Rundschau.

Degerloch, 2. März. Eine neue Mahn­ung, zur Nachtzeit die Treppenhäuser zu be­leuchten und das nicht bloß in der Stadt, sondern auch auf dem Lande, dürfte der hier eiugetretenc traurige Unglücksfall sein, wonach ein hier in Arbeit st-hender Zim­mermann im dunkeln Hausöhrn einen Fehl­tritt that und info'ge desselben so unglück­lich die Treppe hinabstürzte, daß alsbald der Tod ei »trat.

Cannstatt, 3. März. Heute vormittag verstümmelte sich ein Soldat de- 3. wnrtt. Jnf.-Reg. in Lndwigsburg, der seit letzten Sonntag von der Compagnie unerlaubt ab­wesend ist, auf dem Wege von Unterkürk- heim nach Cannstatt dadurch die linke Hand, daß er sich mit dem Seitengewehr auf die Finger hieb, wodurch drei Finger bi« auf den Knochen zerhauen wurden. Der Mann steht im zweiten Dienstjahr. Er '.«urde von der Polizei an die Compagnie eingeliefert, nachdem ihm hier sofort ärztliche Behandlung zu teil wurde. Motiv : Furcht vor Strafe.

Kammerherr Freiherr v. Gemmingen erschoß sich in Karlsruhe; mau vermutet, wegen eines unheilbaren Leiden«.

Für ein von der Stadtgemeinde Ba­den zu errichtende« Dcnkmat weiland der Kaiserin Augusta bewilligte der Bürgeraus­schuß 20 000^. Das Monument wild aus einer Büste der Kaiserin au« weißem Msrmoi-Sockel bestehen und von dem Bild­hauer Prof. Kopf in Rom ausgeführt werden. Es wird in der Lichterlhaler Allee, i» der Nähe des Gebäude« de« Internationalen Klubs, Aufstellung finden.

- In Reinhansen in der Oberpfalz wurde ein Individuum verhaftet, welche« dringend verdächtig ist, in Hirzau bei Deg­gendorf einen dreifachen Raubmord verübt zu haben, der feiner Zeit so großes Auf­sehen erregt hat.

Nicht weniger als rund 20,000 -.A hat der letzte große Schnecfall die Stadl Frankfurt gekostet. Trotzdem Sonne und gelinde Witterung ihr Teil zu dem Ver­schwinden de« SchneeS beitrugen, waren e« doch noch 6900 Wagen voll Schnee, die teil­weise den Schachten, teilweise dem Main zum Wegschwimmen übergeben wurden.

Berlin, 1. März. Dem Rkichsanzeiger zufolge gingen dem Kaiser anläßlich der jüng­sten Straßenkrawalle mehrfache Kundgebungen ans Arbeiterkreisen zu worin Bedauern über jene Vorkommnisse, treueste Anhänglichkeit, unerschütterliches Vertrauen ausgedrückt wird. Namentlich habe der Ausritt des Kaisers am Nachmittag de« 26. Febr. inmitten der wildbcwegten Menschenmenge, welcher auf die letztere tiefen Eindruck machte, zu den Eingaben veranlaßt, worin jene Gefühle ihren karakicristischen Ausdruck finden.

Bei jedem Thaler, welchen man in die Hand bekommt soll mau nie versäumen, nachzusehen, ob er au« dem Jahr 1861 stammt und das Dildni« König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen trägt. Da König Friedrich Wilhelm IV, am 2. Januar starb, sind natürlich nur wenige Thaler aus diesem Jahre im Umläufe und werden heute von Numismatiker» bereits von 3050 ^ be­zahlt. So hat z. B. ein Herr in Schopf- Heim schon 2 dieser seltenen Geldstücke ge­funden und jede« um ca. 40 verkauft. DirKrruzzriturltz" meldet au« Til­

sit, da« 7. russische Dragonerregiment, da« bisher in Rossieny, 5 Meilen von der Grenze, stationiert war, wurde nach Jurburg, 1 Meile von der Grenze, vorgeschoben.

Nachgemachte Frauenzimmer. Welche Sumpfpflanzen in der Großstadtluft gedeihen, zeigt eine Dubstahlsankiage, die am Mitt­woch vor dem Berliner Schöffengericht gegen einen Schneider gesellen Namens Julius Schulz verhandelt wurde. Der Angeklagte, ein Mensch mit ganz weibischen Gestchtszügen und Körperbewegungen, ist schon ein Halde« Dutzend Mal mit Haftstrafe von mehreren Wochen belegt worden, weil er in Darnen- kleidern Straßen durchstreifte und groben Unfug verübte. Jetzt stand er unter der Anklage, einen Damen-Nadmantel, einen Da­menhut und eine Damen-Perrücke gestohlen zu haben, welche Eigentum eine« Tascldecker« waren. Dieser, sowie die übrigen drei ver­nommenen Zeugen gehörten nun aber, wie die Verhandlung ergab, sämtlich zu derselben Sorte von jungen Männern, welche sich in Damenkleidern de« Abend« in den Straß,n Berlins umhertrnben- Der Angeklagte, so­wie die Zeugen machten kein Hehl aus ihrer Vorliebe für die weibliche Tracht, und der Angeklagte verkündete mit einem gewissen Stolz, daß er in seinen Kreisen alsJ»l- chen" weil hekanut sei, während die Belast­ungszeugen die EhrennamenSchlamassel- Jette",Tiger-Dame" undPlansch-Gustc" führen. Interessant ist es, daß der Ange­klagte behauptete, die von ihm angeblich ge­stohlenen Damensachm seien ihm zur Be­nutzung bei dem großen Ball geliehen wor­den, welchen die Herren undDamen" die­ser Art alljährlich «bzuhaltcn pflegen. Be­huf« weiterer Aufklärung mußte die Ver­handlung vertagt werden.

Fabrikbesitzer Röder, Mitinhaber der Berlin-Aachener Spiegel Manufaktur, war im Keller seine« Fabrikgebäude«, Hochstraße 28 in Berlin, allein mit Zubereitung einer »l« Geschäftsgeheimnis behandelten Mischung beschäftigt. Dabei entstand au« unaufge­klärter Ursache Feuer, welchem Röder znm Opfer fiel. Die herbeigeeilte Feuerwehr konnte ihn nur in stark verbranntem Zu­stande als Leiche hervorholcn.

Der Kaiser von Rußland verlieh dem bekannten Mossagearzte vr. Mezger für dessen erfolgreiche Bemühungen um dir Ge­sundheit der Zarin den SlaniSlausorden mit Brillanten. Während de« 3wöchigen Auf­enthalte« Mezger« in Petersburg war die Straße, in welcher er im Hotel d'Europc wohnte, fortwährend mit Wagen von Leid­enden dicht besetzt, die den berühmten Arzt zu Rate zögen.

Ein Namenloser. Man berichtet«»« Eger : Ein unbekannter junger Mann wurde unlängst in Haid (Bezirk Tachau) alt unter- standsto« oufgegiisten und von da dem hies. Kreitgerichtc eingeliefcrt, welches ihn wieder­um am 23. v. M. der hiervrligen politischen Behörde überstellte. Der junge Mensch ver­weigert jedwede Auskunft über seine Person. Vor dem Untersuchungsrichter de« KreiSge- richtes nannte er sich Karl Heimann und gab vor, nach Schwagers, Bezirk Bruck an der Leitha, zuständig zu sein, was sich jedoch als unwahr erwies. Nach eindringlicher Er­mahnung, er möge »och wahrheitsgetreue An­gaben machen, erklärte er, daß er bis zum zweiten Semester de« vorigen Jahre« die 5. TymnsstaMasse hrsucht habe und im Juni

wegen Beleidigung eine« Professors aus sämt­lichen Gymnasien Oesterreichs ausgeschlossen worden sei und seither bestimmungslos hcr- umvagiere. Aus Rücksicht auf seine Ettern, zu denen er nach dem Vorgefallenen nicht mehr zurückkchren könne, müsse er, selbst auf eie Gefahr hin, längere Zeit inhaftiert zu bleiben, jede Auskunft über seine Abstamm­ung und Hcimatsverhältnissc verweigern. Der Jüngling ist anscheinend 17 bis 18 Jahre alt (nach eigener Angabe 1872 geboren.) Bei der Bezirkshauptmannschaft gab er an, daß er nur noch den Vater besitze und sonst Niemand mehr, daß er Wien sehr gut kenne, auf keinen Fall jedoch dahin zurückkehrcn wolle und daß er dort, wo er sich zuletzt als Student aufgehalten, auch zuständig sei. Vorläufig befindet sich der rälselhaste Mensch in Gewahrsam der Stadt- gemeinde Eger.

Wien, 1. März. Die Steyrer Waffen- fabrik hat, wie dieLinzer Tagespost" meldet, einen Vertrag mit Bulgarien abgeschlossen, wonach sie 50 000 Mannlicher-Gewehre u. 6000 Karabiner mit kürzester Lieferungsfrist herzustcllcn hat.

Ein Schwindler als Erfinder. Daß nicht nur Not, sondern auch Gefängnis­hast erfinderisch machen könne, zeigt Farkas, derHeld" des seinerzeit vielbesprochenen Temcsvarer Lottoprozesses. Er ist im Ge­fängnis von Szegedin zum Erfinder gewor­den ; vor kurzem hat er einen Zündhölzchen- bchätter konstruiert, der beim Druck auf eine Feder daS brennende Zündhölzchen darbietet. Dieser Tage nun ist ihm wieder etwa« ge­glückt; er ersann wohl zum Beweise, daß er die Leute nicht dlo« über den Löffel zu barbieren verstehe ein hölzernes Rasir- messer, das durch Schrauben mit einer Holz- konstruktion in Verbindung steht. Farkas soll mit diesem Unstrument die gesamten Sträflinge innerhalb einer Stunde rasirt ha­ben. Ein Barbier hat ihm angeblich bereit« 8000 Gulden für Ueberlassung seiner Er­findung angeboten.

Meldung aus Saint Jean in Neu­fundland : Von 200 durch Schneesturm überraschten Robbenfischern sind 150 nicht znrückgekehrt. Man befürchtet, daß sie durch heftige Kälte nmgekommen seien. Fest steht, daß 13 Personen erfroren sind.

(Eine verheerende Feuersbrunstj wüdete am 28. Febr. in Brooklyn beiNew- york. DaS Feuer brach in einem großen Herren-Garderobe-Magazine aus und ergriff die benachbarten Gebäude. Vier davon sind niedergebrannt, andere sind beschädigt. Ein 196 Fuß hoher Glockenturm geriet in Brand, stürzte ein und zerstörte den anstoßenden Viadukt der Hochbahn. Der G-'sammlschaden beträgt eine Million Dollars. Durch den Mauersturz wurden zwei Personen geiödtet, sechs verletzt.

Hiesiges.

Wilddad, 3. März. Im Monat Januar und Februar wurden im hiesigen Schlacht­haus? geschlachtet: 15 Ockfen, 8 Kühe, 82 Kälber, 101 Schweine, 22 Schaafe. Zu­sammen 228 Stück.

Don Auswärts eingebrachleS Fleisch 2719 Pfund.

Schlachthausverwaltung:

Vorstand F. Weber.