Amerika einträgliche Stellen verschaffen wollen, selbst nach Bucnos-Aire« und Montevideo begleiten, wo sie ihre Opfer an Inhaber ge­wisser Häuser verkaufen. Nach Mitteilung der Warschauer Polizei sind die Gebrüder Springfclder dort unter Aufsicht gestellt wor­den, aber flüchtig geworden. Sie halten sich in den Grenzbezirkcn des Königreichs Polen auf, wo sie die ihnen von den Agenten zu­geführten Mädchen in Empfang nehmen.

Essig, 12. Aug. In ganz Slavonien streiken die Feldarbeiier. Die Gesammt-Ernte verdirbt auf dem Halme, wo die Eigentümer selbst die Felder abmachen, entstehen Brände.

Prag, 16 Aug. DemPrager Abend­blatt" zufolge gab ein gewisser Bosak, der vergangene Nacht vor dem deutschen Casino auf Vorübergehende schoß, als Beweggrund seiner Thal an, die Leute hätten Deutsch ge­sprochen, er hasse aber die Deutschen, welche die Czechen niedcrdrückten, und er habe des­halb auf die Deutschredenden die Schüsse abgegeben.

Lüttich, 14. Aug. Dieser Tage schnitt sich hier eine reiche junge Dame in einem Anfalle religiösen Wahn« mit einem Rasier­messer die Ohren ab, stach sich darauf mit

einer Schere ein Auge aus und suchte sich schließlich auch die Daumen von den Händen zu trennen, wobei sie überrascht wurde. Die Unglückliche glaubte sich von bösen Geistern umgeben und ersuchte die sofort hinzuge­zogenen vier Aerzte, die Dämonen durch Ge­bet zu verscheuchen. Erst als die Aerzte diesem Wunsche scheinbar nachkamen, ließ sie sich verbinden. Der Zustand der Irren ist hoffnungslos.

In Herford (Westfalen) sind in dem letzten Monat nicht weniger als 17 Häuser nebst einer großen Anzahl von Scheuern und Ställen und einer Sägmühle infolge Brand­stiftung ein Raub der Flammen geworden, ohne daß eck trotz Ankündigung einer hohen Belohnung bisher gelungen ist, von dem Thäter irgend etwas zu ermitteln.

Ein furchtbarer Prairiebrand hat in Natal gewütet. 2090 Stück Hornvieh und mehrere hundert Schafe sind dabei zu Grunde gegangen. E« heißt, daß ein irrsinniges Kaffernweib da« Gras angcsteckt hat. Die Frau soll eine Brandstiftungsmanic besitzen. Das Feuer verbreitete sich mit rasender Ge­schwindigkeit, bis cs die Hürden eines reichen Viehhändlers erreichte. Der Besitzer war

nicht da, deshalb konnten die 2000 Ochsen und Kühe nicht heraus und verbrannten sämtlich.

In der Ortschaft Castellamare bei Palermo wurde am 14 dS. der reiche Grund­besitzer Sangiordi von Räubern, die hohes Lösegeld verlangten, entführt. Die Regier­ung hat eine wesentliche Verstärkung der Polizei, eine Erhöhung der Belohnung auf die Ergreifung der Räuber angeordnet.

Nach Petersburger Mitteilungen gras­siert in Persien nebst der Cholera und der Pest noch eine unbekannte neuartige Krank­heit, deren wesentliche Symptome hochgradiges Fieber und dunkler Körpcrausschlag sind. Die Krankheit verläuft nahezu durchweg röt­lich. Die russische Regierung entsandte an den Schauplatz der Erkrankungen einen Arzt behufs Studiums der Krankheit und Maß­nahmen gegen deren Einschleppung.

Petersburg, 17. Aug. Die Cholera ist in Launen ausgetreten. Im BcrdjanSker Kreise kamen am 15. August 16 Erkrank­ungen und 6 Todesfälle, in Moskau am 14. August 15 Erkrankungen u. 6 Todesfälle, in Nischnynowgorod am 15. August 28 Er­krankungen und 12 Todesfälle vor.

In Sturm und Drang.

Novelle von C. Western.

(Nachdruck verboten.)

8.

Arnold nickte seiner Schwester voll Liebe

zu:

Willst Du Milch holen, Martha?"

Ja, Arnold," lautete die Antwort,ich gehe nach Wigger's Hof durch den Park I"

Er nickte und wandte sich wieder Rup- pert zu.

Auf Wigger'« Hof hielt man die besten Kühe in ganz Tiefenbach; der Park der Reichart'schen Villa stieß an den Wigger's Hof.

Martha Voß schritt elastisch in der Vollkraft der Jugend dahin; wohlgefällig blickten ihr die drei Männer nach und Ger­hard flüsterte leise Vater Rupert in das Ohr :

Die Vroni und die Martha, das sind doch die hübschesten Mädels weit u. breit I"

Der Alte lächelte nur ein imnig.

Martha Voß pflückte sich unterwegs einige Kornlnmen, dann kam sie an die Parkthür und betrat die schöne Anlage voller hoher uralter Eichen und Buchen, die man beim Aufbau der Villa sorgsam geschont hatte. Leise summte sie ein Volkslied vor sich hin und schaute sich dann suchend um.

Heute waren gerade vierzehn Tage ver­gangen, seitdem sie denselben Weg bcschiitten. Es war schon zu spät gewesen, die Vögel hatten ihr Abcndlied gesungen und der gol­dene Abendsonnenstrahl hatte die Gipfel der hohen Eichen geküßt. Da war ihr plötzlich ein junger Mann in Jägertracht entgegen- grtreten und hattcfMartha, dieselbe durch den Park geleitend, in ein Gespräch zu verwickeln gewußt. Dabei hatte er ihre Schönheit bald bemerkt und auch gefunden, daß sic einen nicht gewöhnlichen Bildungsgrad besaß. Ziem­lich lange hatte er sie aufgehalte» , bis sic sich plötzlich ihres Auftrages erinnert hatte und einem Rehe gleich davongcsprungen war. Am nächsten Tage da wartete der Jäger an derselben Stelle auf Martha und so ging es Tag für Tag. Sie na »nie ihn bereits Eddi,

wie er seinen Namen angegeben hatte, und er sie sein Marthchen. Heute hatte ihr ein Dorfknabe sogar ein Briefchen mit Eddi un­terzeichnet gebracht, worin er sie bat, ihn bei der dicken Eiche im Park am selbigen Abend zu erwarten, da er etwas Wichtiges mit ihr zu sprechen habe. Scheu blickte sie nach dem bewußten Baume, und wirklich, da stand er schon! Es war ein junger, schöner, schlankgewachsener Mann. Seine dunklen Augen verkündeten Festigkeit u. Treue, dunkles, wohlgepflegtes Haar und ein starker, ebensolcher Bart gaben der Gestalt ein wür­diges, männliches Aussehen.

Mit einem lautenEddi, Eddi I" stürzte Martha iu seine Arme, die sie kräftig um­schlossen.

Jetzt musterte sie ihn und sagte:

Und Du bist heute nicht in Jägerkleid­ung?"

Gefällt sie Dir so sehr, mein liebes Kind? Man kann nicht alle Tage jagen! Ich ließ Dich bitten, hier her zu kommen, weil ich mit Dir zu reden habe, Martha!"

Du erschreckst mich, Eddi I Es ist doch nichts Schlimmes?"

O, Du holdes Kind!" mußte er nun ausrufen, und küßte ihre weiße Stirn. Wenn Du wüßtest, wie schön Dich die Un­schuld kleidet! Aber nun zu etwas An­derem; wir müssen heute vorläufig scheiden!"

Sie erschrack fast zu Tode.

Scheiden?" flüsterte sie dann unter Thränen.Der schöne Traum ist aus?"

Ja, mein Lieb', aber es muß sein I"

Sic ließ den Kopf hängen und war sehr- traurig.

Siche," fuhr er fort,ich bin kein ge­wöhnlicher Jägersmann, wie Du vielleicht glaubtest; ich bin reicher Leute Sohn und Du glaubst nicht, liebes Herz, eine wie große Last auch zuweilen Reichtum sein kann!"

Reichtum soll eine Last sein , Eddi I" frug jetzt Martha erstaunt.

Er lächelte und sagte:

Ihr Armen denkt freilich, Reichtum sei stets gleichbedeutend mit Sorglosigkeit und Glück. Das ist aber nicht der Fall. Ich

muß fort von hier, Martha, damit Du einst mein sein wirst; hier würde man mir Fes­seln anlegen; in der Ferne kann man das nicht! Und wenn ich zurückkchre, ist unsere Hochzeit I"

Und Du kehrst zurück?" frug das junge Mädchen gespannt.

Glaubst Du an mich?" gab er ruhig zurück.

Sic sah ihm ins Auge, dann siel sie ihm um den Hals und rief:

Ja, Eddi, ich glaube an Dich, wie an de» lieben Gott, und wenn die ganze Welt nicht an Dich glaubte!"

O, ich wußte es I Und nun höre: so wahr ein Lenker aller Schicksale der Men­schen über uns wohnt, so gewiß jkomme ich, um mein Wort einzutösen! Dagegen schweigst Du gegen Jedermann über unser Geheim­nis nnd bewahrest dieses hier ganz allein für Dich auf!"

Er reichte ihr seine kleine, im Silber­rahmen gefaßte Photographie. Sie nahm das Bild mit einem Laut des Entzückens:

Niemand soll cS sehen, Eddi, ich werde es wie einen guten Schatz auf dem Herzen tragen! Wie Du lieb nnd gut aussiehst!"

Er küßte ihre kleine Hand und sagte:

Und Du fragst, da ich scheide nicht ein­mal , wer ich bin, nnd wie ich eigentlich heiße 2"

Du kommst ja wieder I" flüsterte sie treulich.

O gewiß, Du Unschuld! Und mein wahrer Name soll auch Deinen Frieden nicht stören! Lebe wohl!"

Er preßte sie an sich und wollte mit raschem Entschlüsse fliehen, aber ihr Blick zog ihn noch einmal zurück, er küßte sie und dann war er hinter den Bäumeu verschwun­den.

Weinend stand Martha noch eine kurze Zeit in dem Park, dann Verbarg sie das Bild, ergriff die Milchkanne und eilte dem Gehöfte zu.

Druck und Verlag von Bernhard Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Bernh. Hofmann.)

lFortsetzung folgt)