Rundschau.

Stuttgart, 17. Slug. Gestern abend 11 Uhr stürzte sich ein Grenadier der 10. Compagnie der Jnfanlerickaserne I auf den Hof herunter und war alsbald eine Leiche. Das Motiv des Selbstmords ist unbekannt.

Stuttgart, 13. Aug. Auf dem Wochen­markt sind als Neuheit Preiselbeeren zu ver­zeichnen, die erstmals in sch. Ware z. Marktgc- bracht wurden und auch rasch. Absatz fanden; Bohnen wurden etwa 300 Säcke zum Ver­kauf gestellt, die Preise parieren zwischen 4 und 5 pro Pfund. Von Filderkraut kosten heule auf dem Marktplatz 100 Stück 20 l/E Non einheimischen Trauben kostet das Pfund 50

Eßlingen, 17. Aug. Ein wackerer Ve­teran von 1866 und 1870, Bezirksfcldwcbel Rieger von hier, ist gestern abend einem schweren Lungenleiden erlegen. Derselbe war Ritter des eisernen Kreuzes zweiter Klasse und besaß außerdem noch eine Reihe von Orden und Ehrenzeichen. Seine» biederen und offenen Wesens wegen war der Hin« gegangene in den weitesten Kreisen sehr be­liebt. Krieger- und Miliiärverein geben dem Hingeschiedenen Veteranen bei seinem morgigen Begräbnis letztes Geleit und den Ehrensalut.

Hellbraun, 16. Aug. Am letzten Sams­tag wurde erstmals das große Bassin in der Schwimmhalle der neuen Badeanstalt probe­weise gefüllt. Die Füllung nahm nur 5 Stunden in Anspruch. Die Eröffnung de» BadeS wird Mitte Oktober erfolgen. In der äußeren Frankfurterstrsße ging einem Arbeiter in der Tasche ein scharf geladenes Terzerol los. Der Schrotschuß traf einen Kameraden in das Bein. Der Besitzer der Waffe erlitt keinen Schaden, wird sich aber wegen fahrlässiger Körperverletzung zu ver­antworten haben.

Lausten a. N., 17. Aug. Ein seit 1'/- Jahren in einer Mühle des Zementwerkes beschäftigter Arbeiter wollte trotz Verbots einen Riemen auflegen, solange die Maschine noch im Gange war, wurde von der Trans­mission erfaßt und so verstümmelt, daß er augenblicklich eine Leiche war.

Vom Lenninger Thal, 17. Aug. Ein junger Mann ans Feldstetten, der auf dem Heimweg vom Kirchheimer Markt begriffen war, wollte, wie der St.-A. berichtet, der Abkürzung halber den Gulenberger Absteig nach Donnstetten Anschlägen, geriet aber im Schlattstaller Thal auf die Berge, verirrte sich und stürzte schließlich vom einem Felsen im Dontal herab. Erst nach zwei Stunden vernahm man in Gnterrberg seine Hilferufe und brachte den Schwerverletzten zuerst nach Gutenberg, wo ihm die erste Hilfe zu teil wurde, und dann nach seiner Heimat Feid- stetten.

Schramberg, 16. August. Ein bedauer­licher Unfall ist Pfarrer S. in A. zugestoßen. Als derselbe gestern nachmittag das im Bau begriffene KlcinkinderschulhauS daselbst be­sichtigen wollte, brach unter ihm ein Brett, und er stürzte mehrere Meter tief in den Kellerraum hinab, wobei er auf einen Stein auffiel. Sein Befinden soll sich indessen bis heute abend wieder so weit gebessert ha­ben, daß zu Besorgnissen kein Anlaß mehr vorhanden ist.

Calw, 15. Aug. Ein für Bienen­züchter interessanter, gewiß seltener Fall wird demC. W." von Fr. Linkenteil in Eim- mozheim berichtet. Derselbe schreibt: Von

einem Italiener Original Bienenstock habe ich 2 Schwärme bekommen, von welchen der Schwarm am 11. Juni selbst wieder ge­schwärmt hat und habe ich von diesem zwei junge Schwärme bekommen am 1. und 11. August. Diese beiden Jungferschwärme sind sehr fleißig und haben schon ziemlich Honig und der erste davon hat auch schon Brut angesetzt. Der eine Stock hat sich also auf 5 Stöcke vermehrt und habe ich vo» den zw-i ersten Schwärmen schon über einen Zentner Honig bekommen.

Nagold, 15 Aug Im Zeitraum von 2 bis 3 Tagen ereigneten sich in unserem Bezirk drei schwere Unglücksfälle. In Ebers­hardt fiel ein löchriges Kind in einen Topf heißen Wassers, während es in der Küche spielte. Dasselbe starb unter den schrecklichsten Qualen. Ein 16jähriger Kohlenbrenner in Erzgrube versank beim Besteigen des Kohlenmeilers in denselben und erlitt solche Brandwunden, daß er nach wenigen Stunden starb. Ein Flößer wurde an der Ziusbacher Wasserstube von einem rollenden Stamm erdrückt.

Heidenheim, 17. Aug. Der Hilfswär­ter Härdtle in Bergenweiler wurde gestern in der Nähe des Uebergangs bei Bergen- weiler entsetzlich verstümmelt und tot aufge­funden. Derselbe hatte für den kranken Bahnwärter den Nachtdienst übernommen, ist höchst wahrscheinlich auf dem Posten ein­geschlafen und beim Herannahen de» nachts 10 Uhr fälligen Gütcrzugs auf die Bahn­linie geraten und von dem Zuge erfaßt wor­den. DaS Zug-personal hatte von dem Un­glück keine Ahnung; erst andern Morgens erhielt dasselbe Kenntnis davon.

Von der Jagst, 17. Aug. Gemeinde- rat Steinbrenner in Lendstcdel, OA. Gera- bronn, ein Mann in den besten Jahren, zog sich in voriger Woche durch einen rostigen Nagel eine Verletzung an der Hand zu und starb heute früh an Blutvergiftung.

Münsingen, 17. Aug. Als Beweis, wie enorm die Apotheken im Preise steigen, mag der Verkauf der hiesigen Apotheke dienen. Der seitherige Besitzer kaufte dieselbe vor 10 Jahren um 101,000 ein Preis, den man damals für sehr hoch hielt. Gestern nun wurde sie von einem Herrn aus dem Rheinland um die Summe von 165 000 Mark erworben.

Vom Bodensee, 15. Aug. Ein italieni­scher Arrestant, der nach Konstanz ins Ge­fängnis abgeliefcrt werden sollte, wurde am SamStag mittag von dem begleitenden Gen­darm in einem Zimmer des Bahnhofes zu Singen auf einige Minuten allein gelassen. Diese» Moment benützte der Arrestant, er­griff das Dienstgewehr seines Begleiters und jagte sich eine Kugel in den Kopf; die Kugel drang unterhalb des Kinnes ein und fuhr zum linken Auge wieder heraus. Der Ita­liener erlag nach einer Stunde der erlittenen Verletzung.

Straßburg, 13. Aug. lieber den Stand der Weinberge wird aus dem Oberclsaß be­richtet, daß derselbe so günstig sei, wie in den letzten 10 Jahren nur einmal und eS könne jetzt schon auf einen guten Mittelherbst gerechnet werden. Daß dies auf den Wein­handel Einfluß hat, ist selbstverständlich. Die Weinzeschäsie in den letzten Wochen be­zogen sich hauptsächlich auf Verschniltweine, welche zur Zeit in- und außerhalb des Reichs­landes viel zu den Verschnitten, mit italie­

nischen Weine eine neue Anregung erhalten, da sich die Rebenbauern sowohl wie die We>n- mäkler, Meinwirte und die Weingroßhänd- ler d-fleißigen, den möglichst größten Nutzen daraus zu ziehen. Die billigeren Sorten werden sogar von Großgrundbesitzern für den Bedarf ihrer Arbeiter sngekauft. Die Befürchtungen, welche hier zu Laude infolge der Zollveränderuug entstanden waren, sind längst verschwunden.

Bischweiler, 15. Aug. Die zehnjährige Tochter einer hiesigen Arbeiterfamilie zündete gestern Abend auf dem Küchenherde Feuer an. Dabei explodierte die auf dem Herde stehende Petroleumkanne, und die Kleider des Kindes fingen Feuer. Letzteres trug lebens­gefährliche, die Mutter, welche die Flammen zu ersticken versuchte, erhebliche Brandwunden davon.

Aus Mainz, 16. August wird ge­schrieben : Die beiden zwischen Kostheim und Mainz verkehrenden Trajektdampfschiffe stie­ßen gestern abend nach 9 Uhr auf dem Rhein in der Nähe der Mainmündung zusammen. Der Kostheimer Kirckweihe wegen waren die beiden Schiffe von Hunderten von Passa­gieren dicht besetzt, unter denen nun eine furchtbare Panik ausbrach. Die ganzen Menschenmassen stürzten in der Dunkelheit auf die Seite des Schiffes, von welcher der Stoß kam. Weithin konnte man die Hilfe­rufe der geängstigten Passagiere, namentlich der Frauen und Kinder, hören. Ein Mäd­chen, das von einem Schiff auf das andere springen wollte, fiel ins Wasser, geriet unter den Radkasten des Dampfschiffes und konnte nur mit Mühe und schwer verletzt gerettet werden. Andere Personen erlitten in dem Gedränge leichte Verletzungen. Schließlich gelang eS besonnenen Männern, die Leute zu beruhigen.

In Kaiserslautern ist die Holzwaren­fabrik von Albert Munzinger vollständig niedergebrannt.

Am Wendelstein ist ein Unglück ge­schehen. Ein junger Mann aus Augsburg wollte in Begleitung eines andern Herrn trotz mehrfacher Warnungen, die ihnen von Begegnenden wurden, an den Wänden unter­halb der Schwaigerwand und des Kirchleins gegen die Wendelsteinalpen herabklcttern. Plötzlich stürzte einer derselben kopfüber hin­ab und blieb blutüberströmt liegen. Trotz starker Kopfwunden befindet er sich auf dem Wege der Besserung.

B e r l i n , 17. August. Am gestrigen Prunkmahle im Osfizierskasino des 1. Garde- Dragoner-Regiments nahmen die Grafen Herbert und Wilhelm Bismarck teil.

Am Montag morgen ist im Hause Chausseestraße 83 in Berlin die 66jährige Frau Rieder, die dort ein Destillationsge- schäft betreibt gegen 5 Uhr in der hinter dem Schanklokal gelegenen Küche mit Beil- Hieben erschlagen worden, und zwar, wie st- noch vor ihrem Tode angeben konnte, von einem unbek. Manne. Es wurde die Ladcn- kasse, die 15 enthielt, geraubt und sonst noch einige Kleinigkeiten. Zwei des Mordes verdächtige Burschen sind im Laufe des Tages verhaftet worden.

Ein schwunghafter Menschenhandel wird von Europa besonders nach Argentinien betrieben. Es steht fest, daß die Brüder Springfelder aus Warschau in ausgedehnter Weise dies Geschäft betreiben und der, Mäd­chen dann hier vorspiegeln, daß sie ihnen in