tragen Flagg«,iscknwck. Heute nachmittag findet große Hofiafel, abends Konzert statt. Die Abreise erfolgt morgen nachmittag.
— In Wien sind im Postamte in der Eßlinggasse 20 rekommandierte Briefe gestohlen worden, darunter 12 vom Bankhanse Adolf Weis an ein Frankfurter Bankhaus mit Wertpapiere im Betrage von 20,000 fl.
— Auf der Dux-Bodenbacher Eisenbahn stieß ein Lastzug mit einein Rangierzug zusammen; sieben Lastwagen wurden zertrümmert.
— Königin Natalie ist, wie aus Belgrad gemeldet wird, in Biarritz gefährlich an der Influenza erkrankt. Einem telegraphisch ausgesprochenen Wunsche derselben entsprechend, reiste ihre frühere Hofdame, Madame Danitsch, nach Biarritz.
— Ein schreckliches Verbrechen wird aus der Provinz Riazan (europäisches Rußland), einem der am schwersten von der Hungersnot betroffenen Gouvernements, gemeldet. Ein Priester Namens Sokateff wurde auf dem Heimwege von der Stadt Lgoff von Bauern angegriffen, die in ihm Besitz von Kirchengeldern vermuteten. Sic fielen über ihn her vnd stießen ihn auf dem Fluß Oka durch
ein in das Ei» gehauene» Loch in da-Wasser, so daß er ertrank.
— Zwischen den Stationen Jepifan und Bogordizk der DonSkoi-Rjäsan-WiaSmabahn ist ein Perfonenzug mit einem Güterzng zusammengestoßen. 3 Lokomotiven und 15 Waggons sind zertrümmert; 10 Personen bliebe» ans der Stelle tot, während viele schwer verletzt wurden.
— Eine schreckliche Situation. Ein arme«, altes Ehepaar in Pari» hatte seit zwei Tagen seine Wohnung nicht verlassen. Die- fiel den Nachbarsleuten auf und sie machten die Anzeige. Die verschlossene Wohnung wurde polizeilich -«öffnet und man fand in demselben Bette die Leiche der Frau und daneben den völlig erschöpften, halb bewußtlosen Gatten, welcher an allen Gliedern vollständig gelähmt ist. Der Arme sagte aus, daß seine Frau vor zwei Tagen gestorben sei, daß er aber, da er vollständig gelähmt, außer Stande war, daS Bett zu verlassen, und so in fchau- ervoller Lage zwei Tage neben der Leiche habe ausharrcn müssen.
— Ausrilhr im Zuchthaus. Sehr ernste Ruhestörungen find vor einigen Tagen im Zuchlhause von Oneglia am Meerbusen von
Genua vorgekommen. Die Sträflinge beklagten sich seid einiger Zeit über ungenießbare Kost und schlechte Behandlung. Da ihren Klagen kein Gehör geschenkt wurde, so kam e» zum Aufruhr. Circa 6000 Sträflinge überfielen mit ihrem Haudwerkszeuge die Wachen und schlugen sie in die Flucht. DaS Militär mußte auf die Sträflinge, welche di, innere Einrichtung demolirtcn, Feuer geben. ES sollen 4, nach anderen Nachrichten 7 Sträflinge gctödtet und etwa 15 verwundet sein.
— (Eine Wette mit tötlichem Ausgang). In Paris erschien am 24. Januar auf dem Polizeibureau ein Glasergeselle, der die Erlaubnis erbitten wollte, wegen einer Welte in einem naheliegenden Cafs fünf lebende Kaninchen ausfresse» zu dürfen. Al» die Erlaubnis auf Grund des Tierschntzgesetzes verweigert wurde, tödtete der Geselle fünf Kaninchen und fraß drei mit Haut und Haaren auf, worauf er wie vom Schlage getroffen znsammenbrach und kurze Zeft nachher starb.
— (Verwickelt.) In Kalau erhielt ein Kuli aus Kalo ein Kolli mit einem Kilo Kali.
Treue Liebe.
Original-Novelle von C. C. Burg.
Nachdruck verboten.
7.
In den nächsten Tagen überhasteten sich die Ereignisse förmlich; es kam in der Residenz zu Aufruhrscenen, und Minister Fischer wäre um ein Haar fast der VolkSwut zum Opfer gefallen. Herr von Klinger spielte jetzt Trumpf über Trumpf seiner geschickt gemischten Karten aus, und hochauf flammte in der Residenz die Fackel der Empörung. Aber nun ließ auch der Minister Fischer alle Rücksichten fallen. Um des Staate» Existenz kämpfend, riet er dein Fürsten, jede Nachgiebigkeit, die als Schwäche «uSgelegt werden würde, zu unterlassen und sich vom Nachbarstaate Militär zur Herstellung der Ordnung zu erbitten.
Der Fürst ging darauf nur zu bereitwillig ein.
In diese Zeit fiel Brunos Abreise zum Militär. Mil schwerem Herzen und dunklen Ahnungen schied er. Hilda vergoß bittere Thränen, die Thekla zu vergeblich zu lindern suchte. Beide hatten dann auch gemeinschaftlichen Kummer zn tragen, einmal über Oswald, der sich der Nolkspartei angeschlossen hatte, sodann über den Vater, auf Le» seitens de» erbitterten Volkes schon mehrere Attentate veriucht worden waren, die freilich Gottes Fügung glücklich seinem Haupte abgewandt. Es brach nun vollständige Revolution aus. Der Fürst hatte sich bereits g«flüchtet und Minister Fischer floh bei Nacht und Nebel mit seiner Gattin und Telia nach Bromdors. Fischer» Haus wurde vom Pöbel demoliert, der, wie einst in Rom, Brandüvcnd Spiele forderte.
Entsetzliche Tage folgten.
Mit dem Klange der Trommeln des fremden Militärs schien die ganze Bevölkerung der fürstlichen Residenz lebendig geworben zu sein.
Tausende und Abertausende von Händen regten sich, da» Straßenpflaster aufzuwühlen und Barrikaden zu hauen, welche sich drohend
hier und dort erhoben. Auf diesen standen Studenten, Bürger und Arbeiter, um teil» einen Steinhagel auf die vorgeschickten Soldaten zu eröffnen, teils mit guten Büchsen Tod und Verderben in die Reihen der fremden Soldaten zu tragen. Selbst aus den Fenstern und Kellern wurde geschossen. Mutig wurden die Barrikaden gehalten, und da» Militär, welche« an Zahl viel zu schwach war, ward an den meisten Stellen geworfen und zuletzt zur Stadt hinauSgcdrängt. Wild aufjauchzten da die Vvlksmassen und trugen nun den Gräuel der Verwüstung in die Häuser aller Derjenigen, welche ihnen besonder» verhaßt waren. Was da an den Häusern der Minister bei den neulichen Ex- cessen noch verschont geblieben war, verfiel diese- Mal um so sicherer der Zerstörung.
Da schrie plötzlich eine Stimme aus dem Haufen:
„Suchen wir den Volksfeind, den Minister Fischer in Bromdorf auf, wo er sich auf dem Gute seines reichen Schwiegersohnes verborgen hat I"
„Hinaus nach Bromdorf!" antwortete die Menge.
„Freiheit und Gleichheit!" johlte man dazwischen.
„Ja, die Reichen sollen mit uns teilen!" schrien andere aus der Masse heraus.
„Vorwärts, nach Bromdorf!" erscholl «S wieder.
Und unter dem Klange eines Freiheilsliedes, welches die vom Pöbel zum Milmarschieren gepreßte Stadtkapelle spielen mußte, rückte der revolutionäre Volkshaufe nach Bromdcrf ab.
Bleich und angegriffen saß der Minister Fischer in einem Fauteuil ain Fenster des Bromrorfer Herrenhauses. F«au Amansa lehnte ihm gegenüber strickend im Sopha, Hilda las einen Brief Brunos und Thekla blickte von dem Balkon auf die Landstraße hinaus. Plötzlich rief sie in das Zimmer, wo die erste Julihitze fast erdrückende Schwüle verursachte hinein:
„Um Götte« Willen, Hilda, Oswald kommt zu Pferde wie rasend dahergebraust.
Wenn nnr nicht ein Unglück passiert ist."
Der Minister wurde noch bleicher, der Frau sanken die Hände in den Schoß, Hilda aber eilte hinunter und brachte Oswald herein.
„Nun, Oswald", frug sogleich der Minister, „was bringen Sie?"
„Nicht viel Gute«, Excellenz I"
„Reden Sie, ich bitte!"
„Das Oberste ist zu unterst ln der Residenz gekehrt, das fremde Militär geschlagen und »erjagt, cineVolkSrcgierung eingesetzt —I"
„Die Wahnsinnigen !" schrie Fischer und rang die Hände.
„Sagen Sic das nicht, Excellenz, das Volk will sein Recht; ich habe mit ihm auf den Barrikaden gekämpft!"
„So!" sagte Fischer und starrte den jungen Mann an.
„Ja, Sie sollten die Opfer der Revolution nur sehen! Wie Helden sind sie gefallen I"
„Sind sie gekommen, um uns das triumphierend zu verkündigen ?" frug Fischer kühl.
„Nein, Excellenz, ich bin hierher ge>ilt, um —"
Er stockte.
„Aber Oswald", fiel hier Hilda ein, „so sprechen Sie doch; Sie foltern uns ja alle.«
„Nun, ich bin — gekommen, um — Sie zu warnen I"
„Vor wem?" fragte Thekla.
„Ja", stieß Oswald, tief Atem holend, nun heraus, denn ein wilder Haufen unter dem roten Hannickel, einem berüchtigten und unerbittlichen Demokraten mit Czakshnt, Vsll- bart und Cokarde, einem Feinde aller Ordnung und alle, Reichen, ist unterwegs, um Bromdorf zu üverfaUen, der Erde gleich zu machen und Sie, Excellenz, zu— lynchen."
„Barmherziger Gott!" schrie die Frau Minister aut. „Alt-recht verstecke Dich I Hilda, was meinst Du zu der Grotte im Garten? — Man soll alle Diener bewaffnen. Verteidigen wir un» bis auf den letzten Blutstropfen!"
(Fortsetzung folgt.)
Bruck und Verlag von Bernhard Hosmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur B «rnh. H «smann.)