Vermischter.
— Der verschwundene Bräutigam. Am Dienstag, den 9. Februar sollte tu Berlin vor dem Standesamt die Trauung eines jungen Paare«, eines Korbmacher« L. mit einer Putzmacherin, stattfinden. Die beiden Leute waren bis spät abends vor dem Hochzeitstage zusammengewescn und hatten sich in voller Harmonie getrennt; vergebens erwarteten jedoch die Brauteltern am nächsten Morgen die Ankunft de« Bräutigam«. Schließlich begab sich der Brautvater mit einigen Freunden nach der Wohnung seines künftigen Schwiegersohnes, allein auch dort war der Herr Bräutigam nicht zu finden — er schien spurlos verschwunden zu sein. Nach langem Nachforschen erst sollte Licht in die dunkle Angelegenheit kommen. Ein Hausbewohner erzählte nämlich, daß der Herr Bräutigam schon am frühen Morgen abgeholt und nach Plützensec überführt worden sei, um eine ihm wegen nächtlicher Ruhestörung und Widerstand« gegen die Staatsgewalt zucrkannte zweiwöchcntlichc Haft, welche gerade am HochzeilSmorgen rechtskräftig geworden war, abzubüßen. Im Drange der Hochzeitsvorbereitungen halte er die unange-
Greue Liebe.
Original-Novelle von C. C. Burg.
Nachdruck verboten.
13.
Alexander von Klinger antwortete nicht« darauf, er verschlang aber Hildas Gestalt mit glühenden Blicken und brachte dann nur mühsam mit Ruhe die Worte hervor:
„Die schönste unter diesen Blumen sind Sie selbst, Hilda; zwar eine verbrauchte Redentart, aber der Ausdruck eines tief innersten Empfinden» I"
Sie erschrak über die Worte und den seltsamen Ton derselben, der eine große Bewegung in Klinger« Innern »erriet u. sagte unwillkürlich fragend:
„Wa< sagen Sie, Herr von Klinger?"
Er war ausgesianden und seine Augen flammten in einem verzehrenden Feuer. Er kam näher und zischelte der jungen Frau zu:
„Sie erraten meine Bewegung, Hilda? O, es gab einst eine Zeit, wo ich and>re R chte an Sie zu erlangen hoff-, ms du- jcn'.gen eine« Freundes!"
Da wurde Sie bleich und cntgeguete kühl:
„Lassen wir die Erinnerungen, Herr von Klinger; heule bin ich Brunos Gattin."
„Ja," lachte er höhnisch, sich vergessend, auf, „die Gattin eine« Krüppels, eine« halben Mannes I"
„Herr von Klinger I" erwiderte »Hilda und der Ton ihrer Stimme klang so streng, ihre Miene war so abweisend, daß sie einem Andern gewiß ernüchtert hätten, aber hier bei dem leidenschaftlichen Klinger gossen Sie nur Oel ins Feuer.
„Verzeihen Sie, Hildastammelte er zunächst entschuldigend, dann aber setzte er hinzu: „jedoch mein Gefühl reißt mich hin, Sie, himmlstches Weib I"
Sie machte eine abwchrende Gcberdc, aber schon lag er vor ihren Füßen und rief lauter, als die Klugheit wohl geboten hätte:
„Ich liebe Sie, Hilda, ich liebe Sie so wahnsinnig, »aß ich nicht mehr weiß, was ich tyue l"
„Da« scheint mir so," entgegnete sie kühl
nehme Sache vergessen, im Vertrauen darauf, daß ein kürzlich eingereichtes Gnadengesuch den Aufschub de« Strafvollzüge« von selbst bewirken werde. Daher hatte er auch der nichtsahnenden Braut und seinen Schwiegereltern kein Sterbenswörtchen von der Geschichte mitgeteilt. Die Hochzeit mußte freilich um zwei Wochen verschoben werden.
— Klare Stimme zu bekommen. Ist die Stimme so stark dclclegt, daß man kaum sprechen kann, so muß man 1—2 Gramm Borax im Munde zergehen lassen; dadurch wird reichliche Speichelabsonderung hervorgerufen und die Stimme wird auch klarer. Denen, welche die Stimme anstrengen müssen, ist überhaupt zu raten, ein Glas Zuckcr- wasser mit 1,5 Gramm Salpeter oder einen Aufguß von 3 Gramm Jaborandiblättern einzunchmcn und kurz vor Gebrauch der Stimme eine Mischung von 200 Gramm Gerstedecoct, 5—10 Gramm Alaun und 20 Gramm Rosenhonig zu gebrauchen.
.'. Ein drolliges Vorkommnis passierte dieser Tage in Rathenow einem dortigen Kriegervereiu. Kamerad K. ward gestorben und sollte mit militärischen Ehren beerdigt werde». — Die Mitglieder des Krieger-
einen Schrit zurücktretend, „da« scheint wohl so, da Sie ganz vergessen, wa« Sic der Gattin Ihre- Freundes schuldig sind I"
Bruno ist mein bitterster Feind, er hat Sie m>r geraubt I"
„Diese Worte stempeln Sie zum Heuchler, Herr von Klinger I Pfui I" rief die junge Frau, hochrot vor Zorn.
„Ich bin es aus Liebe zu Ihnen, Hilda I"
„Die Ehre und d«s Pflichtgefühl hätte Sie aber dennoch davor bewahren iollen."
Herr von Kling r dlickie veizückt zu ihr auf und flüsterte:
„Haben Sie tausend Dank, Hilda, für dieses Wort. Es zeigt mir, daß Sie mich doch nicht ganz verdammen, daß Sie selbst au» Pflichtgefühl nur gegen den Schalten ihres Manne« treu sind, der Sie mir einst gestohlen ; o, PivMktheus am Fecsen k«»n unier den Bissen der wütenden Adler nicht den hundcrsten Teil dessen gelitten haben, wa« ich empfinde, wenn ich bedenke, daß Sie, mein Ideal, an ein Phantom gekettet sind, wäh- e n» ich —"
Da aber flammte e« in den Augen der Frau von Weddingen wie ein Blitz auf; zornig unterbrach sie den Redeschwall de« leidenswaftlichen Manne« und rief:
„Herr von Klinger, wa« gilbt Ihnen ein Recht darauf, mich und meinen Gatten so zu beleidigen? Ist Bruno etwa ein Schatten, ein halber Mann? Trotz seiner fehlenden Gliedmaßen, die er dem Vaterlande geopfert, ist er doch ein ganz anderer Mann, al« manche, wie Sie z. B-, diesen Namen stet« im Munde führen und in Wirklichkeit nicht« als — Phrasenhelden oder Schlimmere« sind l Hören Sie es, hören Sie e« ja recht deutlich, Herr Klinger:" — sie sprach cs unwillkürlich erhöhten Tone- — „ich liebe meinen Gatten; ich weise Ihre Liebe nicht etwa aus Pflichtgefühl ab, sonder» aus Liebe, aus reiner Zuneigung zu meinem unglücklichen Gatten, der nichts als diese Liebe besitzt. Gegen seine Redlichkeit, Gradheit und Treue, gegen die Fleckenlosigkeit seine« Charakters verschwinden alle Ihre gesellschaftlichen Talente wie Ranch, denn sie
verein» waren de<h«lb angetreten und wurden vor dem Almarsch noch dem Trauer- Hause namentlich aufgerufen, um darauf, wie üblich, mit „hier" zu antworte». Plötzlich wurde auch der Name de« verstorbenen K- gerufen. Niemand meldete sich, und cS emstand eine peinliche Pause. Endlich rief eine Stimme: „Den wollen wir ja begraben", worauf, trotz de« Ernstes der Situation, allgemeine Heiterkeit entstand.
.'. Kindermund. Haus: „Tante, fürchtest Du Dich nicht vor Gespenstern?" — Tante: „O nein, Häuschen!" — Hans: „Ich mich auch nicht. O, führe mich doch 'mal in Dein Oberstübchen ! Papa sagt, dort rappte e«, und da« möchte ich gern mal sehen!"
.'. (Weltklug.) Aennchen: „Du, Lie«- chen, kommst Du mit meinem Bruder und mit mir spielen?"
Lieschen : „Ach nein, mit Deinem Bruder nicht. Die Männer denken immer gleich, wenn man mit ihnen spielt, müssen sie un« heiraten."
(Aus der Praxis.) Richter: Den Einbruch vollführten Sic am Tage? Dieb: Ja, ich liebe das Arbeiten bei Licht nicht.
sind nur Marke, um denEgosi«mns Ihrer schwarzen Serie zu verdecken, während Bruno die personificierte Sebstlostgkeit ist. So, nun ist'« heraus! Sic werden nach dieser Er-»», klärung doch gewiß unser Haus meiden? Adieu!"
Und mit einem Schritte war sic durch die Seitcnthür verschwunden.
Eben ritt Oswald in den Hof ein.
Er fand Brunos Wagen unter dem Fieder. Bruno selbst saß wie entzückt u. straff aufrecht, Oswald sah in seinem Gesichte einen Zug von wilder Energie, wo sonst der Ausdruck de« Trübsinne« seinen Sitz aufgeschla« gen halte. In der Hand hielt Weddingen da« gekannte Doppelpistvl. Thekla lehnte bleich wie der Tod an dem Ftiederstamm.
Bestürzt schaute Oswald aus beide, aber Bruno ries:
„Oswald, Oswald, küsse sie, soviel Du willst; ich will es gern «nfehen, da ich selbst so glücklich bin I Heirate sic, heiraic sie morgen, ich gebe Dir jetzt meine Einwilligung und meine Bcihülfe zum Haushalt. Nimm st-, Junge, sic ist von guter Art. Ich sage Dir, gediegenes Gold, wie ich schon bemerkte, siebenfach geläntert I — Und da — er hielt da« Pistol in die Höhe — da« Ding ist wohl zu etwa« Besserem nütze, als Schopenhauers Pessimimus und Spinozas Zweifel mit einem Pistolenschuß zu unterzeichnen; eS kann noch dazu dienen, einen Schurken und falschen Freund zu züchtigen l Hahsha I"
Er lachte laut und krampfhaft auf, bann aber drangen krystallene Perlen, die Verräter großen Zornes, unter den dunklen Wimpern hervor und fielen auf die Wagendecke.
„Mein Gott, mein Gott, Thekla", ries Oswald bestürzt, „was ist denn eigentlich geschehen ?"
Thekla sah scheu auf und deulrte dann zum Bibliothekzimmcr empor, wo oben im Fenster das verzerrte Gesicht Alexanders von Klinger erschien. Mit einem Blicke sah er, »aß die Scene Zeugen gehabt, und blitzschnell verschwand sein Kopf.
(Schluß folg!)
Druck und Verlag von Bernhard Hoimann in Wildbao. (Verantwortlicher Redakteur Bernh. H»fm » nn.)