Rundschau.

Am 27. d. Mts. rückten bei der In­fanterie und beim Pionierbataillon die Er» latzrcservisteu zur zweiten (6 wöchigen) Heb­ung ein, wozu besondere UebungS-Kompa- gnien gebiidct werden. Sämtliche Ersatz- reserbisten der Infanterie und Pioniere wer­den am 7., der Fußartillcrie am 9. Nov. entlassen.

Die Einnahme des in Stuttgart ge­gebenen Wohlthätigkeitskonzerte« für die Not­leidenden i» Hamburg beziffert sich auf über 3500 wovon auf den Verkauf der Kon- zerlzeltel, der von Mitgliedern deS kgl. Hof- theaters übernommen war, über 300 ^ kom­men. In einem Falle wurden 10 ^ für 1 Zettel bezahlt.

Wenn man den Verkauf der Poctu- tzn sertrauben ans den städtischen Weinbergen in Stuttgart als Maßstab für die diesjäh­rigen Weinpreise betrachten darf, so werden sic diesmal unverhältnismäßig hoch. Es wur­den -ür den Zentner Trauben 32sti v. h. für den Hektoliter Neuen etwa 86 b zahlt und dabei befinden sich die städtischen Weinberge noch lange nicht in der günstig­sten Lage. Was für Preise wird man da in den Hofkammerwrinbergcn erleben I

Hcilbronn, 23. Sept. Die Disziplinar- unterfuchung gegen den suspendierten Ober­bürgermeister Hcgelmaier scheint nun in ein neues Stadium getreten zu sein. Man will aus den mannigfaltigen Verfehlungen Hegcl- maiers und seinem sonstigen Auftreten auf einen krankhaften Zustand desselben schließen, und es hat sich bereits das Medizinalkolle­gium mit der Sache beschäftigt. In diesem Falle dürfte die Frage der Pensionierung Hegelmaiers wieder in den Vordergrund treten.

Schwenningen, 22. Sept. Heute abend 6',- Uhr ist, laut Schw. B., die Zündholz- sabrik der Gebrüder Jauch trotz rascher und energischer Hilfeleistung der Feuerwehr gänz­lich niedergcbrannt; jedoch gelang eS, die zum Etablissement gehörige Dsmpfsäge, sowie den Brctterschuppen zu retten. Das Feuer scheint tu der Dörre ausgebrochen zu sein. Viele Arbeiter, namentlich weibliche, sind brotlos. Binnen 7 Wochen ist dies der 2. Fabrikbrand hier.

Breitenholz, 25. Sept. Unserer stillen und abgeschiedenen Gemeinde ist am Sonntag nachmittag eine außerordentliche Uebcrraschung und Freude zu teil geworden: S. M. der König lud die Vertreter der Gemeinde, das gemeinschaftliche Amt, den Gcmeinderat und Bürgerausschuß, Lehrer und Schuljugend, sowie den Kriegervcrein in seine auf einer Höhr des SchöttbnchS, auf diesseitiger Markung gelegene Jagdhütte aus eine Stunde zu sich ein und verkehrte dort in zwanglosester, herablassendster Weise mit den geladenen, bewirtete sie alle u. be­schenkte zuletzt die ganze Jugend, zum Teil eigenhändig, mit allerlei nützlichem und Schönem.

Am Samstag vorm, kurz vor 8 Uhr ereignete sich in der Karlsstraße in Ulm gin schwerer Unglücksfall Prem.-Lieut. Cra- mcr vom Grenad.-Reg. Nr. 123 ritt rin junges Pferd aus; dasselbe stieg und warf den Reiter ab. Cramer fiel so unglücklich kopfüber auf den Randstein dc< Bürgersteigs daß er blutüberströmt und bewußtlos in das bcnachbarte Haus getragen werden mußte. Die Aerzte stellten einen komplizierten Schä­

delbruch fest. Der allgemein beliebte Offi­zier verschied mittags nach 12 Uhr, ohne wieder zu Bewußtsein gelangt zu sein.

Mit der zweijährigen Dienstzeit wird bekanntlich beim 4. Garde-Regiment z. F. in Spandau ein Versuch gemacht. Es wurde hiezu daS 1. Bataillon auScrsehen, welches man diesem Zweck lediglich aus Rekruten und solchen Mannschaften zusammensetzte, die ein Jahr Dienstzeit hinter sich hatten, Aus diesem Bataillon sind nun jetzt alle zweijährigen Mannschaften entlassen worden Bei der Ncueinstellung der Rekruten in die­sem November wir» die gleiche Formation wie im »origen Herbst durchgeführt, so daß wieder ein Bataillon genau nach dem Mu­ster der zweijährigen Dienstzeit besteht. Der Kaiser hat sich dies Bataillon im Sommer verführen lassen und mit dem Ergebnis des Versuches seine Zufriedenheit geäußert. Die jetzt erfolgte Entlassung sämtlicher Zweijährigen zeigt, daß die Probe konsequent durchgeführt werden soll.

Der Reichstag wird voraussichtlich mit einer großen Anzahl von Petitionen we­gen Abänderungen der Bestimmungen der GewerbcordnungSnovelle über die Sonntags­ruhe im HaittrlSgcwerbe angegangen werden. Massenpktitionen in dieser Richtung mit ver­schiedenen Vorschlägen sind schon in Vorbe­reitung und scheinengroßen Beifall zu finden. Der Reichstag wird also wohl Gelegenheit haben, sich mit dem Gegenstand zu beschäf­tigen. Dagegen ist, wie man hört, ein Vor­gehen des BundeSrats für die nächste Reichs­tagssession noch nicht in Aussicht genommen. Man will den Reichstag bei dem ohnehin obliegenden großen ArbcitSstoff von allen Gegenständen freihalten, die nicht unbedingt dringlich sind, und die Frage der Sonntags­ruhe ist allerdings noch nicht so geklärt, daß sie jetzt schon wieder zur gesetzgeberischen Rc- vi!on reif wäre.

Kaiser Wilhelm wird sich vier Tage in Schönbronn (Oesterreich) aufhatten, von hier kleinere JagdauSflüge unternehmen und auch die Musikausstellung besuchen. Zur großen Galatafcl werden alle hohen Würden­träger geladen. Die Taufe der jüngst ge­borenen Prinzessin wird dem Vernehmen nach am 22. Okt., dem Geburtstag der Kaiserin, stattfinden.

Wie sehr bestimmt verlautet, wird »er Reichskanzler Graf Caprivi den deutschen Kaiser nach Wien begleiten.

I" Hagen hat sich eine Blutthal zugeiragen. Ein Lori durchreisender Bären­führer, ein starker, gedrungener Neger, kam mit zwei Pennbrüdern, anscheinend Ziegel­bäckern, in Streit; der Schwarze machte sich davon, die beiden.anderen folgten ihm jedoch nach und eS begann nun eine wilde Hetzjagd durch verschiedene Straßen, an der sich noch andere Leute beteiligten. Als der Schwarze nun während seiner Verfolgung ein Messer zog, wurde die Wut der Verfolger um so größer. Zu seinem Unglück stolperte der Neger und fiel zur Erde. Jetzt erreichten ihn die Burschen nnd sie schlugen nun auf ihr Opfer so lange los, bi« diese« liegen blieb. Der schwer Verletzte wurde in da« Krankenhau» gebracht und ist daselbst nach wenigen Stunden gestorben.

In Posseck (Oberfranken) sind neun Bauernanwcscn infolge Unvorsichtigkeit von Kindern niedcrgebrannt.

Little Rock (Vrkansas). Zn dem

County Calhoum herrscht unter den Negern große Aufregung, welche angeblich durch ein neues Wahlgesetz hervorgcrufcn ist. Es er­mordeten 9 Neger, denen sich zwei Weiße zugeselll hatten, einen Weißen. Der An­führer der Bande soll eine gewisse Rolle in derVolkSpartei" spielen. Im südöstlichen Teil des County besteht die Bevölkerung zu sechs Siebentel au» Schwarzen. In Wirk­lichkeit scheint die Wut der Neger dadurch hervorgerufen worden zu sein, daß einige Schwarze heimtückisch gelyncht worden sind. Seit der Zeit ziehen bewaffnete Negerbandcn durch da« Land und drohen mit Mord und Brandstiftung. Am letzten Sonntag stieß eine solch» Bande mit den Beamten des She­riff- zusammen. Die Mannschaft des letz­teren hatte in dem Kampfe 3 Tote und 7 Verwundete. Am Sonntag kam es zu einem neuen Zusammenstoß, wobei ein Neger und ein Gcrichtsbcamter getötet wurden.

Luther und die Pest. Geradeso wie heute im Norden die stolze Handelsstadt von der Seuche heimgesuckt wird, wurde Luthers Wohnsitz dreimal: 1516, 1527, 1537 von der Pest verwüstet. Trotz dringend. Mahn­ungen der Frcuudc harrte aber alle dreimal Doktor Mortmu» in Wittenberg aus.Ich hoffe," schrieb der mutige und dabei so be­scheidene Mann im Jahre 1516, die Well wird mit Bruder Martin nicht zusammen- fallen.Ich bin hiehergestellt undaus Ge­horsam darf ich nicht fliehen." 1527 schreibt er:Den einzigen Trost, den wir haben, ist, daß wir Gottes Wort haben, die Seelen zu retten, wenn der Satan auch den Leib verschlingt." Wirklich überstand er alle 3 Pestjahrc glücklich, und auch seine Familie blieb, wenn auch ein Söhnchen zeitweise er­krankte, von den Qualen der Pest verschont. Am Ende des letzten PcstjahrS konnte daher Luther ausrufen:Gott hat sich unser herr­lich und wunderbar erbarmt!"

Zweihundert Rinder, welche auf dem Hamburger Vichmarkt unvcrlauft geblieben und in Schuppen bei den Landungsbrückcn untergebracht worden waren, wurden auf polizeiliche Anordnung getötet, weil sie von der Maul- und Klauenseuche befallen waren. Die Tiere stammen aus dem Kehdingschcn.

New-Iork, 24. Sept. In der Synagoge, worin gegen 1000 Personen, meist Frauen, das jüdische Neujahr begingen, entstand durcy Feuerlärm ein paoischer Schrecken. Bei dem Gedränge an der Treppe wurden 4 Perso­nen getötet, 12 schwer verletzt.

Vermischtes.

Wieviel Lokomotiven giebt es aus der Erde? Von den 109,000 Lokomotiven, welche gegenwärtig auf der Erde fahren, sagt die Fachschrift Jron, kommen auf Europa 63,000 auf Amerika 40,000 aus Asien 3300, auf Australien 2000 und auf Afrika 700. Von den Europäischen Lokomotiven befinden sich 17,000 allein inGroßbrilanien und Irland, 15,000 in Deutschland, 11,000 in Frankreich, 5000 in Österreich-Ungarn, 4000 in Italien, 3500 in Rußland, 2000 in Belgien, 1000 je in Holland und Spanien, 900 in der Schweiz und die übrigen in den andern europäischen Ländern.

Die Dienstmädchen und die Sonn­tagsruhe. Die seit dem 1. Juli in Kraft getretenen Bestimmungen über die Sonntags­ruhe, die sich lediglich auf den Handel be­ziehen, werde»; yiclsach noch nicht verstanden.