Treue Liebe.
Original-Novelle von C- C. Burg.
Nachdruck verbstm.
3.
„Ja, Mama, seit dem Winter. Er hob mich einmal auf dem Eise auf, als ich das Unglück hatte, auszugleiten. Gleich daraus erfuhr ick, daß Weddingen auch mit Assessor Klinger befreundet ist und dieser stellte mir Weddingen vor."
„Assessor Klinger ahnte dabei wohl nicht, daß Weddingen sein glücklicher Nebenbuhler sein werde."
„Aber Mama, rede doch,jetzt nicht mehr von solchen Dingen I" erwiderte Hilda beinahe verletzt.
Die Rätin lächelte und sagte der Tochter mit einem zärtlichen Kuß „Gute Nacht l"
II.
In der Sternstraße der Residenz bewohnte Assessor Alexander von Klinger eine ganze, wenn auch bescheiden »uSgestattete Etage.
Am Morgen nach Weddingens V rlob- ung hatte sich Herr von Klinger gleich dem Olympier in eine dichte Wolke gehüllt, die hier allerdings nur anS Tsbaksqualm bestand. Vor ihm auf dem Sosalischc lagen Zeitungen und Aktenstücke. Herr Von Klinger lehnte noch wie ermüdet in daS schwellende Sofa zurück und schien seine Gedanken zu sammeln-
Er war unverkennbar ein schöner Manu, wenn auch sein Gesichtsschnitt fast orientalisch, der Teint gelblich zu nennen war ; das krause, dunkle Haar nnd der Vollbart paßten aber gut zu den seltsam tiefen, dunklen Augen.
Nachdenklich starrten diese jetzt ins Leere, dann murmelte der zusammengepreßte Mund leise :
„Der schändliche Prozeß I Jetzt sehe ich selbst erst ein, wie langwierig das heutige Gerichtsverfahren ist. Gewiß muß et ander- werden. Aber Geduld, es fängt schon an zu tagen. Und dann — o Hilda I"
ES klopfte an der Thürc, und Herr von Klinger erhob sich mit einem lauten „Herein I"
Der Ankömmling verriet dn>ch sein ganze- Aussehen sofort den Recht-gelehrten.
„Ah, guten Morgen Herr Dr. Schwarz I" rief Herr von Klinger. „Bringen Sic gute Nachrichten?"
Der Advokat putzte bedachtsam seine Brille, schob sie dann wieder über die zwinkernden Augen und meinte:
„Wollen wir unS nicht setzen, lieber Assessor?"
Herr von Klinger errötete und gab, einen Sessel hervorziehend, zurück:
„Pardon, aber der Prozeß alteriert mich, wie leicht cinzusehen, doch ein wenig."
Er nahm selbst wieder im Sofa Platz, schob dem. Gaste die Cigarren hin und fuhr fort:
„Also zur Sache, Herr Doktor I"
Doktor Schwarz jedoch zündete sich mit aller Ruhe erst eine Eigarre an und gab dann folgenden Bescheid:
„Mein lieber Herr von Klinger, Ihr Prozeß isi, so viel ich aus den Akten ersehe, bei meinem Vorgänger in sehr schlechten Händen gewesen. Die ganze Sache scheint mir
vollständig verfahren zu sein. Nach der Sliftungturkunde de- von dem Freiherr» von Thurn unter dem 16. Mai des Jahres 1709 gegründeten Fideicommiß Thurnhorst scheint eS fast unzweifelhaft, daß Ihr Herr Großvater als Stiefsohn des Herrn Ungo von Thurnhorst und nächster männlicher Erbe desselben zum Antritt deS Fideicommiß berechtigt war, mithin die Regierung in diesem Falle bei dem Tode des Freiherr« nicht autorisiert sein konnte, das Fideicommiß als offenes Lehen einzuziehen, da die Stiftungs- Urkunde ausdrücklich nichts vom leiblichen Erben sagt. Die hohen Verdienste de- später in den Freiherrnstand erhobenen Herrn Waldemar von Klinger um den Staat lassen zudem die Handlungsweise des damaligen Ministeriums incoulant erscheinen. Schon unter dem vorigen Fürsten, der sehr milden Grundsätzen huldigte, wäre er Zeit gewesen, daß Ihr Herr Vater seine Rechte auf die Thurn'schen Güter hätte geltend macken müssen. — Der junge Fürst" — Dr. Schwarz zuckte dabei bedauernd die Achseln — „ist von Vorurteilen, wa- die Stellung des Adels anlangt, nicht frei zu sprechen und wird schwerlich durch einen Act der Gnade zu Ihren Gunsten eintreten, wenn Ihr Prozeß verloren werden sollte. Zudem haben Sie, meine« Erachtens, sehr wenig Aussichten, bei dem jetzigen Gerichtsverfahren Ihr Eigentum wieder zu erlangen."
„So!" sagte Herr von Klinger gedehnt, kniff die Lippen zusammen und starrte in die Glut de« Kanftns. Dann sprang er hastig auf und lief mehrere Male im Zimmer aus und ab, bis er stehen blieb, dem Doktor Schwarz vertraulich die eine Hand ans die Schulter legte und das Gespräch mit den Worten wieder oufnahm:
„Es werden bald andere Zeiten kommen, Herr Doktor."
Die Angcn deS Advokaten funkelten bei diesen Worten, dennoch bemerkte er reserviert :
„WaS zu wünschen Wäre, Herr von Klinger, aber es fehlt an klugen Führern, wenn auch mit der Zeit immer auch der Rat kommt."
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
(Eine wetterwendische Dame.) In einer Stadl des Staates Indiana hat soeben eine Dame ihre sechste Hochzeit gefeiert, obwohl sie nur drei Männer gehabt. Mit sechzehn Jahren heiratete Miß Match ll einen Herrn L. aber bald darauf lstß sie sich von ihm scheiden und verheiratete sich mit einem Herrn A. Dieser starb wenige Tage nach der Hochzeit und kurze Zeit darauf verheiratete sich die Witwe mit einem Herrn Z- Noch halte sic aber kaum die Wonnen der Henig- wocke» gekostet, da wurde sie — aus welchem Grunde ist unbekannt — zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt. Die Eheleute ließen sich scheiden; aber nach zwei Jahren, als die ehelustige Dame ihre Strafe abgeses- sen, verheirateteste sich^wieder, dieses war der vierte Streich. Plötzlich erschien der Herr L. wieder auf der Bildfläche, und da man stets auf seine erste Liebe zurückkommt, so ließ sich die Frau wieder scheiden und heiratete — Nr. 5 — ihren ersten Gemahl. Aber zwilchen den jungen alten Eheleuten kam cS bald zu Streit und Prügelei, die endlich Madamme
bestimmten, zu ihrem harrenden Herrn Z- zurückzukehren, der dann vor wenigen Tagen unier der lebhaftesten Beteiligung der Bevölkerung von Valparaiso (Indiana) seine Wider- Vereinigung mit der vielgcnannlenDamc feierte. WaS aber die Zukunft noch bringen mag, das wissen die Göller.
>-. (Originell e Eheschließung.) Ein hypochondrischer Bureauchef hatte cS sich zum Prinzip gemacht, UrlaubSgesucheffeiner Subalternen gewöhnlich abzuschlagen, selbst wenn sie sehr wohlbegrüudet waren. Mit der Zeit hatte er sich daran gewöhnt, solche Gesuche gar nicht mehr zu lesen, sonder» die Ansucheuden ohne Erwägung LämurAinsm abschläglichzu bescheiden. So kam es vor, daß ein Unlcrbeamter in der ausgesprochenen Absicht, sich an einem entfernten Orte zu verheiraten, um dreitägigen Urlaub bat. Er glaubte aus den Wolken zu fallen, als er sein Gesuch mit der Randbemerkung zurückerhielt: „Abgelchnt. Kann schriftlich abgemacht werden."
Einst erhielt der Dichter Delille von Jemanden einen Besuch, der in dem Rufe stand, daß er sehr naschhaft sei. Während Delille noch etwas in seinem Cabinet zu thun hatte, nahm der Fremde einen gebratenen Äpfel, der auf dem Gesimse de- Kamins lag. Delille bemerkte, bei der Rückkehr ins Zimmer, das der Apfel verschwunden war. Um den Lüsternen ein wenig zu ängstigen, stellte sich Delille sehr unruhig, und fragte den Naschhaften : „Haben Sic etwa den Apfel, der dort auf dem Kamin lag, gegessen?" Dieser leugnete es. „Sie beruhigen mich", versetzte Delille, „da ich von Mäusen geplagt werde, so hatte ich den Apfel mit Arsenik vergiftet.» Jetzt sprang der Lüsterne in der größten Angst im Zimmer umh-r, und schrie und bat flehentlich um Milch. Delille lachte; eS hielt aber schwer, den erschreckten völlig zu beruhigen.
(Ein Rekrut simulierte Taubheit) und wurde daraufhin längere Zeit im Miliiär- iazarct von den Aerzten beobachtet. Schon sollte derselbe ans dem Dienst entlassen werden, als eines Tages ein vor ihm die Treppe herabschreitcnderArzt wie im Selbstgespräch äußerte: „Der Aermste ist so zufrieden und hat keine Ahnung, daß er heule morgen auS Versehen Gift ciniiahm." — Da schrie der angeblich Taube plötzlich auf und faßte mit beiden Händen nach dem Magen. — „Kommen Eie, Freundchen", tröstete ihn der Arzt, „und lassen Sie sich in der Kaserne schnell ein Gegengift geben."
(Ein Brief an den Briefträger) Bei einem Postamt de- Untcrelfaß gelangte dieser Tage aus dem Obereisaß ein Kord an, welcher zerbrechliche Gegenstände enthielt. Zur Warnung, daß der Brieftote sorgsam damit umgehen solle, schrieb der vorsichtige Absender auf den Abschnitt der Packetadreffe folgende interessante Zeilen: „Sehr geehrter Herr Factür I Han sie doch die groö Frind- iichkcit des Kervele unter alli Umstände mim tiaba Son wo in . . . wohnt zu bringe. DaS Krrdelc isch nit schwär, er wäre gans sorgsam mit umgeh müen, will a paar GanS- eier ipackt sin. Wenn er uff . . . mit ein Kerbrle kommt, griessc mir mine Andresel, den fisch a brave Bne un ar wourd ech fol- gelndte Bezahlung gen : 1) a guetc Eigarre, 2) e Schnapset oder e Schsppe, 3) baar 30 Pfcnin. Sinner z'friede? Grueß I"
Verantwortlicher Redakteur : vernharo Hofmann.) Druck und Verlag von vernhard Hosmann in Wildbad.