnügt legte er den Brief in seinen Schreibtisch. Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke und er trat abermals znm Schreibtisch.
„Ah, bald hätte ich vergessen! Ich wollte ja noch einen Brief verfassen," murmelte der saubere Herr Baron.
Ein teuflisches Lächeln überflog sein Gesicht, als er, sich niedcrsetzte. Diese wenigen F-derzüge waren bestimmt, ein junges reiches Herzensglück zu zerstören I
Um dieselbe Zeit saß in Frau de la Mare's Salon Hauptmann Leuthold der Dame des Hauses gegenüber. Beider Mienen waren sehr ernst, Sie berieten wie das Unheil abzuwenden sei, welches über dem Norden'schen Hause schwebje.
„Lassen Sie-'uns erst den Erfolg meines Schreiben« abwarlen, Harr Hauptmann," sagte Juana, „ich glaube zwar nicht, daß Linden von seiner Bewerbung znrücklreten wird, allein — wir müssen doch seine Antwort abwarten."
(Fortsetzung folgt.)
rntzard Hotmann i« Ebbab.