Die beiden Schwestern.
Novelle von F. Sutau
(Nachdruck verboten.)
14.
Zu stimm Trost? sagte dann Johanna noch, daß sie ein Mal im Jahre, vielleicht zu Helenend Geburtstage oder sonst bei einem größeren Feste in seinem Hause singen werde, aber mehr versprechen konnte sie nicht, da zumal sie auch eine ganze neue Rolle ein- zustudieren habe.
Verschnupft ging Bornstetten heim, denn sein künstlerisch angelegtes Herz fühlte sich durch die scharfe Ablehnung seiner Schwägerin doch sehr verletzt. Einst hatte Johanna fast jeden Abend einige Lieder für ihr, für ihn allein gesungen und nun wollte sie vielleicht einmal im Jahre seine Hausconccrle durch ihre Stimme verschönern helfen I Ja, die Zeiten haben sich geändert, einst sang Johanna auS Liebe, ans reiner edler Liebe für Bornsteiten und wurde des Singcns nicht müde. Dann hatte er diese Liebe verschmäht, sie war erloschen, und Johanna hatte nun auch keine Lieder für ihn mehr. Es worein ganz natürlicher Vorgang, den aber dcr vom Glück v rwöhnte Bornstetten nicht recht begreifen wollte. Er war doch recht ärgerlich über Johannas Ablehnung und teilte dies auch seiner Gattin mit.
„O, was sich diese Johanna doch jetzt einbckdel!" rief da aufgebracht die kleine, stolze Helene. „Sie will nicht mehr bei unö singen! Nun, dann läßt sie es eben bleiben. Es giebt ja andere Sängerinnen genug und wir könnten ja während der Wintermonate Überhaupt einige Künstlercvncerte in unserem Salon geben, ein Königreich kann ja des nicht kosten und unser HauS wird dadurch noch berühmter. Wie gefällt Dir der Vorschlag, lieber Kurl I" schloß die kleine Frau und legte schmeichelnd den Arm um den Hals ihres Galten.
„Du hast Recht, Leuchen!" erwiderte Borustelt n. „ES ist eine gute Idee, selbst einige Künstlercvncerte zu veranstalten, wie ich sie so sehr liebe und wodurch wir in unserer künstsinnige» Stadt große Ehre tin- legcn können. Vielleicht beehrt uns gar der Herzog mit seinem Besuche, wenn er hört, daß auserlesene fremde Künstler sich bei uns hören lassen."
„Das wäre herrlich, Kurlruf die kokette, junge Frau, „wenn das herzogliche Paar einmal bet uns als Gast weilte, dann würden auch gewiss? Mitglieder dcr hohen Aristokratie uns nicht mehr von oben herab ansehen. Wann denkst Du, daß wir das Concert geben können?"
„In vier Wochen, mein K>nd I" entgeg- nete Bornstetten ganz begeistert. „Ich werde in den nächsten Tage» die nötigen Schritte thuii."
II.
Eine Woche nach dieser Unterredung B. mit seiner Fron serbreiretc sich in der Stadt die Nachricht, daß demnächst ein großes Concert fremder Künstler bei Bornstcltens statt- finden werde und kiese Nachricht erweckte in der kunstsinnigen kleinen R-sidenz, wo derartig? Conc?rtk bisher nur bei Hofe statt- fandcn, große Sensation. Das Concert, aus- gesührt von lzerühmtcn fremden Künstlern, fand auch vor auserwählten Gästen unter-
großem Beifall statt und Herr und Frau von Bornstetten kamen in den Ruf, der Kunstpflege ganz neue Bahnen geöffnet zu haben. Der schwärmerisch angelegte Born- stelten geriet dadurch sörmlich in Entzücken und veranstaltete sechs Wochen später ein ncnes Elite-Conccrt in seinem Hause, in welchem förmlich im Wettbewerb auch hervorragende Künstler und Künstlerinnen des Hoslhealcrs Mitwirken sollten.
Auch Johanna sagte ihre Mitwirkung zu und der erfahrene Hofcapellmeister Braun hatte dem Herzoge gesagt, daß Johanna Halm wahrscheinlich den Siegeslorbcer davon tragen werde.
Diese Mitteilung bestimmte den kunstsinnige» Herzog, die Einladung des Herrn und der Frau von Bornstetten, dem Elite- Conccete in ihrem Hause gnädigst beiwohnen zu wollen, anzunehmen.
Ein wahrer Freudentaumel ergriff Vornstetten, als er erfuhr, daß der Herzog seine Einladung huldvollste angenommen hatte und HelenenS Herz schlug vor freudiger Aufregung wie im Fieber.
Der große Tag kam heran. Die Salons in Bornsteltcns Villa waren in einen herrlichen Wintergarten verwandelt, die Creme der Gesellschaft, an ihrer Spitze der Herzog erschien?» zu dem Concertc und Herr und Frau Bornstetten standen im Zenilh ihres Triumphes. Da begann das Concert der fremden Künstler und Künstlerinnen und sie ernieten reichen Beifall für Bravourstücke, soraß die nachfolgenden Vorführungen dcr Mitglieder des herzoglichen Hostheaters als etwas in Schatten gestellt erschienen.
Zuletzt sang Johanna Halm, wie sie eS sich ausgebeten. Sie hatte auf den Rat des Cap llmeisters Braun das berühmte Gebet der Elisabeth aus dem Tannhäuser gewählt, welches Johanna nach Brauns Urteil in genialster, verständnisvollster Weise, wie so leicht keine zweite Sängerin zu singen wußte, und welches auch so ganz und gar dcr erhabenen Gemütsstimmung Johannas entsprach.
Wie eine die Seele tief ergreifende Bewegung zitterte cs durch de» Saal, als Johannas glockenreine Stimme erklang. Packender, hinreißender wurde diese Stimme bei jedem ferneren Laut des Gebetes und weit, weit weg vom AlltogSempfinden trug die geniale Kunst Johannas die Hörer. Ein Beifallssturm brach los, als Johanna geendet hatte, und der Herzog war so entzückt von Johannas Leistung, daß er ihr persönlich huldvollst dankte und dabei äußerte, daß er sich eine besondere Anerkennung für diese Glanzleistung Vorbehalte.
(Schluß folgt.)
Brockeusammlttng der Anstalt „Bethel".
Ev. Joh. 6, V. 12.
Wenn wir heute von Herzen danken für all das Wohlwollen, das treue, fürsorgende Liebe zu den Armen, Kranken und Elenden unserer Anstalt uns durch ihre Brockensendungen bisher erwiesen hat, so ihn» wir dies mit der erneuten Bitte an unsere lieben Freunde: Helft uns auch ferner unser „Bro- ckenhans" füllen, indem ihr nicht müt>e werdet, alles das, was in den Ecken unbenutzt umherliegt oder sonst unter die Füßen ge
treten wird, zu sammeln und neue Freunde i unserer Brockensache zuzusühren. '
Wir sammeln : Cigarrenabschnitte, Cigar- >
renkistev, Staniolkapsetn, Korkpfropien, Blei, Kupfer, Zinn, Zink, Bücher, Noten, Folianten , Schriften, Hefte, Papier. Zeitungen, Bilder, Lumpen, Knochen, Gunimisachen, Schirme, Schuhe, Stahlfedern, Stiesel, Hüte, Federn, Pferdehaar, Briefmarken, Garn, Seide, alte Münzen, Denkmünzen, Antiquitäten, Handschriften, Hausrat; ober auch : Kleidungsstücke, Wäsche, Betten, Decken, Uniformen, Waffen, Möbeln, Nähmaschinen, Musikinstrumente, Uhren, Ringe, Schmucksachen , Spiele, Sammlungen , Elfenbein, Werkzeuge, Kurzwaren, Ladenhüter, Muster, Glas und Porzellan, auch Glas- und Porzellanscherben, aitcS Eisen n. s. w. , wenn bei weiteren Entfernungen die Fracht den Wert desselben nicht übersteigt. — Um die Wohlthat nicht illusorisch zu machen, bitten wir herzlich urnpsrlofreieZujendung. Adresse: Brvckensammlung der Anstalt Bethel, Post- staiio» Gadderbaum, Bahnstation Bielefeld, von Bodelschwiltgh, Pastor zu Belhel.
Vermis^chtes. 1
Brief eines Schnnderzesellen au sein Mädchen. Liebe Henriette I Obgleich jeder, der uns einmal gesehen hat, gestehen muß, ^ daß wir sür einander zugeschnitten sind, so > bin ich seit geraumer Zeit in Deiner Gunst nicht einen Meter weiter gerückt. Glaubst Du denn, daß ich mich ewig von Dir am Faden heruniziehen und wie ein Flicklappen behandelt lassen werbe? N?>n! Weißt Du was ich lhun will 2 Ich werde unsere ganze Verbindung auftrennen und meine Liebe, so feurig und zärtlichste auch war, auf einmal zerreiße», meine Jntimarion hinter die Hölle werfen und Dich mit dem nämlichen Maß .
messen, womit Du mich messen möchtest. z
Der windige Schreiber, der sich bei Die ein- geloppt ha!, läßt Dich gewiß einmal im Stich — denk an mich! Gied Acht! Du sitzest dann da wie eine zerbrochene Nähnadel. Doch es scheint, Dein Herz ist starr wie Steif- ! Leinwand. Bedenke aber ja, daß man ein ! Lärvchen, daS einmal verschlossen ist, nicht wenden und Runzeln nicht ausbügcln kann.
Jetzt ist'S noch Zeit, den zerissenen Faden unserer Liebe wieder einzufäoetn; sind aber die Nählc meiner Geduld einmal geplatzt, dann schwöre ich Dir heilig, daß ich sie nimmermehr zusammensticken werde!
.-. (Unerwartet.) Lehrer (welcher den Schülern das Beispiel von guten Hirten erläutern will): „Denkt Euch einmal, Ihr wäret Alle kleine Schäfchen — was wäre ich dann?" — „Ein großes Schaf I" ,
(Feiner Unterschied.) Ein Herbergs- !
Vater auf dem Lande in der Provinz Luxem- s
bürg kündigt, wie man der Köln. Zig. schreibt, !
an, daß Pferde mit gestutztem Schwanz in s seinen Stallungen sür 50 Centimes täglich i billiger gefüttert werden als solche mit un- ! gestutztem Schweifhaor. Das Rätsel wird dahin aufgekiärl: ein Pferd, das noch übereilten vollen Schweif verfügt, kann sich die Fliegen vom Leibe halten und frißt daher mehr als ein solches, das sich nicht wehren '
kann als durch Springen und Stampfe» und !
sich dadurch die Mahlzeit verdirbt. j
Wenn ich Abends heim komme, da brummt meine Alte, und wenn ich früh munter werde, da brummt mein Schädel.
Druck und Verlag von«B ernhard Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Bernh. H«smann.)