Rundschau.

Das Gebnrisfesi unseres neuen Königs Wilhelm wurde im ganzen Schwabenlonde sefitich begangen, vor allem in der Residenz-- stadk selbst, und unterschied sich von den Geburtstagsfeiern unseres hochselige,, König­in keiner Weife.

Seine Majestät der König hat den kommandirenden General des württ. Armee­korps, Generallieulenant v. Woelkern zum General der Infanterie befördert.

Stuttgart, 29. Febr. Unterm 28. dS. Mts. wurde v. Gleich, Generallieutenant und Kommandant von Stuttgart, in Genehmig­ung seines Abschiedsgesuchs der Abschied mit Pension bewilligt.

Die Aufstellung de« Stadt- und Badearztes Or. woä, Schloßberger in Lieben- zctl zum DistritlSarzt für die Gemeinden Beinlerg, Bieselsberg, Kapfenhardt, Maisen­bach mit Zainen, Oberlengenhardt, O-A. Neuenbürg, ist bestäiigt worden.

Am Samstag vormiitagS 11 Uhr hat sich ein gut gekl. Mann im Alter v. et­wa 30 Iah. im Kursaalwäldch. bei Cannstatt mittelst eines R'volverschusseS in den Kopf entleibt. Die Brieftasche, in der sich mehrere 100^. Scheine befanden, trägt den Namen eines H rrn aus Breslau.

Stuttgart, 17. Febr. Vor einiger Zeit bemerkte man auf dem Güterbahnhof bei dem Kornmann'schen Bureau nächtlicher Weile ein verdächtiges Geräusch wie Von einer Säge hcrrührend, sa daß der Nächtwächter glaubte, es finde eine Exlrauntcrsuchung des Kaffcn- schrankes statt. Die schnell zusammenge­trommelte Mannschaft rückte mit Waffen u. Todesmut vor. Es ist nicht- zu finden. Erneutes Sägen I Endlich entdeckte man die Ursache. Das offengebliebene Fenster hatte gesägt!

Heilbronn, 26. Febr. Die Suspendier­ung des Oberbürgermeisters Hcgelmaier vom Amt ist nunmehr eingetreten. Während er heute vormittag noch mit Ruhe einer Gc- meinderatssitzung präsidierte, wurde ihm heute mittag 2 Uhr auf dem Oberamt der Erlaß der Kreisregierung mitgeteilt. Derselbe lautet seinem Hauptinhalt nach: In Angelegenhei­ten des Oberbürgermeisters Hcgelmaier in Heilbronn hat die K. Kreisregierung für den Neckarkreis in ihrer Plenarsitzung vom 9. Februar beschlossen: 1) gegen den Ober­bürgermeister Hegelmaier in Heilbronn die Einleitung des förmlichen Disziplinarver­fahrens auf Dienstentlassung wegen Unbrauch­barkeit und Dienstverfchlungen auf Grund der Gemeinde-Novelle vom 21. Mai 1891 (Neg.-Blati S. 103) Art. 56 und 57, Ziff. 2, Art. 61, 63 und 64, Abs. 1 Ziff. 1, sowie ^2) dessen Suspension vom Amt mit hälftigem Gehaltsabzug nach Maßgabe des angeführten Gesetzes An. 56, 67 und 68, sowie des Staatsbeamtengesetzes vom 28. Juni 1876 (Reg.-Bi. S. 211) Art. 110 und 111 zu verfügen. Das K. Ober­amt erhält den Auftrag, sofort dem Ober­bürgermeister H.-gelmaier und dem Gemein­derat Heilbronu hievon Eröffnung zu machen und alles weitere, insbesondere wegen Auf stellung eines Amlsverwesers, zu besorgen. Heule nachmittag 4 Uhr wurde sodann in einer einbcrufenen Sitzung dem Gemeinde­rat von dem Oberamtsverweser Amtmann Chrislmaiin der Erlaß der K. Kreisregier­ung mitgeteilt. Die Stellvertretungsfrage betreffend, wurde beschlossen, den Vorsitz im

Kollegium dem Gcmeinderat Kieß und die Stellvertretung beim Siadtschuftheißenamt dem Gemkindcrat Kommerzienrat Hauck zu über­tragen. Den Vorsitz im Gemeindcgerichl wird Gemeinderat Rechtsanwalt Rosengart führen, das Rekognilionsgcschäft beim Pfand- wesen derselbe, sowie ein mit dem Pfsnd- wesen vertrauter Beamter besorgen. Die heute abend hier noch durch Extrablatt ver­breitete Nachricht konnte nicht mehr über­raschen, nachdem der Ausspruch der Kreis- regierung seit mehr als acht Tagen durch die öffentlichen Blätter gegangen. Das vor­zeitige Bekannlwerdcn der Suspendierung hat übrigens eine für Hegelmaier nicht ungün­stige Wirkung gehabt, insofern die Stimm­ung, wenn auch nicht ganz zu dessen Gun­sten, so doch in eine bedeutend mildere Ton­art umschlng. Damit ist nun der Anfang vom Ende einer nicht bloS Heilbronn, son­dern ganz Württemberg berührenden Frage eingetreten. Warten wir noch den Schluß ab!

Nagold, 28. F br. Die Aliensteiger, welche gestern die elektrische Ausstellung in der L-gionSkuserne in Stuttgart besuchten, kamen etwas früh nach Hause. Als sie nachts '<-12 Uhr hier onkamen, wurde die Allensteig.r Lokomotivekrank" gemeldet. Bis eine andere, frisch geheizte Maschine ans Altensteig dawar, war eS morgens '/,2 Uhr geworden. Erst um '/»3 Uhr befanden sich dann die Bürger unserer Nachbarstadt in den Armen des Morpheus. Morgen kehren die Seminaristen aus derInfluenza-Vakanz" zurück.

An- München 27. Februar, wird geschrieben: Einem Kleinbauern in Unter- ncukirchen (Oberbayern) wurden in ver­gangener Woche innerhalb 5 Tagen nachein­ander 6 Kinder durch den Wirkengcl Diph­therie entrissen, während die zurzeit noch le­benden andern drei Kinder hoffnungslos dar- niederliegen.

Berlin, 26. Febr. Nach authentischen Feststellungen sind bei den Vorgängen in gestriger Nacht, außer bei Bäckern und Metz­gern, auch bei Uhrmachern die Schaufenster zertrümmert und die ausgestellten Gegen­stände entwendet worden. 41 Personen wurden Wert, 22 in Haft behalten.

Berlin, 27. Febr. Eine größere Masse Gesindels hatte sich auf dem Platz vor dem Denkmal gegenüber dem Mittelportal des Schlosses festgesetzt. Die Polizei ließ sie trotz deS hie und da angestimmten GejohleS eine Zen lang ungeschoren, mußte aber schließ­lich doch geschloffen vorrücken und den Platz fegen. Der Jahnhagel empfing die anrück­enden Mannschaften mit Verhöhnungen und Gebrüll, nahm aber Reißaus, al« die Polizei fest Zugriff. Das sozialdem. Blatt derVor­wärts" erläßt eine dringende Aufforderung an die Arbeiter Berlins und spez. an die Parteigenossin, ihren ganzen Einfluß dahin aufzubteten, daß jeder Arbeiter diesen An­sammlungen scrnbleibe, da solche nicht die Mittet seien, durch welche der allgemein herr­schenden Notlage Abhilfe geschaffen werden könne. Dieser Aufruf dürfte vielleicht auch von den rabiateren der Genossen im eigenen Interesse beherzigt werden. Sehr erschwert wird die Arbeit der Polizei durch die auch aus anderen Gründen bedauerliche Neugierde des gaffenden Publikums, welche« gleichz itig von den wirklichen Ruhestörern im Falle eine« Zusammenstöße» in geschickter Weise al»

Deckung benutzt wird. Berechtigte Aner­kennung findet daS kühle, gemessene Verhalten der Schutzleute, welche durchaus geräuschlos arbcften, sodaß trotz der ganzen Lage von einer Belästigung deS Publikums gar keine Rebe ist, obgleich sich unler den gegebenen Umständen im anderen Fall kein Mensch darüber beklagen könnte.

Wien, 24. Febr. Der Bürgermeister verteille 6000 Gulden unler die Arbeitslosen, an die auch gestern Brol verteil! wurde. Tausende mußlcn ohne Brol abziehcn, wobei die Polizei die Ordnung aufrecht erhielt. Ein Ausruf der Sozialdemokratischen Partei bittet um Brol und Arbeit für die Hung­ernden.

Wien, 29. Februar. Erzherzog Alb: recht (bekanntlich der Schwiegervater des Herzogs Philipp von Württemberg) reist am 8. März von Arco zu mehnägigcm Besuch «ach Stuttgart ab. Infolge mißralencr Kartoffelernte brach im Nordwesten Ungarns eine törmtiche Hungersnot aus. Zahlreiche Personen durchziehen bettelnd das Land.

Die älteste Frau Wien«, die 117jähr. Ww Margaretha Gredschik, ist am 3. Februar gestorben. Bis vor wenig I. noch hat sie sich ihren bescheidenen Unter­halt durch Waschen verdient; als dies wegen zunehmender Körperschwäche nicht mehr an­ging, sorgten wohlthätlgc Menschen für die Greisin, welche bis zu ihrem Tod eine staunenswerte geistige Frische behielt.

Frau Betty Stuckart aus Wien, die seiner Zeit in Spao als Schönheit prämiert wurde und danach in aller Welt sich präsen­tierte, hat sich als Löwenbändigerin ausge­bildet und wirb im März ihre ersteTournöe" beginnen.

Hundert Jahre alt und noch im Dienst. Wohl der älteste noch in aktivem Dienst stehende Beamte ist der Gefangcnauf- scher Müller in Wittlich, der am 20. seinen hundertsten Geburt-lag feiert. Seine jetzige Stelle bekleidet er seit dem Jahre 1823. Herr Müller ist, wie dieMagd. Ztg." schreibt, noch sehr rüstig, vollzieht seine Un­terschriften ohne Brille und läßt sich täglich sein Pfeifchen vortrefflich schmecken.

Brandenburg a. H-, 12. Febr. Zur Empfehlung seines Omnibus publiziert hier ein Fuhrmann Folgendes:Da meine Kon­kurrenz jetzt billiger fährt, zeige an, daß ich jetzt auch billiger fahre. Außerdem erhält jeder Fahrgast ein Glas Punsch und einen Pfannkuchen gratis."

Lissabon, 29. Februar. Ein furchtbarer Sturm, der am Samstag wütcle, richtete un­geheuren Schaden an der ganzen Küste bei Lissabon und Oporto an; 6 Segelschiffe, zahlreiche Barken sind untergegangen, über 200 Personen ertrunken.

Entsetzliche Schisfskatastrophe. Aus Shanghai wird gemeldet: Mil dem am 8. Januar in der Nähe von Swatau unter- gegangcncn DampferNamchow" sind 500 Menschen ertrunken. Der Dampfer hatte Honkong am Nachmittag deS 7. für Swatau verlassen; kurz nach Mitternacht bekam das Schiff in der Nähe de- Maschinenraums ein Leck, die Pumpen wurden sofort in Beweg­ung gesetzt, doch versagten sie gegen 4 Uhr- Morgens, worauf man Segel setzte und den Kurs auf das Land zu nahm. Doch füllte sich da« Schiff reißend schnell; 5 bi« 6 Boote wurden heruntergclassen, in diese stürz­ten sich die chinesischen Passagiere, von denen