Rundschau.

Marienwahl, 15. S pt. Seine Maje­stät der König de^aben Sich heule morgen z.im Schlußmanöeer der 26. Division mit Ihrer Majestät der Königin zu Wagen nach Schwaitheim, wo der König zu Pferde stieg, während die Königin zu Wagen dem Ma­növer folgte. Beide Majestäten wohnten demselben von Anfang bis zu Ende an, eben­so dem sich anreihenden Parademarsch der 26. Division. Nach der Besprechung nahmen Sein? Majestät eine große Anzahl militä­rischer Meldungen auf dem Manövergelände entgegen, worauf Ihre Majestäten hierher zurückkehrten. Zur Abendtafel bei Aller­höchstdenseibe» waren Oberst a. D- v. Plato mit Gemahlin, Geh. LegationSral Frhr. v. Herma» u. a. eingeladen.

Cannstatt, 15. Scpt. Unser neuer Ex­erzierplatz wird gegenwärtig zum Einsäen mit Grassamen hergerichtet. Dieses Geschäft besorgt Domäuenpächtcr Aldinger auf dem Burghoizhof unter Anwendung einer Ringel­walze, mit welcher die harten und lästigen Schollen zerkleinert und das Gelände in einen entsprechenden Stand gesetzt wird.

Fellbach, 15. Skpt. Gestern fiel der hiesige Stuttgarter Bote Ebinger so unglück­lich von seinem Wagen, daß er mehrere Rip- penbrüche und innere Verletzungen davon- trug.

Eßlingen, 15. Sept. Der für die neu zu gründende Schule in Dar-eS-Salaam (Ostafrika) berufene L hrer Darth, der kürz­lich, wie berichtet, in seiner Heimat Zell bei Eßlingen auf Besuch war, ist dieser Tage vom Fürsten Hohenlohe-Langenburg wieder­um nach Berlin beschicken worden, wo er behufs Erlernung des Arabischen seit Mitte Dezember v. I. längeren Aufenthalt genom­men halte. Von Berlin wird er nochmals hichcr zurückkehren, um sich am 20. d. M. in Neapel zur Reife nach Ostafrika,nnzuschiffen.

Lorch, 15. Sept. Zum drittenmal inner­halb weniger Wochen muß ich über ein durch den Fuhrwerksbetried herbeigeführtcs Un­glück berichten. Der Bauer Friedrich W. vom Metzelhof, Gde. Lorch*, fuhr gestern abend vom Gmünder Wochen,nackt nach Hause. In der Nähe seiner Wohnung fiel er, wahrscheinlich im Schlaf, vom Wagen, der über ihn wegging, so daß er sofort tot war.

Nerrsheim, 15. Sept. Gestern abend fand im Gasthof zur Traube eine aus Stadt und Bezirk ungemein zahlreich besuchte Ab- schiedsfeier für de» nach Calw berufenen Oberamlmann Lang statt. I» verschiedenen Toasten wurden die große Pflichttreue, die seltene Arbeitskraft und die segensreiche Wirk- famkeit des Scheidenden, sowie seine Liebens­würdigkeit im Amt und sein gesellschaftliches Talent hervorgehoben.

Ein Ersatzreservist der Pioniercom­pagnie in Ulm hat sich ans Furcht vor Strafe wegen Urlaubsüberschreitung die Puls­ader der linken Hand ausgeschnitten. Er wurde ins Lazaret verbracht.

Pforzheim, 15. Sept. Durch bezirks- amtliche Verfügung von heute ist nunmehr die Verkaufszeit der Bäcker auf 59 Uhr vormittags und 118 Uhr nachmittags, die der Konditoren auf 79 und 118 Uhr, die der Metzger auf 612 vormitt, und 6 8 Uhr abends festgesetzt.

Wegen des neuen Mörfelder Mor­

de- wurde bald nach der Thal von der

Frankfurter Polizei der Taglöhner Georg Schreck von Königstein verhaftet, doch schon am 6. September von dem K. Amtsgericht in Frankfurt wegen Mangels an genügen­dem Verdacht wieder freigelassen. Am Sonn­tag den 11. September befand sich Schreck noch in Frankfurt und äußerte, daß er die Absicht habe, nach Holland zu gehen; seit­dem ist er verschwunden. Mittlerweile ha­ben sich die Verdachtsmomente gegen ihn der­art gehäuft, daß sich die hiesige Staatsan­waltschaft neurdingS veranlaßt gesehen hat, gegen ihn einen Steckbrief wegen Mords zu erlassen, da man nunmehr mit Sicherheit «»nehmen zu müssen glaubt, daß er der Mör­der sei. Man vermutet, daß Schreck auf einem Floß nach Holland entflohen ist.

Berlin, 14. Skptbr. Fürst Bismarck spendete für die Notleidenden in Hamburg 1000

In Pfungstadt bei Darmstadt hat ein bereits 71 Jahre alter Mann, Namens Frinkenberger, eine 64jährige Witwe, wie es heißt, aus Rache erstochen und sich selbst alsdann erschossen.

Auf dem Hauptbahnhof in Köln wurde ein unvorsichtiger Postschaffner, der mit einer Karre dicht vor einem zurückgehen­den Eisenbahnwagen über das Geleise fetzte, überfahren und sofort getötet.

Der Zustand des Prinzen von Schaumburg in Kirchdorf ist sehr bedenk­lich, die Bewußtlosigkeit hält an. Der Lm- zer Primärarzt Brenner entfernte die Knochen­splitter ans dem.Gehirn. Es besteht die Befürchtung, daß wenn der Prinz auch mit dem Leben davonkomntt, mindestens ein Auge gelähmt bleibt. Die Eltern des Prinzen sind in Kirchdorf eingetroffcn.

Nach vierzig Jahren wieder ver­einigt. In Wien fand vor einigen Tagen die kirchliche Trauung eines greisen Paares statt. Der Bräutigam zählt bereits 73 Jahre, während die Braut um ca. 10 Jahre jünger ist. Die Beiden hatten sich vor ungefähr 40 Jahren verlobt, und zwar in Wien, wo­selbst sic damals domicilierten. Der Bräu­tigam hatte zu jener Zeit einen kleinen Pre- tiosenhandel betrieben und in derselben Gasse, in welcher seine Braut, die Tochter eines unbemittelten Kleingewerbetreibenden, wohnte, sein Domicil gehabt. Durch eine Reihe un­vorhergesehener Umstände verlor der Pre­tiosenhändler im Verlaufe weniger Monate sein ganzes ohnehin nicht bedeutendes Ver­mögen, so daß er sich anßer Stand gesetzt sah, seine' Braut zu ehelichen. Die Hochzeit wurde verschoben. Der Vom Schicksal so schwer getroffene Mann glaubte in der Fremde seine Lage verbessern zu können und begab sich nach Rußland, von wo aus er in den ersten Jahren seiner Abwesenheit von Wien einen regelmäßigen Briefverkehr mit seiner Braut unterhielt. Plötzlich brach derselbe jedoch ab. Alle von dieser an den Bräu­tigam gerichteten Briefe blieben unbeantwortet. Niemand wußte, was mit dem Manne ge­schehen sei, welches Schicksal ihn in Rußland ereitt habe. Die Braut des Verschollenen hatte feierlich gelobt, unverheiratet zu bleiben, und jhatsächlich schlug sie alle Werbungen aus. Ihre Eltern starben und hinterlicßen sie fast gänzlich vermögenslos. Das nun alleinstehende, auf sich selbst angewiesene Mädchen mußte, um ihren Lebensunterhalt decken zu können, eine Stelle als Bonne an- nehmen. In dieser Eigenschaft kam sie nach

Brünn und später nach Znaim. Von hier kehrte sie anfangs der sechziger Jahre nach Wien zurück, woselbst sie sich als Feinstickerin niedcrln ß Durch ihrer Hände Arbeit brachte sie sich so schlecht und recht fort. So wurde die Braut des Verschollenen alt, doch die Zeit hatte in ihrem Gedächtnisse die Erinne­rung an den verlorenen Bräutigam nicht verlöscht und die Liebe zu demselben aus ihrem Herzen nicht gedrängt. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen in diesem Leben hatte sie jedoch schon längst aufgegeben. Wie groß war nun das Erstaunen der greisen Stickerin, als ihr eines Tages es war gegen Ende Juli ds. Js. von einer ihrer Wohnungs­nachbarinnen mitgeteill wurde, daß ein Herr ans Rußland nach ihr im Hause gefragt und gebeten habe, man möge das alte Fräu­lein schonend ans einen überraschenden Be­such vorbereiten. Wenige Stunden später erhielt sie ein Schreiben, in welchem der ver­loren Geglaubte seine Ankunft anmeldetc. Am selben Tage noch lagen sich die beiden alten Leute in den Armen. Auch der ehe­malige Preiiosenhändlcr war ledig geblieben. Beide sind nun für den Rest ihres Lebens vereinigt. Die Trauung des greisen Paares fand in aller Stille statt. Die Ersparnisse, mit welchen der Dreiuntfiebzigjährige aus Rußland zurückgekommcn war, reichen gerade hin, um den beiden Eheleuten ein sorgen­loses Dasein zu sichern.

Die Cholera wütet in Hamburg noch immer fort und fordet bei dem enormen Leichtsinn der Bevölkerung, deren untere Schichten namentlich Sonntags das über­mäßige Trinken nicht unterlassen wollen, an den Montagen fast ebenso viele Opfer, alt die ganze übrige Woche zusammen. Die Hamburger Geschäftswelt erleidet einen un­geheuren Schaden, der sich auf viele Mil­lionen schätzen läßt. Man befürchtet zahl­reiche Konkurse in Hamburg.

In Monako erschoß sich die 26jähr. New.Aorkerin Jane Armstrong, nachdem sic in 10 Tagen ihr gesamtes Vermöge» von 250 000 Dollars im Spiel verloren. Am 11. ds. stürzten sich zwei Unbekannte ins Meer, nachdem sie ihre gesamte Bar­schaft am Spieltisch geopfert hatten.

Aus Paris, 13. Sept., schreibt man: Im Irrenhaus? in Bron (bei Lyon) spielte sich in der vergangenen Nacht eine schreckliche Scene ab. Eine Frau, welche am Tage vor­her auf das Beobachtungszimmer gebracht worden war, wurde abends mit der Zwangs­jacke bekleidet und ans Bett geschnallt. In­folge einer ganz übernatürlichen Kraft, welche diese Kranke besitzt, konnte sich ihrer Fessel» entledigen, worauf sic zu eiuem zweiten im selben Zimmer befindlichen Bette eilte, an welches ebenfalls eine Tobsüchtige angeschnallt, die sie nun auf die entsetzlichste Weise er­mordete, indem sie sie würgte und ihr mit den Füßen die Rippen eintrat, so daß letztere den Magen und die Lunge durchbohrten. Den auf das Geschrei der Unglücklichen her- beigeeilten Wärtern gelang es leider zu spät, die Tobsüchtige wieder unschädlich zu machen.

Verschiedenes.

(Auch interessant) Tochter:Was beratet Ihr jetzt im Reichstag?" Abge­ordneter :Die Novelle zum Krankenkassen« gesetz." Tochter:Eine Novelle, das muß interessant sein kriegen sie sich?" Ab­geordneter :Ja, bej den Haare»."