Rundschau. >

Wcikersheim , 13. Juli. Fürst Her­mann zu Hohenlohe-Lang> nburg brachte beute seuien derzeitigen Gast, Prinzen v. Weimar mit hvher Familie, hierher. Der Krieger­verein mit seineui Vorstand und den Ehren­mitgliedern Hilten sich auf dem Perron des Bahnhofes aufgestellt, worauf Sladtschutt- heiß Hammel den Prinzen begrüßte und der Vorstand deS Vereins dem Ehrenpräsidenten des Würit. Kriegerbundcs ein dreifaches Hoch anSdrschte, in welches alle Anwesenden be­geistert einstimmten- Nach freundlicher Er­widerung brachte der Prinz auch ein drei­fach donnerndes Hoch auf den Fürsten Her­mann, dm guten deutschen Mann, aus, das ebenso freudigen Wiederhall fand. Nachher brachte die hiesigeHarmonie" im prächtigen Rittersaal des Schlosses den hohen Herr­schaften ein Ständchen, welches sehr beifällig ausgenommen wurde.

Pleidesheim, 14. Juli. Letzten Sonn­tag wurde dahier naL dem Postillon ein Mann aus Beihingen verhaftet, welcher eine Anzahl an der Straße lufindlicher junger Obstbäume beschädigte und zu diesem Zwecke von einem in hiesiger Gegend wohlbekannten Jagdfreunde gegen Bezahlung gedungen wor­den sein will. Die gerichtliche Untersuchung wird das Nähere ergeben und, wenn sich die Aussagen des Verhafteten bewahrheiten, jedenfalls beiden eine wohlverdiente Strafe zukommcn zu lassen.

Vaihingen, 12 Juli. Ein bedauerlicher UuglückSfall ereignete sich anläßlich der staat­lichen Pferdemusterung hier. Stadtschultheiß Geßwein von Großsachsenheim fuhr mit einem Gefährte hierher. Unterwegs scheuten die Pferd?, rissen die Deichsel ab und gingen in rasendem Lauf davon. Herr G. wollte sich durch einen Sprung auS dem Wagen retten, kam aber dabei so unglücklich zu Fall, daß ihm ein Bein zweimal gebrochen wurde.

In Trochtclfingen verletzte sich eine arbeitsame Frau au der Hand durch einen Dorn, ohne der Verletzung zu achten. Es trat Blutvergiftung ein und bald darauf der Tod.

Am Mittwoch nachmittag um 2 Uhr schlug der Blitz mit einem heftigen Donner­schlag in das Haus des Johs. Fuchs neben der Apotheke tn Waldenbuch ein. Zwei Mädchen von 7 Jahren, die ans der Staffel spielten, wurden getroffen; das eine war an­scheinend leblos starr und kalt und hatte zahlreiche tannenzweigartige Verästlungen auf der Brust und dem Unterleib, erholte sich aber merkwürdigerweise sehr bald und ist heule wieder ganz wohl. Das andere hatte nur ein ,Bäumchen" am Arms Ein 12- jähriger Knabe auf einem Hofe gegenüber der Straße wurde ebenfalls durch einen Schlag, jedoch ohne Schaden, zu Boden ge­worfen.

Ulm, 14. Juli. Als der 10 Uhr 10 Min. hier . eintreffende Kurierzug Augsburg verließ, sprang eine etwa 40jährige, an­scheinend dem Arbeiterstand angehörige Frau in selbstmörderischer Absicht unter der Bar­riere beim Ucbergang nach Oberhausen durch und lief in den heranbrausendeu Zug hinein. Es wurde ihr der Kopf entzwcigefahren, außerdem der rechte Vorfuß und die linke Hand zerquetscht. Die Unglückliche war so­fort tot.

Ein Säuger der PsorzheimerLicder- halle", Herr Lehmann, hat sich in Reutlingen

leine Blutvergiftung zugezogen, indem durch Reiben des Stiefels am Fuße eine Wunde entstand. In kurzer Zeit schwoll der Fuß bis oben hoch an. Drei Aerzte wurde» her- beizvgen. Herr L., der fürchterliche Schmer­zen leidet, mußte in Reutlingen Zurückblei­ben, Die Strümpfe chaben offenbar Gift­stoffe in der Farbe enthalten.

In Spandau hat ein Cigarrenhänd- ster, der mit der R gelung der Sonntagsruhe nicht zufrieden ist, seinen Laden am letzten Sonntag nickt geschlossen, sondern er Hst vom Morgen bis zum Abend Cigarren u. Tabak verkauft. Der Kaufmann glaubt das Recht dazu zu haben, so lange noch Bahnhofwirl- schaften, Kantinen, sowie Gast- u. Schank­wirte jeder Art Cigarren »erkaufen dürfen. Er ist bereits zur Bestrafung anngezeigt wor­den, und wenn er am nächsten Sonntag seinen Laden wieder nicht schließen will, wird cs von Polizeiwegen erfolgen.

(Nun erst recht.) In der vorigen Woche wurde in Wasserburg ein Mann vom Krankenhaus ans vermeintlich tot im Letchen- hanS beigesctzt. Am andern Tage gewahr­ten an der Leiche Vorübergehende, daß die Leiche Schweißtropfen im Gesicht habe, und verständigten den Leichenwärter. Alsbald kam der vermeintliche Tote zu sich, stand selbst von seinem Lager auf und sagte zu dem Verwunderten Wärter:So! Nu» gehe ich erst recht wieder ins Krankenhaus !" und kehrte zu Fuß dorthin zurück.

Panik in einem Cirkus. Aus Brünn, 12. Juli, berichtet man: Eine furchtbare Panik entstand Sonntag abends im Cirkus Krajel zu Boskowitz. Während einer Pause in der Vorstellung begann die schwere Lein­wanddecke des Cirkus sich zu senken, und in wenigen Sekunden bedeckte sie fast sämtliche Besucher. Es entstand eine entsetzliche Ver­wirrung. Alles drängte unter Weinen und Schreien nach den Ausgängen. Als Brand­geruch verspürt wurde und die Flammen durch die gesenkte Decke schlugen, erreichte die Panik ihren Höhepunkt. Mit schwerer Mühe gelang es einigen entschlossenen Män­nern, dir Pflöcke, an denen die Decke befestigt war, zu heben, wodurch die Ausgänge frei gemacht wurden. Als besondere« Glück ist es z» betrachten, daß sich keine Katastrophe ereignete und in dem fürchterlichen Gedränge keiner der Besucher besonderen Schaden ge­nommen hat. Die behördliche Untersuchung wurde eingeleitet.

Aus Langen am Arlberg, 13. Juli, wird berichtet: Infolge des heule nacht ein­getretenen Regenwetters haben Nachrutsch- ungen stattgefnnden, so daß nunmehr auch Verkehr der Tagespersoncnzüge mit Umsreigen nicht möglich und daher der ganze Verkehr über den Arlberg zurzeit aufgehoben ist.

Das Unglück bei Hochsavoyen. Amt­lich werden folgende mutmaßliche Zahlen über die Opfer der Katastrophe mitgetcilt. Es ist festgestellt, daß am Samstag abend 120 Personen im Bade zu Nacht speisten. 75 derselben müssen umgekommen sein. Von der 54 Personen zählenden Dienerschaft sind 46 verschwunden. Wenn man 33 Opfer für Bionnay und 10 für Fayet rechnet, so komm! man auf eine Gesamtzahl von ungefähr 160.

Aus Sallauches, 14, Juli, wird Weiler- Hin gemeldet: Der Unternehmer Alba ist mit seiner Frau und drei Kindern umgekommen, einzig eine Tochter wurde gerettet; die Frau, de» Romanschriststeller» Ardon ist mit fünf

Kindern im Alter von 4 bi« 14 Jahren ge­storben. Frau Bouchard wurde neben den Leichen ihrer vier Kinder aufgcfunden; das jüngste hielt sie in ihren Arm gepreßt. Frau Estcvin starb mit drei Kindern. Unter den Toten befindet sich auch der Direktor der Volksbank in Kopenhagen, Moritz Levy. Das Dorf Bionnay ist von der Katastrophe am härtesten mitgenommen worden; hier allein kann man sich von der Gewalt des Elements ein Bild machen. Der Ort be­stand aus etwa dreißig Häusern, welche etwa zwanzig Meter über dem Fluß, am Eingang einer tiefen Schlucht lagen. Die Wasserhose die sich vom Gletscher herabwälztc, halte eine Höhc von etwa dreißig Melern; sie stürzte aus der Schlucht heraus und riß sämtliche Gebäude des Dorfes weg, mit Ausnahme des Schnlhauses, das bis zum Giebel von Schutt bedeckt ist, und einiger Gebäude, die es schütze. Die Mehrzahl der Bewohner befand sich des Weidganges wegen in den Alpen, nur 33 Personen wurden im Schlafe überrascht. Eine Frau hielt noch ihr Kind in den Ar­men, die meisten Leichen steten zwischen die Trümmer und wurden zerrissen. Der An­blick ist wahrhaft grausig. Ein einziger Ein­wohner konnte noch lebend gcrettel werden; er ist aber mit Wunden bedeckt und wird den Tag nicht überleben. Der Coiffeur Denz- ler, der Hauptangenzeuge und Heid des Ret- tungswerkes, erzählt, er habe die Gefahr so­fort geahnt. Er eilte auf das Dach des neuen Gebäudes. Die alten Bäder, der Speisesaal, die Kapelle waren in wenigen Minuten verschwunden. Das Mittelgebäude zwischen den beioen neuen, allein festgcdlie- benen Flügeln schob sich um etwa zehn Me­ter vor, wie auf Rollen gleitend. Dann ging es in Stücke; man sah noch Leute um Hilfe rufend durch die Gänge eilen. Denzler ver­lor die Kaltblütigkeit nicht. Er bemerkte, daß das Wasser rasch abfloß und nur hohen Schlamm zurückließ. Nun bemächtigte er sich aller Gegenstände, die eine gewisse Ober­fläche boten, warf sie auf den Schlamm und erstellte so eine Notbrücke, auf welcher er 20 Personen rettete, darunter Frau Juvet und die beiden Fräulein Duccurean, die schon im Schlamm begraben lagen und deren Mutter verschwunden war. Die Geretteten boten D. bedeutende Beträge als Belohnung an ; Denz- ter lehnte sie ab, indem er nur seine Pflicht erfüllt zu haben erklärte: nur ein neues Kleid nahm er a».

Am 14. ds. wurden auf dem Friedhof von St. Gervais 30 Opfer des Unglücks nach einem feierlichen Gottesdienst im Bei­sein von Vertretern der französischen Regier­ung in 30 Särgen in einer gemeinsamen Gruft zur Erde bestattet.

Portonuovo, 9. Juli. Die Dahomeer stürmten Badagny, brannten die katholischen Missionen nieder und verbrannten lebendig 6 Paters und 3 weiße Schwestern. Kom­mandant Rion machte einen Ausfall, hotte die Dahomeer ein und schlug dieselben nach einstündigcm Kampfe. Die Dahomeer hin­terließen 100 Tote und 30 Verwundete, welche von den schwarzen Hilfstrnppen ge­köpft wurden. Rion ist verwundet.

London, 14. Juli. DemStandard" wird aus Odessa gemeldet, daß die russische Dampfschifffahrt-Gesellschaft infolge der Qua- rantaine ihre Fahrten nach Odessa eingestellt hat. 44000 Menschen sind in den letzten jwei Wochen von Baku g flohen.