In Sturm und Drang.
Novelle von C. Western.
(Nachdruck verboten.)
4.
Als Marlha heimkehrte, bemerkte Fra» Vvß svgleick, daß ihre Tochter geweint hatte, doch setzte sie diese Thränen auf Rechnung des Streikes.
„Vielleicht wird doch noch alles gut I" flüsterte sie Martha zu, als diese die kranke Mutter zur Ruhe brachte.
Die drei Männer vor der Thür hatten indeß ihre Pfeifen auSgeraucht, Vroni wünschte gute Nacht und kehrte ins HauS zurück, dann ging auch Rupert.
Bei Arnold war es indeß zu einem festen'Entschluß gekommen: er wollte morgen nach Dilterau, aber zuvor wollte er mit Vroni sprechen, denn jetzt', wo er sie nicht sehe» konnte, war es ihm klar geworden, daß er ohne sie nicht leben konnte.
„Gehe schlafen, Gerhard I" forderte Arnold jetzt seinen brustkranken Bruder auf. „Die Abcndluft thut Dir nicht gnt. Ick will indeß noch einmal nach Lambert und den Bergleuten sehen; vielleicht erfahre ich noch Neues!"
„Thue das, Arnold!" sagte Gerhard und beide gingen.
Die feiernden Arbeiter waren unter Lam- bert'S Führung aus der Woldschenkc heimge- kehrt und setzten sich im goldenen Löwen fest, wo noch der Rest der geringen Löhnung vertrunken werden mußte. Was lag auch daran? Versprach ihnen nicht Lambert alle goldenen Berge ? Der Wirt hatte dienstfertig mit seinem ganzen Personal alle Hände voll zu thun, die durstigen Gäste zu bedienen. Hochs auf Lambert, den Helden des Tages, erschollen, dazwischen wurden Flüche und Verwünschungen auf die Copitalbesitzer und vermögenden Leute laut uud verworrene Stimmen redeten durcheinander. Das alles hörte Arnold hinter den Fenstern deS goldenen Löwen. Er schüttelte den Kopf und murmelte:
„Mit dem Katzenjammer morgen werden die Tröpfen auch andere Gedanken kommen I"
Er kehrte zurück und behielt Vroni's Kammerfenster im Auge, vielleicht sah er noch einmal ihren Schatten ! — Leise näherte er sich dem großen Lindenbaume, der davvr- stand. — Aber hob sich dort nicht eine dunkle Gestalt vom weißen Staket ab? Vorsichtig schlich er näher und „Gerhard I" kam es leise über seine Lippen. Unbeweglich stand er an der Stelle fest. Der Buckliche warf Kußhände nach dem Hellen Fenster hinauf und wandte sich dann der Wohnung zu. Arnold stöhnte leise. In seinem Innern kämpfte die Liebe zu Vroni mit dem Mitleid mit dem kranken und verkrüppelten Bruder. Er dachte an all' das Elend, welches derselbe schon getragen, und hier sollte er ihm eine Hoffnung stehlen? O »ein, und wenn er selbst darüber zu Grunde ginge, das durfte nicht sein I
„Gerhard, Gerhard!" seufzte Arnold, „das ist das größte Opfer, welches ich Dir je gebracht habe I — Ade, schöner Traum!"
Arnold suchte sein Lager auf und am andern Morgen eilte er nach Ditterau.
III.
Drei Wochen dauerte nun schon der Streik. Bei mancher Arbeiterfamilie war
der hohläugige Hunger bereits als Gast ein- gekehrt, da die zuerst von außen eingegangenen Geldsendungen nunmehr ganz aufgehön hatten. Nur der rote Lampert batte noch die Taschen voll Geld und den Mund voll hoher Redensarten. Herr Reichart, äußerte er zuversichtlich, müsse jetzt bald anbeißeu, da ihm sonst die übrigen Werke die Kunden nehmen würden. Damit hielt er die knurrenden Magen der Kameraden noch eine Weile hin. Dann aber erklärte ein großer Haufen der Häuer, Rupert und Gerhard Voß an der Spitze, daß sic sich nicht länger an die Abmachungen der klebrigen kehren, sondern die Arbeit nach Maßgabe der »on Herrn Reichart vorgeschlagencn Bestimmungen wieder ausnehmen würden. Die Anhänger L. waren darauf wieder in die Waldschenkc gezogen und hatten hier in Schnapps u. Bier neue Begeisterung und neuen Mut getrunken. Dabei stieß die unsinnige Menge die ärgsten Drohungen gegen diejenigen, welche dir Arbeit wieder aufnehmen würden, aus.
Gerhard und Rudert kümmerte das nicht; mit einundvierzig Genossen begaben sie sich zum Contor der Zeche und boten Herrn Reishart Unterwerfung unter seine Beschlüsse an.
Herr Reicharl war nicht selbst zugegen und Herr Moths zuckte, den Hochmütigen spielend, die Achseln; da war aber der alte Müller gleich davon gelaufen, Herrn Rcichart herbeiznholen. Dieser kam sofort, nahm das Anerbieten aller an und erteilte Anweisung auf einen Vorschuß im Betrage eines Wochenlohnes, dann ging er lächelnd.
Das Arbeitsglöckchen ertönte nun am andern Morgen wieder pünktlich, für Diefenbach ein ungewohnter Klang, von vielen Familien streikender Häuer aber symbathisck begrüßt; Lambert aber und Genossen schworen den Treulosen Untergang und Rache zu.
Arnold weilte jetzt in Ditterau. Er war dort schnell bis zum ersten Modelleur emporgerückt und verdiente ein so anständiges Sümmchen, daß er wöchentlich der Mutter einen Betrag senden konnte, denn er selbst hatte ja nur geringe Bedürfnisse. Vergeblich aber erwartete die Mutter den Besuch des guten Jungen; er sei nicht abkömmlich schrieb er öfter und forderte Gerhard auf, ihn eines Sonntags doch zu besuchen.
So geschah es denn auch.
Mit der größten Herzlichkeit empfing Arnold de» Bruder. Derselbe war stattlicher, kräftiger, gesünder aussehend geworden ; umsomehr fol dagegen dem guten Arnold der Gesundheitszustand Gerhards auf.
„Hast Du einen geheimen Kummer, Gerhard?" fragte er vertraulich.
Jener schüttelte trübe den Kopf.
„Doch, doch, Gerhard," meinte aber Arnold.
Der arme Krüppel, welcher einen feingeschnittenen Kopf auf dem verstümmelten Rumpfe trug, lächelte schmerzlich:
„Ach Gott, Arnold, mir ist ja doch nicht zu helfen! Sie kann mich ja doch nicht wieder lieben!"
„Wer? — Vroni?"
„Ich Unglücklicher?.— Ja! Sieh, Arnold, da sitzl's, drinnen im Herzen!"
Ach, der Acrmste ahnte nicht, daß er den Tod in der Brust trug.
Was sollte Arnold sagen?
„Hoffe," setzte er nach einer Weile mit
leidig hinzu, „hoffe, ich selbst — will — mit — Vroni — reden!"
Er wandte dabei den Kopf ab, um sein Gesicht zu verbergen.
Gerhard schrie laut vor Freude:
„Wie, Arnold, das wolltest Du >hun?"
„Ich — will's, — verlaß — Dich — auf — mich!"
Dieses Versprechen schien den brustkranken Krüppel merkwürdig zu beruhigen. Er schüttelte dem Bruder sein ganzes Herz aus. Vroni wäre sehr freundlich gegen ihn und er hätte sie gern. — Im Herzen Arnold's entstand bei dieser Erzählung ein stechender Schmerz, ein Mißton, als wenn auf einem Musik-Instrument eine Seite reißt, aber er hielt um Gerhardts willen tapfer an sich.
„Dann," fuhr der Krüppel fort, „komme nur bald; weißt Du, Arnold, eS ist auch wegen der Martha I"
„Was ist mit ihr? Du erschreckst mich I" frug Arnold.
Gerhard erwiderte:
„Es ist nicht alles richtig mit dem Mädel, glaub' ich! Neulich ertappt ich sie, wie sie ein Bild aus dem Busen zog und küßte I Ich habe das Ding gesucht, aber vergeblich; sie trägt es stets auf dem Herzen!"
„So I" sagte Arnold kopfschüttelnd.
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
.-. (Falsche Bezeichnung.) Ehemann: Da hat meine Frau gestern acht Tassen Kaffee getrunken, zwanzig Sorten Kucken probiert, vier Stunden hindurch den Mund wie eine Klappermühle laufen lassen, fünf Stunden hintereinander getanzt und mir, als wir heimkamen, noch eine dreiviertelstündige Gardinenpredigt gehalten. Und dabei rechnet die sich zum schwachen Geschlecht I
.-! (Beim Wort genommen.) Frau: Wie können Sie meinem Jungen sagen, er solle künftig besser gewaschen in die Schule komme» 11 Bei uns ist die größte Sauber- heit zu Hause! — Lehrer: Na, dann soll er sie nur 'mal mitbringen l
.-. (Die jungt Hausfrau) Dame: „ . . . Was, dieses^ Huhn kostet 2 Mart? Wie viel kostet denn dann ein Ei?" — Bäuerin: „6 Pfennig'!" — Dame: „Da kostet also das bischen D'raufsitzin 1 Mark 94? I"
.'. Ein altes Weib kam in einen Krämerladen und verlangte 2 Pfund Sauerkraut. „Kilo beißt es jetzt," verbesserte sic der Krämer, und ganz bestürzt fragte da» Weib: „Sv! warum heißt cs denn nicht mehr Sauerkraut?"
.'. (Die Stimme der Natur.) Kindermädchen : Denken Sie sich, gnädiger Herr, der kleine Fritz hat heute das erste Wörtchen gesprochen. Hausherr: Nicht möglich! Kindermädchen: Ja, als wir im Zoologischen Garten waren und .am Affenkäfig standen, streckte er die Händchen ans und rief: „Papa I"
(Kurze Dankbarkeit.) Verbrecher, welcher soeben hingerichtet werden soll : Bitte, Herr Scharfrichter, machen Sie cS schnell und gut, ich will Ihnen auch zeitlebens dankbar sein.
(Vorsichtig.) Nicht wahr, Herr Photograph, Sie garantieren doch für Aehnlich- keit. Ja, aber nur auf drei Jahre.
Verantwartlicher Redakteur: Bernhard Hofneann.) Druck und Verlag von Bernhard Hyfman» in Wildbaü.