Rundschau.

Die Königl. Regierung hat nunmehr nach längerer Erwägung die Zulassung der Fianziskaiinerinmn vom Kloster Stehen in Gmünd genehmigt. Die klösterlichen Frauen errichten drrt eine ksth. konfessionelle Klciii- kinderschule, eine Nähschule und eine Fort bildungsschulc für jugendliche Mädchen; für letztere hat der Gemeinderat einen größeren Raum zur Verfügung gestellt.

Stuttgart, 19. März. Der Hausknecht eines hiesigen Hotels hat die Wirtschaft zur blauen Traube" in der Friedrichsstraße um 103 000 ^ von Hrn. Rummctsch angc- kauft.

Hellbraun, 26. März. Heute mittag verunglückte der Heizer Schmid des Zuge«, der um 12 Uhr 5 Min. hier abfährt, auf der Station Willsbach. Er beugte sich über die Lokomotive hinaus, um zu schmieren, stürzte hinab und wurde von einer Weiche, an welcher er anstieß, unter die Wagen ge­worfen. ES wurden ihm beide Füße abge­fahren. Er wurde mit dem nächsten Zug, der hieher geht, hieher u. in das hiesige Spital gebracht, wo er bald nach seiner Ankunft verstarb.

Pleidelsheim, 26. März. Noch hat sich die Aufregung der hiesigen Einwohner über den berichteten Diebstahl nicht gelegt, und schon wieder kommt die Kunde von einem neuen, in vergangener Nacht noch raffinierter ausgeführten Einbruchsdiebstahl. Dem unter einer Scheuer sich befindlichen Keller wurde diesesmal ein Besuch gemacht, nachdem die Thüre desselben demoliert und das Schloß gesprengt wurde. Abermals war eS auf Viktualien abgesehen. Neben dem tn einer Truhe aufbewahrten Aepfclvorrat wurden mehrere Laibe Brot und ein ziemliches Quan­tum Most annektiert. Von dem oder den Dieben war abermals keine Spur zu ent­decken.

Nagold, 25. März. Da« Seminar veranstaltete heute eine Comenius-Feier. Am 28. März sind es 300 Jahre, daß dieser größte Pädagoge seit der Reformation da« Lickt der Welt erblickte. Die wohldurchdachte ausführliche Festrede hielt Rektor Dr. Brügel, Nachmittags wurde durch den gemischten Chor des Seminars der 42. Psalm von Mendelssohn unter Leitung des Musikober lehrerS Hegele aufgesührt. Die Soli hatte Frl. Weber aus Wildberg trefflich gesungen. Diesem Psalm schloß sich das Melodram Kolumbus" an, wobei die Partie des Sprechers Herr Prof. Wetzel trefflich löste.

Laupheim, 26. März Werkmeister F. dahier, ichon längere Zeit gehirnleidcnd, wurde dieser Tage von Irrsinn befallen und zu weiterer Behandlung einstweilen in den Be» zirkSfpital gebracht.

Aalen, 25. März. In Lauterburg auf dem Aalbuch wurden heute des Scharlachs wegen die Schulen geschlossen.

^Entgangene Erbschaft.) Die im Juni 1890 zu Berlin verstorbene Witwe Ostermaun hatte die St. Hedwigskirchc. als Universalerbin ihres in dem Hause Fried­richsgracht 8 und tu einer Barsumme be­stehenden Vermögens eingesetzt. Die zur An­nahme dieses Vermögens erforderliche landes­herrliche Genehmigung ist aber der St. Hed­wigskirche versagt worden. Die Erblasserin hat eine Menge vermögensloser Verwandten in ihrem letzten Willen gänzlich unberück­sichtigt gelassen, und auf deren Intervention

beim Kaiser dürfte wohl die Versagung der Genehmigung zum Antritt »er Erbschaft von seiten der St. Hedwigskirche erfolgt sein.

fScheußliche Brutalität gegen ein Kind f Vor dem Schwurgericht in Lands­berg a. W. halte sich am 23. März die Frau des Arbeiter« Hahnseld au« Friedberg Nm. wegen schweren Mißhandlung ihrer dnieinhalbjährigen Stieftochter Emm« vor dem Schwurgericht zu verantworten. Die Mißhandlung soll schließlich den Tod des Kindes hcrbeigesührt haben. Der Mann halte das Kind am 22. September v. I. wohl und munter verlassen und am 9. Dez., als er von der Arbeit in der Zuckerfabrik zurückkchrte, halb tot angetroffen. Der Kör­per wies brandige und blutrünstige Stellen auf, er war steif und das Auge schon halb gebrochen. Er erfuhr, daß die Frau da« Kind mehrmals an den Beinen aufgehoben und mit dem Kopf gegen die hohe Lhür- schwelle, ein Stuhlbrelt oder andere feste Gegenstände geschleudert, eS einmal in ganz nacktem Zustande auf dem Hofe in einen Eimer mit Wasser gesteckt, ihm nicht genü­gend Nahrung gegeben und häufig in der ungeheizten Kammer in feuchte Sacke ge­wickelt schlafen gelegt habe. Am 9. Dczbr. wurde da« unglückliche Geschöpf noch nach dem Krankcnhause geschaft, wo es bereit« nach einer halben Stunde »erstarb. Die Sektion ergab u. a. einen 10 Zentimeter langen frischen Schädelbruch. Die Ange­klagte, die als Entschuldigung die häufige Unreinigkeit de« Kinde« angab, wurde zu zwölf Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt.

fEin Kellnerjunge als Gewinner de« großen Loser.) Der Haupttreffer, der am 14. Novbr. v. IS. auf das ungarische Prä­mienlos Serie 1895 Nr. 7 im Betrage von 150 000 Gulden entfiel, und um welchen sich bi« vor wenigen Tagen niemand geküm­mert hat, wurde von dem im Erzherzog Karl zu Wien bedienstetcn 17jähr. Kellnerjungen Joseph Herndl gemacht. Am Samstag er­hielt er von seinem Vormunde «uS Linz die Nachricht, daß er der Gewinner des Haupttreffer« auf das bezeichnet? Lo< sei, das ihm sein vor mehreren Jahren verstorbener Vater testamentarisch vermacht habe. Al« ob gar nicht« vorgesallen wäre und vor nie­manden ein SterbeSwörtchen äußernd, ver­sah er nach wie vor alsWeinjnnzc" seinen Dienst. Erst mehrere Tage später wurde e« im Hotel bekannt, daß Herndl der Ge­winner ist, als sein Vormund eintraf, um die nötigen Verfügungen bezüglich der Be­hebung deS Gewinnes, sowie auch wegen de« nicht majorennen Gewinnes selbst zu treffen.

Ein sehr junge« Liebespaar, der Ge­werbeschüler Steinmann und die Kellerin Franke, hat sich in Dre-den in den Anlagen de- Großen Gartens erschossen. Allem An­schein nach hat der Gewerbeschüler erst seine Braut und dann sich selbst getötet.

In dem Dorfe Sevelen bei EarganS »Kanton St. Gallen) brach am Freitag eine Feuersbrunst aus, durch welche etwa 70 Häuser und die Kirche in Asche gelegt wor­den sind.

Zwei Telegramme aus Melbourne und Perth melden, daß Derming, welcher der Ermordung seiner letzten Ehefrau in einer Vorstadt Melbourne'«, sowie der Ermordung seiner ersten Frau und vier Kinder in Rain­hill bei Wrrpsvl anMsgt ist, gestanden

habe, die Morde in Rainbill, sowie die zwei letzten Morde in Whitechapel begangen zu haben.

- - In den letzte» Tagen sind nicht weniger als drei Raubattentate in Wien verübt wor­den. Die Beamtengattin Anna Großmann wurde in ihrer Wohnung, Himbcrgerstraße Nro. 11 von einem Bcttler überfallen und beraubt. Der Bursche war schon einige Zeit vorher, als er bettelte, abgewiesen worden, hatte, als er das zweite Mal wiederkam, durch ein offene« Gitter deS GangfcnsterS den Thürriegcl zurückgeschsben und war so in die Wohnung gedrungen. Hier betäubte er die allein in der Wohnung anwesende Frau Großmann durch einen Schlag und raubte bares Geld, sowie Kleidungsstücke. Zum Glücke wurde der Gauner, ein ehe­maliger Kutscher Namens Georg Klaanig, ausgcforjcht und dem Landcsgerichte einge­liefert. Auf der Landstraße (Hörnesgasse Nro. 16) in der Wohnung des Ingenieurs Hermann Langgard wurde gleichfalls ein freches Raubatlentat versucht. Zwei junge Männer, von denen der eine ein nach Art der Bittgesuche gefaltete« Papier in der Hand hielt, verschafften sich in die Wohnung des JngenieurS unler Vorwanden Eintritt, war­fen die Wirtschafterin deS Herrn Langgard, Frau Auguste Mulh, zu Boden und würg­ten sie. Die bcktagensweric Frau siet in Ohnmacht. Man vermutet, daß die Räuber durch ein Geräusch verscheucht wurden. Schließlich wurde auch noch in einer Ka­serne ein Naubversuch unternommen. In der Nacht vom Mittwoch auf Donner-iag erbrach ein Mann die Wohnung des Mustk- feldwebels Weiß und überftet die bereits zu Bett gegangene Dienstmagd. Er zerrte sie au« dem Bette, würgte sie am Halse und streute ihr Salz in die Augen. Die allein in der Wohnung anwesende Frau de« Feld­webel« versperrte sofort, als sie die Schreie des Mädchen» hörte, die Thüre .ihres Zim­mer«, öffnete da« Fenster und rief um Hilfe. Der Attentäter ergriff hierauf die Flucht. Man vermutet, daß ein ehemaliger Soldat der Urheber dieses, mit beispielloser Frech­heit in Szene gesetzten Attentats ist.

Unter dem 15. ds. wird an« Gibral­tar geschrieben:Seit sieben Tagen ist hier keine Post von England angekommen. Da« Wetter ist furchtbar gewesen. 51 Zoll Re­gen ist gefallen und die Gegend um Gibral­tar steht meilenweit unter Wasser. In Limea sind die Gemüsegärten vernichtet. Holz­kohlen kosten 4 Sh. der Zentner. Auf d m Markt ist fast nicht« zu kaufen. Da« Elen- unter der spannischen Bevölkerung bei Gib­raltar ist Groß. Es sind Suppenküchen ein­gerichtet worden und es werden Sammlungen veranstaltet. Dennoch kann nicht allen Le« dürsligen geholfen werden."

Aus San Salvador, 25. März wird gemeldet: Bei Acadella entgleiste ein Bahn­zug. Dreizehn Reisende blieben auf der Stelle tot, 31 wurden schwer verwundet.

Tragödie zur See. Einer der be­sten Kapitäne der Niederländisch-Amerikani­schen Dampfschiffahrt«-Gesellschaft ist dieser Tage zu einjähriger Gcsängni«strafc verur­teilt worden. Am 19. Juli 1891 befand sich Kapitän G. Bakker mit dem Dampfer Obdam aus der Reise von New-Iork nach Rotterdam, als sich der erste Ma>chinist bei ihm meldete und ihm mitteilte, daß die Hei- zer hie Arbeit entstellen wollen und nicht