Wicht um Kolb.
Eine Geschichte aus unjcrn Tagen von
Constance Baronesse von Gaudy.
(Nachdruck verboten.)
6 .
Die Stiflsdame ValeSka von Senden saß bereit« ungeduldig auf der Terrasse des Schlosse« und glaubte ihren Augen nicht trauen zu dürfen, als sie neben ihrem Bruder und Edith in zwanglosem Beisammen auch die bürgerliche Gouvecnannte in den Schlvßhof biegen sah.
„DaS sind ja erbauliche Neuerungen, die mein Herr Bruder hier einzuführen beliebt," murmelte die stolze Dame erregt, denen mutz sofort cntgegengetreten werden."
Juttas Gruß erwiderte daher sie kaum.
„Wie erhitzt Du aussichst, Kind" rief sie dagegen tadelnd Edith zu, die zu der kalten, strengen Tante nie recht ein Herz zu fassen vermochte und ihr gegenüber immer scheu und einsilbig blieb. Auch heule gab Edith die Blumen, die sie in der Hand behalten, nicht, wie c« sich gehört hätte, der zürnenden Tante, sondern stand nur mit trotzigem Gesichtchen vor ihr.
„Und es war doch schön, nicht wahr, Papa? Morgen gehen wir wieder nach der Prinzessin I" sprach dann das Kind auf einmal mii plötzlicher Freude in seinem strahlenden Gesichtchen.
„Zu morgen Hobe ich inzwischen eine Einladung angenommen, die der Kammerherr von Trent mit reitendem Bolen her- übcrschickte," fuhr Fräulein von Senden zu ihrem Bruder fort. „Fräulein von Trenk hat selbst ein paar Worte dazu geschrieben, sie bittet Dich bringend, Ebiih morgen mitzubringen. Ich denke, Horst, das ist wohl besser, al« wenn sic hier immer so ganz allein ohne jeden Verkehr zurück bleibt," schloß sie, Jutta dabei gänzlich ignorierend.
„Ich muß Dich überhaupt bitten, mir Nachher auf mein Zimmer zn folgen, dort kann ich mit Dir Vesser reden, ohne dritte Personen," bemerkte Fräulein von Senden nach einer Pause dann noch.
Unwillig über diese sehr unhöflichen Worte in Gegenwart Fräulein G rharn's, folgte Senden, nachdem der Th e von Allen in unbehaglichem Schweigen eingenommen war, seiner voranschr>itnd>n Schwester.
„Was giebl es denn, Laleska? Du thust ja äußerst geheimnisvoll I" frug Sende» bei dem Eintritt in das Zimunr seiner Schwc ster.
„Nun, ich soll doch vor der fremden Person nicht etwa Deine intimsten Privatangelegenheiten erörtern I" cntgegncte Valeska kaltblütig. „WährendfDu heule auf langem Spaziergange Dich vergnügtest, hat außer dem reitenden Boten aus Burg Steinau noch jemand nach Dir gefragt — Levy war hier."
Bei Nennung dieses NamenS fuhr Senden jäh auf. "Der verwünschte Kerl! Was kann er hier wollen ? Der Wechsel ist nicht vor dem 30. fällig."
Alle Freundlichkeit, die in den letzten Stunden das Antlitz des Schloßherrn erhellt Halle, war jetzt Mit einem Schlage verschwunden und er starrte düster, ja erbittert vor sich hin.
„Ja, lieber Bruder, ich kann Dir nicht helfen, ich muß Dir doch sagen, was geschehen ist," fuhr die Schwester kühl fort,
Ich saß auf der Terrasse und spähte nach
Dir und dem Kinde aus, da fuhr ein leichter Korbwagen unten vorüber, ich erkannte sofort in dem Insassen Levy. Neben ihm saß noch ein anderer Mann, seine» Stammes offenbar. Als Levi mich gewahr wurde, warf er dem Gefährten die Zügel des Gespanns zu und stand in wenigen Sätzen, unangemeldet, neben mir. Ich war ganz sprachlos über diese Frechheit, und ehe ich ihm eine Zurechtweisung erteilen konnte, sagte er, indem er sich gar nicht einschüchtern ließ und mich so recht hämisch dabei musterte: „Halten zu Gnaden, heute ist der fünfzehnte und wenn der Herr Baron am dreißigsten nicht zahlt — so prolongiert der Levy den Wechsel nicht wieder!" Mit diesen Worten war er auch schon wieder verschwunden.
„Ich bitte Dich, Horst," fuhr die stolze Dame erregt fort, „mach' doch mit dieser elenden Wirtschaft ein Ende und schaffe Dir diesen Juden vom Halse I Es geht so nicht länger weiter. Dich kann nur Eins retten: eine vornehme glänzende Parlic. Wen» wir morgen bei TrenkS sind, da sprich endlich das Wort, auf das Kamilla schon lange wartet."
„Das ist es ja eben, Schwester, was mir die Sache gründlich enlleidet. Der Kammerherr von Trenk ist ja ein sehr angesehener charmanter Mann, und als sein Schwiegersohn wäre ich mit einmal alle Sorgen los, das weiß ich wohl. Aber ich sage Dir, es ist mir nichl möglich, ValcSka, um Kamilla zu freien I Wühlen die Damen wie sehr sie in unfern Augen allen Charm verlieren, wenn sie uns so unverkennbar cnlgegenkvm- men wie Fräulein von Trenk es thul — sie ließen es wohl bleiben! Ja," fuhr der Sprechende in sichtlich wachsender Erregung fort, „einmal in jungen Jahren läßt man sich wohl berücken. Damals, m'l Leonie, ich muß eS ja gestehen, wurde ich m-hr geheiratet alS ich heiratete - ein zweites Mai paffln mir bas aber nicht! Wenn ich überhaupt noch einmal wählen sollic, so würd- es nur sein, wenn Herz, Seele und Verstand in gleichem Maße dabei m>t sprächen, wenn ich liebte, von und ganz!"
„Horst — Du fsselsi mutuch I" erwic'.ne feine kühl bereednenre flvlze Schwstr insast verächillchcm Tone. „U-berlaffe die Romantik den Schwärmern. Für Leute unseres Stand'» gievt es nur einen W-HNpruw: öioblssss I Deln Siräub.» hitfi Dir
nichts. Wovon willst Du den Levy bezahlen , wenn D» Dich morgen wieder noch nicht erklärst?"
„Ueberlaß das mir," rief zornig der Gereizie und indem er sich hastig erhob und dröhnend die schwere Eichenlhür in'S Schloß warf, ließ er die indignierte Slistsdame allein.
7.
Am folgenden Mittag stand Jutta aus der mächtigen Terrasse und sah die große Staalskulschc Vorfahren, in weiche zurrst Fräulein von Senden in starrer, grauer Seide und mit dem Stifiskrruz an der linken Schulter einstieg. Dann folgte ihr Bruder, eine finstere Entschlossenheit lag in seinem Gesichte, er war den ganzen Morgen nicht ans seinem Zimmer herauSgekommen. Die Leute sahen scheu nach ihm. Edith die rich
tig, trotz allen Sträuben-, mitgenommen wurde, warf noch aus dem Wagen ungezählte Kußhändchcn nach ihrem lieben Fräulein — dann zogen die Pferde an, und Jutta i» cigenlümiicher Beklommenheit blickte der Staubwolke lange nach. Was hatte vorhin die Kammerjungser deS Fräuleins von Senden mit der allen Köchin zu flüstern gehabt, «iS sie im Durchgang zusammen standen, w» Jutta flüchtig an ihnen vorüber- strciste? „Glücklicher Bräutigam heute — unser gnädiger Herr," hatte ihr scharfes Ohr aufgefangen und auch noch die Antwort der Irenen langjährigen Köchin. „Ist auch Zeit! Mit uns gehl es täglich mehr hcrunicr! Der gnädige Herr braucht eine reiche Frau!" — Dann waren beide verstummt.
War es denn möglich, würde auch er, der ihr so frei, so stolz erschien, in diesem Punkt nicht anders denken und handeln wie die Herren daheim? Würde erwählen, eine vornehme, reiche Frau vielleicht in Burg Steinau, und heute abend —wenn ste heim- kehrlcn, wäre Alles zu Endel? Was denn zn Ende? fragte sich Jutta in heißen Schauern und schlug die Hände vor das Gesicht. Ihr Denken verwirrte sich.j
„Ach, lieber Gott, hilf! Du allein kannst helfen!" stammelten ihre blasse» Lippen. Wußte sie gleich nicht was sie erbitten sollte, da sic sich scheute tiefer in ihr eigenes, bewegtes Herz zu blicken, jo flüchtete sie roch, recht wie ein Kind, demütig und zuversichtlich zugleich an GotieS treues Vaterhcrz. „Er macht es nicht wie wir's gedacht, Er macht es besser als wir denken.*
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— (Feuerwehr vor I) Die Zusammenstöße zwischen Polizei und Arbeitslosen ver- veranlaffen uns, daraus aufmerksam zu machen, daß in Amerika bei Unruhen fast allgemein von Seiten cer Polizei und selbst de» Müilärs zuerst die Wafferwaffe anstatt der Feuerwaffe in Anwendung gebracht wird. Man lägt ln Fällen eines VolkSauflaujS sw Hydranten oder die Feuerspritzen spielen und dieses Mittet Verfehl! fast niemals seine das Blut abkühlenoe Wirkung, während das F'Nrr erhitzt und die Wul entflamm! Schon oer alle Plndar sagt: „Das Beste ist doch das Wasser I" Möchte man auch bei uns von seilen der Behörden überall darauf Bedacht nehmen, bei Aufläufen den mörderischen Feneislraht für Angriffe von außen auszu- bcwahren.
.-. (Nur das Beste.) Kommissionsrat: „Herr Konzertmeister, ich möchte gern für meme große Gesellschaft ein Streichquartett haben; wollen Sie mir das besorgen?" — Konzerlmeistcr: „Sehr gern; ich werde die erste Geige spielen, mein Freund Müllar die zweite I" ... — KommisstdnSrat: „Um Gotleswillen keine zweite Geige, iauler erste, wenn ich bitten darf I"
(Feine Ausrede.) „Warum heiraten Sic nicht, Herr Doktor?" — „Ich bi» so bescheiden, daß ich eS mir zum Vorwurf machen würbe, eine bessere Hälfte zu nehm.n !"
(Schnell geholfen.) Schildermaler: „Die Tafel ist für den Namen und die Wohnung des Advokaten zu groß — waö setz' ich da noch hin? . . . Hav't schon: Hier ist guter Rai teuer!"
«erantwsrtliLer Rcdickrmr rBerntzard H 0 s « ann.) Druck und «erlag von vcrnh«!« V « : an n IN Mlddad.