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Am 3. und 4. August wird der Württ. Volksschullehrer-Verein seine dies­jährige Jahresversammlung in der Liederhalle in Stuttgart abhallen. Zur Besprechung kommt die Gründung einer Spar- und Dar­lehenskasse für die Lehrer Württembergs; Fachporträge werden gehalten überdie Raum­lehre in der Volksschule" und überVeran- schaulichungsmittel für den Rechenunterrichl". Mit der Hauptversammlung wird eine Ge­dächtnisfeier für Comenius verbunden. Zu gleicher Zeit werden die Jahresversamm­lungen des Wüclt. Zeichenlehrervereins sowie des naturwissenschaftlichen LehrcrvereinS statl- furden.

Dem Kunst- und HandelSgärtner Schmid von Aalen sind auf der großen Nel­kenausstellung in Wie 3 Preise zuerkannt worden. Sein Nelkenflor umfaßt 250 edle Sorten. Seine Nelken haben sich ein großes Absatzgebiet weit über die Grenzen Deutsch­lands hinaus erobert.

Oekonom Fischer von Riedhof bei Heuchlingen kam am Montag nach Aalen, um auf dem Viehmarkle einzukauscn. Er trat aber den Heimweg wieder an, ohne ein Geschäft gemacht zu haben. Unterwegs ge- sellte sich ein Unbekannter zu ihm, der sich in ein Gespräch mit ihm einließ und der auch mit ihm in einer Wirtschaft in Holzleuten einkehrte. Später gingen beide wieder mit einander weiter. Als sic nicht mehr ferne von dem Riedhos waren, schoß plötzlich 'der Unbekannte Fischer in den Kopf, beraubte ihn seiner Geldtasche und floh davon. Eine Stunde später wurde Fischer von Passanten aufgefundcn- Der Beraubte hatte in der Geldtasche 400 bi« 500 ; daS Papier­

geld, das er in der Seitentasche seines Rockes trug, blieb unversehrt. Der Thäter ist noch nicht ermittelt.

Untertürkheim, 27. Juli. Beim Baden im Neckar ertrank heute plötzlich an einer besonders tiefen gefährlichen Stelle der 16 Jahre alte Bäckergehilse Glcmser, Sohn der MehgerSwitwe Fr. Glemser von Wangen. Seinem mit ihm badenden etwas jüngeren Bruder drohte das gleiche Schicksal, da der Verunglückte sich beim Untersinken krampf­haft an ihn anzuklammern suchte. Der Leichnam wurde trotz eifrigen SuchenS bis jetzt nicht gefunden.

Rotlenbmg, 27. Juli. Gestern, als ich Ihnen eine Unglücksbotschaft meldete, hat die kalte Hand des Todes nochmal hier ein Mädchen berührt. Die 15jährigc Tochter des hiesigen Bahnwärters Bäuerle fuhr in einem kleinen Flößchen in dem Neckar, das­selbe kippte um und das Mädchen ertrank. Nach langem mühsamen Suchen nach dem Leichnam im Neckar fa^-d man denselben heute mittag. Ein Insasse des hiesigen Hospitals, 82 Jahre alt und des Lebens überdrüssig, suchte demselben gestern ein Ende zu bereiten und sprang in den Neckar; er wurde jedoch von Zeugen dieser Hand­lung wieder herausgezogen und fristet sein Dasein weiter.

Ulm, 28. Juli. Die Donau hatte gestern noch ein zweite« Opfer gefordert. Die Ehe­frau des FriseurS Fühler machte gestern nachmittag mit ihren 4 Kindern einen Aus­flugach dem au der Douau gelegenen Maierhof, Gemeinde Offenhauscn. Die Kin­der vergnügten sich im Garten. In einem unbewachten Augenblick sprang eines derselben,

ein bjährigeS Knäbchen, an da« Donauufer und fiel in den Fluß, in welchem sofort untersank. Der Leichnam konnte bis jetzt nicht aufgefunden werden.

Riedlingen, 26. Juli. Diese Nacht wurde im Güterschuppen des hiesigen Bahn­hofs eiiigebrochen. Die Raifinierjheit, mit welcher die Diebesbande zu Werk gegangen, beweist, daß man es n icht mit Neulingen, sondern mit geriebenen Gaunern zu schaffen hat. Dennoch gelang eS ihnen nicht, nach­dem sie sich Löcher aus den Thürcn gefügt und Eingang in den Schuppen verschafft halten, den in dem Zimmer des Güierbe- sörderers befindlichen Kassen schrank, an wel­chem sich deutliche Spuren roher Gewalt zeigten, zu öffnen. Nachdem die Diebesbande die Aussichtslosigkeit ihres Beginnens als verlorene Liebesmühe erkannten, luden sie die ihnen bitter gewordene Last (wie die am Boden liegenden zerbrochenen Werkzeuge deut­lich zeigten) auf einen Schaffnerkarrcn und warfen den Schrank in den nahen Kanal I

Wie die Blätter berichten, ist das Karlsbad bei Mergentheim vor einigen Tagen an ein badisches Konsortium um 200 000 Mark mit sämtlichem Inventar verkauft wor­den. Die Käufer beabsichtigten, das über­schüssige Wasser zu Salzen im Destillations­weg zu verwenden, sowie das Versandtge­schäft des Mineralwasser« auszudehnen.

Waldshut (Baden), 24. Juli. Nor kur­zem erschien im Alb-Bote eine Anzeige, in welcher ein Ehemann in Sch. die Mitteil­machte, seine Frau wäre durchgegangen und der redliche Finder möge dieselbe behalten. Dies Inserat bezog sich nun auf ganz un­bescholtene Leute, welche von jeher friedlich miteinander gelebt haben und welche durch diese Veröffentlichung aufs schwerste in ihrer Ehre gekränkt wurden. Es erfolgte nun seitens derselben Anzeige bei der großherzogl. Staatsanwaltschaft, welche sich mit Eifer der Sache annahm und deren Bemühungen cs auch gelang, den Schreiber und Einsender des Inserats in der Person des Friedr. Rüde von Schachen ausfindig zu machen. Heute kam nun dieser Fall, wie das obige Blatt weiter mittcilt, vor der Strafkammer des hiesigen großh. Landgerichts zur Verhandlung, und wurde der Angeklagte, welcher die Täter­schaft leugnete, aber vollständig überwiesen wurde, zu sechs Monaten Gefängnis, ab­züglich 1 Monat Untersuchungshaft, verur­teilt. Da dieser Fall durchaus nicht verein­zelt dasteht und es schon oft vorgekommen ist, daß Anzeigen mit gefälschter Unterschrift aufgegcbcn wurden, teilen wir diese Verur­teilung zur Warnung für alle diejenigen mit, welche Gelüste verspüren sollen, durch der­artige Machinationen ihrer Verieumdungs- sucht und Rachsucht zu genügen.

Wiesbaden, 28. Juli. Dr. Mezger wird sich von Mitte nächsten Monats bis zum 18. Sept. im holländischen Seebad Domburg aufhalten und reist alsdann nach Rom. ES heißt, er gedenke sich in Rom oder wieder in Amsterdam oder endlich in Baden-Baden dauernd niedrrzulasscn. Seine Praxis in Wiesbaden scheint er thatsächlicb aufgeben zu wollen.

Frankfurt, 28. Juli. (Vereitelte Flucht.) Der 20järige Sohn eines hiesigen Kauf­manns, so erzählt ein Berichterstatter, hatte mit einer in demselben Hause in Stellung befindlichen Gouvernante ein Liebesverhält­nis angeknüpft. D« scinc Eltern ihnen mst

aller Energie cntgegentraten, so wollten die Liebenden heimlich fliehen. Die Flucht wurde sorgsam vorbereitet, der junge Mann ent­nahm dem Pulte seines Vaters nach und nach mehrere tausend Mark in Baar und verschiedene Effekten, die er an der Börse veräußerte. Die Erzieherin hatte ihre Sachen schon zusammengepackt und auf den Bahn­hof vorausgeschickt. Im letzten Augenblick wurde jedoch der Fluchtplan vereitelt. Der junge Mann hatte statt des richtigen Schlüs­sels einem diesem ähnlichen zum Garlenthor eingesteckt. Es gab in der stillen Nach! Ge­räusch ; das Fräulein war bereits auf der Straße,' der Geliebte war im Begriffe zu folgen und den Zaun zu übersteigen, als im Hause Licht sichtbar wurde und der Vater des jungen Mannes mit einem kräftigen Prügel bewaffnet erschien. Er konnte feinen unternehmungslustigen Sohn noch erwischen und belohnte ihn mit einer tüchtigen Tracht Schläge. Das Mädchen lief fort und ist bis zur Stunde verschwunden.

Berlin. 28. Juli. Caprivi hielt gestern Abend dem Kaiser Vortrag über die Ber­liner Weltausstellung. (F. K. P-1

Der Degen des Kronprinzen, Nach einer demHann. C." nachträglich zugc- gangenen Mitteilung überreichte der Kaiser anläßlich der Einführung des Kronprinzen als Sekondc-Lieulenant in das 1. Garde- Regiment zu Fuß in Potsdam seinem Sohne einen Degen bezw. Olfizierseitcngewehr, aus welchem folgende Worte stehen:Vertraue Gott, Dich tapfer wehr', damit besteht Dein Ruhm und Ehr; denn wer'S ans Gott herz- hastig wagt, wird nimmer aus dem Feld ge­jagt. Deine Kraft gehört dem Vaterlansc. Meinem lieben Sohn Wilhelm am 6. Mai 1892. Wilhelm L.

Der Oberprästdent von Brandenburg hat den Beschluß der Stadtverordneten, wo­nach das Gehalt des ersten Bürgermeisters in Berlin auf 30 000 ^ jährlich festge­setzt ist, genehmigt.

Ein gräßlicher Unglücksfall trug sich in der Dampfschneidemühle des Zimmer- mcisters Meier in Neuendorf bei Potsdam zu. Der dort als Maschinist und Heizer be­schäftigte Zeugschmicd Göhlert, verheirat, l und Vater von drei Kindern, war, man weiß nicht aus welcher Veranlassung, durch ein Fenster in die Schneidemühle gestiegen und wurde hierbei von der Kreissäge erfaßt und zwar so unglücklich, daß ihm der Schädel ausgeschnitten wurde und infolge dessen starb.

Gefecht zwischen Volk und Gendar­merie. Zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Gendarmerie und Berlinern kam es am letzten Sonntag Abend gegen 9'/a Uhr in Reinickendorf. Dort hatte sich eine etwa 150 Köpfe starke Menge auf dem Ackerland- des Pächters Braun angesammelt, um sich das Feuerwerk im Seebade Reinickendorf an­zusehen. Da die Leute das Land zertraten, forderte Braun sie auf, sortzugehen, erhielt aber nur höhnende Worte zurück. Man äußerte:Requirieren Sie nur Polizei!" undWenn auch eine Kompagnie Soldaten kommt, wir gehen doch nicht!" Es wurden nun die Gendarmen Wolf und Eulenburg gerufen, welche zum Räumen deS Ackerlandes aufforderten. Auch sie stießen auf Wider­stand. Da die Gendarmen sich anschicklen, eine Verhaftung vorzunehmen, warf man mit Steinen auf sie. Jetzt zogen die Beamten blank und machten von der Waffe heil an«-