giebigsten Gebrauch. ES sind verschiedene Verwundungen vorgekomme»; ein Mann er­hielt einen Hieb über den Kopf, ein anderer über da- Gesicht. Als die Menge sah, daß Ernst gemacht wurde, ergriff sie die Flucht. Wie eS heißt, hatte eine Frau die Menge zum Widerstande angefeuerl mit dem Rufe: Schlagt doch die Hunde nieder"; die Frau erhielt einen Säbelhieb über den Rücken.

Au- Kissillgen : D'c Begrüßung de« Fürsten Bismarck durch dieBadcnser, Hessen, Pfälzer, Frankfurter und Thüringer hat un­geahnte Dimensisnen angenommen. Die Ex- trszüge waren überfüllt und erlitten Ver­spätungen. Man ging nach der Ankunft in festlichem Zug zur Saline; der sVorbeimarsch der ca. 5000 Personen währte fast eine halbe Stunde. Fürst Bismarck kam in de» Gar­ten herab und hielt nach den Begrüßungs­reden von Professor ErdmannSdörfer-Hcivel- berg, Bankdirektor Eckhard-Mannheim, und der Vertreter der Hesse», Pfälzer, Frank furter und Thüringer eine Ansprache. Dann machte der Fürst einen Umgang, worauf mit einem abermaligen Vorbeimarsch gegen 5 Uhr die großartige Kundgebung ihr Ende fand.

Kissingcn, 25. Juli. Es ist nicht un­

möglich, daß Fürst BiSmarck hier noch einen oder selbst zwei Tage zusetzt. J-den Tag erfolgen neue Meldungen von Besuchern. Der Aufenthalt hier bekommt dem Fürsten vortrefflich.

Die Krupp'sche Fabrik beabsichtigt in Rußland eine Filiale zu errichte».

Ein entsetzliche« Unglück hat sich im Benduff Schicferbruche in der irische» Graf­schaft Cork ereignet. Es werden dort sei! einiger Zeit Ausgrabungen unten an einem 150 Fuß hohen FelSsbhang vorgenommcn. Schon lange haben die Arbeiter befürchtet, der jAbhang möchte Herabstürzen, trotzdem aber arbeiteten sie weiter. Am Mittwoch morgen trat da« befürchtete Ereignis ein. Mit Dvnnerkrach lösten sich tausende von Tons Schiefer und Gerolle los jund begru­ben 9 am Fuße des Abhang- beschäftigte Arbeiter. 7 waren auf der Stelle tot. In einer Entfernung von 5 Km. konnte man das Getöse vernehmen- Als die Suche nach den Leichen begann, fielen nochmal- mehrere Tausend Tons herab, doch wurde glücklicher­weise niemand verletzt. Die Leichen von 5 Arbeitern liegen unter 40 Fuß hohem Ge­stein. Die Eigentümer des SteinbrucheS ha­

ben sich eines verbrecherischen Leichtsinn- schuldig gemacht; mehr als einmal sind sie gewarnt worden.

Nach dem offiziellen Bericht vom Ausbruch des Vulkans in Gesnvngo zerstörte dieser den nordwestlichen Teil der Sangir- insel vollständig. 2000 Eingeborene blieben tot. Europäer sind nicht umgekommen. Die südöstliche Hälfte ist nicht untergegaugen, nur Gebäude und die Ernte wurden dort zerstört. Eine Hungersnot wurde dnrch sofortige Hilfe­leistung verhindert.

Der Ort Male, Südtirol, ist durch eine Feuersbrunst fast gänzlich zerstört. Das Kapuzinerkloster mil seiner wertvollen Biblio- lhek ist verbrannt. Ein Mann ist tot. Der Schaben beläuft sich auf eine halbe Million. Die Versicherungssumme beträgt 200 000 Fr.

. In Santander (Spanien) kam cS zwischen Soldaten und Einwohnern gelegent­lich eines Jahrmarktes zu blutigen Zusam­menstößen. Der kommandierende Offizier ließ sofort feuern, wodurch 2 Personen ge­lötet und 9 verwundet wurden. Es herrscht eine ungeheure Aufregung; die Bevölkerung droht, die Kasernen zu stürmen, fall- das Militär nicht abzieht.

Die beiden Schwestern.

Novelle von F. SutM

(Nachdruck verboten.) 13.

Aber auf einmal fand Johanns ihre Fass­ung wieder, sie wurde ruhig und freundlich und sagte sanft zu Bornstetten:

Ich Verzeihe Ihnen von Herze» und wünsche, daß Sie mit meiner Schwester glück­lich werden. Ich weiß cs, wo allein ich Mein Glück zu suchen habe," fuhr sie mit erhobe­ner Stimme fort.Ich w> es," und ihre Augen leuchteten begeistert aus.Die Kunst, wenn wir uns mit voller Seele hin- geden, bietet zwar kein so bezauberndes, aber schließlich ein dauernde« und erhabenes Glück als die Liebe, zumal mir meine Kunst auch gestattet, Großmut und Barmherzigkeit zu üben!"

Johanna, Sic sind «iu Engel!" er­widerte Bornstettcn und versuchte ihre Hand zu küssen.

Aber Johanna wehrte sanft ab und ver­ließ daS Zimmer, um sich an dem schönen Herbstabcnde noch ein wenig im Garten zu ergehen und mil ihren Gedanken ganz allein zu sein. ^

10 .

Drei Monate sind nach diesen Begeben­heiten vergangen und ei» Anfstchen irregen- deS Ereignis hat sich in der Residenz voll­zogen.

BornsfittenS und Helenens Hochzeit ist im November in glänzender W-Le gefeiert worden, und Johanna, sie großmütige, edete Schwester und die gute Tante Hopfen haben zusammen für eine standesgemäße Ausstatt­ung Helenens gesorgt, welche die Leute fürst­lich nannten.

ES ist ein fabelhafte», unverdientes Glück, welche- diese kleine Else macht," Hörle man in der Residenz über Helenens Verheiratung urteilen-Sie soll arm sein wie eine Kir­chenmaus und heirab t einen bildschönen, hoch­gebildeten, adeligen Offizier, der ein schönes Rittergut ganz allein besitzt. Das nennt man

Glück für ein armes, unbedeutendes Pro- stssoreniöchterchen, welche weiter nichts als ein hübsches Glicht und ein Paar Märchen­augen besitzt."

Nun, dieses Glück hat sie eben ihrer Schauster, der berühmten Sängerin, zu ver­danken , die den kunstliebenden Bornstetlen lange an daS HanS ihrer Tante fesselte und wohl auch au sich mil Rosenketten zu fisteln suchte, aber der schöngeistige Offizier nahm schließlich die schöne, jüngere Schwesbr der unschönen Sängerin. Sv gehts in der Well I"

Wer weiß übrigens, ob es wirklich ein großes und dauerndes Glück ist, w- lcheS He­lene Halm mit dem Herrn von Bornstetten haben wird!"

Solche und ähnliche Urteile konnte man bei der Hochzeit Helenens mit Bornstelten vielfach in der Residenz hören.

Freilich war cs für Helene Halm ein großes, glänzendes Glück, die Gcmablin des stattlichen und reichen jungen Edel mann, S Herrn von Bornstetten geworden zu sein.

Das nenvermählle Paar begab sich auf eine längere Hochzeitsreise nach Italien, Con- stantinopel und Egypten und kehrle erst nach sechs Wochen über Paris in die kleine Re­sidenz zurück, wo sie durch ihre Schilder­ungen der südländischen Schönheiten und klassischen Knnftschätze Aufsehen erregten.

Bornstetlen war und blieb ganz entzückt von seiner reizenden kleinen Fiau und er­füllte alle ihre Wünsche. Er kaufte in der Residenz eine schöne Villa, führte ein großes Haus und gab Feste und Bälle, auf welchen Frau von Bornstctten mit Geschick und An­mut die Königin des TageS zu spielen ver­stand, denn Jugend, Schönheit, koftbare Klei­der, seltene Diamanten und Perlen, sowie eine stets gefüllte Börse standen der koketten Frau zur Seite.

Fast sämtliche Damen der Residenz be­neideten Frau von Bornstetlen, alle waren geblendet von dem Glanze, mit dem sie sich zu umgeben wußte und selbst Helenens gute Mutter und die sonst so nüchtern urteilende brave Tante waren ganz von dem Glücke be­

zaubert, welches Helene durch ihre Heirat ge. macht und um sich zu verbreiten verstand.

Eine sehr reservierte Rolle spielte Jo­hanna in der Schwester glänzenden Kreisen. Es war Johanna nicht möglich, für all den Glanz und Flitter, die Feste und Bälle in der Weise zu schwärme» wie Helene und für die Koketterien derselben hatte sie gleich gar kein rechtes Verständnis, denn dies lag ihrem ganzen Wesen fremd. Johanna kam daher auch nicht oft in das glänzende Haus der viel beneideten Frau von Bornstelten und zu den Festen erschien sie nur dann, wenn musikalische Vorträge damit verbunden waren und wobei zuweilen auch Johanna ein L>cd in meisterhafter Weise vorlrug und die Hörer entzückle.

Die Teilnahme an wöchentlichen musikali­schen Abenden, wie solche Bornstettcn liebte, lehnre Johanna ab, weil sie an solchen keine künstlerischen Anregungen finden konnte und schließlich auch nicht jeden Abend singen wollte. Der kunstsinnige Schwager Bornstelten war über diese Ablehnung Johannas sehr ver­stimmt und hoffte seine mit einer so seltenen Stimme begabten Schwägerin allmählich doch für seine musikalischen Abende zu gewinnen, aber er gab sich in dieser Hinsicht einer voll­ständigen Täuschung hin-

Sic sind doch ein wenig egoistisch, lieber Schwager," erwiderte ihm auf feine betreff­ende Bitte Johanna mit einem leichten Läch­eln,wenn Sic wünschen, daß ich wöchent­lich einen Abend auch bei Ihnen singen soll. Drei Abende in der Woche muß ich gewöhn­lich in der Oper singen, den einen oder an­deren Abend habe ich die Ehre in einem Concerle im Schlosse vor den höchsten Herr­schaften zu singen und zwei bis drei Tage in der Woche sind oft für neue Studien und Proben nötig. Wollen Sie den» meiner Kehle da nicht einmal einen Ruhetag gönnen?"

Bornstelten erschrack fast bei dieser kühlen Antwort auf seine Bitte und stotterte einige entschuldigende Worte.

(Fortsetzung folgt)

Verantwortlicher Redakteur: Bernhard H « , r» aII u. t Druck und Bcrtag von Bernhard Hofwann m W'ldbaa.