Als am vorigen Sonntag in Merse­burg eine Anzahl Kinder auf dem schwachen Eise de« Gdtthardteiches sich belustigte, brach da« Ei« unter der Last und mehrere Kinder versanken in den Fluten. Drei Söhne eines Arbeiter« ertranken. Die übrigen wurden gerettet.

Selbstmord im Schwurgerichtssaale. Au- Naumburg wird von einem erschüttern­den Ereigni« im Gerichtssaal Mitteilung ge­macht. Vor dem Schwurgericht stand der Lederhändler Eugen Rißmann aus Weißen­fel«, welcher, nachdem er im November 1889 Kontur« gemacht, alsdann eine Vorunter­suchung wegen betrügerischen Bankerott s ein­geleitet und »er Angeklagte nach achtmonat­licher Untersuchungshaft entlassen war, nun­mehr seinem Richterspruche cntgegensah. Die Geschworenen bejahten die Schuldfrckge wegen betrügerischen Bankerott« unter Versagung der mildernden Umstände. Der Staatsan­walt beantragte 5 Jahre Zuchthaus. Als sich in diesem Augenblick der dicht vor dem Angeklagten sitzende Verteidiger erhob, um an den Gerichtshof einige Worte zur Milder­ung der Strafe zu richten, wurde er durch eine heftige Bewegung Rißmanns gestört.

Dieser halte ein bi« dahin verborgen gehal­tenes Dolchmesser herausgezogen und sich die­se- in vier blitzschnellen Stößen nahe dem Herzen in die Brust gerannt. LantloS brach er zusammen und das hervorquellende Blut färbte die Anklagebank. Da nur noch die Verkündigung des Strafmaßes übrig blieb und die große Lebensgefahr nicht ersichtlich war, wurde, wie sich später zeigte, einem Sterbenden da« Urteil von 2 Jahren ge­sprochen. Nachdem sich der in Dämmerung gesunkene Schwurgerichtssaal geleert hatte und der kaum noch leise Atmende auf die Anklagebank gelegt und entkleidet war, konnte der herbeigerufene Arzt nur noch geringe Hoffnung geben. Der verurteilte verschied auf dem Wege nach dem Krankenhause. Er hinterläßt «ne Frau und drei Kinder in bit­terer Armut.

In Chiasso sind der Eilgutsschuppen der Gotlhardbahn, die Bureaux der Güter- cxpediiion und de« Zollamtes abgebrannt; der Schaden beträgt gegen Million.

In TexaS-Zana wurde von einer Volksmenge ein Neger lebendig verbrannt, weil derselbe eine weiße Frau verletzt hatte. Die Tausende, welche den Scheiterhaufen um­

ringten, machten die Intervention der Be­hörden und der Polizei unmöglich.

Aus Paris, 22. Febr., liegt folgende Meldung vor: Die Seine steigt seit zwei Tagen bedeutend und ein Teil der Umgeb­ung von Paris ist überschwemmt; die Schiff­fahrt ist unterbrochen.

London, 25. Febr. In Check Heaton stürzte eine Esse in einer Fabrik ein und begrub die Arbeiter, meist Frauen, unter den Trümmern. Fünfzehn Personen sind tot, wovon sieben noch unter den Trümmern liegen.

(Landstreichermonolog.) Da sagt man immer, mit'n Hut in der Hand, kommt man durch's ganze Land, ich geh' mit'n Hut in der Hand, komm in's zweite, dritte Dorf und schon führt mich« Gendarm z'rück.

.. Der Dichter Crebillon ward gefragt, warum er immer eine Menge von Hunden um sich hätte?Weil ich die Menschen kenne," antwortete er.

.-. (Treffende Antwort.) Examinator: Was stellen Sic sich unter einer Ketten­brücke vor ?" Examinand :Wasser l"

Wicht um Ootö.

Eine Geschichte aus unser« Tagen von Coustanee Baronesse von Gaudy.

(Nachdruck verboten.)

1 .

Eine viel beschäftigte Fabrikstadt mit ihren gewaltigen Gegensätzen von Reich und Arm, Vornehm und Gering ist der erste Schau­platz unterer Getchtchle. Rauchende, qual­mende Schornsteine von fast schwindelnder Höhe erblickt man in dieser Stadt. Wohin auch da« Auge suchend fällt, aber dann und wann sieht man inmitten der kahlen, nüch­ternen Mauern der Fabrikgebäude die Villa eine« reichen Fabrikanten, der sich nicht von der Stätte, wo er Millionen verdiente und wo noch Hunderte von Menschen für ihn ar­beiten, trennen will. Freilich in solchen Villen, inmitten de« RußeS und täglich von früh bi« spät niederriesctndcn Kohlenstaubes, können Blumen und Bäume, diese Kinder der Luft, des Licht» nur schwer gedeihen, und die Gärten dieser Villen sehen trotz eifriger Pflege der Gärtner meist grau und bestaubt aus, wie ein Arbeitstag in den heißen Fabriken selbst.

Ein wenig zurückgebant von der lärmen­den Straße, von einigen Akazien, deren Blüten sich trotz der Schwere der Atmo­sphäre in'S Leben gewagt, freundlich beschat­tet, erblickte man den großen Balkon einer solchen Villa, die sich durch Reichlum in ihrem Bau und behagliche Raumverschwend- ung günstig von ihren Nachbarvillen abhob. Zwei junge muntere Mädchen, welche auf dem Balkon der schönsten Villa saßen, plau­derten mit erstaunlicher Zungenfertigkeit von dem gestrigen Piknik im nahen Eichenwald, eine dritte junge Dame, offenbar einige Jahre älter als die beiden anderen, saß abseiis von ihren Schwestern, ohne an dem lustigen Ge­schwätz teilzunchmen.

Nun, Jutta", rief Rosa, die jüngste Schwester, mit hochmodernem Tituskcpf und einem kecken Stumpfnäschen,was sitzt Du so träumend da? Wo weilen Deine Ge­danken ?"

BerLntwartlicher Redsktiur: Bern

»Ach, mit dem Geliebten möchte sie in ferne Lande ziehen, fiel die zweite Schwe­ster scherzend und lachend ein, und zitierte den kleinen, bekannten VerS vom Altmeister Göthe.Doch nun," verbesserte sie sich als­bald,da« Lied von Mignon paßt ja hier gar nicht her Jutta, die Kluge, Erha­bene will nichts von einemGeliebten" wisst « ! Stolz verschmäht sie unserer jungen Herren eifrigste und ausgesuchteste Werb­ungen. Gestern bei dem Piknik war sie wieder ganz unnahbar, und Doktor Palm schleppte umsonst, wohin Jutta ging u. stand, ihr Plaid hinterher. Ihre Hoheit Prinzes­sin Julia geruhten nicht, sich darauf niedcr- zulassen, und der arme Doktor verschwendete seine zarte Aufmerksamkeit vergebens."

Hört einmal endlich auf mit Euerem faden Geschwätz," ertönte jetzte die Antwort von der andern Seite de« Tische« herüber, und mit hochaufgerichtetem Haupt und blitz­enden Augen trat Jutta Gerhard vor die kichernden Schwestern.Ist e« denn ein Wunder, daß ich an Euerem endlosen Ge­plauder über die jungen Herren von gestern, was der eine sagte und der andere that, wie dieser hier sich bemüh» und jener dort den Hof machte, absolut kein Gefallen finde? Fühlt ihr denn gar nicht, wie öde und leer mir all' dies Treibcnzerscheint, und wie man gar keiner besonderen Menschenkenntnis be­darf, um deutlich zu sehen, daß dies Laust» und Jagen um die Gunst gewisser junger Damen seitens jener Herren nur allein dem Golde gilt, welche» die Herren Väter der verehrten" jungen Damen besitzen? Das Gold nur giebt den Ausschlag bei einer Ver­lobung dieser jungen Herren, und da soll es Wert für mich haben, vb Doktor Palm oder ein Anderer mir da« Tuch nachträgt?"

Aber mein Himmel, Jutta I Was willst Du nur mit diesen patetifchen Auslassungen über »ie angebliche verderbte moderne Herren­welt bezwecken ?" fiel voller Erstaunen Emmy, die ältere ihrer Schwestern in die Rede. Wo ist denn das Verbrechen, da« Dich so moralisch empört, zu finden, wenn unsre verwöhnten jungen Herren sich lieber um die

hard Hss« ann.) Druck un- Verlag von B e

Hand von reichen Mädchen bemühen, als daß sie arme heiraten? Von Blumrnduft undschönen Phrasen" läßt sich nicht leben, und Geld ist der nsrvns rsrum im Men­schenleben, sagt Papa," fetzte sie altklug hin­zu.Also spare Dir künftig Dein Pathos, Du Hohe, Edle, Kühle I Nicht wahr, Rose, uns Beide soll's wenig grämen, wenn man uns wirklich nur als Zugabe zu Pa­pas Geld ansicht. Lieber einen Mann, der zu rechnen versteht, als gar keinen. Huh, wie gräßlich ist für jedes junge Mädchen der Gedanke sitzen zu bleiben I" schloß Em- my's kleiner Plappermund mit komischem Entsetzen.

Und ich sage Euch, Rose und Emmy, tausendmal lieber bleibe ich doch sitzen," rief nun Jutta in seltner Erregung,alk daß ich bei einer Verheiratung genau weiß, daß ich nicht« um meinetwillen gelte, und daß man mich nur wegen der reichen Mitgift heiratet. Die Herren laxieren nur Papas große« Vermöge» und glänzende Einnahme», vergleichen ihn wohl mit andern Fabrikbe­sitzern und geruhen dann ihre Huldigungen dahin zu richten, wo die Schale mit den Goldsäcken sich am tiefsten neigt. Pfui, die Schmach I"

Thränen traten bei diesen Wvrten in die großen, dunkle Augen Juttas und ihre ganze, schlanke Gestalt erbebte, doch schnell wieder sich beherrschend schloß sic:Doch wozu soll ich mit Euch über diefes heikele Thema strei­ten ? Mein Traum, mein liesstes Sehnen ist eine Liebe, von der ihr nichts ahnt, die mein eigen fein müßte, ganz, ganz frei von zwing­enden, erbärmlichen Rückfichien auf schnöde« Gcld I" Und an den in sprachlosem Stau­nen ihr nachblickenden Schwestern rasch vor- nberschreitend eilte Jutta hochklopfenden Her­zens vom Balkon.

(Fortsetzung folgt.)

Merk's.

Koketterie ist die Eigenschaft, die allen schönen Frauen von ihren Geschlechtsgenvs- stanen vorgeworfen Wird.

rnharh Hosman» m Mlbbad.