Rundschau.

Stuttgart, II. Februar. Bezüglich der Platzfrage für den Ralhausneubau erklärte der König einer Abordnung gegenüber, daß die Entscheidung in erster Linie der Bürger­schaft liege »nd er nicht in den Vordergrund treten wolle. Der König zeigte sich dem Marktplatz-Projekt günstig; an diesem sei ihm namentlich die Wahrung der historischen Euniicrung chmpuhisch, auch widme er der mit diesem Profiki zusammenhängenden Sa­nierung der Alistadt sein Interesse.

Stuttgart, 16. Februar. Daß blinder Eifer nur Schien bringt, dat mußte der verheiratne Schmidmeister Gottl. Friedrich Münz:-maicr von Ober Eßlingen zu seinem eigene- N-chttile erfahren. Er war über den L. -utlhcißen seines Orte« ei»es Grund­stücks, >.!S wegen sehr ausgebracht und begab sich mit einem schweren Schmiedham­mer bewaffne! auf das NalhauS, um dem Ortsvorsteher erregten Tones Vorhaltungen zu machen. Letzterer gab Befehl, «egen un­gebührlichen Benehmens den Angeklagten 24 Stunden einzusperren, worauf dieser mit er­hobenem Hammer auf den in ein Neben­zimmer sich retirierenden Otlsvsrstchcr ein­drang, ohne ihn indessen zu erreichen- Mün­zenmaier, welchen Rechtsanwalt Payer ver­teidigte, wurde heute von der Strafkammer deS hiesigen Landgerichts zu der Gefängnis­strafe von 6 Monaten verurteilt uud sofort in Haft genommen.

Ludwigsburg, 17. Fkb. Der gegen 5 Uhr abends hier ankommendc Stuttgarter Güterzug entgleiste bei seiner Einfahrt in den hiesigen Bahnhof, wohl infolge der wegen bedeutenden Schneefall« nicht mehr richtig funktionierenden Zcntralwciche; 4Güterwagen wurden suS dem Geleise gehoben Irgend Welcher Unfall des Begleitpersonals kam da­bei glücklicherweise nicht vor; auch scheint der Schaden an Material nicht beträchtlich zu fein. Vorläufig sind beide Geleise noch ge­sperrt, so daß die Rufenden etwa 5 Min. vom Bahnhof entfernt umfingen müssen.

Heilbronn, 16. Fkbr. Die K. Kreis- rcgicrung hat die Suspendierung de« Ober­bürgermeister« Hegetmaier vom Amt Verfügt. Es dürfte dieser Schrill nach den erschöpfend angestelltcn Erhebungen der Vorläufer zur entgültigen AmtScntfetzung sein. Es war aber auch hohe Zeit, daß seitens der Regier­ung ein fichlbares Zeichen in dieser Ange­legenheit geschah, denn der bisherige Zustand war ein nun glücklicher. Man denke sich einen Stadtvorstand, der das Vertrauen seine« Kollegiums und damit der Bürgerschaft ver­loren : auck beim besten Willen und den be­sten Ratschläge» wird demselben mit Miß­trauen und prinzipieller Opposition begegnet werden. Daß bei einem solchen Zustand nicht« Gedeihliches entstehen kann, liegt ans der Hand. In dieser Rücksicht ist da« nun- mehnge Vorgehen der Regierung als eine Erlö >> zu betrachten.

Bir.ü'jMdl, 16. F-br. Einer weitver­zweigten ^i bsbande ist man hier auf die Spur gekommen. Dieselbe hatte sich die Läden der hiesigen Metzger zum Arbeitsfeld gewählt. Halbwüchsige Bürschchen drücklen die Fenster auf, leerten die Wurststängen und teilte» den Raub mit älteren Wachposten. Diese warnten die Einbrecher vor nahender Gefahr dadurch, daß sie ihnen zuriefen :No, hoscht du denn en Rausch ?", damit zugleich den Zweck der Fcnsterkarambslage verdeckend.

Zwei der aktiven Wurstdiebe wurden an da« Amtsgericht Backnang eingeliefert; eine grö­ßere Anzahl Hehler, die bei der Vertilgung de« Raubes aktiv waren, werden in Unter­suchung kommen. Durch den überreich­lichen Schneefall ist der Verkehr unterbro­chen ; sechsspännige Bahnschlittcn sind in voller Thängkeit.

Gerabronn, 17.Febr. Vor nicht langer Zeil ließ sich der Kleinbauer E. in Gr. F. bereden, für einen Verwandten Bürgschaft zu leisten. Der gute Freund verfiel nun dem Gante, und E., sonst ein solider, fleißi­ger und sparsamer Mann, muß jetzt für die ganze verbürgte Summe auskoimmn, und da« Gantvcrfahren wurde auch bei ihm ge­richtlich eingeleitet. Er hat sich »un aus Verzweiflung in voriger Woche flüchtig ge­macht; wohin, weiß niemand.

Freudenstadt, 17. Febr. Eine eigen- artige Jagd fand gestern früh in DieterS- weiler statt. Die Kuh eines dortigen Ein­wohner« riß beim Tränken derselben los und entsprang in den 1 Klm. entfernten Waid. Erst mit Hilfe einer Anzahl Personen gelang es nach mehreren Stunden, die Kub, nach­dem solche durch Schläge auf den Kops zu Fall gebracht war, zu fisteln und in den Stall zurückzubringen-

Ehingen, 17. Febr. Bei der am Sonn­tag den 14. d. M. abgehaltrnen Plenarver­sammlung de« landwirtschaftlichen Verein« wurde beschlossen, dieses Späljahr in der Oberamtsstsdt ein landwirtschaftliche« Fest abzuhalten; dasselbe wurde auf Donnerstag den 22. September festgesetzt. Mit demsel­ben soll eine Lotterie verbunden werden mit Ausgabe von 6000 Losen a 1

Lauchheim, 17. Fkbr. Der feit einem Jahr verheiratete, 27jährige Taglöhner Jo­seph Schneider von hier verunglückte heute morgen beim Fällen von Baumstämmen. Er geriet so unglücklich unter eine fallende Buche, daß sein Tod sofort eintrai. Er hfttterläßt eine Witwe und ein Kind.

Am SamStag wurde der Unteroffi­zier Kober de« Dragonerregimcnt« Nr». 26 in Ulm wegen Soldatenmißhandlung zu De­gradation und 2 Monaten Militärstrafan­stalt verurteilt. Derselbe war vor einigen Wochen in angetrunkenem Zustande nachts 2 Uhr in feine Kaserne in Wiblingen ge­kommen, kommandierte eine Anzahl Rekruten aus den Betten und ließ dieselben unter Mißhandlungen u. unstätigen Reden längere Z-it im Hemd Stechschritt und andere Exer­zitien machen.

Aus der Konkursmasse des verhaf­teten Kassiers der Bank für Handel und Gewerbe, Schwarz in Blaubeuren, wurde dessen Haus und Warenlager versteigert u. für 35 000 von Kaufmann Fischer, seitherigem Buchhalter - der Leinenir.dustric Blaubeuren, gekauft.

Mannheim, 15. Februar. Die hiesige große landwirtschaftliche Maschinenfabrik von Heinrich Lanz ist teilweise abgebrannt Der Schaden beträgt etwa 300 000 ^ Viele hundert Arbeiter sind beschäftigungslos ge­worden.

Der letzte SonntagS-GotteSdienst im Dom in Berlin, bei welchem der Kaiser an­wesend war, wurde durch einen irrsinnigen Pastor gestört, der bei der Predigt ausrief: DaS tausendjährige Reich wird gekommen I Derselbe wurde auf die Polizeiwache geführt, Dcr fidele Herr Pastor. ZmJn-

telligcnzblatt" von Frankfurt a. d. O. ist folgengc Nachricht zu lesen: Am Dienstag wurde Herr Pastor Schulz in Gasten auf Grund einer von ihm selbst beim Herrn Superintendent und beim Koststorium ein- gereichtcn Denunziation Vom Amte suspen­diert. Der allgemein beliebte Herr, welcher auf eine 27jährige makellose Amlsihätigkeit zurückblick!, hatte sich in einem Moment außer­gewöhnlicher Gemütsstimmung zu einer Hand­lung hinreißcn lasten, die bei Anderen höch­stens irouisch kritisiert, bei Lebemännern wohl gar herzlich belacht, aber für einen Mann seines Standes als unangemessen erachtet wird.

Aus Metz, 16. Febr., wird der Fr. Ztg. geschrieben; Ein höchst trauriger Un­glückefall ereignete sich heute morgen in dcr Kaiser Wilhelm-Kaserne. Eine Rekrutenab- teilung des 130 Regiments hatte in einem Zimmer der Kaserne allerlei Exerzierübungen unter der Leitung des Sergeanten Jäntzsch vorzunehmen. Ein Rekrut Namens Müngers­dorf lud auf einen Beseht sein Gewehr un­vorsichtigerweise statt mit Exerzierpalronen m>t scharfen Patronen, von welchen er ein Paket bei sich führte. Der Sergeant, wel­cher die Verwechslung ebenfalls nicht bemerkt hatte, ließ den Rekruten auf fein rechttS Auge zielen. Der Schuß krachte und der Sergeant lag leblos in seinem Blute. Der Rekrut wurde sofort verhaftet.

Ans dcr Schweiz: In Davos liegt der Schnee 7 bis 10 Fuß hoch. Der An­blick der Landschaft ist großartig ; alles liegt unter der großen weißen Decke, so daß vom Tannenwald nur wenige dunkle Stellen ». von den Gebäude» nur die oberen Stock­werke sichtbar sind. An der Schmalspur­bahn Landquart-DavoS sind zur Zeit, nach demFreien Rhätier", etwa 250 Arbeiter mit dem Wegräumen des stellenweise bi« 3 Meter hohen Schnees beschäftigt, lieber La­winen wird vielfach berichtet. Eine solche ist im Urscren Thal gefalle» ; sie hat in Ander- matt einige Hütten bedeckt und 5 Männer weggecisten. Indessen konnten, da fofott Hilfe zur Stelle war, zwei dieser Unglück­lichen noch gerettet werden. Die 3 waren Tod. Elwa 20 Schafe sind bei diesem An­laß noch umgekommen. Am 8. Februar ge­rieten bei Zumdorf (Uri) fünf Männer in eine Lavine; zwei davon konnten gerettet werden. Die gleiche Lavine drückte zwei Ställe ein »nd tötete 20 Schafe. Auch im HaSlethal (Berner Oberland) fiel außerord­entlich viel Schnee. Den Italienern, die diesen Winter in der hochgelegenen Handeck an dcr Gcimselstrsße arbeiten, ging dabei lautOberl. VolkSbl.* der Proviant aus. Letzte» Sonntag trieb dcr Hunger 7 Mann nach Gutiannen; sie kamen aber nur bis zum Breitcnwald, dreiv-ertel Stunden unter­halb Handeck. Tort blieben sie ohne Nahr­ung in einer alten Sennhütte bis Montag. Einige davon kamen am Montag bei großer Lavinengefahr nach Guttannen, die anderen zogen es vor, zu ihren Gefährte» »ach dcr Handeck zurückzukehren. Bis am Dienstag abends ist keine andere Mannschaft angc- kommen. Große Lavincn gehen auf beiden Seiten nieder; e« ist unmöglich, Privant u. Hilfe zu bringen.

Nach einer Meldung au« Palmnicktll sind die Leichen der 6 Bergleute, die bei der kürzlich über die dortigen Bernstcingruben hereingebroHenen Katastrophe umgekomazktl