Wicht um Gold.

Eine Geschichte aus unser« Tagen von

Constance Baronesse von Gaudy.

(Nachdruck verboten.)

4 .

Wir haben hier keine sehr zahlreiche Dienerschaft, mein Fräulein," klang SendenS Antwort in so scharfem Ton, Laß Jutta errötete,aber natürlich wird das nötige so­fort geschehen. Entschuldigen Sie, daß meine Schwester tu ihrem Zimmer das Ankommen des Wagens überhört hat. Darf ich bitten ?" Und mit bestimmter Gebcrdc Jutta drei Treppen hinaufweisend, schritten Beide, von Edith gefolgt, dem Innern des Schlosses zu.

Im Eaton, wo Valeska von Senden die unschönen Verhüllungen, die meist der Sparsamkeit wegen die

alten Möbel verdeckten, entfernt hatte, thronte sie nun stolz und kühl wie immer. Als ihr Bruder selbst die Thür öffnete und die Angekommenc hereinsührte, blickte Valeska erstaunt aus uns ries:

Wie, Horst, Du mußtest Dich selbst bemühen? War denn meine Jungfer nicht zur Stelle ? Guten Abend, Fräulein," wendete sie sich bann gleichmütig zu der peinlich er­rötenden Juttaich hoffe, sie hatten eine angenehme Reise und werden gewiß am lieb­sten gleich ihr Zimmer aufsuchen. Geh' mit Fräulein Gerhard auf ihr Zimmer, Edith," rief ValcSka von Senden nun laut, und als das verlegen zögernde Kind mit Jutta in der Thür verschwunden war, fuhr des Schloß­herrn Schwester halblaut fort:Das fehlte uns noch, eine richtige Moeepuppe als Er­zieherin ! War sollen wir mit dieser in Tan neck ?"

Dabei waren Valeska« mühsamm unter­drückten Gedanken:Und welche Haltung hat Liese Erzieherin ? Als wenn eine Fürstin un- mit ihrem Besuch beehrt und nicht die bezahlte, bürgerliche Gouvernante?"

5 .

Wochen Waren vergangen und auf Schloß Tanneck hatte sich das Verhältnis der Erzieherin zu ihrem Zöglinge und den Schloßherrschafteu besser gestaltet, atS man ursprünglich beiderseits befürchtet Halle. Jutta hatte mit Liebe und Eifer ihre sclbstgewäht- len Pflichten übernommen, und vor ihrer herzgewinnenden Freundlichkeit hat die kleine Edith schneü alle ursprüngliche Scheu vor der fremden Erzieherur verrcren. Auch Fort­schritte machte Edith bet der praktischen neu,« Schreiblesc-Methobe so unverkennbar, daß Jutta hätte ganz zufrieden sein können, wenn sie nur überhaupt im Schlosse sich ein wenig heimischer zu fühlen vermocht hätte. Die wenigen Unterrichtsstunden täglich, welche der etwas ängstliche Vater für feinen Lieb­ling «geordnet hatte füllten Juttas Zeit aber keineswegs aus, und dasStiftsfräutein Valeska von Senden hatte eine so absotui unnahbare Art, daß Jutta, nach verschied,neu Versuchen ihr in ein Gespräch zu kommen, nur nochdie nötigen Fragen an sie richtete.

Senden machte auch fein Won war, für ihn existierte Jutta außer bei den Fragen de« Unterrichts so gut wie garnichl. Er be­gegnete der Elzuherin seines Kindes höflich, aber doch ohne jede Aufmunterung daß dem jungen, fremden Mädchen bange sein

könne in der ganz neuen Umgebung, in den eigentlichen Verhälnissen von Schloß Tanneck und daß er als Vater Ediths die Pflicht habe, die Erzieherin freundlich aufzumuntern, daS siel ihm niemals ein. Ueberdies war Senden von einem gewissen skeptischen Miß­trauen gegen Jutta erfüllt. Er hatte vom ersten Tage an Juttas wundervolles, asch­blondes Haar, das sich in schweren Zöpfen um das feine Oval ihres Kopfes schmiegte, für falsch gehalten, ihre ganze, vom Scheitel zur Sohle tadellos moderne Erscheinung mit spöttischen Blicken gestreift und hatte dann einfach wieder seinen eigenen sorgenschweren Gedanken nachgehangen, Fräulein Gerhard war eben weiter gar nicht für ihn da.

Edith freilich hing mit aller Leidenschaft­lichkeit eines lange Zeit vernachlässigten Kin- derberzenS an Jutta, aber Senden, der dies trotz »ller anscheinenden Teilnabmlosigkeit doch wohl gewahr geworden/wollte außer den Unterrichtsstunden eifersüchtig fein Kind für sich behalten, er holte deshalb Edith täglich selbst vom Unterricht ab und ging oder fuhr dann mit der Kleinen spazieren- Da gab es für Jutta viel einsame, leere Zeit, und sie fragte sich dann wohl seufzend, ob sie nicht doch zu viel unternommen habe, in die Fremde zu gehen, unter Menschen, deren Standesvorurtcilk gleich himmelhohen Mau­ern sic von ihrer Umgebung schieden, und mit denen Alles ihr gegenüber blieb wie in der ersten Stunde ihrer Ankunft auf Schloß Tanneck.

Zuweilen wollte Jutta unmutig werden, und indem sie an das bequem luxuriöse Le­ben in ihrem reichen Vatcrhause dachte, schalt sie sich eine Thörin, das Vaterhaus um einer seltsamen Laune willen verlassen zu haben aber, die- sei zu Juttas Ehre gesagt, solcher Augenblicke waren nicht viele in Juttas Le­ben, sondern sie wäre» nur wie Versuch­ungen gegenüber einem standhaften Charakter. Wenn Edith sich zärtlich an sie schmiegte und in des KindeS Augen soviel Zutraulich­keit und Frohsinn lag, wenn Jutta fühlte, daß sie dem kleinen Herzen mehr und Bess- res gab, als ihm sonst Vielleicht je zu Teil geworden, dann wurde ihr braves Herz mit neuem Mut erfüllt.

Juttas Vater, dessen C barakter>ost akett zum großen Teil auf sie übergegsngesk/Wse ihr beim Abschied gesagt:So schwer es mir wird Dich gehen zu lassen, das Eine laß Dir gesagt sein : Was man einmal will muß man aanz wollen. In kürzerer Zeit als einem Jahr erwarte ich Dich nicht zu­rück I"

Jutta halte nach Arbeit verlangt, hier fand sic solche, wenn auch für ihre» thai- kräftigen Sinn nach außen nicht genügend, so doch zunächst in sich selbst. Das Leben hatte sie in die Schule genommen sic lernte Geduld, Selbstbeherrschung und Bescheiden­heit, jene drei GiückSperlen des menschlichen Leben«.

Auch heute klopfte Herr von Sende» höflich aber kurz an daS kleine Scdutz'immr, >n welchem Jutta die kleine Eduh unterrich leie.

Die Stunden sind wohl um, Fräulein E rhard," sagte Herr von Sende« bei seinem Eintritte.Ich komme, um meinen kleinen Wildsang in die Freiheit zu holen," und er erwartete darauf, Edith voller Freude auf­springen und mit ihm der engen Zimmer­

luft entfliehen zu sehen. Mer diese blieb still aus ihrem Slühlchen sitze» und sagte mit strahlendem Gesichtchen:Paps eS ist zu schön bei meinem Fräulein! Heute har sie mich gelobt, weil ich ohne zu stock n ein Lied hergesagt habe, und sie hat Versprochen, daß ich mir nun etwas wünschen kann. Pa­pa, wirst Du meinen Wunsch erfüllen?" Und eindringlich legte die Kleine ihre Hand auf diejenige ihres Vaters.

Gewiß, Liebling, wenn ich kann," er­widerte Herr vo» Senden.

Erlaube doch, daß Fräulein Gerhard mit uns spazieren geht. Ich habe sie vor­hin darum gefragt, und sie hat gesagt, sie könne es nicht ohne Deine Aufforderung."

Ich bitte sehr, Herr von Senden," unterbrach Jutta in heißer Verlegenheit das eifrige Kind,ich habe nur geantwortet, als Edith fragte: weshalb gehst Du immer allein ipazieren? und habe ihr dann erklärt, daß man nie ohne Erlaubnis sich einem Zweiten, Dritten anschließen darf. Aber bitte, hatten Sie mich nichi für so unbe­scheiden, daß ich Ihnen meine Gesellschaft bei Ihren Epaziertoure» ausdrängen mochte."

Senden schwieg, ebenfalls verlegen.

(Forisetzmig folgt.)

Vermischtes.

Ew vielsagender Abschied von der bösenalten Welt" nimmt Herr Herrman Schreiber, der in einem Berliner Lokalblatt folgende Anzeige veröffentlicht:Bei meiner Abreise nach Amerika sage ich allen meinen Verwandten, Bekannten und Gönnern, ins­besondere den Herren Gerichtsvollziehern, die mich kennen, ein herzliche« Lebewohl.

(Kindermund.) Vater:Ich bcur- leilc den Menschen stets nach dem ersten Eindruck und ich habe mich noch nie ge­täuscht." Der kleine Ludwig:Papa, was für einen Eindruck hast Du denn von mir gehabt, als Du mich zum crstenmale iahst?"

Der seinerscit berühmte Advokat Elias Jumpey sah auf einer Seereise, aus dem V-rdeck des Schiff-s umhcrgehend, an der Seile desselben einen Haifttch.Was ist das?" fragte er einen Malrolen.Ich weiß nicht, wie man daS Tier aus dem festen Lande nennt", antworte dieser,wir nennen's einen Seeadvokaten I"

Hoheit aus Reisen. Fürst;Also das dort ist die Schneckoppe. Ein mäch­tiger Berg." Kammerherr:Aber Ew. Hoheit gegenüber doch nur eln Maulwurss- hausen.

Wer wird Pathe ? Der zehme Knabe ist dem Schmidmeiiter Schmidt zu Brielow in der Mark Brandenburg geboren; der siebente hatte Kaiser Wilhelm I., der achte Kaiser Friedrich III. und der neunte Kaiser Wilhelm II. zum Pathcn.

Aurclia :Nun, liebe Miranda, hast Du meinen Rat tnsolgt und die neue Robe vo» D'iwm Mun»e bekommen?" Mi­randa :Ach nein! weiß! Du, die Thränen be komm' ich schon ttrng, aber für die Ohn­mächten fehtl es mir noch gänzlich a» Heb­ung."

(Boshaft.) Dichter:In welchem Akte meiner gestrigen Premisre kamen nach Ihrer Anstchl die meisten Witze vor?" Kritiker:Im Zwischenakt, über ihr Stück!"

MrranrwvrUichrr Rttakieur i ivernharo H »s « an n.) Druck und Verlag vsnD ? rnhg - b H " iwan » m WUdlmd.