Rundschau.

Beim Betrieb einer Dreschmaschine in Flein wurde am Mittwoch der 23 Jahre alle Heizer Gustav Wieland von Obersont­heim von dem Schwungrad ersaßt und so gequetscht, daß er bald darauf starb.

In Obertürkheim wurde ein Kauf l892cr Weins abgeschlossen; 2 Eimer Rot­wein zu 190 ^ per Eimer.

Waiblingen, 23. Sept. Gestern nach­mittag nach 4 Uhr wurde am Bahnüber­gang nach Stuttgart eine Frau, welche mit >incm Handwägelchen nach Hause wollte, von einem Handwerkoburschen auf die roheste Weise angepackt, zu Boden geworfen und an den Haaren herumgezogen. Der in der Nähe befindliche Straßenwarl kam der Frau zu Hilfe, wäre aber mit dem Strolch nicht fer­tig geworden, wenn ihm nicht noch ein Bahn- bedicnsteter beigesprungen wäre, worauf dann die Festnahme desselben bewerkstelligt wurde.

Hall, 21. Sept. Zur Feier des nun­mehr vollendeten Anschlusses unserer Stadl an das Telephonnetz, fand sich laut St.-A. auf Einladung des GewerbevereinS am gest­rigen Abend eine stattliche Anzahl von hies. Einwohnern in den Räumen des Gasthofs zum Lamm ein. Stadtschultheiß Helber brachte d>n Toast auf S. M. den König aus. Hierauf gab der Vorstand des Ge­werbevereins, Apotheker Blczinger, eine lieber« sicht über die stattgehabten Verhandlungen u. Arbeiten; derObmann des BürgerauSschnsses, Bankdirektor C>, gab dem Danke Aus­druck, den die Bürgerschaft der K. General- direkliou der Verkehrsanstalten schulde. Es folgte noch eine ganze Reihe von Trink­sprüchen ernsten und heiteren Inhalts, in denen allen die Freude über taS glücklich vollendete Werk zum Ausdruck kam.

Pforzheim, 16. Sept. In dem Dorfe Göbrichen sollte neulich eine Trauung statt- finden. Als das Brautpaar vor dem Altar stand und der geistliche dem Bräutigam die übliche Frage vorlcgte, ob er die Braut zu seiner Gattin haben wolle, antwortete dieser mitNein". Der Geistliche in der Meinung, der angehende Ehemann habe nicht recht gehört wiederholte die Frage, wie­derum bekam der nicht wenig staunende Pf. ein entlchiedenesNein" zur Antwort. Was nun? Selbstverständlich konnte die kirchliche Trauung nicht vorgensmmen werden, umso­mehr als der widerspenstige Bräutigam noch geltend machte, daß ihm die Sache schon lange nicht glatt sitze. Erst nachdem der Pfiffikus daheim belehrt, daß er ja schon (standesamtlich) getraut sei, ließ er sich her­bei, nochmals zur Kirche zu ziehen, wo dann die Trauung ohne weitere Schwierigkeiten vor sich gieng.

Berlin, 21. Sept. Wie mehrfach ge­meldet wird, sollen die Kaisermanöver des VIII. (rheinischen) und XVI. (lothringischen) Armeekorps im Herbst 1893 in derselben Weise ftattstnden, wie sic für dieses Jahr ge­plant waren.

Berlin , 22. Sept. Die Vermählung der Prinzessin Margarete von Preußen mit dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen findet in Berlin am 25. Januar 1893, dem 35. Hochzeitstage der Mutter der Braut, der Kaiserin Friedrich, statt.

Aus dem Kinzigthal, 21. Sept. In Mühlenbach starb kürzlich der Pens. Haupt­fehler Limberger im hohen Alter von 80 Jahren, Ihm w«r in seinem Leben da»

schwere Geschick zu Teil, 9 seiner ganz oder Teilweise erwachsenen Kinder durch frühen Tod zu verlieren. Nur ein zehntes blieb ihm, eine Tochter. Aber sie hatte den Ver­stand verloren, weil ein ungetreuer Liebhaber sie als Brant sitzen ließ. Merkwürdig bleibt die Thaisache, daß die überlebenden Ge­schwister jeweils, nachdem das Grab sich über Einem der Ihren geschlossen, unter sich den nächstfolgenden Todeskandidaten bezcichneten und daß ihre Ahnung auch allemal zur trau­rigen G-wißheit wurde.

Die Cholera läßt in Hamburg nur sehr langsam nach, während sie in Berlin nach zeitweiligem Erlöschen neu aufgetreten ist. Auch in Stettin mehren sich die Chole- rasälle; jedoch sterben an allen anderen Cho- leraorten Deutschlands zusammen in einer ganzen Woche nicht halb sovicle Menschen als in Hamburg an einem einzigen Tag, und das schauerlichste bei der ganzen Sache ist, daß hervorragende Autoritäten, wie Pro­fessor Koch, die Befürchtung aussprechen, daß, wenn in Hamburg die Cholera auch im Januar vollends erlöschen sollte sic im nächsten Sommer leicht wiederum auSbrechen könne, Wenn dieser Fall eintreten würde, so würde Hamburgs Wohlstand einen furcht­baren Stoß erleiden, der in Jahrzehnten kaum wieder gut zu macken wäre.

(Eine merkwürdige Verwechslung.) Die Triester Zeitung erhält von einem Be­kannten, Herrn W. D-, aus Hamburg Mit­teilung über nachstehende Episode, die zeigt, in weiche unangenehme Situation man durch übertriebene Furcht vor der Cholera geraten kann. Eine Kaufmannsfrau in Hamburg ertaubte ihrem Dienstmädchen, an einem Sonniagnachmittag suSzugehen. Das Mäd­chen besuchte einige Freundinnen und excc- diertc dabei was jetzt häufig vorkommt

im Genüsse von Spirituosen, so daß eS, als es abend» heimkam, ziemlich benebell war und daher sofort zu Bett gehen mußte. Am anderen Morgen bemerkte die Frau sogleich das bleiche Aussehen des Dienstmäd­chens und Spuren von Erbrechen, Zu je­der anderen Zeit hätte man auf einen Ka­tzenjammer geschlossen, hier mußte cs aber Cholera sein. In Todesängsten telephoniert die Frau ihrem in seinem Comptoir arbei­tenden Manne:Unser Mädchen hat die Cholera." Dieser hat nichts Eiligeres zu thun, als sofort zur Sanitätswache zu laufen und einen Krankenwagen nach seiner Wohn­ung zu bestellen, welcher da» Mädchen ab- hvtcn sollte. Als der Wagen aber »nkam, hatte sich das Mädchen wieder erholt, wäh­rend die junge Frau in ihrer Angst, eine Cholerakrankc im Hause zu haben, in Ohn­macht gefallen war. Das Mädchen geht zum Wagen und fragt, was zu Befehl stehe. Die Sanitätsleute antworten, sie hätten eine Cholerakrankc abzuholen.So viel ich weiß, ist hier Niemand an Cholera erkrankt," sagte da» Mädchen,meine Gnädige ist aber eben umgefallen und liegt ganz regungslos da."

Das wird sie schon sein; gewiß hat sie schon den Starrkrampf bekommen, nur schnell, um keine Zeit zu verlieren. Mit diesen Worten gehen die Männer inS Haus und tragen die Frau in den Wagen, worauf dieser rasch seinen Weg in da» Cholera- KrankenhauS nimmt. Nach einer Stunde kommt der Mann nach Hause und ist natür­lich erstaunt, das Mädchen wohl und munter vorzufinden ; sein Erstaunen verwandelt sich

jedoch in Entsetzen, als er erfährt, daß seine Frau in das Spital gebracht worden sei. Nach unsäglichen ^Bemühungen gelingt es ihm endlich um 9 Uhr abends, seine best re Hälfte wiederzuerlangen. Gewiß ein drasti­sches Beispiel unsinniger Cholerafurcht Zur Charakteristik der Marschälle des ersten Napoleons. Einige der berühm­ten Marschälle und Obergenerale Napoleons I. zeigten bei den Erpressungen für ihren Privatbesitz eigentümliche Liebhabereien- Mas- ssna, den Napoleon den größten Spitzbuben, Räuber und G-izhals in t er ganzen franzö­sischen Armee nannte, raubte nur gemünztes Gold. Hatte er andere Beute gemacht, so mußten die Beraubten ihm diese gegen baar wieder abkaufen, wobei er, als echter Ita­liener, den drei- und vierfachen Preis vor­schlug und mit sich handeln ließ, wie ein Schacherjude. Davoust dagegen war außer­ordentlich für hohe Banknoten und Wert­papiere eingenommen, die er zu rechter Zeit dem französischen Gouvernement zur Ver­fügung stellte, um sein: Landdotationen zn vergrößern. Soult war, nachdem er aus Spanien einen Murillo nach Paris in die Nationalgalerie gesandt hatte, weicher zu 150,000 Francs taxiert worden war, plötz­lich ein großer Kunstfreund geworden und raubte alle allen Bilder deren er habhaft werden konnte. Mehr als zwei Drittel die­ser Gemälde waren, wie sich in Paris zeigte, völlig wertlos. Der Rest aber ward nach Soults Tode für 1,4667,351 Francs ver- aultioniert. Mortier, ein schlechter Reiter, war auf schöne Pferde versessen und ließ sic nehmen und Umtauschen, wo er sie fand. Murat, der beste Reiter, hatte eine seltsame Inklination für Staalscarroffen mit groies- qncn Vergoldungen, so wie für alte Pracht­waffen. Duroc, einer der redlichsten Män­ner, konnte als leidenschaftlicher Jagdfrcund sich nicht enthalten, die schönsten Jagdge­wehre, welche er in den Sammlungen der bezwungenen Fürsten und Großen vorfand, sich anzueignen. Junot hatte eine wahre Passion für Juwelen, für Monstranzen und kostbare Kirchcngeräte, von denen er in Spa­nien ganze Kisten voll sammelte. Vandamme endlich raubte Alles, waS zu haben war, ohne Unterschied. Ihm war eS übrigens weniger darum zu thun, sich zu bereichern, als den Feind zu demütigen und zu betrüben.

Letzten Samstag traf eine 60jährige Frau, die zu Stallikon am offenen Fenster arbeitete, ein Schrotschuß. Im Kantons­spital, wohin man sie schaffte, erlag die Ver­letzte ihre Wunden. Zwei Stiefsöhne der Verstorbenen sind als der Thal verdächtig verhaftet; der eine davon hatte im Sinne, zu heiraten, und hatte probiert, der alten Frau den Hof abzutrotzen, auf dem sie saß.

Die Stadt Prozorki im Gouverne­ment Wilna ist vollständig niedergebrannt. D°S Feuer war an allen Ecken der Stadt gleichzeitig ausgebrochen. Ein HauS, das einstürzte, begrub drei Familien unter Schutt und Trümmern. Gegen 25 Personen fan­den ihren Tod.

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Wer weiß.Du, hör' einmal, des neuen Bürgermeisters Tochter wäre eine pas­sende Partie sür Dich. So schön, so blen­dend weiß wie Venus Aphrodite der reine Meerschaum."Wer weiß, wie sie sich anraucht."