Rundschau.

Stuttgart, 16. Juli. Durch Befehl tes württ. Gei^ralkomniandoS ist der v A>ve»Sleben'sche Erlaß über die Kanlinen- mirlschafien aufg. Hoden worden. Jedem einzel­ne» Regimen! in es in die freie Wahl ge­stellt, ob es die Kantme in eigenen Regie­betrieb nehmen, oder wie früher einem Päch­ter übergeben will.

Cannstatt, 21. Juli. In das Tierspitsl des OberamtStierarzts a. D. Reißer hier wurde eine wertvolle Stute, dem Schultheiß Siegle von Kornwestheim gehörig, cingebracht, welche zu Münchingen von drei bösen Buben in unerhörter Weise mißhandelt worder war. Die dem Tiere zugefügten innerlichen Ver­letzungen waren so schwere, daß eine Heil­ung unmöglich war und dasselbe schon nach zwei Tagen vciendele. Die Burschen werden hoffentlich eine exemplarische Strafe erhalten

Eßlingen, 21. Juli. Gestern nachmit­tag bald nach 3 Uhr ereignete sich, der- ling r Zeitung zufolge, in dein von Leder- färbeiMuster Scknrnebte hier seit einer Reihe von Jahre» gemieteten, a» die hiesige Tuch­fabrik anstoß.nden Arbeitslokal ein bedauer­licher Unglücksfall. Der Zurichter Johannes Merz, ledig, 46 Jahre alt, war an einer mit elementarer Kraft getriebenen Walze mit Abfchleistn von Fellen beschäftigt und wollte wahrscheinlich den über die Scheibe herabge- rulschien Transmissionsriemen wiedcrauflegen. Er wurde vom Werke erfaßt und förmlich zu Tode geschleudert. Die aus seine Hilfe­rufe tzerbeigeilten Personen befreiten den Un­glückliche», der alsbald seinen Geist oufgab, nach Abstellung des Werkes, von dein Trans- misstonSriemen. Augenzeugen waren nicht zugegen.

Waiblingen, 21. Juli. Auf eigentüm­liche Weife verunglückte dieser Tage der Knecht eines hiesigen Kaufmanns im Stall. Durch ein Schwein, welches in den Pferdestall ge­riet, wurde das Pferd so scheu gemacht, daß es hinten und vornen ausschlug. Ter Knecht, welcher herzusprang und es halten wollte, wurde dabei schwer an der Seite verletzt und ihm der Fuß unten am Knöchel abgeschlagen. Er wurde ins Krankenhaus verbracht. Das Schwein übrigens infolge der erhaltenen Schläge draufgegangen.

In MöckwÜhl ereignete sich auf dem Neubau eines Hauses ein bedauerlicher Un­glücksfall. Ein 16jähri>>cr Handlanger siel mit einem Kübel voll Mörtel vom 2. Stock des Gebäudes durch das Gebälk hinunter auf den Hausboden, wobei er neben inneren Ver­letzungen einen Oberschcnkelbruch und zwei Rippenbrüche erlitt. Er wurde sofort in das Dezirksspiial gebracht.

«sicherem Vernehmen nach ist die Fortsetznng der Filderbahn von Möhringen nach Vaihingen a. F. und Anschluß dort an die Staatsbahn dadurch in nahe Aussicht ge­rückt, daß die HH. BicrbrauereibesitzerWid- maier und Leicht, Fabrikant Vollmöller und der Reichtagsabg Geh. Kommerz.-Rat Gust. Siegle nahmhafte Aklicnzeichnunge» in Aus­sicht gestellt haben. Es ist auch wohl an- zuiiehnien, daß sich einige Gemeinden und einzelne Interessenten beteiligen werden. Ein Komilc wird in den nächsten Tagen zusam- mentreten und die Sache mit Eifer betreiben.

Mergentheim, 2l.Juli. In den letzten Tagen wurde von Oberrimbach her ein Hand­werksbursche an das Amtsgericht eingeliefert. Der Verhaftete, wegen Bettel« sestzeuommen,

zeigte auf der einen Brustseite eine auffallende Erhöhung, was denn auch schon bei seiner Verhaftung zu einer genauen Untersuchung führte. Doch welches Resultat ergab sich nun? Eine junge halbe Gans fand sich vor, welche er in Schmerbach gestohlen und deren eine Hälfte er bereits verzehrt hatte. Im Ortsarrest Oberrimbsch zerriß der Gutedel Hemd und Juppe. In der Nähe dessel­ben OrteS erhängte sich am gleichen Tage ein 53jährigcr Handwerksbursche, in dessen Taschen sich kein Pfennig Geld fand.

Durch eine Gasexplosion in der Ani­linfabrik in Ludwigshasen wurde ein Ar­beiter gelötet und ein Beamter verletzt.

Zur Teilnahme an der Fahrt nach Kisstttgen liegen bis jetzt aus Baden und Hessen 3000 Anmeldungen vor. ES gehen fünf Sonderzügt von Mannheim, Hei­delberg, Karlsruhe, Pforzheim, Darmstadt.

Bei dem Gcsangowcttstrcil in Karls­ruhe errang gleich am erste» Tag die AugS. durger Liedertafel mit der Mannheimer Lie­dertafel je einen ersten Preis; am zweiten Tag aber, an welchem den preisgekrönten Vereinen des ersten Tages ein neuer Chor mit kinstündi'ger Uebungszeit vorgelegt wurde, errangen die Augsburger den großen Kaiser­preis mit Kaisermedaillc und 2000 ^ bar von der Liederhalle Karlsruhe. Begreiflicher­weise ist in ganz Bayern, namentlich aber in Augsburg selbst der Jubel groß. Der Prinzregent von Bayern gratulierte der wackern Augsburger Sängcrschaar in einem huldvollen Telegramm.

Der Köln. Ztg. zufolge sind am Wolfsgangsee (Salzkammcrgut) die schwarzen Blattern ausgetreten; bisher sind zehn Fälle konstatiert.

Berlin, 21. Juli. Der Kaiser ordnete wegen der bevorstehenden Entbindung der Kaiserin, derPost" zufolge, den Beginn der kirchlichen Fürbitten am nächsten Sonn­tag an. Der Oberkirchenrat traf die erfor­derlichen Anordnungen.

Breslau, 18. Juli. Da- 8. deutsche Turnfest wird im Jahre 1894 in Breslau gehalten.

Beim Einschießen der Neunmilli- meter-Pistolen erschoß am 20. ds. in Wands- btck ein Husarenosfizier den hinter einer Umzäunung spielenden zehnjährigen Knaben Kreger. Das Kind war sofort tot. Der Offizier zeigte sich selbst an.

In Rußland greift die Cholera in erschreckendem Maße um sich. Die Leute sterben weg, wie die Fliegen im Spätherbst. Dazu kommen noch wahre Schauersccnen, indem das ungebildete Volk die Aerzte und Spitalzehilfen totschlägt in der Meinung, daß diese die angeblich Chslerakranken Ver­giften und daß eine Cholera überhaupt nicht existiere. Der verwilderte Pöbel mußte schon wiederholt vom Militär mit scharfen Schüs­sen, wobei es zahlreiche Tote und Verwundete gab, zur Ruhe gebracht werden.

London, 18. Juli. Das Reuter'schc Bureau meldet: Gerüchtweise wird aus Sid- ney gemeldet, daß durch einen Vulkanaus­bruch die zwischen Celebes und Mindanao liegende Insel Sangt vollkommen zerstört wor­den ist. Die Bewohner, angeblich 12 000, seien ums Leben gekommen.

(Eine verkaufte Frau.) In Palmer, im nordamerikanischen Unionsstaate Massa- chusscts, ließ unlängst der Besitzer de-Nas­sauer Hause«" seinen Buchhalter, einen ge­

wissen Daniel Verhaften, weil dieser sich für den Detter der Wirtschafterin Schneider aus- gegeben hatte, während fick herausstellie, daß die Dame seine eigene Frau war, die er an den Oberkellner Schneider verkauft hatte. Daniel hatte für seine Gattin 150 Dollars in barem Gelde und außerdem einen in fünf Jahren zahlbaren, auf 500 Dollars lauten­den Wechsel erhalten. Die Bedingungen waren am 9. Februar 1892 von einem No­tar in einem rechtsgiliigen Kontrakt festge­setzt worden und wurden, soweit es an D. lag, auch erfüllt. Er übergab dem Ober­kellner das verkaufte Objekt oder besser das verkaufte Subjekt; da Schneider jedoch mit den Zahlungen im Rückstände blieb, schlug Daniel Lärm, sodaß die Geschichte von dem Menschenschacher ruchbar wurde und das saubere Trio verhaftet werden konnte.

Vermischtes.

Gott sei Dank daß sie ganz geblie­ben! Während eines wotk nbrucharligen Re­gens und heftigen Sturmes fuhr dieser Tage in Berlin ein stark angeheiterter Rosselenker die Schönhauser Allee entlang- Ein heftiger Windstoß warf ihn von seinem hohen Sitz herab aus's Pflaster und in der Meinung, der Mann habe sicher Arme und Beine gc- brochen, eilten die Zeugen des Unfall« her­bei, ihm Hilfe zu leisten. Er aber lehnte sie, wie dasB. T." erzählt, lächelnd ab, erhob sich, steckte die Hand in ferne Rock­tasche und brachte eine Flasche zum Vor­schein, au« der erauf den Schreck einen tüchtigen Schluck nahm."Gott sei Dank, det je ganz jeblieben issagte er mit tiefer Empfindlichkeit . . . lAber meine Olle, die i» der recne Falb. Willem hat se jesagt, wenn Du heute wieder 'n Echwipps hast, dann kommt 'n Hagelwetter über Dir I Und richtig, det Hagelwetter is da I . . . Nee, so 'n Weib I Nicht mit Jold zu bezahlen . . Und mühselig kletterte er wieder ans seine« Sitz hinauf.

(Bestrafte Liedesblicke.) Man mel­det aus New-Iork: Vor dem Polizeigericht stand kürzlich ein junger Mann unter An­klage wegenLiedesblicken", die er in einem Pferdebahnwagen abgcfeuert hatte. Zwei ihm gegenübersttzende Damen fühlten sich getroffen" (der junge Mann schielt etwas!) und so wurde er sür jeden Fall mit 5 Doll, bestraft.

(Verfehlt.) Herr; ,Sie haben mich um meine Ruhe gebracht, mein Fräulein!"

Fräulein (geschmeichelt):Ach wirklich?"

Herr:Allerdings; seit man uns öfter zusammen gesehen hat, haben meine Gläubiger wieder neuen Mut bekommen."

(Ein Pechvogel.) , . . Herr Lieutenant, noch immer ledig?"O, lassen Sie mich in Ruhe, ich habe kein Glück bei den Frauen! Wenn mir wirklich' mal eine gefiele, ist sie im stände und hat die Kaution nicht!"

(Kurz ansgcdrückt.) Herr (im Ho­tel) :Ich möchte gern ein Bett für eine Woche." Kellner:Polier I Ein Wochen­bett für den Herrn I"

(HeiratSgesuch.) Ein junger Mann in einer hübschen Stadt mit 100 000 Ein- wohnern such! eine mit ebensoviel Mark.

(Sachkundig.)Wie heißt doch gleich die Mehrzahl vonSchatz", Lisctte ?" "Kom­pagnie, glaub' ich l"